TEST: Overwatch – Blizzards neuester Volltreffer

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Es gibt zwei grundlegende Arten von Entwicklern: Die, die über zahlreiche Spielereihen verteilt mehrere Titel pro Geschäftsjahr auf den Markt bringen und…. Blizzard. Vor allem betagteren PC-Spielern wird bei dem Namen vermutlich noch immer das Herz aufgehen. Zu tief sitzen die positiven Erinnerungen an die Klassiker Starcraft, Warcraft, womit in erster Linie nicht das berühmtberüchtigte MMO sondern die Strategiereihe gemeint sein soll, sowie Diablo. Dieses für ein solch erfolgreiches Unternehmen – Blizzard trotz seines Zusammenschlusses mit Activision noch als eigenständigen Teil betrachtet –  doch recht überschaubares Portfolio an Marken hat sich seit fast zwei Jahrzehnten nicht erweitert.

In den vergangenen Jahren gesellten sich zwar noch das Kartenspiel Hearthstone sowie der MOBA-Titel Heart of the Storm hinzu, diese bauen aber auf den drei bestehenden Reihen auf. Nun wagte Blizzard mit dem Release des reinen Multiplayer-Shooters „Overwatch“ den ersten Schritt zur Etablierung einer komplett eigenständigen Marke und berücksichtige dabei neben dem PC auch direkt die aktuellen Konsolen. Trotz jeglicher, gesunder Skepsis, die wir dem Titel entgegengebracht haben, können wir direkt verraten: Blizzard ist es auch in fremden Shooter-Terrain wieder gelungen, ein tolles und dem Studio würdiges Spielerlebnis abzuliefern.

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Für jeden Spieler was dabei …

„Overwatch“ kann man in keine Schublade stecken. Es ist ein teambasierter Shooter, der jedoch mit Größen wie Battlefield und Call of Duty wenig gemein hat. Zu sagen, dass man für „Overwatch“ keinen „Skill“ braucht, würde dem Spiel nicht gerecht werden. Trotzdem steht eben nicht im Vordergrund, wie zielsicher ihr den Kopf eures Gegners ins Visier nehmen könnt. Viel wichtiger ist bei „Overwatch“ die Zusammenstellung eines ausgeglichenen und auf die Gegner angepassten Teams. Genau dies ermöglicht eine Öffnung für weniger reaktionsfreudige Spieler, die bei den klassischen Shootern nur den Wiedereinstiegs-Bildschirm betrachten können. Dies heißt jedoch keineswegs, dass Profis gnadenlos unterfordert sein werden, denn „Overwatch“ schafft es durch das Anbieten von 21 Charakteren, die sich allesamt fundamental voneinander unterscheiden, für jedes Niveau angepasste Möglichkeiten anzubieten. Ihr seid absolut treffsicher? Dann steht euch mit Widowmaker, einer französischen Dame mit tiefblauer Haut, eine Scharfschützin zur Verfügung. Sucht ihr als absoluter Profi eine Herausforderung, so könnt ihr versuchen die Flugbahnberechnung eurer Pfeile (Hanzo) oder Wurfsterne (Genji) zu verbessern. Ihr seid der Hektik insgesamt eher nicht gewachsen? Dann unterstützt euer Team mit Mercy, die nur grob in die Richtung ihrer Mitspieler zielen muss, um diese zu heilen und sogar wiederbeleben kann, weshalb sie in Teams auch überaus gerne gesehen wird. Die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Charaktere werden euch im Spiel sogar angezeigt. Natürlich gibt es auch hier gravierende Unterschiede zwischen guten und schlechten Spielern, denn auch Mercy kann anspruchsvoll perfektioniert werden, jedoch erhält jeder die Möglichkeit, einen sinnvollen Beitrag zum Sieg des Teams beizusteuern. Um diesen Sieg zu erreichen, müsst ihr je nach Karte entweder als Angreifer Stück für Stück vorrücken, teilweise in Begleitung eines Transporters, bzw. eben dies bis zum Ablauf der Zeit verhindern, oder ihr kämpft mit gleichen Chancen um die Übernahme eines Zielpunktes. Dadurch, dass die Zeit immer wieder um einige Sekunden verlängert wird, wenn sich ein Spieler des verlierenden Teams am Zielpunkt aufhält, entstehen teils mehr als nur spannende Momente, die wir so bisher von keinem ähnlichen Spiel kennen. Nervenkitzel pur!

Das Besondere an „Overwatch“ ist jedoch die Variation der Charaktere, die in die Kategorien Schaden, Defensiv, Tank und Unterstützung eingeteilt sind. Insgesamt verfügen sie über bis zu fünf verschiedene Fähigkeiten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Mercy kann beispielsweise mit ihren engelsgleichen Flügeln alle paar Sekunden in Richtung eines befreundeten Spielers fliegen oder befreundeten Spielern anstatt einem Heilungsstrahl auch mit einem Unterstützungsstrahl versorgen, der ihren Schaden erhöht. Alternativ kann sie sogar als einziger Charakter die Waffe wechseln, um im beschränkten Maße Schaden auszuteilen. Hinzu kommt eine ultimative Fähigkeit, die sich durch das Erledigen von spielrelevanten Aktionen füllt. Gute Spieler kommen daher öfter in den Genuss dieser besonders starken Aktionen. Durch das langsame Füllen der Anzeige auf Zeit bekommt aber jeder mal die Möglichkeit, seine Gegner relativ einfach zu ärgern. Mercy kann damit alle umliegenden und kürzlich gefallenen Mitspieler wiederbeleben. Bastion, ein langsamer Roboter, der sich zu einem stationären Geschütz transformieren kann, macht in kürzester Zeit den meisten Schaden. Er kann sich mit seiner „Ulti“ für einige Sekunden in einen mächtigen Panzer verwandeln. Leicht erledigt man damit vier der Kontrahenten, ist aber durch seine Schwäche mit ein paar Explosionen der richtigen Charaktere ebenso schnell erledigt. Somit ist „Overwatch“ immer ein wenig Stein-Schere-Papier, da jeder Charakter seine Stärken und Schwächen hat. Wer Glück hat, der erwischt ein gegnerisches Team, das sich nicht durch Flexibilität auszeichnet, ansonsten muss der Charakter im Idealfall gerne auch mehrmals pro Spiel gewechselt werden. Dies ist nämlich nach jedem Ableben ohne Probleme möglich und zeichnet die Offenheit des Spiels aus.

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Blizzard hat hier die richtige Entscheidung getroffen und das ursprünglich als Free-to-Play geplante Spiel zum Vollpreis veröffentlicht. Zwar gibt es auch jetzt Mikrotransaktionen, diese beschränken sich aber ausschließlich auf kosmetische Effekte. Das ermöglicht eine Fairness, die sonst kaum ein Shooter bietet und ohne die „Overwatch“ schnell zu einem „Pay-2-Win“ verkommen würde. Sofort bei Spieleinstieg verfügt ihr über alle spielerischen Möglichkeiten, die alle anderen auch besitzen. Man erspielt sich keine neuen Waffen, wertet die Charaktere nicht auf oder hat gar besondere zur Verfügung, die andere nicht haben. Spielzeit und Geld erhöhen die Chancen zum Sieg nicht. Der ein oder andere möge nun einwenden, dass dies die Motivation zum Weiterspielen senkt. Dies ist jedoch dank dem Rangsystem und der je über 50 kosmetischen Gegenstände, die ihr für jeden Charakter erspielen könnt, nicht der Fall. Eine Beschränkung für den Spielerrang soll es nicht geben und die benötigte Erfahrung für einen Aufstieg erhöht sich ab einem gewissen Level auch nicht mehr. Es winkt alle paar Level ein neuer Spielerrahmen und für jedes eine Lootbox, die auch als einzige Mikrotransaktion für Echtwährung gekauft werden kann. In diesen erhaltet ihr vier kosmetische Gegenstände unterschiedlicher Seltenheitsgrade, ganz wie bei Blizzard üblich. Die Sammelwut ist dabei schnell entfacht, denn die superseltenen Skins oder Siegesposen machen einiges her und ermöglichen einen relativ hohen Grad an Individualisierung. Wer den gewünschten Skin einfach nicht erhält, der findet auch manchmal Münzen in den Boxen, mit denen jeder Gegenstand direkt freigeschaltet werden kann. Gegenstände für Echtwährung gezielt zu kaufen ist nicht möglich. Gut gelöst, wie wir finden.

Je nach Spielertyp kann den wahren Reiz von „Overwatch“ aber auch ausmachen die beste Szene des Spiels abzuliefern. Diese wird nämlich allen Spielern direkt im Anschluss an die Partie abgespielt. Zudem kann von jedem Spieler die Karrierestatistik eingesehen und sogar auf Wunsch für jeden einzelnen Charakter betrachtet werden. Ein Albtraum für verbitterte Datenschützer, jedoch ist damit unter Freunden schnell ein Konkurrenzkampf um die höchsten Werte entfacht.

Knuddeliger Comic-Stil …

Aus technischer Sicht gibt es – wie von Blizzard gewohnt – nichts zu meckern. Dies ist angesichts der langen Alpha- und Beta-Phasen auch wenig verwunderlich, so konnten wir das Spiel schon auf der vergangenen GamesCom ausführlich testen. Von dieser außergewöhnlichen Geduld sollten sich einige Entwickler eine große Scheibe abschneiden, denn wir konnten trotz zahlreicher Spielstunden nicht einen Spiele- oder Grafik- oder Soundbug ausmachen. Hut ab! Der knuddelige Comic-Stil muss zwar im ersten Moment nicht gefallen, passt aber gut zum Spiel. Besonders gut gelungen ist der Surround-Sound und die deutsche Sprachausgabe. Die Stimmen der Charaktere zeichnen sich alle durch besondere Charakteristika und Akzente aus und sind damit weit vom gewohnten Durchschnitt entfernt. Tatsächlich fällt es schwer auch nur ein Beispiel zu nennen, bei dem die Synchronisation insgesamt besser gelungen ist.

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Letztlich bleibt uns nur das Fehlen eines Story-Modus zu bemängeln. In zahlreichen kleineren Comics und fantastisch animierten Videos hat es Blizzard geschafft, eine interessante Hintergrundgeschichte zu erschaffen. Wer genau hinsieht, der findet einige Hinweise darauf auch auf den Karten und den Kommentaren, die sich die Charaktere zu Beginn des Spiels absolut aneinander abgestimmt entgegenwerfen. Schade ist nur, dass man sich dies anhand der Schnipsel zusammenreimen muss, anstatt es als festen Bestandteil ins Spiel zu integrieren. Ein Spiel muss nicht immer über Einzel- und Mehrspieler verfügen, doch bei „Overwatch“ hätte uns die Geschichte dahinter ausnahmsweise wirklich mal interessiert! Es darf jedoch gemunkelt werden, ob diese Geheimniskrämerei und die damit verbundene gewonnene Aufmerksamkeit der Storyschnipsel nicht sogar zur Strategie des Erfolges dieser vielversprechenden neuen Marke gehört, die Blizzard hoffentlich wie versprochen noch lange durch kostenlose Updates verbessern und erweitern wird. Wir freuen uns auf jeden Fall auf mehr von „Overwatch“!

Entwickler: Blizzard
Publisher: Blizzard
Release: erhältlich
Offizielle Homepage: www.playoverwatch.com

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TEST: Overwatch – Blizzards neuester Volltreffer
„Blizzard ist mit Overwatch der nächste große Coup gelungen. Sowohl Einsteiger als auch Profis werden durch die geniale Spielbarkeit der abwechslungsreichen Charaktere ihren Spaß am Spiel finden. Wer es schafft gemeinsam mit Freunden ein Team zu erstellen, der wird vom dem Spiel überhaupt nicht mehr abzubringen sein. Solltet ihr jedoch nicht gerne im Team arbeiten, lasst direkt die Finger vom Spiel und greift zu klassischen Shootern, denn bei Overwatch gewinnen gute Teams, keine guten Spieler! Was die Story betrifft, wird diese ein wenig vermisst, lässt sich aber anhand diverser Comics und Videos abseits vom Spiel verfolgen. Man darf gespannt sein, was hier zukünftig noch kommen mag.“
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