Als Anthem 2019 erschien, war schnell klar, hier stimmt etwas nicht. Die Technik wirkte unfertig, das Gameplay unausgereift, und viele fragten sich, was BioWare – bekannt für erzählerische Meisterwerke wie Mass Effect oder Dragon Age – überhaupt mit diesem Online-Shooter erreichen wollte. Nun liefert Ex-BioWare-Producer Mark Darrah in einem neuen Video überraschende Einblicke. Anthem sollte offenbar viel mehr sein als nur ein Spiel, es sollte ein radikaler Neuanfang für das Studio selbst werden.
Casey Hudson, der kreative Kopf hinter Mass Effect, habe demnach intern nicht einfach ein Spiel gepitcht, sondern eine Vision: Ein „neues BioWare“, das klassische Storytelling in ein Live-Service-Modell überführt. Immer online, skalierbar, profitabel. Laut Darrah träumte man sogar davon, „FIFA-Zahlen“ zu erreichen – also Millionen Spieler und dauerhaften Umsatz durch stetige Updates. Die ursprüngliche Idee war jene: Was wäre, wenn ein BioWare-Spiel genauso erfolgreich wäre wie ein Sportspiel?
Große Versprechen, wenig Substanz
Doch was auf dem Papier vielversprechend klang, entpuppte sich schnell als nicht greifbar. Laut Darrah wussten viele Entwickler im Team gar nicht, was Hudsons Vision konkret bedeutete, und als dieser das Studio verließ, blieb das Projekt ohne Orientierung zurück. Es fehlte an einem roten Faden, an einem klaren Ziel. Anthem war technisch ambitioniert, aber erzählerisch leer. Spieler hatten das Gefühl, sich durch einen Prototypen zu bewegen, der nicht wusste, was er sein will.
Darrah selbst wollte das Projekt verschieben und schlug sogar vor, Dragon Age 4 zuerst zu veröffentlichen – vergeblich. Stattdessen wurde Anthem überhastet veröffentlicht, mit all den bekannten Konsequenzen, enttäuschten Fans, verwirrten Kritiker und ein Studio, das seinen Ruf aufs Spiel setzte.
Was bleibt von Anthem?
Rückblickend wirkt Anthem weniger wie ein gescheitertes Spiel, sondern wie ein missglücktes Statement. Ein Versuch, sich neu zu erfinden, ohne die eigene Identität mitzunehmen. Für BioWare-Fans ist das bitter, denn eigentlich wollte man mehr. Mehr Geschichten, mehr Tiefe, mehr BioWare.
Darrah kündigt weitere Videos an, die den Produktionsprozess weiter beleuchten sollen. Vielleicht lässt sich dann noch klarer nachvollziehen, warum ein Studio mit so viel Erfahrung einen derart folgenschweren Kurs eingeschlagen hat.
Oder liegt genau darin die Antwort? Das endgültige Aus von Anthem ist inzwischen besiegelt, das 2026 abgeschaltet wird.
