TEST: FIFA 20 – Vom Rasen auf den Bolzplatz, VOLTA ist da!

By NeroFirestorm Add a Comment
15 Min Read

Wer an die letzten Jahre denkt, der wurde in Sachen Neuheiten und wirklichen Verbesserungen  von EAs „FIFA 20“ und Konamis „Pro Evolution Soccer“ schon ein wenig enttäuscht. Es gibt hier kaum nennenswerte Faktoren, wie etwa letzte Saison die Einführung des „Hausregelmodus“, der zwar ein nettes und unterhaltsames Feature war, aber nichts wirklich Neues in Sachen Gameplay. Mit „FIFA 20“ hatte EA bereits im Vorfeld für viel Aufmerksamkeit gesorgt, indem man mit dem „Volta-Modus“ endlich auf den Wunsch der Spieler eingegangen ist und den Fußball zurück auf die Straßen und Bolzplätze der Nationen zurückbringt. Aber ist das wirklich die einzige Neuheit und reicht diese, um für Jubelstürme zu sorgen? Also, Anpfiff Jungs.

Langsame Bälle vs eingefrorene KI

Wer die ersten paar Minuten auf dem neuen Rasen verbringt, der wird ziemlich schnell merken, dass Electronic Arts einiges an der Physik der Spieler und des Balles getan hat. In der Vergangenheit waren die Spiele von rasanten Sprints geprägt, bei denen der Ball an den eigenen Füßen klebt, jeder Steilpass sein Ziel findet und Stars nahezu unaufhaltsam waren. Nun sind die Akteure wesentlich langsamer, sowohl beim Antritt als auch bei der Höchstgeschwindigkeit, und auch die Verteidiger kommen nun eher hinterher, anstatt hilflos zuzusehen. Darüber hinaus werden Bälle nicht mehr durchweg perfekt angenommen, sondern verspringen leicht, prallen ein wenig weiter ab oder verfehlen je nach Distanz ihren Abnehmer und landen im Aus. All das sorgt zusammen mit den vielen entsprechenden, neu entworfenen Animationen für lebendige Spielszenen, die näher an der Realität sind als je zuvor. Darüber hinaus ergeben sich jetzt viel mehr Defensivduelle, bei denen ebenfalls neue Wege und Möglichkeiten entwickelt wurden. So fällt schnell auf, dass Notfallpässe je nach Situation nun durchaus eine Waffe sein können, wenn man etwa einen Fehlpass retten, oder noch gerade so einem Gegner den Ball abnehmen möchte. Das gefällt uns wirklich gut und lässt die Spiele wesentlich dynamischer erscheinen, bietet im gleichen Atemzug aber auch einen ruhigeren Spielablauf und eine bessere Übersicht.

Eine weitere Veränderung erlebt man bei der Ausführung von Freistößen und Elfmetern. Hier wird man nun in beiden Varianten von einer Art Fadenkreuz unterstützt, der anzeigt, wo man seinen eigenen Schuss platzieren möchte. Je nachdem, wie stark man seinen Controller-Stick neigt, desto weiter legt man den Schuss nach außen, muss dabei aber auch darauf achten, nicht zu weit zu zielen, weil man sonst leicht eine absolute Niete landet. Auf die gleiche Weise bekommt der Ball auch einen gewissen Spin und kann so mit etwas Talent zauberhaft versenkt werden. Es kommt also ziemlich auf Präzision und eine ruhige Hand an, wie auch auf ein gutes Timing, durch welches die Schüsse noch präziser werden. Wer allerdings mit Freunden auf der Couch spielt, für den ist die neue Variante allerdings eher ein Hindernis, denn entweder verrät man seinen Freunden/Feinden sein Ziel, oder muss ohne Fadenkreuz auf gut Glück versuchen, nicht komplett zu versagen. An sich also eine nette Idee, welche aber durchaus ihre Schwächen besitzt.

Wie jeder weiß, wird Fußball mit 11 Leuten auf dem Platz gespielt. Leider können wir nicht jeden davon gleichzeitig kontrollieren, sind also meistens ein wenig auf die mithilfe der KI angewiesen, die sich in der Vergangenheit aber leider als nicht wirklich intelligent herausgestellt hat. Viel zu oft sorgt sie für Freiäume, starke Chancen oder Torwartfehler, die unseren Gegnern in die Karten gespielt haben. Und auch in diesem Jahr gibt es wieder einige Aktionen, die einen wirklich stark verzweifeln lassen. So geht die KI nun etwa nicht mehr selbst auf den Gegner, sondern setzt ihn nur leicht unter Bedrängnis, der aktive Part wird uns selbst überlassen. Und auch unser Keeper sorgt für die merkwürdigsten Situationen, lässt vermeintlich einfache Bälle ins Tor, versagt völlig bei seinen Abschlägen und wirft die Kugel viel zu oft einem Spieler des Gegners direkt vor die Füße. Immerhin verfügen die Torwärter nun über ein ganzes Repertoire neuer Bewegungen und Aktionen, aber auch diese können nicht den letzten Zweifel ausräumen, dass hier noch einiges an Potential offen ist, ehe man von einem realistischen Torwartspiel sprechen kann.

Fasst man bis hier hin alles zusammen, so kann man sagen, dass „FIFA 20“ ganz klar auf seine bewährten Stärken in Sachen Gameplay setzt. Wir bekommen zum Großteil das gewohnte Layout geboten, welches sich über die Jahre hinweg weitestgehend bewährt hat und so den Einstieg natürlich sehr angenehm gestaltet. Das dem Spiel ein wenig das Tempo genommen wurde ist durchaus ansprechend, auch wenn man zunächst etwas Zeit benötigt, um seine Spielweise daran anzupassen und sich selbst daran zu gewöhnen. Hat man es aber einmal verinnerlicht, dann kann man schöne Spielzüge aufbauen, Chancen herausarbeiten und sich auf tolle Momente freuen. Leider versaut das neue Fadenkreuz ein wenig den Couch-Spaß, weil wir entweder völlig ahnungslos schießen oder unserem Gegner zeigen, wo wir hinwollen. Und auch die KI lässt hier und da immer noch zu wünschen übrig. Hier wäre etwas mehr Feinabstimmung durchaus wünschenswert gewesen. Alles in allem hat man zwar durchaus das Level der Vorjahre gehalten, erreicht aber auch keine neuen Höhen.

FUT, Hausregeln und VOLTA Football

Wer FIFA spielt, der weiß, dass es nicht nur um das reine „Jetzt spielen“ geht, sondern um die vielen anderen Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben. Allen voran steht da natürlich der bekannte „FIFA Ultimate Team“-Modus, über dessen Aufbau wir gar nicht mehr viel sagen müssen, außer einer kurzen Zusammenfassung: Wir bauen uns unsere eigenes Team mit Spielern auf, die wir entweder in Packs oder auf dem Transfermarkt erwerben, stellen diese nach unseren eigenen Vorstellungen zusammen, suchen uns unsere Formation aus und treten entweder online oder offline gegen andere Teams an, um auf den einzelnen Ranglisten nach oben zu klettern und noch bessere Belohnungen zu ergattern. Auch in die Diskussion um Pay-to-win möchten wir uns hier gar nicht einlassen, da hat jeder seine eigene Ansicht auf das Ganze. Wir konzentrieren uns daher lieber auf die Neuheiten. So gibt es jetzt lang andauernde Saison-Ziele zu erreichen, die wir nach und nach durch Erfahrungspunkte freischalten. Diese erhalten wir aus kleineren Herausforderungen, wie man sie auch schon aus “FIFA 19” kannte. Zudem können, zumindest aktuell, zahlreiche „Icon-Swap“ Spieler freigeschaltet werden, die wir gegen die besonderen Icon-Spieler tauschen können, unter anderem gegen Miroslav Klose, Michael Ballack oder auch Pep Guardiola. Die Anforderungen sind natürlich dementsprechend schwer, man darf aber gespannt sein, wie sich die zukünftigen Wege hier gestalten werden.

Darüber hinaus kann man neben seinem Wappen und seinem Stadion auch eine Choreo auf der Tribüne und eine Grafik für den Mittelkreis einrichten, um seine Individualität hervorzuheben. Spielerisch hat man davon eigentlich nichts, außer anderen zu zeigen, was man bisher so Besonderes erreicht hat. Alles in allem also nette Ergänzungen.

Interessanter wird es da schon in Sachen Hausregelmodus, dem großen Feature des letzten Ablegers. Der Modus wurde nun ein wenig um neue Ideen erweitert, um genau zu sein um einen Tausch-Modus, in dem die Teams drei Spieler untereinander tauschen, sowie den Zufallsball-Modus, in dem der Ball dem Team im Ballbesitz besondere Fertigkeiten verleiht, wie etwa eine gnadenlose Schusstechnik oder ein unaufhaltsames Sprinttempo. Als dritte neue Regel gesellt sich der „Platzhirsch-Modus“ hinzu, in welchem vor einem Torschuss der Ball eine gewisse Zeit lang durch eine bestimmte Zone auf dem Feld gespielt werden muss. Dabei füllt sich eine Anzeige, die je nach Dauer ein bis drei Tore als Belohnung bietet, sollte man das gute Stück hinterher im Netz versenken. Einfaches drauf los stürmen wird hier also eher schwierig und ganz neue Taktiken und Dribbling-Künste werden gefordert. Die drei neuen Regeln sind wirklich sehr ansprechend und passen gut zu den bisherigen, weshalb man hier bestimmt viel Freude in interessanten und anderen Matches verspüren wird.

Alle diese Neuheiten und Anpassungen rücken allerdings schnell in den Schatten, wenn man sich dem wirklichen neuen, großen Feature annimmt, mit dem EA seine Fans dieses Jahr beglücken und ihnen einen großen Wunsch erfüllen will: der Volta Modus. Das Gameplay-Element, auf dem so augenscheinlich ziemlich jede Werbekampagne rund um “FIFA 20” basiert. Anders als bisher finden wir uns nicht in großen Stadien vor Tausenden von Zuschauern wieder, unser Feld sind hier kleine Hinterhöfe in London, ein Platz in Rom oder am Strand in den USA, auf einem Dach in Tokio oder schlicht in einer Sporthalle in Berlin. Rund um die Welt tauchen wir in die Welt des harten, dreckigen Straßenfußballes ein, welcher sich rund um die namensgebende „Volta-Liga“ aufbaut. Hier treten die besten Street-Soccer in Teams von drei bis fünf Spielern gegeneinander an, mal mit oder ohne Torwart, und versuchen sich mit Tricks, Bandenspielen oder gekonnten Pässen zu überlisten. Im Vorfeld entwerfen wir unseren eigenen Avatar, der auch als Hauptfigur der Story fungiert, die damit auch das bisherige „The Journey“ abgelöst hat. Wir sammeln neue Spieler für unsere Crew, indem wir nach einer gewonnenen Partie entsprechend neue Spieler rekrutieren. Dabei sollten wir darauf achten, welche Formation und Position diese bevorzugen, als auch auf ihren Heimatspielplatz, um für eine gute Chemie untereinander zu sorgen. Darüber hinaus sammeln wir Volta-Münzen, mit denen wir im Shop neue Kleidungsobjekte erwerben und damit unser Team nach unseren Vorstellungen stylen können. Wer hier an Pay-to-Win denkt, der kann beruhigt werden, denn die Objekte sind rein kosmetischer Natur. Dafür sammeln wir mit jedem Spiel Erfahrung, die wir wiederum in neue Fertigkeiten investieren können. Spielern des „Be-a-Pro“ Modus dürfte das bekannt vorkommen. Mit unserem Team können wir nun entweder weiter in der Story vorankommen, oder online gegen andere Teams antreten, um unsere Stellung auf dem Court zu markieren.

In Sachen Gameplay merkt man einen deutlichen Unterschied zu den normalen Spielen. Volta-Spiele zeichnen sich vor allem durch ein hohes Tempo und zahlreiche Tore aus. Eine falsche Entscheidung oder ein unaufmerksamer Moment kann zum nächsten Tor führen. Wer sich außerhalb der Liga im „Jetzt Spielen“-Modus für Volta entscheidet, der kann aus sämtlichen Spielern aus dem kompletten Lizenzpaket schöpfen. Für diejenigen, die schon immer mal mit Neymar, Ronaldo oder Reus auf einem Ascheplatz spielen wollte, geht nun also ein Traum in Erfüllung.

Wir sind wirklich positiv überrascht, wie viel Freude uns der neue Volta-Modus macht. Nicht selten kommt es bisher in Spielen mit Freunden vor, dass wir nach einer „normalen“ Partie den restlichen Abend Volta spielen. Aber auch der Hausregelmodus hat wieder durchaus seinen Reiz, ebenso wie FUT. Bei letzterem darf man sich aber nach wie vor nicht an Pay-to-Win stören. Irgendwie muss EA ja auch Geld verdienen.

Lizenzen über Lizenzen

Es war eine der Top-Nachrichten: Christiano Ronaldos neuer Verein heißt Piemonte Calcio. Zumindest in “FIFA 20”, denn die Rechte an Juventus Turin hat sich Konami exklusiv für PES gesichert. Und auch die Allianz-Arena des FC Bayern Münchens gehört nun zu Konami. Trotz dieses kleinen Rückschlages verfügt EA nach wie vor über das größte Paket an Lizenzen, bringt über 700 Teams aus 30 Ligen überwiegend originalgetreu ins Spiel, zudem zahlreiche Stadien rund um den Globus. Auch damit besitzt „FIFA 20“ wieder einen riesengroßen Vorteil gegenüber der Konkurrenz.

Dazu gehört auch eine gekonnte Darstellung der Spieler auf dem Feld. Viele von ihnen wurden sehr detailliert ins Spiel portiert und sehen dabei wirklich gut aus. Auch die Stadien können sich durchaus sehen lassen, wenn man sie einmal mit den Problemen der Vorgänger vergleicht. Dennoch gibt es immer wieder nervige Fehler in der Darstellung, wie etwa einem unsichtbaren Pokal, der von den Spielern bei der Siegerehrung in die Höhe gehalten wurde, oder merkwürdig ungesund aussehende Bewegungen mancher Spieler auf dem Feld.

Die Stimmung im Stadion, die sich auf die Situationen anpasst, die Kommentare von Frank Buschmann und Wolf-Christoph Fuss, oder in Volta die Schreie der Spieler und die Kommentare des Sprechers in den entsprechenden Landessprachen sorgen insgesamt für eine ansprechende Atmosphäre, der man sich nach wie vor gerne hingibt, der es hier und da aber an echten, neuen Höhepunkten fehlt. Es kommt einem oft so vor, als hätte man die gleichen Animationen und Sprüche schon tausende Male gesehen, weshalb einfach etwas mehr Abwechslung schön wäre.

Leider hat es EA aber auch in diesem Jahr wieder nicht überall geschafft, ein ansprechendes und übersichtliches Menü zu entwerfen. Oft muss man sich durch die verschiedenen Unterpunkte suchen, oder gerade in FUT hat die Darstellung im Team-Management und des Transfermarktes sogar eher nachgelassen. Wirklich schade.

TEST: FIFA 20 – Vom Rasen auf den Bolzplatz, VOLTA ist da!
“Wie jedes Jahr freuen sich die Fans auf den neusten Teil der Reihe, egal, ob es wirkliche Neuerungen gibt oder nicht. Für viele würde wahrscheinlich eine günstigere „FUT-Version“ schon fast ausreichen. Dieses Jahr aber hat EA mit „FIFA 20“ und dem Volta-Modus ein wirklich tolles und ansprechendes Feature geschaffen, mit dem man sich problemlos lange beschäftigen kann, ohne, dass einem langweilig wird. Egal ob solo, online oder mit Freunden auf der Couch, die Spiele machen jedes Mal Spaß und Tore werden immer gefeiert. Aber auch sonst schafft es der Titel wieder durchaus zu überzeugen, bietet eine ansprechende und gute Grafik, eine tolle Atmosphäre und natürliche ein gigantisches Lizenz-Paket, von dem die Konkurrenz noch träumt.In Sachen Gameplay hat EA auch auf dem Rasen ein paar gute Anpassungen vorgenommen, das Tempo gekonnt reduziert und unaufhaltsame Sprintstars ein wenig entschärft. Alles in allem bekommen wir damit das gewohnte FIFA geboten, das um ein paar Verbesserungen erweitert wurde, ohne dabei groß vom gewohnten Kurs abzuweichen. Fans können somit auch in diesem Jahr bedenkenlos zugreifen.”
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