TEST: Assassins Creed III Liberation – Der PS Vita Ableger auf dem Prüfstand

By Trooper_D5X Add a Comment
13 Min Read

Mit dem portablen Ableger des aktuellen Assassin’s Creed III, welcher eine komplett eigenständige Story bietet, hoffen Sony und Ubisoft auf einen wahren „Systemseller“, der die Verkäufe der Playstation Vita endlich ankurbeln kann. Wieso dieses Ziel knapp verfehlt wurde, der neue Teil der Serie aber trotzdem auf jeden Fall einen Blick wert ist, verraten wir euch in unserem Test.

Ihr beginnt das Spiel nach einer kurzen Videosequenz als ein kleines Mädchen namens Aveline in der US-amerikanischen Stadt New Orleans Mitte des 18. Jahrhunderts. Im Getümmel verliert ihr eure Mutter, woraufhin ihr einige Schritte umherlauft, um sie wiederzufinden – vergeblich. Mit einer unspektakulären Verwechslung endet die Sequenz. Ihr seid mittlerweile eine junge Frau, die – wieso auch immer – direkt gegen einen Haufen Raufbolde kämpft. Spätestens beim darauffolgenden ersten Eintritt in euer Haus, in dem ihr von eurem Vater einen kaufmännischen Auftrag erhaltet, fragt ihr euch: fehlt da nicht etwas? Ja da fehlt etwas, und nein, es wird nicht nachgereicht. Damit kennt ihr bereits die größte Schwäche des Spiels: die Story. Viel zu oft fragt ihr euch, wieso ihr denn eigentlich gerade eine bestimmte Person um ihr Leben erleichtern müsst, und wieso ihr auf einmal an einem bestimmten Ort seid.

Die Charaktere und die Story lassen sich aus den wenigen Sequenzen kaum erschließen. Man erfährt nach einiger Spielzeit gerade so, dass man die Tochter eines wohlhabenden Geschäftsmannes und deren verschwundener Maitresse ist, welche ursprünglich eine Sklavin war. Ein wenig mehr erfährt man über das Journal im Hauptmenü, doch viele Infos gibt es auch hier nicht. Mit etwas Pech erfährt man aber direkt wann und wieso die Person gestorben ist, um euch direkt die Spannung zu nehmen. Insgesamt bleiben zu viele Fragen unbeantwortet, weshalb die Story stark aus der Luft herausgegriffen wirkt. So habt ihr im Gegensatz zu den Konsolenablegern nie das Gefühl, dass ihr ein wichtiger Teil der Geschichte seid. Eine engere Verbindung zur Hauptfigur, wie sie beispielsweise in den Ablegern der Reihe mit Ezio gepflegt wurde, kann daher nie wirklich hergestellt werden. Ein gutes Beispiel ist der Übergang von der ersten zur zweiten der insgesamt neun DNA-Sequenzen – also Kapiteln – im Spiel. Nachdem ihr euer Ziel der ersten Sequenz in New Orleans beseitigt habt, findet ihr euch auf einmal im Bayou, einer sumpfartigen Landschaft, wieder. Ihr wisst nicht wieso, doch ihr sollt auf einmal euren Mentor suchen. Wieso dieser euer Mentor ist und was er mit den Assassinen zu schaffen hat, bleibt im Dunkeln.

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Im Verlaufe des Spiels werdet ihr häufig zwischen diesen beiden großen Orten hin und her wechseln. Zwar werdet ihr auch ein paar wenige andere Orte besuchen, diese fallen dann jedoch deutlich kleiner aus. Wie gewohnt könnt ihr euch frei bewegen und die Gegend nach haufenweise Schatztruhen und anderen Sammelgegenständen erkunden. Insgesamt werdet ihr wohl gute 20 Stunden im Spiel verbringen, bis ihr alle der zahlreichen Sammelobjekte gefunden und alle Missionen der Story sowie alle der etwas rar gesäten Nebenmissionen absolviert habt. Aveline steuert sich dabei wie die Protagonisten der Konsolenableger, so werden sich Spieler der Reihe schnell zurechtfinden. Verschiedene Nahkampf- und Schusswaffen sowie Pfeile mit unterschiedlichen Giften sind wieder mit an Bord. Cool sind neue Features wie das Serienattentat, welches euch bis zu fünf Ziele auf einmal erledigen lässt, und die Peitsche mit der ihr Gegner an euch heranzieht um sie dann schnell zu beseitigen. Die Funktionen der Vita wurden auf vielfältige Art in das Spiel integriert, können aber größtenteils nicht überzeugen. So müsst ihr beispielsweise Briefumschläge mit einer schnellen Bewegung am oberen Rand beider Touchscreens – vorne und hinten – öffnen. Dies hilft allerdings nicht, euch tiefer in das Spiel eintauchen zu lassen, sondern zerrt nach dem dritten Fehlversuch einfach nur an den Nerven.

Noch schlimmer stellt allerdings ein „Rätsel“ dar, welches ihr nach viel Hüpferei in einer Höhle findet. Ihr sollt an ein antikes Artefakt kommen, indem ihr ein klassisches Murmelspiel spielt, bei dem ihr mit der Bewegung der Vita eine Kugel durch ein simples Labyrinth balanciert. Ob man dabei von einem Rätsel sprechen kann sei mal dahingestellt, die Idee ist auch sicherlich nicht ganz verkehrt, die Umsetzung hingegen schon. Es braucht eine Weile, bis ihr die völlig willkürlich erscheinende Reaktion des Spiels auf eure Bewegungen gelernt und mit viel Glück die Kugel in das dafür vorgesehene Loch rangiert habt. Solche Momente lassen euch das Spiel verfluchen sowie nach einer Qualitätskontrolle schreien und sind ein gutes Beispiel dafür, wie man die Steuerungsmöglichkeiten nicht integrieren sollte. Ansonsten bietet euch der Touchscreen teilweise eine intuitive Steuerung, mit der ihr beispielsweise einfacher Gegner ins Ziel nehmen könnt. Leider erscheint das Spiel ein wenig zu leicht. Kämpfe stellen kaum ein Problem dar und sind in der Regel auch ohne geschicktes Kontern leicht zu meistern. Zwar könnt ihr bei vielen Missionen auch optionale Herausforderungen absolvieren um 100% Synchronisation zu erreichen, wie beispielsweise das Töten der Zielperson auf eine besondere Art oder ohne entdeckt zu werden, diese werden ihrem Namen aber durch ihre leichte Bewältigung nicht gerecht.

Die größte Neuerung stellt die Einführung der Umkleidekabinen dar. Überall in der Stadt könnt ihr diese für eine geringe Summe erwerben um dort fortan zwischen den drei zur Verfügung stehenden Rollen zu wechseln. Entweder ihr lauft in eurer klassischen Rolle als Assassine durch die Gegend, kleidet euch eurer bürgerlichen Herkunft angemessen wie eine Dame oder schlüpft in die Kleider einer Sklavin. Je nachdem wie ihr gekleidet seid, verfügt ihr über unterschiedliche Fähigkeiten und werdet von den anderen Menschen unterschiedlich behandelt. So könnt ihr als Dame aufgrund eurer Kleidung nicht klettern – was vor allem zu Beginn des Spiels zu langweiligen Missionen führt, obwohl ihr einfach nur gerne über die Dächer springen würdet – könnt dafür aber mit Wachen flirten um sie von bestimmten Punkten wegzulocken. Allerdings werdet ständig von Rüpeln auf der Straße belästigt, was auf Dauer sehr nervtötend ist. Kurioserweise erhaltet ihr im Spielverlauf sogar einen modifizierten Sonnenschirm, um euch als Dame eurer Gegner zu entledigen. Als Sklavin verkleidet seid ihr äußerst vielfältig. Euch stehen fast alle Fähigkeiten wie der Assassinen zur Verfügung, habt jedoch weniger Energie. Der große Vorteil ist, dass ihr dann eine Kiste aufnehmen könnt, um den Wachen den braven Sklaven vorzumachen und einfach an ihnen vorbei in ein Sperrgebiet laufen könnt. Jede Rolle verfügt dabei über ein separates Fahndungsprofil, was jeweils auf unterschiedlichem Wege wieder verringert werden kann. Wenn ihr als Sklavin weniger gesucht sein möchtet, müsst ihr die altbekannten Steckbriefe abreißen, während ihr für die anderen Rollen eine bestimmte Person bestechen oder töten müsst. Auch Sammelobjekte gibt es für jede Rolle zusätzliche. Das Konzept ist eine gute Idee, die frischen Wind in die Reihe bringt, doch wieder mangelt es an der Umsetzung. Was zunächst große Freiheit bei der Missionsbewältigung suggeriert, entpuppt sich schnell als striktes System. So habt ihr für die meisten Missionen eine vorgegebene Rolle und könnt nur selten wählen. Hier scheint sich Ubi Soft Arbeit zu Lasten der spielerischen Freiheit gespart zu haben.

Neu ist auch der Aufbau eures Handelsimperiums. Dieses steuert ihr über euren Schreibtisch und spielt sich wie ein sehr simpler Wirtschaftssimulator bzw. ein Browserspiel. Ihr seht eine Karte mit einigen Handelshäfen, die ihr mit eurem Schiff ansteuern könnt. Jeder Hafen verkauft Waren und sucht Waren zu unterschiedlichen Preisen. Eure Aufgabe ist es nun, Waren billig einzukaufen und teuer zu verkaufen. Dabei spielen Risikofaktoren wie schlechtes Wetter und Piraten, die eure Schiffe zerstören können, eine Rolle. Ihr könnt mehrere Schiffe erwerben und müsst immer einige Minuten warten, bis diese ihr Ziel erreichen. Etwas anderes als Geld könnt ihr damit nicht erhalten. Leider mangelt es hier an Möglichkeiten und Abwechslung, sodass es schnell langweilig wird. Ihr könnt nach wie vor auch Läden in der Stadt erwerben, allerdings nun erst, nachdem ihr einen Handelskonkurrenten getötet habt. Dies bringt euch aber kein Einkommen mehr, sondern ihr habt nur einen geringeren Einkaufspreis auf die angebotenen Waffen, Kleider und andere Gegenstände. Übrigens ist euch bestimmt schon der dem Zeitalter angemessene aber eher gewöhnungsbedürftige Hut von Aveline aufgefallen. Glücklicherweise könnt ihr beim Schneider dank einer Auswahl verschiedener Kostüme auch eine klassische Assassinen-Kapuze erwerben, wodurch ein wenig mehr Assassin‘s Creed-Stimmung aufkommt.

Technik

Von der grafischen Seite zeigt sich Liberation – wie so oft auf der Vita – durchwachsen. Gleich zu Beginn muss man feststellen, dass es des Öfteren zu starken Einbrüchen der Framerate kommt. Das stört vor allem am Anfang stark, es hält sich jedoch im Rahmen und man gewöhnt sich aber mit der Zeit daran. Die Weitsicht kann natürlich nicht so hoch wie auf den großen Konsolen sein, weshalb Objekte in der näheren Entfernung auch mal aus dem Nichts erscheinen. Trotzdem ist das Spiel schön anzuschauen und bietet eine offene Welt, in der sich trotz der schwachen Rechenleistung der Vita überraschend viele lebhaft gestaltete Charaktere bewegen. Diese reagieren auch mit Kommentaren auf die Anwesenheit des Spielers und untermalen die insgesamt gute Synchronisation. Ein Tipp: gute Kopfhörer oder externe Lautsprecher verbessern die Qualität des Spielerlebnisses enorm, da die Lautsprecher der Vita nur einen Bruchteil der eigentlichen Soundqualität leisten können, was unseren Spielspaß zu Beginn stark minderte.

Weniger schön sind mal kleinere Bugs, die euch einen Kontrollpunkt neustarten lassen. Am meisten trübt aber ein aktuell noch nicht behobener Bug, bei dem Spieler nach Abschluss des Spiels einen korrupten Spielstand erhalten, der sie nicht weiterspielen lässt um weitere Nebenmissionen zu absolvieren oder Sammelobjekte zu finden. Betroffene Spieler müssen das gesamte Spiel neu starten und von vorne Anfangen – dies ist wirklich nicht akzeptabel!

Multiplayer

Der Multiplayer soll hier nur kurz erwähnt werden, denn viel gibt es zu diesem auch nicht zu sagen. Wer einen spannenden Modus erwartet, wird hier gänzlich enttäuscht werden. Es wird lediglich eine Art Browserspiel geboten, bei welchem ihr euch zwischen Assassinen und Templern entscheidet, und dann durch simples anklicken Städte auf einem virtuellen Globus erobert. Wenn eine Runde vorüber ist – zur aktuellen Zeit gewinnen die Assassinen ein Spiel nach nur etwa einem Tag – fängt das Spiel von vorne an. Viele Möglichkeiten gibt es nicht, weshalb der Modus nicht nur kompliziert und zu schlecht erklärt, sondern einfach nur als langweilig und schlecht zu bezeichnen ist.

Offizielle Homepage: www.assassinscreed.ubi.com

TEST: Assassins Creed III Liberation – Der PS Vita Ableger auf dem Prüfstand
"Trotz einiger Mängel, die mit etwas mehr Entwicklungszeit hätten ausgemerzt werden können und dem Titel den Zusatz „must have“ verwehren, macht Liberation auf jeden Fall noch immer Spaß, und bietet für ein mobiles Spiel viel zu entdecken. Fans der Reihe werden höchstwahrscheinlich vor allem von der schwachen und unzureichend erzählten Story enttäuscht sein, sollten sich aber vor Augen führen, dass man die Maßstäbe der Ableger für die Heimkonsolen nicht bei einem Spiel für eine mobile Konsole anlegen kann. Die Bewertung muss im Vergleich zu anderen Titeln der Konsole, und nicht der Reihe erfolgen. Denn Liberation ist trotz allem eines der besten Spiele auf der Vita, auch wenn hier aufgrund eines schweren Bugs noch etwas Geduld gefordert ist."
8.5

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