TEST: Dragon Quest XI – Streiter des Schicksals – Ein allzu klassisches JRPG

By Dennis Giebert Add a Comment
11 Min Read

Dragon Quest ist eine der erfolgreichsten und einflussreichsten JRPG-Serien aller Zeiten und wird oft als das erste JRPG bezeichnet, welches viele Spiele beeinflusste, die danach folgten. So hat sich Pokemon zum Beispiel mit seinem Monstersammel-Gameplay stark von Dragon Quest inspirieren lassen, Final Fantasy verwendet in einigen Spielen ein Klassen- und K.I. System (Gambit in FF XII), das schon lange vorher in Dragon Quest zum Einsatz fand usw. Ob „Dragon Quest XI“ an dieses Vermächtnis anknüpfen kann und das JRPG-Genre mit neuen Ideen bereichert, erfahrt ihr in unserem Test.

Der Tradition folgend

Mit 16 Jahren muss die Dorfjugend den Berg besteigen und auf dessen Gipfel ein heiliges Ritual vollführen – so ist es Tradition und bildet mit dieser überschaubaren Aufgabe den Beginn von „Dragon Quest XI“ und seiner Geschichte. Normalerweise muss jeder den Berg alleine erklimmen, glücklicherweise hat die Kindheitsfreundin des Helden, Gemma, am selben Tag Geburtstag, wodurch die beiden den Berg ausnahmsweise als Team besteigen dürfen. Auf dem Weg zur Gipfelspitze gibt es allerdings einige Ungereimtheiten, der nicht wie gewohnt idyllisch gepflastert ist, sondern von feindseligen Monstern besiedelt wird. Da unser Held in Begleitung reist, stellen die Monster jedoch noch keine richtige Bedrohung dar und der Gipfel wird nach einem anstrengenden Aufstieg endlich erreicht.

Auf der Spitze angekommen offenbart sich den beiden jungen Erwachsenen ein unvergleichlicher Ausblick über das Königreich, der eigentliche Grund der Reise zur Spitze. Bevor das Ritual allerdings vollzogen werden kann, greift sich Gemma ein Monster und verliert sich in einem kurzen Kampf, der durch eine Lichtsäule, die aus der Hand des Helden kam, beendet wird. Kurz darauf vollziehen die beiden das Ritual und begeben sich zurück zum Dorf, wo dem Held offenbart wird, dass er die Reinkarnation des Lichtbringers ist, einem Helden, der vor Hunderten vor Jahren vom Lebensbaum erwählt wurde, um sich einem bösen Herrscher entgegenzustellen und die Welt zu retten.

„Dragon Quest XI“ bietet, wie viele Spiele der Serie, eine traditionelle JRPG-Geschichte: Ein Held muss sich dem Bösen, das droht die Welt zu erobern/zerstören, entgegenstellen. Auf seiner Reise erhält er dabei Unterstützung durch eine Gruppe von wild zusammengewürfelten Mitstreitern und findet sich in etlichen Abenteuern wieder. Im Gegensatz zu anderen JRPGs bietet „Dragon Quest XI“ jedoch keine epische Geschichte mit Twists und etlichen Schicksalsschlägen, die sich um den Hauptangelpunkt der Story drehen. Das Spiel lebt durch seine Figuren und die kleinen Geschichten, die sich auf der Reise zum Ziel immer wieder ergeben. Viele der kleinen Geschichten sind interessant, kurzweilig und halten dabei die Waage zwischen ernst und witzig, was dem Titel auch diesen charmanten Charakter verleiht.

Ein klassisches JRPG

Spielerisch gibt sich „Dragon Quest XI“ als klassisches JRPG, das zwar einige neumoderne Elemente einarbeitet, sich aber zum Großteil auf das klassische JRPG-Gameplay verlässt. Figuren erhalten wie gewohnt Erfahrung, können mit verschiedenen Waffen und Rüstungen ausgestattet werden und bekommen nach einem Level Up Skill-Punkte, die in einen beliebigen Skill-Baum gesteckt werden können. Anfänger Skills benötigen nur wenige Punkte, um freigeschaltet zu werden. Skills die sich tiefer im Skill-Baum befinden werden hingegen immer teurer, sind dafür aber auch potenter. Sollte einem die Skills nicht mehr gefallen oder sich in einer bestimmten Situation als nicht effektiv erweisen, kann man seine Skill-Punkte auch für eine kleine Summe Geld an einer heiligen Statue zurücksetzten. An Statuen und in Kirchen kann man zudem sein Spiel speichern, nachschauen wie viel Erfahrung die Figuren zum aufleveln benötigen und sich von negativen Status-Einflüssen befreien lassen. Welche Ausrüstungsgegenstände die Figuren nutzen können, hängt dabei von ihrem Skill-Baum ab. Figuren die zum Beispiel keinen Zugang zu Skills für Speere haben, können diese auch nicht ausrüsten. Neue Ausrüstung kann man wie gewohnt bei Händlern kaufen, was im im normalen Gameplay jedoch recht teuer sein kann. Daher muss man zunächst oft alte Ausrüstung verkaufen und selbst dann kann man häufig nicht alle Figuren mit den besten Stücken ausrüsten.

Eine effektive Alternative bietet „Dragon Quest XI“ daher durch das Schmieden der eigenen Ausrüstung. Hat man das richtige Rezept und Materialien bei Hand, kann man in seinem mobilen Lager eigene Waffen, Rüstungen und Accessoires herstellen, die, im Gegensatz zu den im Laden erhältlichen Gegenstücken, mit Boni ausgestattet werden können. Stellt man seine Ausrüstung selbst her, muss man in einem Minispiel zunächst das Metall schmieden und dabei möglichst einen perfekten Bonus erhalten. Wie weit sich die dazu verwendeten Balken füllen, hängt dabei von der Temperatur des Schmiedeofens, der Stärke der Schläge und, je nach Schwierigkeitsgrad des Schmiedestücks, von zufälligen Modifikatoren ab. Zudem ist zu beachten, wie viel Ausdauer der Held noch hat. Mit steigendem Level erhält unser Held immer mehr Ausdauer und neue Schmiedefertigkeiten, die ihn z. B. zwei Teile eines Schmiedestücks, für einen geringeren Ausdauerpreis, gleichzeitig schmieden lassen. Gelingt das Schmieden, bekommt man dafür oft bessere Versionen der im Geschäft erhältlichen Ausrüstungsgegenstände und Perlen, mit denen man wiederum Ausrüstung nachschmieden kann, ohne die Kosten für ein neues Ausrüstungsstück zahlen zu müssen.

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Auch im Kampf gibt man sich klassisch

Kämpfe verlaufen in klassischer JRPG-Manier. Hier diktiert die Agilität der Figuren wer wann und wie oft angreifen kann, während sich unser Held frei auf dem Feld bewegen darf. Angriffen kann man so jedoch nicht ausweichen, da die Ausweichchance einfach zu gering ist und ihr auch von Gegner getroffen werdet, selbst wenn ihre Angriffe keinen Kontakt mit der Figur haben. Sollte einem die dabei verwendete Kameraeinstellung nicht zusagen, kann man im Menü auch zu einer klassischen Variante wechseln: hier werden Kämpfe dann mit einer festen Kamera eingefangen, die die Aktionen der Monster und Figuren noch mehr im Detail zeigen. Zudem bekommt man in der klassischen Variante noch die Option “Fliehen” im Menü angezeigt, während einen die modernere Variante einfach das Kampffeld verlassen lässt, sofern die Flucht gelingt.

Welche Aktionen eure Figuren ausführen, bleibt dabei euch überlassen, insofern ihr die volle Kontrolle wünscht. Wer möchte kann den Figuren unterschiedliche K.I. Muster zuweisen, die deren Verhalten ändern. Einer Figur kann man so beispielsweise befehlen, ohne Rücksicht auf ihre MP zu nehmen, eine weitere heilt und buffed das Team, während zwei Figuren von euch gemanagt werden. Erhalten Figuren genug Schaden, versetzt sie dies zudem in den PEP-Status, ähnlich den Limits in Final Fantasy. In diesem Zustand können die Figuren dann spezielle Angriffe, allein oder unterstützt von mehreren Figuren, ausführen und erhalten einen Bonus auf ihre Werte. „Dragon Quest XI“ bietet euch dazu eine wahre Flut unterschiedlicher PEP-Angriffe, die alle mit ihren eigenen Animationen aufwarten und sich stark auf den Kampf auswirken können. Wer sich die Animationen nicht immer wieder ansehen möchte, kann diese auf Knopfdruck aber auch überspringen. Wird der PEP nicht genutzt, verfällt dieser nach einigen Runden wieder.

Eine echte Augenweide

Grafisch macht „Dragon Quest XI“ einen guten Eindruck. Das Design der Figuren und Monster stammt hier aus der Feder von Akira Toriyama, weshalb auch immer wieder Parallelen zu Dragon Ball aufkommen. Das Anime-Design macht auch in Bewegung einen tollen Eindruck, was vor allem der ausgezeichneten Animationsarbeit zu verdanken ist, mit der sich Figuren und Monster über den Bildschirm bewegen. Besonders gut gefallen dabei die Städte, die alle mit ihrem eigenen Thema daherkommen und nie gleich aussehen. So sieht man z.B. in einer Hafenstadt Kanäle, die mit einer Gondel befahren werden können, oder kann durch die Gitterdecke einer unterirdischen Stadt die Sterne und den Mondschein bewundern. Wie schon seine Vorgänger bietet „Dragon Quest XI“ aber auch wieder Kostüme, in die man seine Figuren kleiden kann. Die Kostüme sind dabei äußerst detailliert und ändern in einigen Fällen auch die Animation der Figur, die sie trägt. Die Framerate des Spiels ist stabil, zumindest wenn man selbst am Steuer ist. In einigen Zwischensequenzen, mit vielen transparenten Effekten, wie Rauch und Explosionen, kann die Framerate hin und wieder jedoch einbrechen.

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Die Musik ist wie immer mit einem stark abenteuerlichen Thema angehaucht, in dem viele Blasinstrumente eingesetzt werden. Um ehrlich zu sein, hat die Musik mir etwas zugesetzt, da für Großteile des Spiels dieselbe Musik läuft (Kämpfe, Weltkarte), das viele der Stücke dann noch ähnliche Instrumente verwenden und dadurch ähnlich klingen trugt dazu bei, dass zumindest bei mir eine gewisse musikalische Ermüdung eintrat.

Die Vertonung des Spiels ist ausschließlich in Englisch zu genießen, dafür gibt es aber deutsche Texte. Ebenfalls typisch für Dragon Quest sind die etlichen englischen Dialekte, die die Figuren sprechen, was es mitunter schwer macht ihnen zu folgen. Wenn man etwas nicht versteht, hilft eben nur Untertitel lesen und selbst hier wird der Dialekt in gedruckter Form wiedergegeben, wodurch man Sätze manchmal mehrfach lesen muss, um zu verstehen, was nun gemeint ist.

Abseits der Geschichte bietet „Dragon Quest XI“ zudem viele Nebenquests und Minispiele, durch die man weitere Informationen über die Spielwelt, Figuren und auch seltene Gegenstände erhält.

TEST: Dragon Quest XI – Streiter des Schicksals – Ein allzu klassisches JRPG
Dragon Quest XI erfindet das Genre sicherlich nicht neu und verlässt sich auf alt hergebrachtes und bewährte Mechaniken und Elemente des Genres. Das Resultat ist ein sehr gutes JRPG, das von Anfang bis Ende zu unterhalten weiß, aber damit auch nicht darüber hinweg täuschen kann, dass es etwas altbacken daher kommt, oder eben recht klassisch. Optisch ist Dragon Quest XI wirklich hübsch anzusehen und verspricht viel Abwechslung in der Spielwelt, nebst toll anzusehenden Animationen. Einzig musikalisch wünscht man sich etwas mehr Abwechslung, die über die rund 40 Stunden Spielzeit doch sehr eintönig wirkt. Fans klassischer JRPGs können dennoch bedenkenlos zugreifen.
8.5

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Videospiel-Enthusiast von klein auf mit Vorliebe für Horrorspiele und Retro-Boomer-Shooter. Nebenbei leidenschaftlicher Streamer und seit 2012 als Redakteur bei PlayFront.de!
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