TEST: Fallout 4 – Wie das „Epische“ ziemlich schnell verblasst

Christian Götzinger 7 Comments
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Wie war die Spielerwelt doch überrascht, als Mitte des Jahres nach zahlreichen Gerüchten der langersehnte vierte Teil der Fallout-Reihe noch für das laufende Jahr angekündigt wurde. Fünf Jahre lang mussten Millionen Fans darauf warten, um nun endlich erneut in die postapokalyptische Welt eintauchen zu können. Wir haben in der vergangenen Woche zahlreiche Stunden dafür aufgewendet in den Atomkratern des gigantischen Rollenspiel-Shooters nach Ausrüstung zu suchen, Quests zu erledigen und neue Freunde aber auch Feinde zu finden. Zwar sind wir noch lange nicht am Ende unserer Reise angekommen, trotzdem wollen wir euch aber in unserem Test kurz und knapp die Stärken und Schwächen des Titels präsentieren, um euch bei eurer Entscheidung zu helfen, ob auch ihr bald im Strahlenschutzanzug Supermutanten besiegen gehen solltet.

Eine Story zum Erarbeiten …

Bei einem Spiel wie Fallout fällt die Beschreibung der Story unglaublich schwer, denn jede Info könnte euer eigenes Spielerlebnis trüben. Kurz angerissen findet ihr euch kurz nach dem Spielstart in einem der sicheren Vaults, einem Atomschutzbunker, wieder. Knapp 200 Jahre nach dem vernichtenden Atomkrieg – moderner Technik sei Dank – wacht ihr in einer komplett veränderten Umgebung auf. Ihr habt nur ein Ziel vor Augen: Eure Familie so gut wie nur möglich wieder zu vereinen. Auf eurer Suche begegnet ihr dabei vielen Personen, die euch nützliche Hinweise geben und so die Hauptstory vorantreiben. Auf dieser eher trägen Story liegt jedoch eindeutig nicht der Fokus des Spiels. Vielmehr steht die Erkundung der riesigen und recht abwechslungsreichen Welt im Vordergrund. Auf dem Weg zu eurem nächsten Ziel werdet ihr immer wieder von interessanten, mal mehr und mal weniger verlassenen Orten abgelenkt.

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Immer lockt die Hoffnung, hinter der nächsten Tür einen wertvollen Gegenstand zu entdecken. Das Spiel lässt euch in diesem Aspekt fast vollständige Freiheit in dem, was ihr als nächstes erledigt. Dies kann sowohl positiv, aber auch negativ gesehen werden, abhängig von den eigenen Präferenzen. Wer das Spiel in vollen Zügen genießen möchte, der braucht nämlich vor allem eines: Zeit. Fallout ist und bleibt trotz seiner Shooter-Eigenschaften eben noch immer ein Rollenspiel und spielt seine Stärken in erster Linie im Detail aus. Nur wer beispielsweise alle Texte in den immer wieder auftauchenden Computer-Terminals liest, der beginnt damit sich in die Szenerie einzuleben und den Charakter des Spiels zu würdigen.

Für Spieler, die abends eine Stunde abschalten und daher durch eine stringente Story geführt werden wollen, sind das aktuelle Call of Duty oder Battlefront sicher die bessere Wahl. Wer hingegen auf eine lange und abwechslungsreiche Charakterentwicklung Wert legt, der ist bei Fallout absolut richtig. Ein ausgeklügeltes Skill-System mit mehreren Basiseigenschaften unter denen sich zahlreiche Perks auflisten, garantiert RPG-Fans eine hohe Motivation zum Weiterspielen. Pro Level-Up erhaltet ihr einen Punkt, den ihr entweder in eure Basiswerte oder in einen Perk investieren könnt. Wer seine Gegner lieber im harten Nahkampf ausschaltet, der setzt auf Stärke, während Stealth-Fans auf Beweglichkeit setzen sollten. Ein hoher Charisma-Basiswert hingegen ermöglicht euch Gesprächspartner zu überreden oder bessere Preise herauszuschlagen. Aber nur wenn ihr einen bestimmten Wert in Intelligenz habt, könnt ihr den Perk freischalten, der euch Computer-Terminals hacken lässt. Somit kann man keinen der sieben Basiswerte gänzlich außer Acht lassen, aber dem eigenen Spielstil entsprechend das Hauptaugenmerkt auf bestimmte Werte und Fähigkeiten richten. Generell ist die Mischung aus Shooter und RPG erneut gut gelungen. Wer mehr auf Action steht, der erledigt seine Feinde in Echtzeit. Strategen schalten regelmäßig in das sogenannte VATS, welches die Zeitlupe aktiviert und euch einzelne Körperteile eurer Gegner anvisieren lässt. Entsprechende Wahrscheinlichkeiten und Resistenzen geben dem Spiel damit eine taktische Komponente, die jedoch optional bleibt – auch wenn es schwer werden dürfte, einige Gegner mit speziellen Schwachpunkten ohne das System zu bezwingen.

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Auf eurer Erkundungstour stoßt ihr regelmäßig auf neue Auftraggeber, die abseits des eigentlichen Ziels eure Hilfe benötigen. Leider sind diese Nebenaufgaben genau wie die der Hauptstory eher selten besonders interessant oder wirklich spannend. Meist muss ein bestimmtes Gebiet von Gegnern gesäubert oder ein Gegenstand erbeutet werden. Besonders ausgeflippte Charaktere, lustige Dialoge und Aufgaben, welche die Reihe immer ausmachten, tauchen diesmal nur noch selten auf. Zu oft bleibt so das Gefühl, dass leichtsinnig viel Potential verschenkt wurde. Uns kam es so vor, als hätte man Dialoge und damit Teile der Story absichtlich auf einem minimalen Level gehalten, um den Spieler nicht zu überfordern oder zu langweilen, was wiederum zu einer verminderten Glaubwürdigkeit führt. Gleich zu Beginn wurden wir zum Beispiel durch die Begegnung mit einem Hund stark irritiert. Dieser kommt auf euch zugelaufen, ihr streichelt ihn einmal und plötzlich folgt er euch auf Schritt und Tritt und hört aufs Wort. Es findet keinerlei zögerliche Annäherung statt und die Beziehung verbessert sich auch nicht mit der Zeit. Der Hund ist einfach da, so wie viele andere Spielelemente ebenfalls, die kaum ausreichend eingeführt oder erklärt werden. Auch wirklich wichtige Entscheidungen und damit denkwürdige Momente im Spielverlauf bleiben fast vollständig aus. Während man in „Fallout 3“ noch recht früh im Spiel über den Untergang einer ganzen Stadt entscheiden konnte, scheint mittlerweile die Wahl der vier möglichen Dialogoptionen bei einem Gespräch nur selten einen Einfluss auf das Spielgeschehen zu haben. Dies ist besonders schade, da zumindest die Synchronisation größtenteils gut gelungen ist. Unverständlich ist auch, dass Dialoge meist schon beginnen, wenn man sich nur in der Nähe befindet. Die Dialogoptionen werden jedoch nur angezeigt, wenn man direkt vor dem Gesprächspartner steht. Dies führte bei unserem Test regelmäßig zu Situationen, in denen wir unbedacht an diesen vorbeigelaufen sind.

Trotzdem müsst ihr auch in „Fallout 4“ Entscheidungen treffen, vor allem in Hinblick auf die vier enthaltenen Fraktionen. Einer davon schließt ihr euch direkt zu Beginn an. Als Mitglied der Minutemen errichtet ihr im Rahmen des wohl größten neuen Features zahlreiche Siedlungen nach euren Wünschen. Ein umfangreicher Create-Modus lässt eurer Kreativität dabei freien Raum und ihr könnt eure Siedlungen mit eigenen, mehrstöckigen Häusern, ausgeklügelten technologischen Spielereien und Fallen ausstatten. Ihr müsst euch um Essen, Wasser, Stromversorgung, Unterkunft und Sicherheit eurer Siedler kümmern – denn auch diese werden hin und wieder angegriffen – und euch um neue Siedler bemühen. Die benötigten Materialien erhaltet ihr durch das Verwerten von allem was ihr so finden könnt. Wer gerne sehr viel Zeit in das Bauen von Dingen steckt, der kommt voll auf seine Kosten. Das Finden von seltenen Baumaterialien versüßt euch das Erforschen der Umgebung, wenn auch der spielerische Nutzen dabei in Frage zu stellen ist. Da es vom Spiel aber auch nicht verlangt wird, bleibt euch die Intensivität der Nutzung selbst überlassen. Auch die anderen Fraktionen bieten vor allem in Hinsicht auf die Story die meisten der wenigen spannenden Höhepunkte, doch hier wollen wir nicht mehr verraten.

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Technisch ziemlich dünn …

Leider konnte uns „Fallout 4“ in technischer Hinsicht nicht überzeugen. Zwar sind die Lichteffekte teilweise sehr gut gelungen, insgesamt wirkt die Grafik aber altbacken. Ja, Bethesda hatte davor gewarnt, dass man keine Grafik-Bombe zu erwarten hat, ein bisschen mehr sollte es aber dennoch sein, zumal es bereits viele Beispiele gibt, die uns trotz Größe und Umfang schon vom Hocker gehauen haben. Allgemein lassen die Texturen und auch die Animationen bei Gesprächen stark zu wünschen übrig. Im Vergleich zum PC wurden zudem einige Details der Vegetation gestrichen, die sich stark auf dem Grad des Realismus auswirken. Man muss dem Spiel zwar zugutehalten, dass es sich um eine gigantische, offene Welt mit großen Bereichen ohne Ladezeiten handelt, trotzdem bleiben die Erwartungen hinter dem Möglichen. Die Spielmenüs in Form des grünen Pip-Boys bleiben der Reihe zwar treu, aber sind einfach nicht mehr zeitgemäß und zielführend. Auch an Bugs mangelt es in „Fallout 4“ nicht – wie immer bei einem der stets überdurchschnittlich komplexen Bethesda-Titel. In Gesprächen stockt es oft, Charaktere verschwinden und tauchen an ungewöhnlichen Stellen wieder auf oder das Spielmenü lässt sich nicht mehr schließen, was zu einem Neustart zwingt. Probleme, die man immer wieder bei solch großen Projekten beobachtet, sodass vermutlich „Fallout 4“ eine reine Patch-Odyssee bevorstehen wird. Regelmäßiges Speichern sollte daher nicht nur aufgrund der ständig lauernden tödlichen Gefahr durchgeführt werden, sondern auch der potenziell vergeudeten Spielzeit wegen. Erfahrungsgemäß werden in Kürze sicher einige der bei uns aufgetretenen Bugs behoben werden, andere wiederum nie. Spielbar ist „Fallout 4“ aber bereits jetzt allemal – ein wenig Toleranz und Geduld vorausgesetzt.

Entwickler: Bethesda
Publisher: Bethesda
Release: erhältlich
Offizielle Homepage: www.fallout4.com

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Fallout 4
TEST: Fallout 4 – Wie das „Epische“ ziemlich schnell verblasst
„Fallout 4 zeichnet sich durch seine unglaublich große, abwechslungsreiche und offene Spielwelt aus, in der es schier unendlich viel zu entdecken und zu erledigen gibt. Aufgrund einer etwas dünnen Story, welche das Potential des Settings verfehlt, benötigt es jedoch viel Zeit und Eigenverantwortlichkeit, um den möglichen Spaßfaktor durch die geniale Charakterentwicklung und versteckten spielerischen Möglichkeiten zu erreichen. Aus technischer Sicht sollte sich auch Bethesda so langsam aber sicher nicht mehr hinter den Argumenten der Größe und des Umfangs des Spiels verstecken, da sich Fallout 4 in diesem Punkt geradezu vorführen lässt. Dass es inzwischen besser geht, ist kein Geheimnis mehr und sollte trotz aller Vorwarnungen auch nicht von den langjährigen Fans einfach so hingenommen werden. Ihren Spaß werden diese mit Fallout 4 dennoch haben.“
8.1
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