TEST: American Fugitive – Sandbox-Action mit ganz viel Retro-Charme

By Patrick Held Add a Comment
7 Min Read

Egal ob die Anfänge von Rockstars “GTA” oder der Handyspielserie Gangstar, beide hatten eins gemeinsam: Während man heutzutage entweder in 3rd-Person oder Ego-Perspektive die Städte unsicher macht, musste man damals mit der Vogelperspektive vorlieb nehmen, in welcher man von oben auf die Figuren und Fahrzeuge hinab schaute. Während irgendwann diese Art der Sicht von den hochmodernen, fotorealistischen Darstellungen abgelöst wurde, bringt der Actiontitel „American Fugitive“ aus dem Hause Curve Digital diese von purer Nostalgie getragene Perspektive wieder zurück auf die Konsolen, ohne dabei groß an Charme einbüßen zu müssen.

Gangsters Paradise, her mit dem Geld!

Wir schlüpfen in die Rolle von Will Riley, ein kleiner Ganove, der eines Nachts von seinem Vater angerufen wird, woraufhin Will sich von seiner Frau verabschiedet, um nach seinem Vater zu schauen. Bei diesem angekommen hören wir ein lautes Geräusch, und sehen im Haus unseren Vater, tot. Kurz darauf stürmt die Polizei ins Haus, nimmt uns fest und buchtet uns unschuldig wegen Mordes ein. Kein Wunder also, dass Will von nun an nur noch von einem Gedanken getrieben wird: Rache für seinen Vater! Also brechen wir bei der nächstbesten Gelegenheit aus und machen uns auf die Suche nach dem wahren Mörder.

Um diesen zu finden, nehmen wir immer wieder kleinere Aufträge an, mal müssen wir ein Auto klauen, dann ein Haus nach Hinweisen durchsuchen, oder auch regelmäßig irgendjemanden über den Haufen schießen. Als Gegenleistung erhalten wir von unseren Auftraggebern neben Geld dann auch entsprechende Hinweise, die uns weiter nach vorne bringen.

Wer neben der Story noch ein wenig Beschäftigung sucht, der kann zum Beispiel an Rennen teilnehmen, in denen man zum Beispiel gegen die Uhr antreten muss, oder eine Strecke vor dem Zug der Stadt abfahren soll. Außerdem können wir in jedes Haus sowie jeden Laden einbrechen. Dabei bedient man sich einer sehr schönen Mechanik. Wollen wir etwa ein Haus ausrauben, so können wir im Vorfeld durch die einzelnen Fenster schauen um sicherzustellen, in welchem Raum sich jemand befindet, der uns entdecken oder sogar angreifen könnte, und welche Räume wir gefahrlos ausräumen können. Also brechen wir Türen oder Fenster mit Brecheisen und Ziegelsteinen auf und verschaffen uns Zutritt, bei dem auch meistens ein Alarm ausgelöst wird; unser Countdown, in dem wir sowohl unsere Beute machen, sowie weit genug verschwinden sollten. In Läden hingegen können wir entweder einkaufen, oder, wenn uns der Sinn danach steht, einfach unsere Waffe ziehen und diesen ausrauben. Das Besondere: Wir sehen nie genau, was in den Räumen passiert. Wir bekommen nur einen Grundriss gezeigt, der uns mit allen nötigen Informationen versorgt. Man muss ehrlich sagen, dass diese Mechanik durchaus ihren Charme hat, und vor allem zu dieser Art von Spiel voll und ganz passt.

Sollten wir es einmal nicht rechtzeitig schaffen abzuhauen, oder in einen Unfall verwickelt sein, macht die Polizei jagt auf uns. Oder um genauer zu sein: auf jemanden in unserem Auto und unseren Klamotten. Daher gibt es die Möglichkeit, diese zu wechseln, zum Beispiel mit Sachen auf einer Wäscheleine, um so den Verdacht von uns zu lenken. Ist ja auch nicht auffällig, wenn wir als gut gebauter Mann mit Bart auf einmal ein violettes Kleid tragen. Um in seinem kriminellen Tun immer besser zu werden, können wir unsere Fertigkeiten immer weiter steigern, um so weniger schnell entdeckt zu werden, mehr Gewicht in unserem Inventar tragen zu können oder mehr Schaden einzustecken.

Insgesamt macht das Gameplay von „American Fugitive“ einen durchaus soliden und ansprechenden Eindruck. Man bekommt schnell ein Gefühl für die Steuerung aus der Vogelperspektive und findet sich jederzeit gut zurecht. Die Darstellung von Einbrüchen und Überfällen sind gut umgesetzt und passen hervorragend ins Spiel hinein. Problematisch wird es ein wenig bei der Steuerung der einzelnen Fahrzeuge, die sich häufig nur sehr bedingt beherrschen lassen, weshalb wir oft in Unfälle verwickelt sind, welche aufmerksame Bürger wiederum zum Anlass nehmen, unser aller Freund und Helfer auf den Plan zu rufen. Das kann mitunter ziemlich nerven, vor allem, wenn wir uns gerade in einem Rennen oder in einer Mission befinden. Ansonsten sind wir sehr zufrieden und fühlen uns in alten Zeiten zurückversetzt.

Verbrechen in der Comicwelt

Auch in Sachen grafischer Darstellung bewegt sich „American Fugitive“ ein wenig vom Fotorealismus, hin zu einer eher comichaften Grafik, ähnlich der, die man aus den Borderlands-Teilen kennt. Auch hier hat man ein gutes Händchen bewiesen, denn auch diese Entscheidung passt sehr gut in das Gesamtkonzept. Störender ist es da schon eher, dass wir Zwischensequenzen nicht in kleinen Videos gezeigt bekommen, sondern mit simplen Dialogen abgespeist werden, ohne wirkliche Atmosphäre oder eine ansprechende Darstellung aufkommen zu lassen. Hier verschenkt man wirklich Potential. Ähnlich ist es in Sachen Soundtrack, hier scheint die Auswahl relativ beschränkt und wir werden phasenweise mit derselben, viel zu kurz geratenen Melodie beschallt. Hier wäre mehr Abwechslung auf jeden Fall angebracht gewesen.

Nichtsdestotrotz ist die gesamte Atmosphäre in „American Fugitive“ überwiegend gelungen. Der Titel schafft es genau die Art und Weise von Nostalgie zu vermitteln, die hinter dieser Design-Entscheidung stand, und man fühlt sich schnell in alte Zeiten zurückversetzt. Zudem bekommen wir eine solide Performance geboten, in der wir es nicht mit störenden Pixelfehlern oder aufpoppenden Elementen zu tun bekommen. Leider bricht hin und wieder dafür einfach das gesamte Spiel ab, was durchaus störend ist. Das wird aber vermutlich noch durch eines der kommenden Updates behoben. Und auch etwas mehr Einsatz in Sachen Sound und Zwischensequenzen wäre schön gewesen.

TEST: American Fugitive – Sandbox-Action mit ganz viel Retro-Charme
“Mit American Fugitive wird von Curve Digital in gewisser Weise ein kleines Denkmal für die Anfänge der Videospielgeschichte gelegt, indem sich der Titel in seiner Präsentation auf alte Werte konzentriert und diese zum Teil mit neuen Elementen kombiniert. So bekommen wir ein durchaus gelungenes Gameplay aus der Vogelperspektive und einer comichaften Umgebung geboten. Abgerundet wird das Ganze von einer soliden, wenn auch nicht unbedingt bahnbrechende Story, sowie einer sehr einfachen und intuitiven Steuerung, die schnell beherrscht ist. Hinzu kommt eine tolle Mechanik in Sachen Einbrüchen und Überfällen, sowie der Flucht vor dem Gesetz, welcher wir durch den Wechsel von Kleidung und Wagen entkommen können. Leider lassen sich die Fahrzeuge nicht wirklich gut beherrschen, und aktuell hat der Titel noch mit Abstürzen zu kämpfen, sowie mit einem viel zu eintönigen Soundtrack, welcher genau so auf die Atmosphäre drückt, wie die schlecht präsentierten Zwischensequenzen, bei denen man viel Potential liegen gelassen hat. Insgesamt ist American Fugitive daher ein solider Titel mit der einen oder anderen Macke, der aber dennoch viel Freude bereiten kann.”
7.5
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