TEST: Gran Turismo 6 – Realismus pur und atemberaubend schön

Patrick Held 2 Comments
11 Min Read

Auch wenn die PlayStation 4 vor kurzem ihren Launch feiern durfte, heißt das noch nicht, dass es keine großen Titel mehr für die „alte“ Konsole geben wird. Bestes Beispiel dafür ist „Gran Turismo 6“, das mit qualmenden Reifen auf die PlayStation 3 brettert.

Doch kann der inzwischen sechste Teil der Erfolgsserie als komplett neues Modell überzeugen, oder handelt es sich bloß um ein einfaches Facelift, ohne große Neuheiten? Also rein ins Cockpit und ab auf die Rennstrecke.

Steuerung und Gameplay

Bevor es richtig los geht, werden wir durch eine Art Tutorial geführt, in dem wir unsere ersten Meter auf dem Asphalt zurücklegen und uns mit der Steuerung vertraut machen können. Bereits hier fällt auf, wie leichtgängig die Fahrzeuge sich steuern lassen und wie realitätsgetreu diese sich beispielsweise in Kurven oder bei starken Bremsmanövern verhalten. Diese nochmals verbesserte Physik verdankt das Spiel vor allem der Zusammenarbeit vom Entwickler Polyphony Digitals Inc. mit weltbekannten Firmen wie Yokohama oder KW Automotive, die ihre Praxiserfahrung produktiv einbringen konnten.

Das Tutorial macht uns auch mit dem neuen User-Interface bekannt, welches durch seine klare und aufgeräumte Struktur sehr übersichtlich und ansprechend erscheint. Anders als noch im Vorgänger lassen sich nun alle Funktionen auf einen Blick überschauen, stehen uns aber leider erst nach und nach zur Verfügung, indem wir in unserer Karriere fortschreiten. Das Karrieresystem wurde teils überarbeitet. So wird unsere Leistung nun auch mit Sternen bewertet, je nachdem, welchen Platz wir belegen. Durch diese Sterne schalten wir neue Events frei, die uns immer weiter nach vorne bringen. Neue Rennklassen schalten wir, wie schon im Vorgänger, durch verschiedene Lizenztests frei, die jedoch einfacher erscheinen, als noch in Teil 5.

Das Tutorial begleitet uns auch bei unserem ersten Autokauf. Insgesamt stehen uns über 1.200 Fahrzeuge zur Verfügung, vom VW Kübelwagen über den Ford Focus ST, verschiedene Sportwagen bis hin zu den Boliden der FIA GT3-Klasse. Auch Karts sind wieder verfügbar und sorgen für eine Menge Spaß. Allerdings wurde der größte Teil der Fahrzeuge aus dem Vorgänger übernommen und nur 120 Fahrzeuge sind vollkommen neu hinzugefügt worden.

Die hohe Anzahl an Fahrzeugen wird durch das neue „Vision Gran Turismo“ erweitert, in dem die Größen der Automobilindustrie ihrer Kreativität freien Lauf lassen dürfen. Den Anfang macht Mercedes-Benz mit dem „AMG Vision GT“, der schon auf der LA Auto Show präsentiert wurde und als Geschenk im Spiel wartet.
Sollten wir für unser Wunschfahrzeug nicht das nötige Kleingeld haben, können wir per Mikrotransaktion unterschiedlich große Geldeinheiten erwerben. Ein Spiel-Jaguar kostet da schon mal 150 echte Euro, also nicht gerade wenig. Allerdings wird einem diese Option nicht wie bei manch anderem Mobile-Games regelrecht aufgedrückt, sondern befindet sich ganz versteckt am Rand des Menüs. Außerdem werden nicht diejenigen, die sich einen ganz normalen Fuhrpark anschaffen wollen, auf diese Möglichkeit zurückgreifen müssen, sondern eher diejenigen, die es auf eine Sammlung von exklusiven Fahrzeugen abgesehen haben.

Auf insgesamt 37 Strecken und in über 100 verschiedenen Ausführungen (Vorwärts, Rückwärts oder auf Teilabschnitten) können wir unsere Fähigkeiten im Karriere-, Arcade oder Splitscreen-Modus beweisen. Auf Stadtstrecken, wie London oder Tokyo, Schnee- und Sandpisten, Rennstrecken wie Silverstone oder dem Nürburgring und selbst-entwickelten Strecken, wie der „Route X“, die im Vorgänger noch als DLC nachgereicht wurde. Diese eignet sich durch ihren aus nur zwei sehr langen Geraden bestehenden Verlauf perfekt für Testfahrten und Geschwindigkeitstests. Bis auf wenige Ausnahmen sind aber auch diese Rennstrecken übernommen worden, ohne groß etwas zu verändern, was jedoch zu erwarten war, denn auch andere Spiele, wie Formel 1 oder FIFA, sind in diesem Punkt logischerweise sehr unflexibel.

Beeinflusst wird das Rennerlebnis, wie auch schon im Vorgänger, durch das dynamischere Wetter- und Zeitsystem. Realitätsgetreu werden hierbei die geographischen Gegebenheiten umgesetzt, ebenso wie der Lichtwechsel bei den 24 Stunden von Le Mans oder ähnlichen Events. Das Auge wird dabei mit einem schönen Sternenhimmel verwöhnt.

Regen, Schnee, Sand und Reifenverschleiß wirken sich auf das Fahrverhalten aus und stellen den Fahrer immer wieder vor neue Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Ein großes Erlebnis, eine Menge Abwechslung und viele spannende Details sind dabei garantiert. Während die KI sich in den vorherigen Teilen noch stur an die Ideallinie gehalten haben, ist diese nun flexibler und weicht auch mal gerne von der Norm ab. Das Renngeschehen wird so actionreicher und bietet mehr Vergnügen durch die sich so ergebenden Kampfgefechte um den Pokal.

Eine nette Neuheit sind die verschiedenen Minispiele, die sogenannten „Kaffeepausen“, in denen wir Abstand vom harten Renngeschehen nehmen und uns verschiedenen Herausforderungen stellen können. Wer kommt mit nur einem Liter Benzin auf der historischen Nordschleife am weitesten und wer fährt mit dem Lunarmobil die schnellsten Runden auf dem Mond bei null Schwerkraft, ohne vor Mondsteine zu krachen?

Ebenfalls wie im Vorgänger können die eigenen Fahrzeuge mit verschiedenen Karosserie- oder Tuningteilen verbessert werden, um noch das letzte bisschen Kraft aus dem Motor zu kitzeln und seine Gegner Staub schlucken zu lassen. Auch der Service wird groß geschrieben, um nicht irgendwann mit seinem Wagen liegen zu bleiben. Ölwechsel und Autowäsche inklusive.

Der mitgelieferte Onlinemodus bietet nun auch die Möglichkeit, eigene Crews aufzustellen, ein neues Kommunikationssystem und private, sowie öffentliche Rennen. Insgesamt handelt es sich aber um einen Onlinemodus ohne große Neuheiten.

Gerne würden wir jetzt auch etwas über den bekannten „B-Spec Modus“ schreiben, dieser ist jedoch momentan noch nicht verfügbar und wird erst mit einem der kommenden Updates nachgereicht.

Alles in allem bringt „Gran Turismo 6“ einen guten Mix aus alten Werten und neuen Erlebnissen. Ein großer Fuhrpark, ein aufgeräumtes Layout und viele verschiedenen Aufgaben sorgen für großes Vergnügen. Das immer schon hervorragende Fahrverhalten wurde nochmals leicht verbessert und die Auswahl an Fahrzeugen und Strecken kann durchaus überzeugen, setzt sich jedoch, ebenso wie das Tuningsystem und der Onlinemodus, kaum vom Vorgänger ab. Ein wirklicher Kritikpunkt besteht in den Mikrotransaktionen, die einfach zu teuer geraten sind.

Grafik und Atmosphäre

Es ist kein Geheimnis, dass Gran Turismo schon immer zu einem der Titel gehört hat, der durch brillante Grafik überzeugen konnte. Und so kann auch dieser Teil wieder durchaus begeistern. Die Detailtreue, mit der sowohl die Autos, als auch die Strecken umgesetzt worden sind, suchen durchaus ihres Gleichen. Schade nur, dass die meisten Innenräume der Autos nur mit einem Bruchteil dieser Genauigkeit umgesetzt worden sind. In den größtenteils sehr dunklen Cockpits wurden nur ein paar Anzeigen eingefügt, während bei manch anderen Modellen sämtliche Armaturen hervorragend umgesetzt wurden. Hier hätte man sich doch gewünscht, alle Fahrzeuge mit ihren eigenen Armaturen zu bestücken.

Ein Feature wurde hinzugefügt, dass sich Fans der Serie von Beginn an gewünscht hatten: Man kann seinen eigenen Fahrer individuell designen! Endlich wird man nach seinem Namen gefragt, kann seinen eigenen Rennanzug aussuchen und sich den perfekten Helm zulegen. Ein Ende der Anonymität wurde damit endlich erreicht und eine engere Beziehung zum Spiel aufgebaut.

Für eine positive Atmosphäre sorgt auch die Möglichkeit, mit seinem Traumwagen über die Strecke zu jagen. Schade nur, dass dies im Arcade-Modus nur noch mit einer sehr eingeschränkten Zahl an Fahrzeugen möglich ist, während im Vorgänger noch viel mehr Fahrzeuge zur Verfügung standen. Man kann in diesem Modus nur mehr Fahrzeuge nutzen, wenn man diese im Karrieremodus vorher gekauft hat. Wirklich schade und eher suboptimal.

Leider gibt es immer noch kein richtiges Schadensmodell. Wenn man- egal mit welchem Tempo- vor eine Wand oder in andere Fahrzeuge fährt, hört man zwar einen dumpfen Aufprall, aber außer ein paar kleinen Dellen ist nichts zu sehen. In diesem Punkt weicht das Spiel vollkommen von der Realität ab. Denn wer mit Tempo 200 ein anderes Auto trifft, wird wohl nicht nur eine Delle davontragen. Hier ist definitiv Handlungsbedarf, vor allem, weil Spiele wie Formel 1, Need for Speed oder Burnout schon gut vorgelegt haben.

Insgesamt zeigt Gran Turismo wieder einmal zurecht, warum es zu einem der absoluten Vorzeigetitel in Sachen Grafik und Atmosphäre zählt. Das Spiel zieht den Spieler in seinen Bann und lässt ihn mit seinem Traumwagen umherfahren. Die neu gebotenen Individualisierungsmöglichkeiten bauen eine persönlichere Bindung auf, die von den meisten schon lange gewünscht wurde. Negativ hingegen sind weiterhin die vernachlässigten Umgebungen und Zuschauer oder besser gesagt Pappkameraden auf den Tribünen. Es wirkt leider immer noch alles sehr steril drum herum, was ein wenig an der Gesamtatmosphäre bei einem aufregenden Rennen kratzt.

Besonders gut: Eigene Strecken

Viele Spiele bieten einen Create-Modus, in dem man seine eigenen Strecken aufbauen kann. „Gran Turismo 6“ geht dabei noch einen Schritt weiter. Mit Hilfe der GPS-Logger App für Smartphones lassen sich reale GPS Daten beim Fahren oder Laufen sammeln und diese können dann ins Spiel eingefügt werden. Wer als seinen Weg zur Arbeit schon immer mal mit einem echten Sportwagen in Bestzeit zurücklegen wollte, oder mal ohne Vorschiften durch seine Stadt rasen wollte, bekommt nun die Möglichkeit dazu geboten. Absolut genial!

Entwickler: Polyphony Digital
Publisher: Sony Computer Entertainment
Release: erhältlich
Offizielle Homepage: www.gran-turismo.com

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Gt62
TEST: Gran Turismo 6 – Realismus pur und atemberaubend schön
„Wieder einmal zeigt Polyphony Digital, warum es so erfolgreich ist. „Gran Turismo 6“ bietet einmal mehr das graphische Vergnügen, das man gewohnt ist. Durch clever umgesetzte Neuheiten und die klassischen Werte bietet das Spiel so gut wie alles, was das Rennfahrerherz begehrt. Endlich wurden auch Punkte in Angriff genommen- wie das individuelle Erstellen des eigenen Fahrers- die schon länger überfällig waren. Der enorm große Fuhrpark, die zahlreichen, zum Teil neuen Strecken und die amüsanten „Kaffeepausen“ sorgen für viel Abwechslung und großes Vergnügen. Besonderheiten wie die „GPS-Logger App“ und die „Vision GT“ machen den 6.Teil zum bisher besten der Serie, und nicht bloß zu einem Update des Vorgängers.“
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