Mit Effie wollen die Entwickler von Inverge Studios aus Spanien nach eigener Angabe eine nostalgische Zeitreise zurück in die goldene Ära der 3D-Plattformer machen. Ob das Spiel mit seinen Vorbildern mithalten kann, erfahrt ihr in unserem Test.
Alles beginnt mit einer Geschichte
Die grundsätzliche Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Das junge Mädchen Effie sitzt vor dem Kaminfeuer, während ihr Großvater eine märchenhafte Geschichte erzählt. Sie handelt von Galand – einem jungen Ritter, der von der fiesen Hexe Melira verflucht und in einen alten Mann verwandelt wurde. Auf der Suche nach einem Weg, den Fluch abzuwenden, stößt er auf einen geheimnisvollen Schild mit magischen Kräften. Mit dieser Waffe bestreitet er sein Abenteuer und macht sich auf die Suche nach den „Gems of Evil“, die ihm Zugang zu Meliras Festung verschaffen, um der Hexe dort entgegenzutreten.
Wie ihr wahrscheinlich bereits vermutet habt, übernehmen wir natürlich die Rolle von Galand. Die namensgebende Effie bekommen wir nur in einigen wenigen Zwischensequenzen zu sehen, nach jedem abgeschlossenen Kapitel. Die Story ist simpel, typisch märchenhaft und wenig originell. Eine mitreißende Geschichte solltet ihr also nicht erwarten. Generell scheint sich das Spiel erzählerisch an eine etwas jüngere Zielgruppe zu richten.
Wunderland im Low-Poly-Look
Visuell kann das knuffige Adventure durchaus punkten: Effie reiht sich in die Gruppe von Spielen ein, die aus ihrer polygon- und texturarmen Optik viel herausholen, in ähnlicher Form, wie es auch bei The Witness oder Rime der Fall ist. Die simple Neo-Retro-Ästhetik steht dem Spiel hervorragend zu Gesicht. Außerdem ist die Umgebung abwechslungsreich und durchgehend hübsch anzusehen.
Auch wenn das kurze Abenteuer insgesamt nur wenige Schauplätze bietet, ist jeder davon schön ausgestaltet. Die Farben sind kräftig und vor allem in dunklen Kellergewölben kommen die starken Kontraste richtig zur Geltung. Für ein Indie-Spiel mit wenig Budget wirkt das alles schon recht rund…
…wären da nicht die technischen Macken. Und genau da sehen wir einen großen Kritikpunkt: Effie hat nämlich noch jede Menge Bugs. In der kurzen Spielzeit sind wir einmal mitten in einem Bosskampf durch den Boden geglitcht – da half nur noch ein Neustart. Hier und da gab es Clipping-Fehler, mehrfach waren plötzlich Soundeffekte dumpf und leise, Animationen spulten sich in Dauerschleife ab, an einer Stelle hingen wir plötzlich irgendwo in der Luft, konnten uns aber nicht mehr bewegen – ein Bug, den wir an besagter Stelle übrigens beliebig oft reproduzieren konnten. Ein bisschen technische Politur hätte dem Spiel sicher nicht geschadet. Fairerweise sei erwähnt, dass wir eine Vorabversion gespielt haben – dass die Entwickler bis zum Release noch nachpatchen, ist also durchaus möglich.
Gameplay aus der Mottenkiste
Kommen wir zum eigentlichen Kern des Spiels: Was genau tun wir in Effie? Kurz gesagt: Ein bisschen hüpfen, ab und zu kämpfen, hier und da mal einen Schalter drücken. Spielerisch wirkt Effie schon ein wenig angestaubt. Die Entwickler berufen sich zwar bewusst auf klassische 3D-Plattformer, bringen aber nichts wirklich Neues auf den Tisch. Wirklich alles, was wir hier serviert bekommen, haben wir so schon mal und auch in besserer Form gesehen.
Wie zu erwarten, gibt es natürlich Sammelgegenstände: Überall in der Welt sind Runensteine verteilt. Haben wir genug davon gefunden, steigen wir einen Level auf und haben fortan mehr Lebensenergie und Mana. Hier und da gibt‘s noch goldene Kisten mit anderen Sammelobjekten, die allerdings keinen Zweck erfüllen – wir sammeln sie also nur, um des Sammelns willen. So richtig motiviert fühlen wir uns dazu aber nicht.
Auf unserem Abenteuer stellen sich uns außerdem verschiedene Gegner in den Weg. Mit unserem Schild geben wir ihnen auf die Mütze. Im Verlauf des Spiels erhalten wir zusätzliche Attacken, die uns mehr Handlungsspielraum eröffnen: Während wir anfangs nur über leichte und schwere Angriffe verfügen und eine Schutzbarriere erzeugen können, die Schaden von uns abwendet, können wir im späteren Verlauf auch durch die Luft dashen, eine Wirbelattacke mit unserem Schild ausführen und ein Erdbeben erzeugen. Das war‘s dann aber auch schon. Die Gameplay-Mechaniken sind sehr überschaubar, funktionieren aber ganz okay.
Etwas spannender fallen dafür die Bosskämpfe aus: Am Ende jedes Kapitels treten wir der Hexe Melira gegenüber. Um sie in die Schranken zu weisen, müssen wir verschiedene Geschicklichkeitspassagen absolvieren. Es sind die wenigen Momente, in denen richtiges Jump & Run-Feeling aufkommt. Auch außerhalb davon gibt es gelegentlich Hüpfpassagen, wirklich fordernd sind diese aber selten.
Außerdem lösen wir Rätsel – die fallen aber insgesamt sehr uninspiriert aus: In der Regel müssen wir in einer bestimmten Reihenfolge irgendwelche Schalter drücken oder Hebel betätigen. Die Lösung ist immer offensichtlich – auch hier zeigt sich, dass Effie vor allem auf jüngere Spieler abzielt.
Open World mit wenig Inhalt
Neben den einzelnen Schauplätzen, in denen das eigentliche Spiel stattfindet, gibt es noch eine offene Hub-Welt. Die ist relativ groß – lange Laufstrecken überwinden wir deshalb, indem wir auf unserem Schild surfen. Um mehr Geschwindigkeit aufzunehmen, fahren wir über Beschleunigungspunkte.
Das ist alles ganz nett, allerdings haben wir uns gefragt: Wozu das Ganze? Hätte es die offene Welt denn gebraucht? Worin besteht ihr Mehrwert? So richtig plausibel beantworten lassen sich diese Fragen nicht. Tatsächlich gibt es in der Spielwelt nämlich wenig zu entdecken. Hier und da sind Kisten versteckt, aber die enthalten, wie bereits erwähnt, nur Sammelgegenstände, die keine nähere Bewandnis haben.
Eine optionale Quest gibt es zwar: An einer Rennstrecke können wir ein Zeitrennen machen, bei dem wir verschiedene Checkpoints in einem festgelegten Zeitrahmen mit unserem Schild absurfen müssen – das war‘s dann aber auch schon. Ansonsten ist die Spielwelt, abgesehen von den Gegnern, aber gänzlich unbelebt – NPCs gibt‘s hier nicht. Aus unserer Sicht hätte es die Open World in dieser Form also gar nicht gebraucht. Einzelne Level hätten es auch getan. So bleibt ein leichter Nachgeschmack zurück, dass die Entwickler die kurze Spielzeit von circa 3-5 Stunden nur etwas strecken wollten.