TEST: Horizon Call of the Mountain – Eine bessere Tech-Demo für teures Geld

Horizon Call of the Mountain soll eigentlich der Vorzeigetitel für PS VR2 sein. Warum dieser in so vielen Punkten scheitert, erfahrt ihr in unserem Review.

By Christian Götzinger 6 comments
7 Min Read

Als der erste „AAA-Titel“ für die PSVR2 erlebte Horizon: Call of the Mountain schon vor dem Release eine riesige Hype-Welle, angestoßen durch Vorab-Berichte von Messen und eine Schar von YouTubern, welche sowohl Spiel als auch Headset frühzeitig bekommen haben. Als Vorzeigetitel fällt es gerade bei diesem Titel schwer, Spiel von Technologie getrennt zu beurteilen, obwohl genau dies bei einer sachlichen Berichterstattung gegeben sein müsste.

Denn das Spinoff der erfolgreichen „flachen“ Reihe, die mittlerweile ja nicht mehr plattformexklusiv, sondern auch für den PC erhältlich ist, offenbart sowohl Stärken als auch Schwächen von Sonys neuem Headset und kann dadurch vor allem VR-Neulinge zunächst erfolgreich blenden. Eines sei nämlich vorab gesagt: Ein Systemseller ist Horizon Call of the Mountain nüchtern betrachtet leider mitnichten. Das zeichnete sich aber schon im Wertungsspiegel zum Release ab.

Horizon Call of the Mountain Eröffnungssequenz
Horizon Call of the Mountain Eröffnungssequenz

Zweckdienliche Story trifft auf ambivalente Grafik

Ihr übernehmt nicht etwa die Rolle von Aloy, die ihr nur als NPC kennenlernt, sondern seid zunächst als Gefangener unterwegs. Die Story wirft schnell mit allerlei Gruppierungen und Fachbegriffen um sich, die man nach dem Spielen der Ableger schnell vergessen hat und insgesamt schnell verdeutlichen, dass die Story hier bestenfalls als zweckdienlich bezeichnet werden kann. Zudem ist der spielerische Umfang so gering, dass hier keinerlei Spoiler geliefert werden sollen. Immerhin: Vorangetrieben wird die flache Geschichte durch stimmige Synchronsprecher, die beim Eintauchen in die Welt helfen und über mangelnde Tiefgründigkeit hinwegblicken lassen.

Grafisch bekommt man zunächst mit das Beste serviert, das VR plattformübergreifend bislang gesehen hat. Atemberaubende Weitsicht, eine lebhafte Vegetation und meist sehr detaillierte Texturen lassen die Maschinenwelt lebendig erscheinen. Dass es sich eben doch nur um eine virtuelle Welt handelt, wird dem findigen Auge jedoch bereits bei der einführenden Floßfahrt bewusst. Hier stößt die PS5 nämlich aufgrund der hochgeschraubten Optik, die für VR vielleicht doch noch ein Stück zu viel ist, an ihre Grenzen. So werden nur halb so viele Frames berechnet, als das Headset dann tatsächlich anzeigt. Diese „Motion Reprojection“ führt dazu, dass sich bewegende Objekte einen unscharfen Schleier hinter sich herziehen. Die PS5 berechnet also 60 Bilder pro Sekunde, ausgegeben werden aber 120, da die Zwischenbildberechnung den Rest nur hinzuaddiert, um ein flüssiges Erlebnis zu simulieren. Vergleichen kann man das auf die „flache“ Spielewelt übertragen in etwa mit einer Spieleerfahrung bei 30 fps, die nur künstlich auf 60 hochgeschraubt wird.

Klettermechaniken, die schon nach kurzer Zeit langweilen
Klettermechaniken, die schon nach kurzer Zeit langweilen

Zum Glück sind hiervon vor allem die nicht allzu oft vorkommenden bewegungslastigen Zwischenszenen betroffen, in denen sich Charaktere um uns herum bewegen. Dass dieser Effekt in kaum einem Vorab-Bericht erwähnt wurde, können wir uns aber ehrlich gesagt nicht erklären. Wer VR bislang nicht kennt, kann ggf. darüber hinweggesehen haben, aber diejenigen mit VR-Erfahrung, müssten sich daran eigentlich sofort stören. Wünschenswert wäre hier eine Auswahl im Grafikmenü, bei der wir zwischen grafischer Qualität und Performance umschalten können, doch diese Wahl fehlt bislang. Ansonsten stoßen wir aus technischer Sicht im Verlaufe des Spiels zwar hier und da auf nachladende Elemente, insgesamt ist der Titel ansonsten jedoch technisch durchaus ausgereift und hat nur manchmal mit störenden Kollisionen der eigenen Hände bzw. der gehaltenen Werkzeuge zu kämpfen.

Spielerischer Tiefgang verzweifelt gesucht

Auf eurer ca. sechsstündigen Reise durch die bunte Welt müsst ihr in der Regel vor allem eines: hoch hinaus. Die größten Teile des Spiels über klettert ihr an Felswänden hoch, an Seilen entlang, schwingt euch mit eurem Kletterhaken durch die Lüfte, springt zur nächsten Klippe und hakt euch mit euren Klettereisen im Felsen fest. Mit der Zeit werden diese Mechanismen in allen Kombinationsmöglichkeiten ausgespielt, aber komplexer wird es nicht. Dass dies anspruchsvoller möglich wäre, beispielsweise durch Ausdauerbalken und gezielte Grifftechniken, zeigte „The Climb 2“ schon vor zwei Jahren auf der Quest 2. Dadurch mangelt es dem Gameplay an Tiefe und die anfängliche Begeisterung über die Optik weicht schnell Langeweile.

Diese wird immerhin in regelmäßigen Abständen durch Kämpfe gegen nicht allzu viele verschiedene Maschinenwesen durchbrochen, doch auch diese lassen spielerischen Tiefgang vermissen. Ihr weicht in großen Schritten zur Seite aus, verlangsamt die Zeit und schießt möglichst mit den selbstgebauten Elementarpfeilen auf die Schwachstellen eurer Gegner. Bis auf wenige Ausnahmen funktioniert das gut, aber nach ein paar Kämpfen ist es aufgrund mangelnder Möglichkeiten schnell wenig spektakulär.

Immerhin, hübsch anzusehen ist es
Immerhin, hübsch anzusehen ist es

Immer wieder stoßen wir auf diverse unnütze Gegenstände, die einfach nur zum Rumspielen in VR platziert wurden. Das kann durchaus humoristische Züge annehmen, wenn wir uns nämlich freuen, hinter einem Holzverschlag eine Kiste entdeckt zu haben, die dann neben unspektakulären Materialien vor allem eines beinhaltet: zwei Rasseln. Es wirkt so künstlich, dass zuweilen eher ein gegenteiliger Effekt erzielt wird: Diese Spielereien werfen teilweise mehr aus der virtuellen Welt heraus, statt uns darin zu fangen. Zumindest beim ersten Mal nett hingegen ist die Idee der versteckten Steine-Rätsel, bei denen man unterschiedliche Steine zu einem Turm mit einer gewissen Mindesthöhe stapeln muss. Was einfach klingt, gestaltet sich durchaus als größte Herausforderung, die man in dem ansonsten viel zu leichten Titel finden kann. Daher bleibt insgesamt der Eindruck, dass es sich eigentlich um eine sehr ausführliche Tech-Demo handelt, die durchaus ihr Geld wert wäre, aber eben keine 70 Euro.

Fazit Horizon Call of the Mountain

TEST: Horizon Call of the Mountain – Eine bessere Tech-Demo für teures Geld
"Horizon: Call of the Mountain zu bewerten fällt schwer. Einerseits ist die Grafik bis auf ihre Probleme bei der Bildrate fast schon außer Konkurrenz und damit ein perfekter Showcase für Sonys neues Headset. Andererseits wird die Kletterei spätestens nach zwei Stunden Spielzeit über weite Strecken eher nervtötend als atemberaubend und lässt spielerischen Tiefgang, der durchaus möglich gewesen wäre, vermissen. Am meisten stört hier jedoch eines: der Preis. Für 20-30 Euro wäre es trotz seiner Schwächen ein schönes Spiel, das man jedem neuen Besitzer einer PSVR2 empfehlen könnte, um grafisch das Beste herauszuholen und Familie sowie Freunde zu beeindrucken. Zum Preis von 70 Euro muss man jedoch von Augenwischerei sprechen, denn selbsternannte AAA-Titel müssen sowohl spielerisch als auch vom Umfang her mehr abliefern, als Sony es mit seinem ersten vermeintlichen Vorzeigetitel getan hat. Wir haben daher den Preis mit -1.0 bei unserer Wertung berücksichtigt."
Plus
Beeindruckende Tech-Demo für PS VR2
Features des Headset werden voll umfänglich genutzt
Minus
Teils schwächelnde Bildrate
In der Summe ein langweiliges Gameplay
70 EUR sind einfach unverschämt dafür
6.6

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