TEST: Sniper Ghost Warrior Contracts

By Patrick Held Add a Comment
9 Min Read

Denkt man an den Vorgänger „Sniper Ghost Warrior 3“ zurück, denken viele wahrscheinlich mit einem Schauer auf dem Rücken an einen mehr oder weniger misslungenen Open-World-Titel, der zwar viel versucht, dabei aber leider nicht genug gut umgesetzt hat. Mit „Sniper Ghost Warrior: Contracts“ versucht man es daher wieder mit mehr oder weniger linearen Abschnitten, verschiedenen Missionszielen und vielen Fernschüssen. Ob dieser erneute den Fans schmeckt, finden wir in unserem Test heraus.

Warum hast du ne Maske auf?

Gleich zu Beginn werden wir in die recht simple Story eingeführt: Wir sind ein herausragender Scharfschütze, der bekannt dafür ist, seine Ziele präzise auszuschalten und keine Fragen zu stellen. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis wir einen besonderen Klienten bekommen. Sein Auftrag: verschiedene Ziele ausschalten, Informationen sicherstellen oder Beweise vernichten. So machen wir Jagd auf Terroristen mit Biowaffen, korrupte Politiker oder jeder Art von widerlicher Person, die man sich nur vorstellen kann. Als kleinen Bonus erhalten wir eine echte Hightech-Maske, die uns mit vielen nützlichen Features versorgt, angefangen bei einem Fernglas bis hin zur Feindmarkierung und dem Hervorheben von interessanten Punkten. Zwar erinnert die Maske stark an die von Marvels Schurken Dr.Doom, aber wir jagen ja die Bösen diesmal.

In insgesamt fünf verschiedenen Regionen, wie etwa einem Hafen oder den Wäldern Sibiriens, machen wir Jagd auf unsere Ziele. Dabei begegnen wir natürlich auch vielen anderen Truppen, die wir auf unserem Weg ausschalten müssen, wofür uns auch verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen, wie etwa neben dem Scharfschützengewehr auch noch Pistolen und MP’s, aber auch Granaten, (Gas-)Minen und ein Messer. Mit letzterem können wir im Nahkampf sogar Feinde festhalten und neue Informationen aus ihnen herausquetschen, etwa wo sich weitere Truppen oder auch eines der zahlreichen Nebenziele befindet. Und davon gibt es, ebenso wie von den eigentlichen Hauptmissionen, eine ganze Menge.

Langweilig wird es damit einem so schnell also sicher nicht. Hinzu kommt, dass wir im Laufe unserer Missionsdurchläufe Geld und Erfahrung sammeln, die wir sowohl gegen neue Gadgets, wie eine Drohne oder ein Geschütz, neuen Waffen und Aufsätzen, als auch gegen neue Fähigkeiten eintauschen können – alles mit dem Ziel, selbst die ultimative Waffe zu werden. Hier gibt es wirklich zahlreiche Verbesserungen und freischaltbare Objekte, weshalb man ohne Probleme ein Level mehrmals abschließen und dabei immer neue Wege und Möglichkeiten erkunden kann. Generell ist „Sniper Ghost Warrior: Contracts“ sehr offen darin, wie wir ein Level angehen und lässt uns viel frei entscheiden, welchen Weg wir gehen oder wie wir unsere Ziele erreichen wollen.

Negativ hervorzuheben ist leider, dass die KI nicht wirklich ausgewogen daherkommt. So sind sie teilweise wirklich sehr blind und sehen uns nur, wenn wir auffällig in der Gegend herum stehen, aber selbst dann haben wir dank der sehr langsamen Aufmerksamkeitsanzeige ausreichend Zeit um wieder in Deckung zu gehen. Viel kritischer sehen es die Gegner, wenn sie irgendwo eine Leiche entdecken, denn dann machen sie sofort Jagd auf uns und sind dabei auch auf hunderte Meter Distanz absolut treffsicher. Hier wäre es wirklich ansprechender gewesen, wenn man in der KI eine klare Linie gefahren wäre, anstatt solche Unterschiede aufkommen zu lassen. Leider ist die KI auch manchmal nicht sehr intelligent, so ist eines unserer Hauptziele von selbst in ein vergiftetes Gebiet gelaufen und hat sich damit selbst getötet, ohne dass wir etwas damit zu tun hatten. Unser Auftrag war damit zwar erledigt, wirklich befriedigend war das aber leider nicht.

Wesentlich ansprechender finden wir dahingegen die Berechnung der Flugkurve unserer Geschosse. Haben wir ein Ziel markiert bekommen wir die Entfernung zu diesem angezeigt. Mit dieser Info müssen wir unser Zielfernrohr anpassen und neben der Schwerkraft auch noch die Windgeschwindigkeit und-richtung mit einberechnen, um einen tödlichen Volltreffer zu landen. Funktioniert das bei stehenden Zielen noch relativ gut, benötigt man bei Zielen in Bewegung schon einiges an Fingerspitzengefühl, um erfolgreich zu sein.

Insgesamt kann man sagen, dass das Gameplay von „Sniper Ghost Warrior: Contracts“ durchaus solide ist, bei weitem aber nicht als bahnbrechend oder als „neuer Maßstab“ bezeichnet werden kann. Dafür ist die KI deutlich zu unausgewogen, und auch in Sachen Steuerung und Bewegung gibt es deutliche Minuspunkte. Positiv ist dafür neben der Berechnung der Flugbahnen auch, dass wir relativ frei in der Herangehensweise agieren und so viele verschiedene Wege finden können, um unsere Ziele zu erreichen. Auch das Level-System und die damit verbundenen vielen Freischaltungen sind sehr ansprechend und sorgen für einen hohen Wiederspielwert, auch wenn hier die Menüführung etwas umständlich gestaltet ist. Hinzu kommt eine doch sehr angenehme Schleichmechanik, in der lediglich das Verstecken von Leichen schwierig wird, denn gerade hierbei fehlt jegliche Präzision.

Ich sehe die Textur vor lauter Matsch nicht, blute ich?

Tragisch! Da schafft es „Sniper Ghost Warrior: Contracts“ ein einigermaßen ansprechendes Gameplay zu kreieren, da reißt man alles mit einer matschigen Textur wieder ein. Immer wieder zeigen sich uns schlecht programmierte Bereiche, die zwar im Laufe der Zeit besser werden, im schneebedeckten Level wird es hier und da aber doch schon etwas unansehnlich. Hinzu kommt, dass die PS4 weder eine 4k-Auflösung, noch HDR spendiert bekommen hat. Fast eine Seltenheit bei modernen, aktuellen Titeln. Wenigstens die Effekte von Licht und Schatten sowie von verschiedenen Wettereinflüssen sorgen für ein wenig ansprechenden Flair für die Augen. Vermutlich wurde sämtliche Energie in die Kugel-Kamera gesteckt, ein Feature, welches heutzutage in Sniper-Spielen aller Entwickler nicht mehr wegzudenken ist. Hier hat man sich viele verschiedene Animationen ausgedacht, in denen man den Weg der Kugel verfolgt – trifft sie allerdings ihr Ziel, ist das Ergebnis meist nur ein völlig überzogener Splatter-Effekt, bei dem den Gegnern gerne mal die komplette Schädeldecke samt Inhalt explodiert. Fast erstaunlich, dass die USK hier keine Schnappatmung bekommt.

Zwar sollte man als Sniper dem direkten Konflikt in der Regel aus dem Weg gehen und dadurch wenig Schaden einstecken, doch zumindest sollte man es spüren, bzw. in unserem Fall sehen. „Sniper Ghost Warrior: Contracts“ scheint davon aber eher weniger zu halten, denn die Schadens-/ Lebensanzeige ist wirklich sehr dezent dargestellt und Schaden wird nur schwach dargestellt. Teilweise haben wir selbst gar nicht gemerkt, dass wir kurz vor dem digitalen Exitus standen und nur mit viel Glück überlebt haben. Generell hätte man den ein oder anderen Aspekt des HUD schöner darstellen können. Gleiches gilt auch für die Art und Weise der Exfiltration, denn obwohl in den kurzen, wirklich sehr stumpfen Dialogen zwischen uns und unserem Auftraggeber herauskommt, dass er uns immer per Kamera zuschaut, müssen wir abgeschlossene Missionsziele an bestimmten Stellen hochladen. Das hätte man durchaus anders in Szene setzen können.

Nichtsdestotrotz bekommen wir insgesamt eine angenehme Atmosphäre geboten, die besonders vom Umherschleichen, Auskundschaften und Ausschalten lebt. Hierzu passt es auch, dass es gefühlt so gut wie keine musikalische Untermalung gibt und wir uns damit voll und ganz auf unsere Mission konzentrieren können. Und auch die Art und Weise, in der mit der Sniper-Thematik umgegangen wird, wie etwa die Berechnung der Flugbahn oder die Suche nach dem geeigneten Weg stellen sich als gelungen und ansprechend heraus. Dennoch stören die grafischen Ausfälle ein wenig das Gesamtbild, zumal andere Titel im gleichen Genre hier viel weiter vorne liegen und die CryEngine, auf welcher der Titel arbeitet, nicht im Ansatz ausgereizt wird. Wirklich schade!

Wie ein altes Sprichwort schon sagt: „Im Nachhinein fragst du dich halt immer: Woran hat es gelegen.“ Die gleiche Frage stellen wir uns auch bei „Sniper Ghost Warrior: Contracts“. Der Titel hat tatsächlich viel Potential, lässt davon aber auf weiten Strecken einfach viel zu viel liegen. So haben wir auf der einen Seite eine ansprechende, wenn auch nicht vollends ausgearbeitete Schleichmechanik, die uns auf verschiedene Wege führt und uns dabei doch relativ viele Freiheiten lässt, wir uns jedoch viel zu leicht verstecken können, sollten wir doch einmal entdeckt werden. Sind wir zu spät, dann entwickeln sich die sonst eher blinden Feinde zu wahren Meisterschützen und treffen uns auch problemlos aus mehreren 100 Metern punktgenau. Ausgewogen ist anders. Gut gefällt uns außerdem auch, mit was für einem hohen Maß an Präzision an der Berechnung der Flugbahn sowie dem Einfluss von Entfernung und Wind gearbeitet wurde. Hierdurch ergibt sich ein gesunder Level an Herausforderung. Hinzu kommen die zahlreichen Verbesserungen, die dazu einladen, ein Level erneut in Angriff zu nehmen und dann vielleicht alle Ziele abzuschließen. Leider muss man hier wieder Punkte in der B-Note abziehen, denn grafisch entspricht der Titel nicht immer den heutigen Standards und verzichtet gänzlich auf PS4-Pro Features wie 4k oder HDR. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Die Grafik ist kein Totalausfall, aber leider auch bei Weitem kein Highlight. Auch die Steuerung ist hier und da wenig benutzerfreundlich und sorgt hin und wieder für unschöne Situationen. Insgesamt hat „Sniper Ghost Warrior: Contracts“ dennoch das Zeug, ein unterhaltsamer Titel zu sein, der euch vielleicht nicht wochenlang an die Konsole fesselt, aber als kleine Abwechslung für Zwischendurch kann man den Finger schon mal an den Abzug legen."
6.8

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