TEST – Deadly Premonition: The Director´s Cut

By Patrick Held 4 comments
9 Min Read

Als „polarisierendstes Kult-Spiel“ preist sich die Director’s Cut Edition von „Deadley Premonition“ an, die nun auch außerhalb von Japan für die PlayStation 3 erschienen ist.

Das Original, welches bereits im Jahre 2010 für die Xbox 360 erschienen ist, wurde nun, nach Angaben vom Entwicklerstudio „Rising Star Games“, mit einer erweiterten Story, optimierter Grafik, sowie verbesserter Steuerung versehen, um auch heute noch als Survival-Horror-Spiel neben Silent Hill und Resident Evil zu bestehen. Doch handelt es sich hier um ein wahres Meisterstück, oder nur um einen aufgewärmten Klassiker?

Schon in den ersten paar Minuten stellen sich dem Spieler viele verwirrende Fragen. Erst sieht man ein kleines Mädchen, dass unbedingt eine Geschichte von einer merkwürdig wirkenden Person erzählt haben möchte, kurz darauf schlüpft man bereits in die Rolle des FBI-Agenten Francis „York“ Morgan, der mit seinem Auto auf dem Weg in das kleine Örtchen Greenvale ist, um den Zusammenhang zwischen verschiedenen Morden zu ermitteln. Der unsympathisch erscheinende Kettenraucher, der durch eine üble Narbe im Gesicht gezeichnet ist und immer mit seinem imaginären Freund „Zach“ über die aktuellen Ereignisse spricht, wird plötzlich von einer in rot gekleideten Gestalt überrascht, die auf der Straße steht, und kommt von der Fahrbahn ab. Da der Wagen nun fahruntüchtig ist, macht York sich zu Fuß auf den Weg. Er geht einen schmalen Pfad entlang, auf dem er zuerst einen zerfleischten Hund entdeckt und kurz darauf schon von den ersten unheimlichen Zombiewesen angegriffen wird. Was hat es mit diesen Monstern auf sich, wer steckt hinter den Morden, hat York eine zweite Persönlichkeit oder einen eingebildeten Freund und was für schreckliche Geheimnisse erwarten ihn noch auf seiner Suche? Das ist die Ausgangssituation nach den ersten 10 Minuten.

Optisch um Jahre zurückversetzt

Nicht nur die Ausgangssituation ist nach 10 Minuten klar, man bekommt auch schnell einen sehr deutlichen Einblick in die grafischen Abgründe des Spiels. Kantige und matschige Strukturen, minderwertige Charakterdarstellungen im laufenden Spiel und erschreckende Frameraten, die einem wirklich die Lust am Spiel verderben. Verstärkt wird dies durch eine Darstellung von Feuer und Regen, wie es sie seit langer Zeit nicht mehr so schlecht gegeben hat, sowie von Laderucklern und Problemen in der Kameraführung, die hier mal zu nah dran und da mal zu weit weg ist. Die Taschenlampe, die zu Beginn ausgehändigt wird, bietet keinen wirklichen Vorteil oder Spannung, da man so oder so alles sehen kann. Wenn viele Effekte oder schnelle Bildwechsel, wie etwa bei Blitzen oder Autofahrten auftreten, geht das Spiel vollständig in die Knie und braucht einen Moment, um sich wieder zu erholen. Auch der Spieler leidet unter diesen minderwertigen Darstellungen, schaltet nach einiger Zeit ab und versucht das Beste aus dem zu machen, was ihm vorgesetzt wird. Besonders kritisch wird es, wenn Teppiche mit wilden Mustern oder ein laubbedeckter Boden dargestellt werden sollen. Die Framerate bricht dabei völlig ein, das Bild wird nur noch ein einziger Brei und bereitet nach einiger Zeit erhebliche Kopfschmerzen.

Soundtechnisch bietet „Deadley Premonition“ leider nicht wirklich viel mehr. Mal sind Töne und Geräusche zu laut, mal zu leise und nur zu oft realitätsfern. Spannung wird kaum erzeugt, sondern eher Verwirrung und Unverständnis, die den Spieler aus der Handlung herauswirft, anstatt ihn mehr zu bannen. Schüsse hören sich an, wie aus einem schlechten Cartoon, Zombies nähern sich immer mit den selben, dämlichen Lauten und die meisten Dialoge wurden mit extremen Halleffekten unterlegt. Vielleicht sollte dies Absicht sein, es klingt jedoch mehr wie ein großer Bug.

Auch spielerisch nicht auf der Höhe

Was das Gameplay angeht, gehört der Titel zum alten Eisen. Laufen ist eher eine Herausforderung, als ein Vergnügen, die Fahrphysik ist grausam, Zielen klappt auch nicht wirklich und wenn man Objekte aufsammelt oder Interaktionen ausführt, wird das laufende Spiel unterbrochen und im Stile vergangener Tage mit einem eigenen Bildschirm präsentiert. Waschechtes Retro-Gefühl, egal ob es eine Waffe oder nur eine Dose Trockenfleisch ist. Wäre dies nun nicht so unvorteilhaft gestaltet und lächerlich präsentiert worden, hätte dieses Feature durchaus etwas von einem „Gute alte Zeiten-Gefühl“ vermitteln können. Doch stattdessen ist es einfach nur peinlich und absolut nervig. Hinderlich ist auch die Tatsache, dass man entweder nur laufen oder nur schießen kann. Ein wirklicher Spielfluss kommt so kaum auf, vor allem darum nicht, weil die Zielmechanik derart schlecht umgesetzt wurde.
Die Kämpfe gegen die unheimlichen Wesen können mit verschiedenen Waffen, wie Rohren oder Balken, die sich nach und nach abnutzen, oder York’s Dienstwaffe, die einen unerschöpflichen Munitionsvorrat besitzt, bestritten werden. Zwar verlieren diese durch den stockenden Ablauf ebenso an Spannung, wie durch die schlechte Zielmechanik, bieten jedoch immerhin ein wenig Abwechslung. Da kann auch die neu eingebaute Move-Steuerung wenig helfen, mit der man nur die Kamera bewegen und Zielen kann, jedoch auch das mehr schlecht als recht.

Positiv hingegen ist, dass die Spielwelt trotz klarer Linien offen gehalten ist und viele Möglichkeiten zur Erkundung bietet. Der Wechsel zwischen Tag und Nacht und die gegebenen Nebenmissionen bieten ein wenig Spannung und Abwechslung und lassen das Spiel nicht ganz so schlimm dastehen. Auch viele verschiedene Kleinigkeiten, wie Scheibenwischer, die bei Regen von Hand betätigt werden müssen, Fahrzeugabschnitte, bei denen man sich selbst hinter das Steuer begeben muss, oder die Auswirkung der Tageszeit auf das Spielgeschehen und mögliche Nebenmissionen setzen kleine positive Akzente, wodurch die Spielfreude minimal steigt.

Atmosphäre „rettet“ es irgendwie

Auch wenn Grafik, Sound und Gameplay sehr zu wünschen übrig lassen, gibt es immerhin noch einen kleinen Hoffnungsschimmer. Das Spiel schafft es, trotz all dieser negativen Einflüsse, den Spieler zu fesseln und ein Gefühl der Angst zu vermitteln. In jeder noch so kleinen Zwischensequenz erwartet man etwas Unheimliches, immer mit dem Gedanken im Kopf “Gleich passiert was!“ Auch die verschieden gestalteten Charaktere der Bewohner von Greenvale geben der Handlung eine gewisse Würze und gestalten die Suche nach dem Mörder ein wenig spannend. Die zahlreichen Anspielungen auf bekannte Filme und Videospiele sind eine nette Idee, bei denen auch eingefleischte Filmfans noch etwas lernen können. Zudem stellen Yorks Monologe, die er mit seinem „Freund“ Zach führt, eine Art Verbindung zwischen Spieler und Protagonisten her, wodurch der Spieler zumindest ein wenig in das Geschehen hineingerät. Die Verbindung zum Protagonisten wird durch die Pflege seiner Bedürfnisse (Hunger, Hygiene und Schlaf) verstärkt und man beginnt, mit ihm mitzufühlen und sich in ihn hineinzuversetzen. Es dauert zwar seine Zeit, trifft einen dann jedoch mit großem Erfolg.

Schade jedoch, dass durch die stockende Handlung, die unwirklichen Bewegungs- und Umgebungsdarstellungen, sowie durch teilweise lächerliche Gegner und nervige Dialoge die Atmosphäre gleich wieder zerstört wird. Die langen Dialoge ziehen sich meist wie Kaugummi und Gegner bringen einen eher zum Lachen, als Furcht zu verbreiten. Ein wahres Trauerspiel.

Tipp: Solltet ihr das Spiel wirklich spielen wollen, dann am besten nachts in einem wirklich dunklen Raum. Das steigert die Atmosphäre ungemein und lässt nicht alles so lächerlich erscheinen.

TEST – Deadly Premonition: The Director´s Cut
"In welcher Höhle haben die Entwickler von „Deadley Premonition-The Directors Cut“ die letzten Jahre verbracht? Versprochen wurde eine „optimierte Grafik“ und eine „verbesserte Steuerung“, verkauft wird die billige Kopie eines alten Spieles, an dem fast nichts verändert wurde. Sowohl Steuerung, als auch Grafik sind nicht mehr zeitgemäß und erinnern eher an die Qualität schlechter HD-Collections, wie die von „Silent Hill“, als an die eines wirklich guten Titels. Es gibt kaum einen Moment, in dem das Spiel wirklich überzeugen kann, auch wenn es im Bereich Atmosphäre deutlich positive Akzente setzt. Alles erscheint eher unfertig und vermittelt den Eindruck von „gewollt und nicht gekonnt“. Wirklich schade, dass ein Titel mit solch Potential bereits in den ersten Minuten versagt und von da an nur noch krampfhaft versucht, seinen Fehler wieder gut zu machen. Für Spieler, die keinen Wert auf Grafik und Steuerung, sondern nur auf die Atmosphäre und das Gameplay setzen, ist „Deadley Premonition“ eine gute Wahl. Für diejenigen, die sich auch nur ein wenig für graphische Akzente interessieren, ist der Titel jedoch das reine Grauen. „Deadley Premonition“ wird wahrscheinlich ein Geheimtipp bleiben, der vor drei Jahren vielleicht noch überzeugen konnte, heute aber eher schon als Frechheit zu bezeichnen ist."
5

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