Es ist die lang ersehnte Rückkehr des Kriegsgott Kratos, dessen Schicksal nach Teil 3 bislang ungeklärt blieb. Während viele vermuteten, er habe sich in seinem Selbsthass am Ende geopfert, zog er es doch lieber vor, sein Leben weit weg von zu Hause und zurückgezogen zu fristen. Ob man diesem Mega-Franchise damit noch gerecht wird und ob die Neuinterpretation von “God of War” noch einmal das toppen kann, was es bisher lieferte, haben wir uns einmal genauer angeschaut.
Ein unverbrauchtes Setting
Die Story von “God of War” verschlägt euch diesmal in die nordische Mythologie, der Heimat von Thor und Odin, womit man auf ein recht unverbrauchtes Setting setzt. Hier hat sich Kratos tief in die Wälder zurückgezogen, zu aller Überraschung mit seinem Sprößling – Atreus – an der Seite, die eigentlich nichts anderes wollen, als in Ruhe gelassen zu werden und die grausame Vergangenheit zu vergessen, zumindest was Kratos betrifft. Gleichzeitig soll es seinen Sohn aber auch davor beschützen, was er selbst schmerzlich in seinem Leben durchmachen musste. Wie es überhaupt zu diesem unerwarteten Familienbündnis kommt, bleibt leider ungeklärt und wirkt ehrlich gesagt auch etwas befremdlich, wenn man die vollständige Geschichte von Kratos kennt. Hier wäre etwas mehr Hintergrundgeschichte nett gewesen.
Das Spiel beginnt mit dem Tod der Mutter, deren letzter Wunsch es war, die eigene Asche auf den höchsten Berg von Midgard zu tragen und dort zu verstreuen. Somit machen sich beide auf den Weg dorthin, aber wie es nun mal so ist, wird dieser Weg von zahlreichen Herausforderungen versperrt, man muss Umwege nehmen und wird immer wieder zurückgeworfen.
Im Gesamten legt man den Fokus in “God of War” jetzt noch mehr auf eine tiefgründige Erzählung und greift dabei vor allem die Beziehung zwischen Kratos und seinem Sohn auf – einem Vater, der dem Sohn verheimlicht, wer er wirklich ist. Hier treffen absolute Gegensätze aufeinander, denn die Neugier eines Kindes lässt sich nicht aufhalten, was immer wieder zu Konflikten zwischen den beiden führt. Aber ist das auch eine Story, die man von „God of War“ erwartet?
Kratos wird zum Softie
Zugegeben, die Asche der Mutter als ultimatives Ziel irgendwo hinzutragen, ist eigentlich nicht das, was man mit “God of War” verbindet oder was man mit einem epischen Kampf gegen Zeus oder die Titanen damals vergleichen würde. Somit ist es eher der Konflikt gegen den Stranger, der hier für das Franchise steht, und der Kratos aus zunächst ungeklärten Gründen auf den Leib rückt. Alles andere ringsherum ist eher das, was man unter sentimental einordnen würde, wenngleich es das Spiel auch etwas erwachsener macht und Kratos vielschichtiger wird. Persönlich gefiel mir der von Hass getriebene Kriegsgott allerdings etwas besser.
Somit kommt die gesamte Story auch nur sehr langsam in Fahrt. Wenn man einmal an “God of War III” zurückdenkt, wie episch das Spiel mit dem Kampf gegen Gaia begann, dann ist das neue “God of War” anfänglich gerade mal ein laues Lüftchen im Wind. Hier muss man sich wirklich sehr lange gedulden, um das zu bekommen, was man sonst mit “God of War” verbindet. Erst ab etwa der Hälfte des Spiels entfesselt Kratos, wenn auch nur widerwillig, seine alten Kräfte und stürzt sich in einen größeren Kampf.
So langsam wie die Story diesmal in Gang kommt, so gemächlich entwickeln sich auch eure Kräfte im Spiel. Bis Kratos mit all seiner Kraft mal wirklich ausholen kann, dauert es ein Weilchen und da sind die Axt und das Schild als zunächst einzige Waffen eher lahm. Alles wirkt zu Anfang schwerfällig und kompliziert, von der sonst spektakulären Dynamik kaum eine Spur – vor allem das manuelle Zurückrufen der Axt finde ich persönlich ziemlich unnötig und hält nur auf. Erst nach rund sechs Spielstunden gab es den rettenden Lichtblick, einen richtigen Gänsehautmoment, der “God of War” zu dem zurückkehren lässt, was man von dem Spiel auch erwartet – massig Gegner mit einmal niedermetzeln zu können. Die Axt ist hierfür zunächst recht ungeeignet, da sie im Vergleich zu den früheren Waffen, und aus zuvor genannten Gründen, leider nicht so dynamisch und spektakulär eingesetzt werden kann. Ohnehin fragt man sich, warum man das Spiel auf nur noch zwei Waffen zusammengestutzt hat?
Was im Vergleich zum Vorgänger ebenfalls nicht ganz so sehr gefällt, ist die neue Third-Person Verfolgungskamera, die das Schlachtfeld nicht nur schnell unübersichtlich werden lässt, sondern so auch in zig anderen Spielen zum Einsatz kommt. Die fixierte Kameraansicht damals war eigentlich ein besonderes Merkmal der Serie, das man nun zugunsten einer fast alltäglichen Option geopfert hat. Dies damit zu begründen, näher am Geschehen sein zu wollen, kann man eigentlich nicht gelten lassen, denn dies wurde partiell auch in den Vorgängern wunderbar umgesetzt. Und damit nicht genug, es wurde nun auch die Darstellung von Blut aufs Nötigste reduziert, das eigentlich nur noch in markanten Szenen aufgepinselt wird. Damals fürchtete man noch um das USK 18 Rating aufgrund dieser Tatsache, während man das original „God of War“ so erst gar nicht auf den Markt lassen wollte. Das aktuelle Spiel mag vielleicht noch brutal herüber kommen, die überaus blutige Darstellung der Vorgänger, die „God of War“ ja auch irgendwie immer ausgemacht hat, hat damit aber nur noch sehr wenig zu tun.
Was man dem neuen “God of War” allerdings zugute heißen muss, sind die umfassenden Entwicklungsmöglichkeiten der Rüstung, der Waffen, Zauber, Runen und was es noch so alles gibt, die nicht mehr nur eine starre Linie verfolgen. Zwar spielt dies im Story-Mode eher weniger eine Rolle, wer sich allerdings im “Give me God of War” Spielmodus austoben möchte, hat hier umfassende Gelegenheiten, seine Waffen, Rüstungen und Taktiken perfekt aufeinander abzustimmen, sowie sein Aussehen deutlich zu variieren. Dies stellt zugleich einen Ersatz für die doch recht wenigen Waffen im Spiel dar, da man hier ausgiebig mit Zauber und Spezialangriffen experimentieren kann. RPG-Fans werden sich damit wohl wie Zuhause fühlen, während es für ein God of War-Spiel irgendwo auch zu überladen wirkt.
Episch? Nur noch bedingt!
Die God of War-Serie steht jeher für epische Kämpfe, gigantische Kulissen und einen grandiosen Soundtrack, der einen ehrfürchtig auf das Spiel blicken ließ. In diesen Punkten reicht es leider nur noch bedingt zum absoluten Epic-Faktor. Das nordische Setting weiß durchaus zu beeindrucken mit seiner kreativen Interpretation, besonders dann, wenn man vor der gigantischen Thor-Statue steht, die in Trümmern und von Schnee bedeckt vor einem auftaucht. Was die epischen Kämpfe betrifft, hält sich “God of War” jedoch ziemlich zurück und kann nicht ganz mit sein Vorgängern mithalten, siehe das Beispiel mit Gaia. Kämpfe in diesem Ausmaß sind zwar irgendwie vorhanden, allerdings weitaus aus weniger und auch erst sehr spät im Spiel. Größere Zwischengegner wiederholen sich zudem immer wieder und basieren meist auf dem Oger oder dem Troll, die nur leicht abgeändert werden. Die schiere Größe galt einst auch als Markenzeichen der Serie, nur leider finden sich in der nordischen Mythologie kaum solche Figuren, die man zum Beispiel mit den Titanen des antiken Griechenland gleichsetzen könnte. Obendrauf merkt man auch zu deutlich, dass sich Kratos gegen das Gott sein stellt und der nächsten Konfrontation lieber aus dem Weg geht, anstatt sich direkt hinein zu stürzen.
Diese Zurückhaltung schlägt sich auch im Soundtrack aus der Feder von Bear McCreary nieder, der an sich zwar sehr gelungen ist, aber auch oftmals viel zu schwach zum Einsatz kommt. Man vermisst wirklich die Momente, in dem man gerade etwas Kolossales vor sich entdeckt und das mit der passend epischen Musik unterstrichen wird, so dass sich einem die Haare nur vom Zuschauen aufstellen. Irgendwie schade, gerade nachdem das neue Main Theme auf der E3 so viel in dieser Hinsicht versprach.
Technisch eine Wucht
Wo man mit vielen Meinungen allerdings übereinstimmen kann ist, dass “God of War” aus technischer Sicht wirklich eine Wucht ist, vor allem auf der PS4 Pro. Es ist sicherlich das schönste Spiel der Serie, das nur so vor Details und Effekten strotzt. Ebenso wissen die Charaktermodelle und die detaillierten, sowie abwechslungsreichen Umgebungen zu gefallen. Vor allem die schneebedeckten Abschnitte erinnern einen sehr stark an die Horizon-Erweiterung “The Frozen Wilds” von Guerilla Games, die zurecht in den höchsten Tönen gelobt wurde. Das alles mit einer doch recht ordentlichen Performance, wobei der Spieler immer die Wahl zwischen Grafik und Performance hat. Auf einem größeren 4K TV sollte man allerdings den Grafik-Modus bevorzugen, damit auch wirklich alle Details zur Geltung kommen, plus Features wie HDR, die das Ganze noch einmal besonders erstrahlen lassen.
Kleinere Aussetzer weist “God of War” allerdings immer dann auf, wenn man durch die Level sprintet und der nächste Abschnitt nicht schnell genug geladen werden kann, ebenso sind dann diverse Pop-Ups zu beobachten. Das, plus teilweise seltsame Animationen, etwa wenn Atreus auf den Rücken von Kratos springt oder Kratos von einer Erhöhung herunter, sieht doch ziemlich plump für ein solches Spiel aus.
Inzwischen behoben wurden die zu kleinen Schriften und die schwarzen Balken links und rechts, auch wenn ich persönlich nur noch wenig davon habe. Übrigens noch wunderbar an den Screenshots hier zu sehen.