Manchmal ist der Glaube alles, was der Mensch noch hat. Und manchmal führt einen dieser Glaube auf einen gefährlichen Weg, von dem manche zuvor dachten, sie würden ihn niemals beschreiten. Ubisoft heißt euch ab dieser Woche in “Far Cry 5” und dem neuen Schauplatz Hope County willkommen, eine eigentlich beschauliche Gegend inmitten von Montana, wo die Zeit teils noch stehen geblieben ist und wo man gerne seinen Lebensabend verbringen würde.
Das Projekt Eden´s Gate
Langsam und schleichend hat sich allerdings in dieser schon fast Hinterwäldler-Gegend ein Kult niedergelassen, eine fanatische Sekte, die das Ende der Welt erwartet, angeführt von Joseph Seed, genannt der Vater, der es mit Hilfe seiner Geschwister Faith, Jacob und John geschafft hat, ein komplettes County zu unterwerfen. Die Einwohner von Hope County scheinen ihnen bedingungslos zu folgen, selbst bis in den Tod, sodass einem gemäß ihrer Ideologie meist nur die Wahl bleibt, sich entweder dem Kult anzuschließen oder als Ungläubiger zu sterben.
Umso bestrebter ist man darin, diesen Ort vor der Welt zu verstecken, ein Vorhaben, das nicht gänzlich gelingt, weshalb das Sheriff Department nicht lange auf sich warten lässt und den Vater verhaften soll. Mit dem Glauben an Gott geht das natürlich gründlich schief und man befindet sich inmitten dem Chaos aus Feuergefechten, wildem Handgemenge und der Flucht in den Wald, durch die ihr direkt auf den Widerstand stoßt, denn nicht alle wollen sich dem Projekt Eden`s Gate bedingungslos unterwerfen, womit eine abenteuerliche Reise beginnt, bei der ihr Hope County mithilfe des Widerstandes von dieser Sekte säubern müsst.
Die Thematik, die Ubisoft mit “Far Cry 5” aufgreift, ist unglaublich interessant und basiert nicht einfach nur auf wilden Ideen der kreativen Köpfe, sondern auf wahren Begebenheiten. Die bekanntesten Beispiele sind hier das Jonestown Massaker in den späten 70er Jahren, das in einem Massensuizid der Anhänger endete, ebenso die Heaven’s Gate Bewegung mit gleichem tragischen Ausgang. Es ist beängstigend und interessant zugleich, wie sich eigentlich rational denkende Menschen, die sich vielleicht für einen Moment in ihrem Leben zurückgelassen und hilflos fühlen, durch die geschickten Worte und Taten eines Predigers derart bekehren lassen können, dass man sie nicht mehr als die Menschen erkennt, die sie einmal waren. Dass man das jetzt in einem Spiel aufgreift, war für mich eigentlich der Hauptgrund “Far Cry 5” spielen zu wollen, das aus dieser Sicht auch nicht enttäuscht. Wer sich damit mal etwas intensiver beschäftigen möchte, dem sei der Spielfilm “The Sacrament” oder die entsprechende Doku dazu empfohlen, welche die Idee hinter “Far Cry 5” wunderbar widerspiegeln.
„Dir bleiben nur zwei Wege: Erlösung und Tod.“ … John Seed
Man könnte fast selbst daran glauben
So faszinierend diese Thematik ist, umso beeindruckender ist es, wie “Far Cry 5” versucht euch selbst davon zu überzeugen. Während ihr euch so durch das idyllische Hope County mit seinen endlosen weiten Feldern und teils purer Natur bewegt, vergeht im Grunde kein Meter, an dem der Kult nicht allgegenwärtig ist. Das fängt bei den Lautsprecherdurchsagen an, die euch permanent den ewigen Frieden versprechen, überall finden sich Botschaften des Vaters wieder, die Ungläubige bekehren sollen, und es wird einem unentwegt das erfüllte Leben in dieser Gemeinschaft vorgegaukelt. Man muss es glaube ich nur lange genug spielen, um sich davon komplett einlullen zu lassen. Dadurch baut sich eine wirklich intensive Erfahrung und spannende Erzählung auf, die man bis in den letzten Winkel erkunden möchte und welche die schwierige Brücke zwischen dem Open-World Gameplay und der fesselnden Story fast nahtlos überbrückt. Hier hat Ubisoft einen verdammt guten Job gemacht und intensiv Recherche betrieben, um eine solch glaubhafte und authentische Spielwelt zu erschaffen, die einen förmlich in den Kult hinein zieht.
Allerdings darf man auch nicht die Schattenseite des Ganzen vergessen. Der Kult setzt seine Interessen auf militante Art durch, ist dafür bestens ausgerüstet, betreibt Demoralisierungsstrategien und hinterlässt dabei nicht selten verbrannte Erde. Droht Gefahr, werden Geiseln meist gnadenlos erschossen, Felder in Brand gesteckt und Einwohner komplett eingeschüchtert. Hierdurch befindet sich der Widerstand, an dessen Seite ihr kämpft, zunächst in einer deutlichen Defensive und es liegt nun an euch, zurückzuschlagen und den Leuten zu zeigen, dass der Kult eben nicht das ist, was er einem weiß machen möchte – eine fanatische Gemeinschaft, die gefährliche Ideologien verfolgt, bis in den Tod.
Hier hat der Kult das Sagen
Im Grunde kann man “Far Cry 5” in drei Parts aufteilen, die sich jeweils auf ein Gebiet von Hope County beziehen und in denen die Herolds – Faith, Jacob und John – das Sagen haben. Alle drei verfolgen, ergänzend zum großen Ganzen, auch eine eigene ideologische Agenda. John zum Beispiel hat sich dem Glauben an das “Ja zu sagen” verschrieben und bereits eine sichere Bunkeranlage für den Untergang der Welt gebaut, sodass es eure Aufgabe ist, ihn aus seinem Bau zu locken. Faith wirkt auf den ersten Moment recht gutmütig, dessen Aufgabe es ist, neue Kultisten friedlich in die Gemeinde einzuführen, was ihr dank einer psychedelischen Droge auch gut gelingt. Jacob ist militärisch veranlagt und sorgt für die gesamte Sicherheit im County, einschließlich brutalster Methoden, die nicht vor Hinrichtungen auf offener Straße zurückschrecken.
„Weder wird uns die Gier, noch ihre Unmoral, noch ihre Verdorbenheit je wieder Schmerz zufügen.“ … Jospeh Seed
Um alle drei zu schwächen, betreibt man meist eine Guerillataktik und macht es sich zur Aufgabe, wichtige Standorte innerhalb ihrer Bezirke zu übernehmen, strategische Punkte zu besetzen oder die Versorgungsgüter an sich reißen. Man könnte nun meinen, dass man hier nach dem typischen Ubisoft-Schema vorgeht und sich viele Aufgaben einfach nur wiederholen. Im Kern könnte man das zwar bejahen, aber es wird auch sehr viel Abwechslung geboten, die oft in einem wahren Feuerwerk endet. Neben dem regelmäßigen Einnehmen von Stützpunkten, dem Geiseln befreien oder Transportmissionen, spielt sich vieles nämlich auch zu Land, unter der Erde, im Wasser oder in der Luft ab, wodurch eigentlich nie Langeweile aufkommt. Klar gibt es auch Missionen, wo man sich sagt: das habe ich nun schon dreimal gemacht oder die unnötig für die Story erscheinen, letztendlich muss die Spielwelt aber auch ausreichend gefüllt werden. In diesem Punkt kann man sich auf Ubisoft verlassen, die wirklich Tonnen an Aufgaben in der Spielwelt zurückgelassen haben und die euch weit über die Story hinaus beschäftigen werden. Besonders im KoOp-Modus macht das Erkunden von Hope County erst so richtig Spaß oder wenn man sich einfach mal nur auf einen Quad setzt, um durch die atemberaubenden Landschaften zu düsen, inkl. herausfordernder Rennen durch das gesamte County. Dank der überarbeiteten Engine, von der nun auch die Far Cry-Serie profitiert, hat man auch hier endlich den früheren Einheitslook der Ubisoft-Spiele abgestreift und kann sich damit so richtig in der Spielwelt verlieren.
Eine helfende Hand
Neben den KoOp-Partnern könnt ihr zudem auch Verbündete gewinnen, die euch auf Abruf zur Seite stehen. Neben Boomer, dem Hund, sind die meisten auf besondere Fähigkeiten spezialisiert, so zum Beispiel Nick Rye, der euch mit seinem Flugzeug aus der Luft unterstützen kann oder eine Scharfschützenexpertin, die auf Distanz äußerst nützlich ist. Die Partner sollten allerdings für jede Mission gut gewählt sein, da sie euch auch mal dazwischen funken können. Man hat eigentlich immer die Wahl, ob man offensiv und mit Feuerkraft los zieht oder eher defensiv, mit Schleichen, Alarm ausschalten usw. Da käme ein gleichzeitiger Angriff aus der Luft wohl nicht so gelegen. Ansonsten macht die KI hier einen recht ordentlichen Job, weshalb sich auch mal kleinere Strategien ausklügeln lassen, um den nächsten Stützpunkt unbemerkt einzunehmen, besonders dann, wenn man schon viele Skills erlernt hat. Ein wenig Schade ist lediglich, dass der Schwierigkeitsgrad nicht der KI angepasst worden ist, sondern sich nur auf eure Lebensanzeige auswirkt. Die Herausforderung bleibt somit fast immer gleich.
„Komm zu uns, wir zeigen dir den Weg zu einem neuen Eden.“ … Faith Seed
Spielerisch erlaubt sich “Far Cry 5” ansonsten kaum Fehler, außer, dass es hin und wieder mal etwas hektisch werden kann und man die Übersicht verliert, ebenso ist das Fahrzeughandling anfangs etwas seltsam, sobald man seinen Kopf dreht. Im Gesamten ist es das gewohnte Gameplay eines Open-World Shooters, das sich allerdings auch über viele Spiele hinweg bewährt hat – quasi der Standard, den man heutzutage erwartet, aber auch nicht viel mehr. Ob man das negativ betrachten muss oder sich einfach darüber freut, dass man schnell in das Spiel hinein kommt, muss jeder selbst entscheiden. Mir persönlich gefällt es, nicht zuletzt, weil ja auch wirklich viel Abwechslung bei den Aktivitäten geboten wird und es locker von der Hand geht.