TEST: Atomic Heart – An die Waffen, Genossen!

Zwischen großen Ambitionen und seltsamer Kritik entpuppt sich Atomic Heart als unterhaltsamer und derber Shooter. Wir haben ihn getestet!

By Patrick Held 3 comments
9 Min Read

Was, wenn Forscher der UdSSR ein Wundermittel erfunden und deswegen schnell einen Sieg im Zweiten Weltkrieg erringen konnten? Mit dieser Frage setzt sich das Team von „Mundfish“ in ihrem Erstlingswerk „Atomic Heart“ auseinander. Bereits im Vorfeld hat der Titel aus verschiedenen Gründen Wellen geschlagen, zum einen durch extrem lustige Trailer, zum anderen aber auch durch angebliche Verbindung nach Russland. Wir lassen uns davon aber nicht beirren und werden ganz unvoreingenommen an den Titel herantreten.

Atomic Heart – Beeindruckende Umgebungen

Willkommen, Genossen!

Es war das Jahr 1936. Ein Erfinder der UdSSR, Dimitry Schenov, entdeckt das Wundermaterial namens Polymer, welches die Herstellung eines neuralen Netzwerkes namens Kollektiv ermöglicht. Dadurch wird ein ungeahntes Potential entfesselt, wodurch zum Beispiel eine Vielzahl nützlicher Roboter hergestellt werden kann. Der Sieg im Zweiten Weltkrieg ist so natürlich auch nur eine Frage der Zeit. Die UdSSR wird die herrschende Weltmacht und kann einen technologischen Fortschritt nach dem anderen feiern – unter anderem fliegende Drohnen, die verschiedensten Roboter und einen sprechenden Handschuh, auf den wir später noch näher eingehen.

Nun sind wir im Jahr 1955, und Kollektiv bekommt ein Update auf Version 2.0, mit welcher es möglich sein soll, Roboter per Gedanken zu steuern, aber auch in sekundenschnelle Wissen zu erlangen. Matrix lässt grüßen!

Natürlich läuft alles anders als geplant, denn durch eine hinterhältige Sabotage drehen die Roboter durch und sorgen für Tod, Chaos und Zerstörung. Hier kommen wir ins Spiel, oder besser gesagt unsere Figur P-3, ein bedeutender Soldat mit vernebelter Vergangenheit, der damit beauftragt wird, den Verräter dingfest zu machen und das neurale Netzwerk zu reparieren. Wir begeben uns also durch die verschiedensten Bereiche des Schauplatzes der Handlung, der großartigen Facility 3826, und decken dabei einige Geheimnisse auf. Denn eins kann man sagen: die Propagandamaschine arbeitet gut. Mehr wollen wir hier aber nicht verraten.

Atomic Heart - Retro-Zukunft
Atomic Heart – Retro-Zukunft

Die Story gefällt uns sehr gut und kann uns durchweg mit ihrem Humor unterhalten. Das Polymer erinnert ein bisschen an Marvels Wundermetall Vibranium, während das Setting ein bisschen was von BioShock und Fallout hat. Kontroversen gab es wegen dem angeblichen Bezug zu Russland, uns ist das egal. Und wer sich davon getriggert fühlt, der hat wahrscheinlich sowieso ganz andere Probleme. Denn eins muss man ganz klar sagen: „Atomic Heart“ hat eine sehr derbe Art, welcher mit der Serie „The Boys“ verglichen werden kann, einschließlich einem perversen Upgrade-Fabrikator, der uns an Bett fesseln und reiten will.

Ab mit dem Robo-Kopf

„Atomic Heart“ erinnert in Sachen Gameplay hier und da an einige große und erfolgreiche Titel, welche wir in den letzten Jahren spielen durften. Allem voran dürfte dafür unser bereits erwähnter sprechender Handschuh sorgen. Denn neben seiner Fähigkeit, P-3 durch seine Kommentare ziemlich auf die Nerven zu gehen, verfügt er über einige nette Funktionen, die wir im Kampf einsetzen können. So können wir etwa mit ihm Blitze verschießen, Feinde einfrieren oder uns selbst durch einen Schild schützen. Daneben greifen wir zu verschiedenen Nah- und Fernkampfwaffen, um den teils sehr gut gepanzerten Robotern oder auch dem ein oder anderen fleischigen Gegner Schaden zuzufügen. Diese versuchen uns nämlich auf die auf unterschiedliche Art den Tag zu vermiesen, was ihnen auch sehr gut gelingt. So kommt es nicht gerade selten vor, dass wir versagen und am letzten Checkpoint nochmal von vorne loslegen. Wer sinnlos drauf losprügelt wird nicht weit kommen, es gilt, die Stärken und Schwächen der Feinde zu erkennen und diese gegen sie zu nutzen. Gerade die verschiedenen Bosskämpfe, die immer wieder in die Quere kommen, sind da eine wirkliche Herausforderung. 

Atomic Heart überzeugt mit Fallout-Look
Atomic Heart überzeugt mit Fallout-Look

Am sogenannten Fabrikator können wir zudem Waffen und Fertigkeiten verbessern. Hier direkt eine kleine Triggerwarnung für zart besaitete Gamer: Der Fabrikator, der wie ein großer roter Kühlschrank aussieht und eine weibliche KI besitzt, hätte nichts lieber, als dass ihr eure Waffe hart in seiner Lucke versenkt und euer Polymer ganz tief hineinspritzt. Es würde uns nicht wundern, wenn die KI auch Dialoge für OnlyFans schreibt.

Neben den herausfordernden Kämpfen und dem ansprechenden, wenn auch versauten Crafting-System, besitzt „Atomic Heart“ eine ziemlich gut gelungene Rätselmechanik. Es gibt neben einigen Sammelobjekten in Form von Taschenuhren, die uns mit Sprachaufnahmen versorgen, auch einige Schlösser oder Hindernisse, die wir auf kreative Art und Weise, aber auch mit einigem Köpfchen, überwinden müssen. Mal müssen wir mehrmals zum richtigen Zeitpunkt das Schloss betätigen, ein anderes Mal ein Muster eingeben und noch einiges mehr. Die Spielwelt, in der wir uns partiell frei bewegen können, hat einiges zu bietet und ist definitiv wert erforscht zu werden.

Insgesamt macht das Gameplay von „Atomic Heart“ einen sehr ansprechenden und einladenden Eindruck. Auf Grund der ersten Trailer hatten wir ein wenig mehr Action erwartet, haben aber festgestellt, dass brutal nach vorne auch nicht immer der beste Weg ist. Der Titel schafft es, aus mehreren Komponenten einen ansprechenden Mix zu zaubern, der lange unterhalten kann. Zudem haben wir das Gefühl, dass der Titel, auch wenn er rasant startet und uns direkt in die Handlung wirft, erst einen kleinen Moment braucht, um sein volles Potential zu entfalten.

Atomic Heart Action NonStop
Atomic Heart Action NonStop

Der Kommunismus sieht ausnahmsweise gut aus

In Sachen Grafik macht das Team von Mundfish einen wirklich ertsklassigen Job. Die halboffene Spielwelt ist ansehnlich und lädt in Teilen dazu ein, von uns erkundet zu werden. Auch die Charaktermodelle, sowie die verschiedenen Waffen und Ausrüstungen sehen sehr gut aus und bilden einen interessanten Mix aus Sovjetunion und Sci-Fi Kram. Einzig von den Gesichtern mancher Roboter werden wir mit Sicherheit noch in unseren Albträumen verfolgt werden, die leblosen, kalten Augen können einem wirklich Angst machen.

Die Spielwelt ist darüber hinaus sehr abwechslungsreich angelegt worden. Es gibt einige Outdoor-Areale, die mit einer schönen Flora und Fauna daherkommen, aber auch viele verwinkelte, unterirdische Basen, die richtig unheimlich sind und für reichlich Angst sorgen. 

Atomic Heart - Skill-Tree im Pipboy-Stil
Atomic Heart – Skill-Tree im Pipboy-Stil

Anders sieht es da ein wenig bei der Atmosphäre aus. Zum einen fällt es uns etwas schwer, und mit unserer Figur zu identifizieren. Er ist die ganze Zeit schlecht gelaunt und blafft jeden ohne Grund an. Ein etwas anderer Charakterzug wäre hier ansprechender gewesen. Hinzu kommt, dass Dialoge sich teilweise überlappen und abhacken. Zudem wiederholen sich Dialoge immer wieder, wenn wir einen NPC ansprechen, und manchmal passen die Worte nicht richtig zur aktuellen Situation.

Insgesamt entsteht trotzdem eine sehr unterhaltsame Atmosphäre, die vor allem auch vom guten Sound getragen wird. Die Musik ist gut gemacht und passt zum jeweiligen Moment. Immer wieder bekommen wir daneben typisch russische Musik zu hören – die Russendisko lässt grüßen. Zudem sind alle Werbettafeln und Plakate in kyrillischer Schrift, werden aber dann für uns im HUD übersetzt. Die verschiedenen Stilelemente und Features runden das Paket ab, auch wenn es hin und wieder auch einfach zu viel sein und leicht überfrachtet wirken kann. „Atomic Heart“ schafft es aber alles gut unter einen Hut zu bringen.

Fazit Atomic Heart

TEST: Atomic Heart – An die Waffen, Genossen!
Fazit
"Man muss es einfach so sagen: Die Entwicklung von „Atomic Heart“ musste einige Rückschläge einstecken. Eigentlich sollte der Titel bereits 2022 erscheinen, jetzt ist er endlich da, und kann definitiv überzeugen. Das Spiel kombiniert viele Aspekte und Stile verschiedener Genres, gepaart mit anspruchsvollen Herausforderungen, einem akzeptablen Kampfsystem und einer überzeugenden Atmosphäre. Hin und wieder hat der Titel aber auch mit Schwächen zu kämpfen, insgesamt sind wir aber durchaus zufrieden und freuen uns, dass das junge Team nicht an seinen hohen Ambitionen gescheitert ist."
Pro
- toller Mix verschiedener Genres und Stile
- herausfordernde Rätsel und Kämpfe
- tolle Grafik & derber Humor
Contra
- Dialoge brauchen mehr Feintuning
- hin und wieder kleinere Bugs
- unsympatische Hauptfigur
8

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