TEST – Wolfenstein: The New Order

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Mit „Wolfenstein: The New Order“ bringt Entwickler Bethesda das berühmt-berüchtigte – und in Deutschland meist indizierte – Franchise auf die neue Konsolengeneration. Pünktlich zum Release haben wir das Spiel nicht nur von vorne bis hinten durchgespielt, sondern sogar als einer der ersten weltweit die Platin-Trophäe ergattert, um euch in diesem Test alles Wissenswerte zum neuen Shooter-Hit vorstellen zu können. Getestet wurde die PS4-Version, das Spiel ist jedoch ebenso für die Vorgängerkonsole im Handel erhältlich.

Die Welt hat sich verändert

Wie würde die Welt wohl einige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg aussehen, wenn die Nationalsozialsten ihn gewonnen hätten? In dieses Alptraum-Szenario versetzt euch Bethesda im neusten Teil der Reihe, der an die Ereignisse des indizierten Vorgängers anknüpft. Ihr versetzt euch abermals in die Rolle von William B.J. Blazkowicz, einem vormaligen amerikanischen Soldaten, der es sich zum Ziel gesetzt hat dem gefürchteten General Totenschädel den Garaus zu machen. Nach dem ersten Kapitel, welches im Jahre 1947 spielt, findet ihr euch im völlig veränderten 1960 wieder. Die Faschisten haben den Krieg gewonnen, Länder wie die USA haben vollständig kapituliert. Einen Widerstand gibt es scheinbar nicht mehr, die Nationalsozialisten haben die uneingeschränkte Kontrolle über eine Welt, die mit Hilfe von viel Beton, nationalsozialistischer Ideologie und hochtechnologischer Kriegsmaschinen ein angsteinflößendes Bild abgibt. Mehr von der Story wollen wir euch hier nicht verraten, da diese – im Gegensatz zu den meisten Shootern – eine wichtige Komponente in „Wolfenstein: The New Order“ darstellt. Die Kombination aus historischen und futuristischen Elementen funktioniert dabei besser als man glauben könnte. Die erzeugte Atmosphäre sucht im Moment, zumindest auf der neuen Konsolengeneration, vergeblich seinesgleichen.

In insgesamt 16 Kapiteln führt euch eure Reise zu zerbombten Kriegsschauplätzen, Unterwasserwelten, riesigen Festungen, Gefängnissen, mystischen Höhlen und sogar dem Mond. Für Abwechslung ist also gesorgt. Ihr müsst sogar gleich zu Beginn eine Entscheidung treffen, welche den weiteren Verlauf der Story beeinflusst und damit den Wiederspielwert erhöht. Man sollte hierbei zwar nicht zu große Unterschiede erwarten, aber es sorgt bei einem erneuten Durchspielen – für das sich dank einem gelungenen Spielerlebnis und fehlendem Multiplayer-Modus wohl viele Spieler entscheiden werden – für die ein oder andere Überraschung.

Rambo oder Geheimagent? Ihr habt die Wahl!

Je nach eigenem Gusto könnt ihr euch zwischen fünf verschiedenen Schwierigkeitsgraden entscheiden. Während ihr im Leichtesten eigentlich auch einfach an allen Gegnern vorbeispazieren könnt, werdet ihr beim schwersten durchaus gefordert. Dies liegt vor allem an den klassischen Lebenspunkten. Während fast ausschließlich alle Shooter mittlerweile auf deren Regeneration setzen, bekommt ihr bei „Wolfenstein: The New Order“ noch immer einen Wert angezeigt, der sich nur leicht regeneriert und ansonsten mit Medipacks aufgefüllt werden muss. Diese findet ihr jedoch an jeder Ecke, weshalb uns auch der höchste Schwierigkeitsgrad etwas zu leicht war, da nur die letzten Kapitel für erfahrene Spieler wirklich fordernd sind.

Medipacks müssen übrigens genau wie Munition einzeln per Knopfdruck aufgesammelt werden. Ob einem das System gefällt, muss jeder für sich entscheiden, wir empfanden es insgesamt als der Atmosphäre angemessen. So seid ihr nämlich darauf angewiesen eure Umgebung aufmerksam zu erforschen, um für den nächsten Kampf stets gut gerüstet zu sein. Auch zahlreiche abwechslungsreiche Sammelgegenstände, die Interessierte teilweise einen tieferen Einblick in die Story liefern und dadurch einen echten Mehrwert bieten, könnt ihr so entdecken. Doch um tatsächlich alle selbstständig zu finden, müsst ihr jeden Winkel erforschen, denn neben offensichtlicheren und abgelegenen Verstecken, warten auch versteckte Schalter und Geheimgänge darauf von euch entdeckt zu werden. Nur durch Erforschen werdet ihr auch die unterschiedlichen Möglichkeiten ausprobieren können, welche euch das Spiel bietet, denn nicht alle Abschnitte sind schlauchartig. Stattdessen könnt ihr immer wieder wählen, wie und von wo ihr euch euren Gegnern annähern wollt.

Einen Großteil des Spiels könnt ihr schleichend mit Hilfe von Messer, schallgedämpfter Pistole und Wurfmessern bewältigen. Dann werdet ihr euch vor allem Nutzen von Lüftungsschächten verschaffen. Dabei sollten Hobby-Agenten jedoch keine komplizierten Verhaltensweisen der Gegner wie beispielsweise bei Hitman erwarten. Die KI verhält sich leider größtenteils eher dumm, was das Schleichen auf hohem Schwierigkeitsgrad zu eurem bevorzugtem Spielstil machen sollte. Wer es lieber brachial mag, der kann in jede Hand eine Waffe nehmen und fröhlich drauf los ballern. Zwar gibt es nur Pistole, Maschinengewehr, Schrotflinte und Scharfschützengewehr, da jedoch alle über einen zweiten Schussmodus verfügen und in beide Hände genommen werden können, ist für genügend Abwechslung in eurem Arsenal gesorgt. Als zusätzliche Unterstützung verfügt ihr auch noch über eine Laserkanone, mit der ihr auch verschiedene Materialien zerschneiden könnt, um an Gegenstände und neue Wege zu gelangen. Ein Deckungssystem, das leider wie bei den meisten Shootern nicht immer reibungslos funktioniert, ist ebenso an Bord.

Die Spielzeit lässt sich aufgrund der unterschiedlichen Spielweisen, dem Interesse an Sammelgegenständen und dem gewählten Schwierigkeitsgrad eigentlich nicht objektiv beziffern. Zockt ihr ein Spiel lieber schnell auf niedrigster Schwierigkeit durch, habt kein Interesse am selbstständigen Finden von Sammelgegenständen und überspringt am besten noch die gut gelungenen Videosequenzen, dann werdet ihr kaum länger an „Wolfenstein: The New Order“ sitzen als an anderen Shootern. Ist jedoch das Gegenteil der Fall, könnt ihr gut und gerne auf ca. 15-20 Spielstunden kommen, die ihr garantiert nicht bereuen werdet. Denn schnell werdet ihr in den Bann des Spiels gezogen, der euch das nächste Kapitel entdecken wollen lässt. Dazu tragen auch die gut gestreuten Abschnitte bei, in denen ihr keine Abschnitte mit Gegnern bewältigen müsst, sondern nur die Story vorantreibt. Sie helfen das Spiel als Erlebnis zu verstehen, in dem ihr nicht nur hirnlos um euch ballern müsst, um in das nächste, belanglose Level zu gelangen.

Brutal, brutaler, Wolfenstein – und doch zensiert

Spontan fällt uns kaum ein auf dem deutschen Markt erhältliches Spiel ein, was auf solch realistische Art und Weise so brutal ist wie „Wolfenstein: The New Order“. Auch in der deutschen Version fliegen die Körperteile eurer Gegner in Fetzen durch die Gegend oder eure Kontrahenten zerplatzen einfach direkt mit einer riesigen Blutfontäne. Wieder einmal hat die Jugendprüfstelle damit bewiesen, dass Brutalität mittlerweile kaum mehr ein Grund für sie ist, die Schere anzusetzen. Anders sieht es hingegen mit zeitgeschichtlichen Aspekten aus. Neben den verfassungsfeindlichen Symbolen der Nationalsozialisten, die beispielsweise durch das Wolfenstein-Symbol ersetzt wurden, werdet ihr in der deutschen Version kein einziges Mal das Wort „Nazi“ hören. Vielmehr kämpft ihr gegen ein scheinbar fiktives „Regime“. Jedoch werden informierte Spieler natürlich an allen Ecken an die nationalsozialistische Ideologie erinnert, wodurch ihr euch trotz Zensur in ein entsprechend bedrückendes Szenario versetzt fühlt. Wie immer kann man sich über diese Zensur, die sicherlich nicht freiwillig von Bethesda durchgeführt wurde, streiten. Da die entsprechenden Symbole und vereinzelte Namensänderungen jedoch die einzigen Einschnitte sind, sollten sich potentielle Importeure fragen, was ihnen lieber ist: die äußerst gelungene deutsche Synchronisation oder die nationalsozialistischen Symbole und Namen?

Grafik und Sound – leider weniger gelungen

Wer eine Grafikpracht wie beispielsweise bei „inFAMOUS: Second Son“ oder „Killzone: Shadow Fall“ erwartet, der wird bei „Wolfenstein: The New Order“ enttäuscht werden. Wie so oft wirkt es wie eine aufpolierte Portierung eines Spiels für die Playstation 3. Beeindruckende Rauch- oder Lichteffekte sucht man vergeblich. Trotzdem sind die 1080p bei 60 FPS und das gelungene Level-Design lobend hervorzuheben. Insgesamt ist die Grafik solide. Zwar wird man nicht ins Staunen geraten, wirklich störende Grafikfehler oder extrem billige wirkende Objekte haben wir jedoch nicht entdeckt, auch wenn die Texturen detailreicher hätten ausfallen sollen.

Der Sound ist ein zweischneidiges Schwert. Die Musik passt sich stets dem aktuellen Spielgeschehen dynamisch an und trägt perfekt zur Atmosphäre bei. Auch die deutsche Synchronisation ist durchweg gut gelungen. Einen eigentlich unerklärbaren Fehler leistet sich das Spiel bei der Abmischung des Tons. In einigen Passagen versteht man beispielsweise die über Funk durchgegebenen Kommandos selbst bei hoher Anstrengung überhaupt nicht. Erst extremes Hochregeln unserer ansonsten gut kalibrierten Anlage ermöglichte uns das halbwegs normale Verstehen der Sprecher. Hier ist eindeutig Nachbesserung angesagt, die hoffentlich mit einem Patch erfolgen wird, denn die eingespielte Musik ist ansonsten oberste Klasse.

Entwickler: Machine Games
Publisher: Bethesda
Release: 20. Mai 2014
Offizielle Homepage: www.wolfenstein-spiel.de

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TEST – Wolfenstein: The New Order
„Was leicht ein hirnloser 08/15-Shooter hätte werden können, hat sich dank gelungener Atmosphäre, spannender Story und abwechslungsreichem Gameplay zu einem durchweg tollen Spielerlebnis entwickelt, auf das kein Shooter-Fan verzichten sollte. Lediglich aus technischer Sicht wäre deutlich mehr möglich gewesen. Wolfenstein: The New Order ist ein weiteres Beispiel dazu, dass es aus grafischer Sicht irgendwo zwischen PS3 und PlayStation 4 einzuordnen ist. Eigentlich schade, da man nun endlich auch mal die Next-Gen erleben möchte.“
8.6
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