TEST: Kingdom Come Deliverance – Ein ungewöhnliches Rollenspiel

Patrick Held Add a Comment
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Die Plattform Kickstarter ist ein perfektes Werkzeug für Leute, die einen Traum haben, denen aber die Mittel und Ressourcen fehlen, um diesen in die Tat umzusetzen. Genauso auch geschehen bei Daniel Vávra, der die Idee von einem RPG mit Mittelaltersetting hatte, das eher auf Realität, als auf Magie und Drachen setzt. Er verließ also 2K Czech und gründete mit ein paar anderen Entwicklern „Warhorse Studio“. Nach vier Jahren Entwicklung veröffentlichte man nun „Kingdom Come: Deliverance“, ein Titel, auf dem viele Hoffnungen und Wünsche lasten, zugleich aber auch viele der üblichen Probleme mit sich bringt.

Willkommen in Böhmen

Wir schreiben das 15.Jahrhundert: Der alte König Karl IV. ist dahingeschieden, dadurch rückt König Wenzel in der Thronfolge nach. Da er allerdings eher auf seinen Spaß aus ist, anstatt seine Pflichten ernst zu nehmen, wird er von seinem Bruder Sigismund und dessen Zusammenschluss mit weiteren Adeligen, die hierin eine Chance für sozialen Aufstieg sehen, entführt. Sigismund Armee marschiert daraufhin in das ungeschützte Land ein, um es zu plündern und sich anzueignen. Dadurch zieht der Krieg und die Anarchie in alle Teile der Region ein.

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Wir selbst schlüpfen in die Rolle des Schmiedesohnes Heinrich, der mit seiner Familie in der kleinen Stadt Skalitz ein ruhiges und normales Leben führt, bis unser Dorf von eben jener Armee überfallen und niedergebrannt wird und so gut wie alle Bewohner abgeschlachtet werden. Wir selbst konnten gerade so flüchten, kommen aber nach kurzer Zeit wieder, um unsere Liebsten zu begraben. Dabei wird uns ein Schwert gestohlen, das unser Vater für den Herrscher von Skalitz, Herrn Radzig, geschmiedet hatte. Da wir unserem Vater versprochen haben, das Schwert an Herrn Radzig zu übergeben, beginnt unsere Reise hinter den Dieben her, um uns unser Eigentum zurück zu holen.

Unser Abenteuer bringt uns dabei durch die 16km² große Spielwelt, die sehr eng an die Straßenführung des damaligen Zeitalters gehalten ist. Sogar manche Orte wurden nahezu identisch und realitätsgetreu in das Spiel übertragen. Hierfür haben die Entwickler die Hilfe von Historikern zu Rate gezogen, die mit aller Kraft zur Seite standen. Die Grafik als solche ist daher auch absolut in Ordnung, auch wenn man bei der Darstellung von Flora und Fauna oder den Charaktermodellen doch noch einiges von AAA-Titeln entfernt ist. Das ist allerdings insbesondere dadurch schade, dass genau dies ein Schwerpunkt bei der Entwicklung war, zumindest laut Warhorse.

Die Story bietet einen Umfang von ungefähr 30-40 Spielstunden, wird aber durch zahlreiche Nebenquests und Beschäftigungen deutlich erweitert. Hier stehen uns etwa Saufgelage, Faustwettkämpfe oder Dates mit hinreißenden Damen zur Verfügung. In welcher Reihenfolge und auf welche Art und Weise wir die Quests abschließen, ist dabei völlig uns überlassen. Wir können Dialoge eigenständig lenken und damit Einfluss auf die Geschehnisse nehmen, indem wir etwa jemanden bedrohen, bestechen oder einfach überzeugen. Einfluss auf unser Charisma nehmen dabei einige Faktoren, wie unser sozialer Rang, unsere Kleidung und sogar die Art und Weise, wie wir mit Blut, Wunden oder Dreck übersäht sind. RPG at it’s best! Teilweise ist es sogar möglich in Quests zu scheitern, ohne den Spielfluss zu unterbrechen. Die Geschichte führt dann einfach auf einem anderen Wege fort.

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Wer jetzt erwartet, dass Heinrich vom Siedesohn zum Herrscher ganz Böhmens aufsteigt, der wird hier überrascht, dann Heinrich ist zwar an vielen wichtigen Ereignissen, Plätzen und Schlachten beteiligt, wird aber selbst nie zum größten Helden der Historie. So ergibt sich ein interessanter Blickwinkel auf die Geschichte, die man so eher selten erhält. Ein deutlicher Pluspunkt in Sachen Story und Atmosphäre.

Wie schon gesagt, handelt es sich bei „Kingdom Come: Deliverance“ um ein RPG, das einen hohen Fokus auf Realität setzt. Das zieht sich auch durch das Skill-System. Hier finden sich klassische Fertigkeiten wie Ausdauer, Charisma oder Reitkunst, allerdings auch besondere Talente wie die Trinkfestigkeit oder die Möglichkeit zu Lesen, was für einem normalen Schmied damals eher unüblich war. Aber ohne Lesen, gibt es leider keine Verbesserung der Skills durch Bücher. Sehr durchdacht und auch sehr ansprechend umgesetzt.

Insgesamt machen Story, Umfang und die RPG-Elemente einen wirklich fantastischen Eindruck und können dadurch auch langfristig motivieren. Besonders schön sind die Freiheit, mit der man an das Abenteuer und seine Aufgaben geht, sowie das gut durchdachte Skill-System, welches zum Üben und Studieren einlädt.

Ich fordere dich zum Duell

Jeder weiß, dass Duelle und Kämpfe einfach zum Mittelalter dazu gehören, ganz egal ob mit der Faust, dem Schwert, Äxten oder einem Bogen. Jede Waffe sorgt für eine eigene Art von Schaden und die Beherrschung wird im Laufe der Zeit immer weiter trainiert. Die Kämpfe besitzen eine eigene Dynamik, indem wir unsere Waffe gezielt ausrichten und gegnerische Schläge mit etwas Übung parieren können. Auch Kombos und Tricks lassen sich so erlernen. Erleiden wir Schaden, so fangen unsere Körperteile an zu Bluten und sind nicht mehr so leistungsfähig. Die richtige Ausrüstung und die passenden Muskeln sind dabei unbedingt notwendig, ansonsten hat man gegen stärkere Gegner kaum eine Chance. Auch so werden Fehler ohnehin schon gnadenlos bestraft.

Leider bleiben die Kämpfe nicht die einzige Herausforderung, denn leider ist der Titel durchzogen von verschiedensten Bugs, Glitches und anderer Probleme. Als Beispiel: Es gibt einen Charakter, bei dem wir Taschendiebstähle üben können, ohne dafür bestraft zu werden. Leider kommt es hier manchmal vor, dass er sich es anders überlegt und gemeinsam mit seiner Tochter in die Burg flüchtet, um uns bei der nächsten Wache zu verpfeifen. Ein ziemliches Problem, da Taschendiebstähle und Schlossknacken selbst bei sehr leicht unmenschlich schwer sind. Kleiner Wehrmutstropfen: ein entsprechendes Update hierfür erscheint in Kürze.

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Darüber hinaus verschmelzen hin und wieder Pferd und Reiter, Pferde bleiben auf Zäunen hängen oder Personen greifen uns grundlos an. Selbst Warhorse Studio hat bereits eingeräumt, dass man lieber noch etwas mehr Zeit in den Feinschliffhätte stecken sollen. Somit muss man nun jede Menge nacharbeiten und viele Patches an, bis alles so ist, wie es sein sollte. Ich möchte damit nicht sagen, dass es sich um einen schlechten Titel handelt, aber diese Probleme durchbrechen immer wieder die gute Atmosphäre und wären zum Großteil zu vermeiden gewesen.

Erschwerend kommt hinzu, dass automatische Savepoints nur sehr rar gestreut sind. Dadurch können solche Bugs nicht einfach durch das Laden des vorherigen Spielstandes rückgängig gemacht werden, ohne Stunden zurück geworfen zu werden. Zwar kann man auch manuell speichern, das kostet allerdings einen Schnaps, und wer denkt denn schon daran zu speichern, bevor ein Bug auftritt?!

Die vielen Bugs sind hier ein großer Kritikpunkt! Sie stören den Spielfluss, zerstören die Atmosphäre und werfen uns oft weit zurück. Wenn man darüber hinweg schaut, oder einfach viel Geduld beweist, dann erkennt man ein tolles Gameplay mit zahlreichen einzigartigen Elementen, denen man sich gerne hingeben kann und die für viel Freude sorgen.

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TEST: Kingdom Come Deliverance – Ein ungewöhnliches Rollenspiel
„Vier Jahre Entwicklung, eine Kickstarter-Kampagne, die ihres gleichen sucht, und eine Handlung, die vor historischer Genauigkeit nur so trieft. Hinzu kommen ein beeindruckendes Skill-System, eine interessante Kampfsteuerung und eine beinahe grenzenlose Freiheit, seinen eigenen Weg zu gehen. Leider lässt die grafische Komponente hier und da zu wünschen übrig, und auch die vielen Bugs und Fehler sind ein klarer Dorn im Auge. Es bleibt zu hoffen, dass hier dran durch weitere Patches noch gefeilt wird. Sieht man allerdings darüber hinweg, ist Kingdom Come:Deliverance ein toller Titel, der zu vielen Spielstunden und zahlreichen Erlebnissen einlädt. Wagemutige Helden, die sich diesem Abenteuer stellen möchten, sei allerdings gesagt, dass Kingdom Come: Deliverance kein Rollenspiel von der Stange oder unbedingt für den Mainstream gemacht ist, sondern sich durch seine Eigenarten eher an Hardcore-Spieler richtet.“
7.8
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