Kaum eine Spieleserie polarisiert die Gamerszene im Moment so stark wie Call of Duty. Während sich das eine mit positiven Tests überschlägt, haben andere nur wenig Positives über den ersten PS Vita-Ableger zu berichten. Immer mehr Magazine überbieten sich mit neuen Niedrigwertungen für das Spiel, welches beispielsweise als „desaströs“ abgestempelt wird. Gleichzeitig finden sich zahlreiche Meinungen von Spielern, die das Spiel in den Himmel loben. Frei nach dem Motto „besser spät als nie“ beglückte uns Activision nun mit einem Exemplar des ersten Vita-Ablegers der Reihe, weshalb wir uns nun selbst ein Bild von dem Spiel machen konnten. Aufgrund der Tatsache, dass sich Tester des umstrittenen Shooters auf den verschiedensten Portalen immer wieder als „Fanboys“ oder „Hater“ beschimpfen lassen müssen, wird dieses Review mit offenen Karten spielen und ungewohnt persönlich ausfallen. Dies ermöglicht jedem sich einen Eindruck davon zu verschaffen, inwieweit man sich auf unser Fazit verlassen möchte.
Freund oder Feind?
Ja, ich bin ein „CoD-Spieler“! Ich habe jeden Titel auf Sonys aktueller Heimkonsole gespielt und bis heute noch Spaß daran. Daher habe ich mich auch sehr auf den ersten Teil für die Vita gefreut. Den ersten Dämpfer bekam ich spätestens als bekannt wurde, dass sich das Entwicklerstudio Nihilistic für das Spiel verantwortlich zeichnet. Dieses trägt seit Kurzem den Namen „nStigate Games“ und entwickelte zuletzt „Resistance: Burning Skies“, in das ich große Hoffnungen setzte, die aber bitter enttäuscht wurden. Auch der später veröffentlichte Trailer haute mich nicht aus dem Hocker. Jedoch habe ich – was anscheinend einige vergessen haben – immer wieder im Blick behalten, dass es sich lediglich um einen mobilen Ableger handelt. Daher habe ich meine Erwartungen nicht zu hoch gesteckt. Dies war eine gute Entscheidung, denn „Declassified“ konnte sie so letztendlich, wenn auch nur teilweise erfüllen und mir tatsächlich Spaß bereiten. Wer mit dem Anspruch eines vollwertigen und den Heimkonsolen ebenbürtigen Call of Duty an das Spiel herangeht, der kann nur enttäuscht werden und sollte besser gleich die Finger davon lassen.
Nach dem ersten Starten des Spiels erhält der Spieler gleich die freundliche Mitteilung, dass ein Patch zum Download bereitsteht. Dieser fügt zwar mit dem AdHoc-Modus neue Funktion hinzu, ist unverständlicherweise über 400MB groß, was vor allem Besitzer einer kleinen Speicherkarte ärgern wird. Dies beweist nach AC: Liberation einmal mehr, welchem Release-Druck die Entwickler bei Vita-Spielen häufig ausgesetzt zu sein scheinen. Habt ihr den Patch installiert stehen euch drei Singleplayer-Modi zur Verfügung: Kampagne, ein Survival- und ein Zeitattacke-Modus.
Kampagne
Die Kampagne kann allerdings kaum als solche bezeichnet werden. In Wahrheit handelt es sich um zehn sehr kurze Missionen, die jeweils nur ca. zwei bis sechs Minuten in Anspruch nehmen – Tode ausgenommen. Zwar erhaltet ihr wie üblich zu Beginn jeder Mission ein kurzes Briefing per Video, wie eine zusammenhängende Story wirkt es jedoch nicht. Aufgrund der extremen Kürze der Missionen fühlt es sich zu keinem Zeitpunkt wie eine Kampagne, sondern eher wie ein Wettbewerb unter Zeitdruck an. Die Zeit läuft nämlich ständig am unteren Bildschirmrand mit, auch wenn ihr nur in einigen Situationen wirklich von ihr abhängig seid. Tatsächlich ist der Kampagnen-Modus vielmehr ein getarnter „SpecOps“-Modus, wie er aus dem zweiten und dritten Teil der Modern Warfare Geschichte bekannt ist. So könnt ihr genau wie dort aus einem von drei Schwierigkeitsgraden wählen, um bis zu drei Sterne pro Mission zu erhalten. Zudem müsst ihr im Falle eures Ablebens von vorne beginnen, Checkpoints existieren nämlich nicht. Dies ist aber auch nicht weiter tragisch und führt nur gegen Ende einer Mission zu leichten Frustmomenten, da diese ja sehr kurz sind. Viel frustrierender ist hingegen die gegnerische KI. Generell scheinen die Gegner sich in erster Linie darauf zu konzentrieren, den Finger auf dem Abzug zu halten. Egal ob ihr in Sicht seid oder nicht: es hagelt pausenlos Kugeln. So kommt es nicht selten vor, dass ein Feind hinter einem Auto steht und solange in eure Richtung schießt, bis dieses explodiert. Meist kommt ihr euch eher wie in einer Schießbude als in einem realistischen Shooter vor, denn nur selten suchen sich eure Gegner Deckung. Abwechslungsreiche Elemente wie das Steuern von Fahr- oder Flugzeugen fehlen komplett. Nur in einer Mission müsst ihr einen befreundeten NPC mit dem Scharfschützengewehr beschützen, was zumindest etwas Abwechslung bringt. Doch es gibt auch Positives zu berichten. Die Steuerung ist beispielsweise sehr gut gelungen. Die Features der Vita wurden entgegen dem Trend nicht zwanghaft, sondern nur spärlich und sinnvoll integriert. So ist die Steuerung fast komplett identisch mit der auf der PS3. Fehlende Tasten wurden durch die neuen Steuerungsmöglichkeiten ersetzt. Ein einfacher Druck irgendwo mitten auf den Touchscreen lässt euch euer Messer zücken, was auch schnelle Reaktionen möglich macht, für Spezial- und Handgranate existieren leicht erreichbare Felder auf dem Display. Wer beim Zielen mit einem Scharfschützengewehr die Luft anhalten will, drückt das hintere Touchpad. Auf ein Zielen durch Bewegen der Vita wurde verzichtet, was nach etwas Eingewöhnungszeit und erhöhter Empfindlichkeit aber auch mit dem Stick sehr gut funktioniert.
Einer der größten Kritikpunkte ist die Tatsache, dass erfahrene Spieler nur etwa eine Stunde brauchen werden, um alle Missionen auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad zu absolvieren – einige Tode und alle Zwischensequenzen mit eingerechnet! Dass dies lächerlich kurz ist weiß wohl auch Activision. Jedoch ist der höchste Schwierigkeitsgrad in Kombination mit der leicht dümmlichen KI, die nur zu gerne Kamikaze spielt und auf euch zu rennt, eine wirklich harte Nuss. Auch Spieler, die auf der Konsole alle Teile auf Veteran absolviert haben, werden eine Weile daran zu knabbern haben und so die Spieldauer künstlich in die Höhe treiben.
Trotz aller Mängel kommt CoD-Feeling auf – wenn auch nur im kleinen Rahmen. Denn grafisch zeigt sich das Spiel solide. Natürlich geht es immer besser und „Declassified“ ist mit Sicherheit kein Augenschmaus, Momente wie das Durchbrechen von Türen in Zeitlupe sind aber sehr gut gelungen und stehen dem großen Bruder der Heimkonsolenfassung in fast Nichts nach. Die Kombination mit dem sehr guten Sound, den bekannten Musikstücken, Effekten und den ebenfalls sehr guten Synchronsprechern ließ zumindest mich hin und wieder vergessen, dass ich gerade „nur“ ein Spiel auf der Vita spiele.
Survival- und Zeitattacke-Modus
Der in „Modern Warfare 3“ eingeführte Survival-Modus hat es in stark abgespeckter Form in „Declassified“ geschafft. Im Spiel trägt dieser den simplen Modus „Feinde“, unter dem man wohl kaum verstanden hätte, worum es geht. Wie beim großen Vorbild muss man hier einfach so lange wie möglich gegen anstürmende Wellen von Feinden bestehen. Mir hat dieser Modus auf der PS3 sehr viel Spaß bereitet, daher stellt er für mich bei „Declassified“ die größte Enttäuschung dar. Ich empfinde ihn leider als extrem langweilig. Vor allem auf den ersten beiden der insgesamt fünf Karten, die allesamt dem Multiplayer entstammen, kommt pure Langeweile auf. So gibt es lediglich zwei verschiedene Arten von Gegnern: die ohne und die mit Bomben am Körper, welche beim Ableben explodieren. Zwar werden die Feinde immer stärker und tragen unterschiedliche Waffen bei sich, damit war’s das aber auch schon mit der Abwechslung. Ebenso fehlt die Möglichkeit sich Ausrüstung zu kaufen. Nur zwischen jeder Runde hat man kurz Zeit schnell zu einer irgendwo aufgetauchten Box zu rennen, um sich eine zufällige Waffe oder sehr selten ein Extra wie einen Mörserangriff oder ein Geschütz zu holen. Schafft man es in diesen wenigen Sekunden nicht zu dieser zu gelangen, verschwindet sie und es bleiben einem nur die Waffen der verstorbenen Gegner. Damit geht ein wichtiges taktisches Element verloren, welches auf der PS3 viel Spaß gebracht hat. Somit verkommt der Modus zu einem öden Geballer, welches nur auf den letzten Maps durch einen stark steigenden Schwierigkeitsgrad an Fahrt gewinnt. Ein zusätzlicher großer Minuspunkt: man kann sich noch nicht einmal gemeinsam mit einem Freund langweilen, der „Feinde“-Modus funktioniert nur im Singleplayer.
Ein kaum erwähnenswerter Modus stellt der ‚Zeitangriff‘ dar. In diesem rennt ihr auf der Jagd nach der für drei Sterne nötigen Bestzeit durch einige Trainingsareale um dort Feindattrappen auszuschalten. Es erfordert schon einige Versuche, bis man die volle Punktzahl erreicht. So haben es die Entwickler mal wieder geschafft motivierte Spieler mit wenig Inhalt lange zu beschäftigen. Übrigens erhaltet ihr genau wie in jedem anderen Singleplayer-Modus Erfahrung und steigt im Rang auf. Was euch dies anderes bringt, als in der Bestenliste mit einem höheren Rang dargestellt zu werden, weiß ich bis heute noch nicht.
Multiplayer
Wie in jedem Spiel der Reihe stellt auch bei ‚Declassified‘ der Multiplayer eindeutig das Herzstück dar. Auf fünf „großen“ und einer (noch) kleineren Karte kämpft ihr in den Modi „Team Deathmatch“, „Abschuss bestätigt“, „Abwurfzone“ oder „Jeder gegen Jeden“ gegen bis zu sieben Gegner. Ein Highlight stellt die Karte „Nukehouse“ dar, bei welcher es sich um eine verkleinerte und leicht modifizierte Version der beliebten „Nuketown“ aus den Heimkonsolen-Versionen handelt. Die Karten sind allesamt deutlich kleiner auf der Konsole, was vor allem bei „Jeder gegen Jeden“ des Öfteren dazu führt, dass man neben einem Gegner spawnt. Dafür gibt es hier kaum Langeweile durch zu wenig Kämpfe. Zwar merkt man deutlich den Unterschied zur Konsolenfassung, trotzdem kommt schnell der Spielspaß auf. Wie gewohnt steigt ihr mit der Zeit im Rang auf und könnt euch auf Rang 40 für den „Prestige-Modus“ entscheiden, bei dem ihr alle mit den bekannten und mit der Zeit freigeschalteten Waffen, Aufsätzen und Perks im Tausch gegen ein neues Symbol verliert. Dies lieferte mir zusätzlich zu dem Spaß, den ich sowieso schon durch das Freischalten der ebenso vorhandenen „Killstreaks“ hatte, schnell die gleiche Motivation wie beim großen Bruder weiter zu spielen. Das Spiel orientiert sich bei der Waffenauswahl jedoch nicht an der Konsolenfassung von ‚Black Ops II‘, sondern an dessen Vorgängern. Das Matchmaking funktioniert ebenfalls sehr gut. Zu Beginn bin ich ausschließlich mit sehr niedrigen Spielern im Spiel gewesen, mit steigendem Rang spielt man auch gegen erfahrenere Gegner. Auch rein technischer Sicht habe ich keine negativen Erfahrungen gemacht. Ein neues Spiel ist sofort gefunden, man braucht sich also zumindest im Moment keine Gedanken über zu wenig Spieler zu machen. Am ersten Testabend verbrachte ich zwar zunächst ganze vier Minuten im Ladebildschirm, am nächsten Tag wurde ich aber durch eine verträgliche Ladezeit von knapp 50 Sekunden bis zum Beginn des Spiels beruhigt. Zu Verbindungsabbrüchen kam es bei mir glücklicherweise nie. Das Spiel lief zudem stets stabil und flüssig.