Mit der neuen Konsolengeneration ist nun auch die Zeit gekommen, dass sich groรe Meister der Videospielindustrie auf noch relativ unbekannte Pfade begeben. Den Start macht Hideo Kojima, der mit der โMetal Gearโ- Serie immer wieder fรผr Aufsehen und wahre Blockbuster gesorgt hat.
โMetal Gear Solid V: Ground Zeroesโ ist der erste Streich. Als Prolog zu โMetal Gear Solid V:The Phantom Painโ angekรผndigt, hat das Spiel sich zum Ziel gesetzt, einen ersten Eindruck der Verรคnderungen und neuen Eigenschaften des Ablegers ebenso aufzuzeigen, wie die neuen Mรถglichkeiten, welche die PlayStation 4 bietet. Einen voll umfรคnglichen Titel darf man also nicht erwarten. Doch kann der Titel sich an eine Spitzenposition schleichen, oder ist er eher zum Verstecken?
Die Story steigt relativ zeitnah in die Handlung nach dem (ursprรผnglichen) PSP-Ableger โPeace Walkerโ ein. Dementsprechend schlรผpft man auch nicht in die Rolle von Solid Snake, sondern in die seines biologischen Vaters, Naked Snake alias Big Boss. Wer sich mit dessen Geschichte nicht auskennt, beziehungsweise โPeace Walkerโ nicht gespielt hat, der kann die Vorgeschichte in โGround Zeroesโ nachlesen, um besser zu verstehen, wie es zur weiteren Handlung gekommen ist. Nicht besonders ansprechend vielleicht, aber durchaus hilfreich.
Wir steigen mit einer ganz klaren Mission in die Handlung ein: Chico und Paz, zwei junge Mitglieder unseres Teams, die wรคhrend der Erlebnisse von โPeace Walkerโ von Big Boss aufgenommen wurden und zu einem wichtigen Teil des Teams geworden sind, wurden gefangen genommen, gefoltert und verhรถrt. Unser Ziel ist es, die beiden aus einer Hochsicherheitsfestung zu retten und mit ihnen zu flรผchten.
Steuerung und Gameplay
Schon nach nicht einmal fรผnf Schritten merkt man deutlich, dass es viele Verรคnderungen zu frรผheren Teilen gibt. So verfรผgen wir nun รผber ein Fernglas, mit dem wir feindliche Einheiten, Geschรผtze oder andere taktisch wichtige Punkte ausspรคhen und markieren kรถnnen, wodurch wir diese stรคndig im Blick behalten und leichter ausschalten kรถnnen. Auf unserer Karte, dem โiDroid-Deviceโ, kรถnnen wir alles รผberblicken, den Helikopter zu verschiedenen Punkten zum Abtransport rufen oder die Missionsdetails nochmals studieren. Wer รผber ein Smartphone oder Tablet verfรผgt, kann sich die offizielle „MGS: Ground Zeroes App“ herunterladen, welche sรคmtliche Funktionen des „iDroid“ auf den Second-Screen รผbertrรคgt, รคhnlich wie schon bei „Assassin’s Creed 4:Black Flag“. Wirklich sehr hilfreich und eine nette Idee.
Leider mรผssen wir auf die gewohnte Mรถglichkeit, so viele Waffen man will mitzunehmen, von nun an verzichten. Unser Arsenal besteht nur noch aus 1 Pistole und bis zu zwei grรถรeren Waffen, sowie Wurfgeschossen. Auf Gerรคte wurde bis auf Fernglas, Nachtsichtgerรคt und iDroid, gรคnzlich verzichtet, woraus sich auch ergibt, dass es keine Rationen mehr gibt, um seine Gesundheit zu regenerieren. Doch eine Lรถsung dafรผr ist schnell gefunden, denn Big Boss mimt Wolverine und heilt sich von nun an mit der Zeit selbst. Diese Verรคnderungen sorgen anfangs fรผr ein ungewohnt fremdes Gefรผhl, mit der Zeit gewรถhnt man sich aber an diesen Stilbruch.
Wer schon „Peace Walker“ gespielt hat, der kennt auch die Mรถglichkeit, Feinde oder Gefangene per Helikopter aus dem Gebiet zu bringen. Diese Mรถglichkeit wurde jetzt auch in Ground Zeroes eingearbeitet. Sowohl die Zielpersonen, als auch man selbst kann so an verschiedenen Abholpunkten, die รผber iDroid ausgewรคhlt werden, aus der Festung in Sicherheit geschaffen werden. Hat man jedoch Flugangst, kann man sich auf der Ladeflรคche eines Trucks verstecken oder einen Panzer oder andere Fahrzeuge klauen und mit diesen durch die Absperrungen brechen und flรผchten. Die Mรถglichkeiten sind nahezu unbegrenzt, denn anders als bisher gibt es keine linear und schlauchartig aufgebauten Level, sondern eine groรe Sandbox, auf der man sich nach Belieben austoben darf, um seine Ziele auf die eigene Art zu erreichen. Strom ausschalten, Feinde nach Informationen aushorchen oder einfach brutal zuschlagen, jeder wie er mag! Die offene Spielwelt ist zwar nicht besonders groร, aber detailreich und gespickt mit unzรคhligen Besonderheiten. รber das gesamte Areal lassen sich Audiokassetten finden, die uns mit Gesprรคchsaufzeichnungen, Tagebucheintrรคgen oder anderen Informationen versorgen und uns sowohl รผber die emotionalen Zustรคnde einzelner Personen, als auch รผber das Vorgehen in der Einrichtung informieren.
Des Weiteren verรคndert sich die Welt immer wieder. Wachen รคndern plรถtzlich ihre Positionen oder Wegmuster, neue Informationen werden uns zugespielt oder wir erfahren wichtige Hinweise aus belauschten Unterhaltungen. Eine unfassbar flexible Welt, auf die man zwangslรคufig reagieren muss, um nicht unterzugehen. Die Spannung wird dadurch sehr hoch gehalten und erfordert hรถchste Konzentration.
Wirklich gut gemacht! Sollte Naked Snake doch einmal auffliegen, so bleibt ein kurzer Moment, bevor der Alarm aktiviert wird, der sogenannte „Fokus“, in dem man die feindliche Quellen schnell ausschalten kann, um das Schlimmste zu verhindern. Dadurch wird das Spiel ein wenig gnรคdiger, als noch in frรผheren Teilen, verliert dadurch aber keineswegs an Anspruch und Qualitรคt. Wer auf diese Option gรคnzlich verzichten will, kann sie in den Einstellungen auch vollstรคndig entfernen; jeder, wie er es mรถchte.
Doch so schรถn das auch alles ist, es gibt einen gravierenden Haken: Das Spiel ist einfach kein vollwertiges Spiel! Nicht umsonst gibt es keine Platin-Trophรคe zu ergattern, denn: bei normalen Spielen erreicht man den Abspann bereits nach gut 2-3 Stunden, Videos inbegriffen. Zum Glรผck werden nach einmaligem Abschluss der Hauptmission noch weitere Nebenauftrรคge verfรผgbar, in denen wir zum Beispiel gekennzeichnete Ziele beseitigen oder einen Informanten ausfindig machen und seine Aufzeichnungen bergen mรผssen. Die Missionen sollen deutlich zeigen, welche Abwechslung in das Spiel gebracht werden soll und wie man auf verschiedene Herausforderungen reagieren kรถnnte. Dies gelingt auch sehr gut, fordert heraus und macht Lust auf mehr. Nach Abschluss jedes Auftrages erhรคlt man, wie schon in den Vorgรคngern, eine Bewertungsรผbersicht seiner Leistungen, durch die man- je nach Stufe- neue Waffen fรผr den nรคchsten Durchgang freischaltet, sowie sich mit seinen Freunden รผber Bestenlisten messen kann.
Alles in allem spielt sich „Metal Gear Solid V: Ground Zeroes“ unheimlich gut. Die vielen Verรคnderungen sind zwar noch sehr gewรถhnungsbedรผrftig, aber sie bieten ein hohes Maร an Vorteilen und Herausforderungen, und sie prรคgen sich schnell ein. Auch die vielen Mรถglichkeiten, sich in der offenen Welt zu bewegen und mit den verschiedenen Objekten zu interagieren, um seinen individuellen Weg zu ebnen, sind hervorragend umgesetzt worden und laden zum Ausprobieren und Herumstรถbern ein. Die in den Nebenmissionen dargestellten neuen Auftragsarten sorgen fรผr ein gewisses Maร an Abwechslung und individueller Handhabung, kรถnnen jedoch nicht darรผber hinwegtrรถsten, dass man immer nur die selbe Festung erstรผrmt und man ziemlich schnell alles erledigt hat, was es tun gab. Ob das jemandem persรถnlich reicht, muss man selbst entscheiden. Ein bisschen mehr hรคtte es ruhig sein kรถnnen.
Sound, Grafik und Atmosphรคre
Die Metal Gear Solid- Reihe war schon immer ein wahres Musterbeispiel dafรผr, wie man aus einem Spiel ein Kunstwerk machen kann. Grafik und Atmosphรคre stehen hierbei deutlich an oberster Stelle. Dies spรผrt man schon wรคhrend des Intros, dass sich grafisch nicht vom Spielablauf unterscheidet. Man wird von den hervorragenden Darstellungen der Personen, Objekten, Umgebungen, ja sogar vom Regen begeistert sein. Die hohe Auflรถsung von 1080p bei 60 fps sorgt dafรผr, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. So sehen die Bewegungen, wenn man durch den Dreck kriecht oder sich einen Kรถrper รผber die Schulter wirft, sehr flรผssig und ansprechend aus. Sรคmtliche Charaktermodelle wurden gut und ansprechend umgesetzt, wobei hier auch der Fokus darauf gelegt wurde, jeder Einheit zumindest ihr eigenes, individuelles Gesicht zu verpassen, anstatt auf eine Einheitsform zu setzen. Ein wahres Fest fรผr die Augen!
Die grafischen Darstellungen werden von der musikalischen Einspielung gut untermalt. In allen Ecken und Enden hรถrt man die Gerรคusche von Schritten oder Motoren, feindliche Einheiten, die sich รผber versteckte Kassetten unterhalten oder Funkmitteilungen, die wir auf Abruf von Kaz, erhalten sind stรคndig prรคsent, Musik gibt es jedoch nur selten. Und das ist auch gut so, denn ohne die Musik konzentriert man sich mehr auf seine Umgebung; die Musik tritt erst ein, wenn etwas Wichtiges oder Gefรคhrliches passiert und sich die gegenwรคrtige Situation schlagartig รคndert. Sollte das eintreten, darf man sich auf die optimale, situationsabhรคngige Untermalung freuen, die fรผr Spannung und Action sorgt, wie es sich gehรถrt.
Doch auch die beste Mischung aus Grafik und Sound ist nichts ohne eine gut abgestimmte Atmosphรคre. Und wer die Arbeit von Hideo Kojima kennt, der weiร, worauf er sich einzustellen hat: Eine reiรerische, schnelle Story, die gespickt ist mit unzรคhligen Wendungen und รberraschungen, emotionalen und actiongeladenen Situationen und einer sehr fesselnden Story und Atmosphรคre. Genau das wurde im neuen Ableger wieder so umgesetzt. Schnell baut man eine hohe Bindung zu Snake auf, mรถchte wissen, wie es weiter geht und welche Geheimnisse sich noch in der Anlage verstecken. Umso hรคrter und quรคlender ist es, dass mitten in der Aktion das Spiel samt Abspann auch schon sein Ende gefunden hat und den Spieler vor zahlreichen Fragen stehen lรคsst. Sicherlich werden viele nach dem ersten Spieldurchgang nur noch gespannter die Tage zรคhlen, bis endlich „The Phantom Pain“ auf den Markt kommt. Ein perfektes Beispiel, wie man Fans heiร machen kann.
Groรmeister Kojima weiร einfach, wie man ein gutes Spiel macht. Eine hervorragende Story, gepaart mit einer umwerfenden Grafik und tollem Sound, wodurch eine fesselnde Atmosphรคre entsteht, von der man nicht genug bekommen kann. Zwar kommt man sich nach dem Abspann ein wenig vor den Kopf gestoรen vor, weil mittendrin auf einmal Schluss ist, aber gerade so wird die Vorfreude nur noch grรถรer.
Entwickler: Kojima Productions
Publisher: Konami
Release: 20. Mรคrz 2014
Offizielle Homepage: www.metalgearsolid.com
[asa]B00HEZL850[/asa]
