Die echte Aloy – Hannah Hoekstra im Interview

By Trooper_D5X Add a Comment
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Wer hat nicht schon das ein oder andere bekannte Gesicht in einem Spiel wiedererkannt? Dass Spiele-Produktionen heutzutage nicht mehr nur im Computer entstehen, sondern auch außerhalb derer einen wahnsinnig großer Aufwand betrieben wird, zeigen aktuell erst wieder Beispiele, wie die Quantic Dream Produktion Detroit: Become Human.

Eine Schlüsselrolle in solch großen Spielen nimmt dabei das sogenannte Motion Capture ein, dem sich zunehmend immer mehr bekannte Gesichter verpflichten und die sich damit in den Spielen verewigen lassen. Die bekanntesten Beispiele sind hier Kevin Spacey (House of Cards / Call of Duty), Ellen Page (Juno / Beyond: Two Souls) oder Kristin Bell (Bad Mom´s / Assassin´s Creed), die abseits von Spielen bereits wahnsinnige Erfolge feiern. 2017 setzte auch Guerilla Games mit ihrem PS4 Hit Horizon: Zero Dawn für ihre Protagonistin Aloy auf ein real existierendes Gesicht, hinter der die niederländische Schauspielerin Hannah Hoekstra (Arthur & Claire) steht.

Wie aufwendig ist Motion Capture?

Wir wollten einmal wissen, wie aufwendig ist die Arbeit als Motion Capture Model für Spiele tatsächlich, steht dahinter richtig harte Arbeit oder doch eher der Spaß im Vordergrund, den man für gewöhnlich mit Spielen verbindet?

Dazu haben wir Hannah Hoekstra zum Interview getroffen, die uns ein paar überraschende Einblicke in diese Arbeit gewährte. Dass diese Arbeit in der Tat nicht nur aus Spaß am Set besteht, sondern auch mal unangenehmen Muskelkater bedeuten kann, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

Hannah Hoekstra horizon
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Anmerkung: Anders als in anderen Spiele-Produktionen lieh Hannah dem Spiel und Aloy allerdings “nur” ihr Gesicht und nicht wie zum Beispiel in Uncharted den kompletten Body für aufwendige Stunt-Einlagen oder ähnliches.

PF: Wie genau bist du zum Beruf der Schauspielerin gekommen, war es immer schon dein Wunsch oder bist du durch glückliche Umstände dort hineingerutscht?

Hannah: “Ich glaube man hat da gar nicht so eine große Wahl. Im Grunde fangen wir als Kinder ja auch schon damit an, verschiedene Geschichten und Rollen im Sandkasten zu spielen. Manche hören halt irgendwann damit auf, wenn sie erwachsen werden. Ich bin da einfach dran geblieben und habe nie aufgehört, bin vier Jahre zur Schauspielschule gegangen, war viel am lernen – auch jetzt noch – und anschließend immer weiter dort hinein gewachsen.”

PF: Wie ist man auf dich für Horizon aufmerksam geworden? Schicksalsbegegnung, da Guerilla Games ebenfalls aus den Niederlanden kommt?

Hannah: “Der Producer Jochen Willemsen lag damals krank Zuhause und hat mich durch Zufall in einer Serie entdeckt. Kurz danach hat er sich einfach bei mir gemeldet und wir haben uns zu einem Kaffee getroffen, um zu schauen, wie eine gemeinsame Arbeit aussehen könnte. Und da stand schnell fest für ihn „Du bist es! Für mich war es also ziemlich einfach an den Job zu kommen.”

PF: War die Arbeit als Motion Capture Model etwas völlig Neues für dich oder hilft einem die Arbeit als Schauspielerin dabei sich schnell in die Rolle hinein zu finden?

Hannah: “Es war komplett neu! Ich hatte vorher auch gar nicht so den Bezug zum Gaming, und daher war es für mich eine absolut neue Welt – diesen ganzen Prozess der Produktion und diesen großen Aufwand drumherum zu sehen, der mit einem Videospiel einhergeht. Das war für mich ein absoluter Eye-Opener. Als ich mich mit den Leuten von Sony PlayStation getroffen habe, das war für mich wie: Future-Generation, da waren überall Computer und so viele Geräte, das habe ich noch nie so zuvor gesehen und das war natürlich auch sehr interessant für mich.”

PF: Gibt es beim Motion Capture große Unterschiede zum Schauspielern?

Hannah: “Natürlich war meine Arbeit als Schauspielerin sehr hilfreich dafür, um mich dort besser hineinzuversetzen. Das bringt man ja irgendwie auch mit. Es war aber auch anstrengend, weil ich musste wirklich sehr lange vor den Kameras sitzen, dessen Lichter zudem unglaublich hell sind und was für meine Augen sehr anstrengend war. Man muss auch ganz viele Dinge mit den Muskeln im Gesicht machen, was auch anstrengend ist, aber natürlich auch toll, weil ich auch weiß, warum ich es mache. Es ist für mich ja auch eine große Ehre, dass man mich gefragt hat, ob ich das Gesicht von Aloi sein möchte.”

“Für mich als Schauspielerin ist es aber nicht wirklich anders gewesen. Es ist wie schauspielern – also ich stelle mir etwas vor und das ist dann wie eine Karikatur, das ist beim Film nicht sehr viel anders, oder beim Theater, das ist eben genau so wie ich arbeite. Der Unterschied ist vielmehr der, dass dahinter so viele Menschen arbeiten, da sind so viele Künstler, das ist wirklich unfassbar. Da arbeitet jemand an meinem Mund, jemand an meinen Zähne usw., die Leute machen das einfach alles und ich hab dann Pause. Aber die Stunden und Tage, in denen ich für die Aufnahmen vor der Kamera stand, sind natürlich auch anstrengend gewesen.”

PF: Ging es da generell nur um dein Gesicht oder standest du auch für die Stunt-Arbeiten vor der Kamera?

Hannah: “Nein, dafür hatten wir leider keine Zeit. Ich wurde dafür nach Los Angeles geflogen, weil es dort eben dieses Motion Capture Studio gibt. Aber ich hatte dafür gar keine Zeit, weil ich noch etwas anderes zu diesem Zeitpunkt gedreht habe. Aber ich hab in Holland zwei mal ein wenig das Motion Capture für ein paar Szenen gemacht, zwar nicht die ganzen Action-Szenen, aber ein paar Body-Aufnahmen.”

PF: Siehst du dich denn im Nachhinein auch selbst als Aloi, also von der Abbildung im Spiel betrachtet oder ist das eher befremdlich sich so zu sehen?

Hannah: “Das kann ich selbst nur schwer beurteilen. Es ist schon interessant, wenn die Leute mich darauf ansprechen und sagen „Das bist ja du!“. Das ist zwar irgendwie komisch, aber ich selbst nehme mich gar nicht so sehr als diese Figur wahr. Wenn ich das sehe, ich hab ganz andere Haare und so, es sieht super cool aus, aber denke dann nie: Oh, das bin ich. Es ist toll, dass die Leute das gemacht haben, und als Schauspielerin ist man das auch gewöhnt, aber es ist jetzt kein Fest für mich, mich selbst anzugucken.”

PF: Kanntest du das komplette Spiel zuvor schon und kann man die Zusammenhänge während deiner Arbeit daran genau einordnen oder lief das strikt getrennt ab?

Hannah: “Ich kannte nicht alle Zusammenhänge. Das machen alles die Künstler im Hintergrund. Ich sehe nichts in diesem Moment. Beim Motion Capture werden ja auch keine wirklichen Szenen gedreht, eher Muskeln für Gestiken und Mimiken über Stunden aufgenommen, und ich muss da auch nichts sagen. Es ist am Ende ja auch eine andere Stimme [Ashley Burch], die das spricht. Die Szenen werden im Nachhinein von den Entwicklern umgesetzt, ohne dass ich groß was vom gesamten Produkt mitbekomme. Also es gibt keine echten Zusammenhänge in diesem Moment.”

PF: Was hat dir am meisten Spaß bei dieser Arbeit gemacht oder was war wirklich besonders? Oder eher im Gegenteil?

Hannah: “Für das Capturing musste ich auch nach Serbien reisen, das war für mich sehr interessant, weil ich das Land vorher noch nicht kannte. Aber da zu sein und mit den Leuten zu arbeiten, da bekommt man sehr viel Respekt davor, weil es einem auch die Augen öffnet, diese vielen Details dahinter – die kleinste Bewegung bedeutet da schon was, echte Millimeterarbeit. Das war für mich wirklich interessant. Beim Film und beim Theater passiert zwar auch vieles im Detail, aber nicht so minutiös wie hier.”

“Nicht so toll waren die hellen Lichter, die waren wirklich so hell, dass man sich das kaum vorstellen kann. Das tut manchmal auch ein bisschen weh in den Augen, wenn man ein solches Stroboskop, vielleicht 90cm entfernt in das Gesicht gestrahlt bekommt und man dann die Augen offen halten muss, das tut schon wirklich weh. Und nach den ganzen Stunden war mein Kopf schon so: Wuh! [lacht] Das war nicht ganz so super. Aber die Leute dort haben sich wirklich gut um mich gekümmert, dadurch war das auch OK, aber natürlich auch sehr anstrengend.”

PF: Würdest das gerne noch einmal für ein Spiel vor der Kamera stehen – Horizon 2 scheint ja nicht gänzlich ausgeschlossen nach dem Erfolg.

Hannah: “Ja natürlich, das war so eine große Ehre für mich, und das war so toll für mich das zu machen, dass ich das sicherlich wieder tun würde. Ich hoffe es jedenfalls [in Bezug auf eine potenzielle Fortsetzung].”

PF: Wo kann man dich als nächstes im Kino / TV sehen?

Hannah: “Ich weiß nicht, ob ich schon so darüber sprechen darf, aber ich würde sagen: Guck ‘You Are Wanted 2’. Im letzten Winter wurde auch ein Film mit mir und Josef Hader in Deutschland gedreht, der heißt ‘Arthur & Claire’, auch ein paar niederländische Produktionen – aber die sieht man in Deutschland wohl eher nicht. Ich hoffe aber wirklich, dass ich wieder eine Zeit in Deutschland leben und dort spielen kann. Aber das kommt erst noch. Momentan spiele ich in den Niederlanden beim National Theater, womit ich viel zu tun habe.”

Wer Hannah Hoekstra mal als Schauspielerin erleben möchte, der sollte sich die zweite Staffel von You Are Wanted mit Matthias Schweighöfer und natürlich Hannah ab dem 18. Mai anschauen, die darin als Hackerin zu sehen sein wird.

Vielen Dank für deine Zeit!

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