TEST: Life is Strange Double Exposure – Mitreißendes Drama oder emotionaler Overkill?

„Life is Strange: Double Exposure“ entführt Spieler in eine Welt voller Emotionen, Konflikte und sozialer Dramen. Doch überzeugt das Spiel durch Tiefgang oder überfordert es mit zu viel Gefühl? Das verraten wir euch in unserem Test!

By Mark Tomson Add a Comment
9 Min Read

Es ist mal wieder Zeit für „Life is Strange“, eine Spieleserie, die mit entspannter Stimmung, emotionalem Drama und packenden Geschichten die Spieler regelmäßig in ihren Bann zieht. Mit „Life is Strange Double Exposure“ kehrt die ikonische Protagonistin Max Caulfield zurück. Als junge Frau verfolgt sie nun an der renommierten Caledon University ihren Traum, eine angesehene Fotografin zu werden. Doch wie es bei „Life is Strange“ Tradition ist, bleibt auch ihr Weg nicht von Drama verschont. In unserem Vorabtest werfen wir einen Blick auf das neue Abenteuer und gehen der Frage nach, ob „Life is Strange Double Exposure“ an den Erfolg seiner Vorgänger anknüpfen kann und das Zeug dazu hat, um ebenso unvergesslich zu werden.

Die Rückkehr von Max und ihre neuen Kräfte

Max Caulfield, bekannt für ihre Fähigkeit, die Zeit zurückzudrehen, steht erneut im Mittelpunkt der Geschichte. Dieses Mal jedoch entdeckt sie eine neue Kraft, als ihre beste Freundin Safi auf tragische Weise ums Leben kommt. An diesem Punkt entsteht eine Art Riss in der Zeit und Max entwickelt die Fähigkeit, zwischen zwei parallel existierenden Zeitlinien zu wechseln: In der einen ist Safi tot, in der anderen lebt sie noch. Was diese besondere Fähigkeit so spannend macht, ist, dass Max zwar zwischen den Welten wechseln, aber nicht die Vergangenheit aktiv verändern kann oder möchte – eine wesentliche Neuerung im Vergleich zum ersten „Life is Strange“.

„Life is Strange: Double Exposure“ entwickelt sich dadurch zu einem packenden Detektiv-Abenteuer. Max muss die Wahrheit hinter Safis Tod herausfinden, was sowohl von ihr als auch vom Spieler analytisches Denken und geschicktes Wechseln zwischen den Zeitlinien verlangt. Es gibt Max zudem die Macht, einen gewissen Einfluss auf die Ereignisse zu nehmen oder dies für ihre Ermittlungen zu nutzen. In mehreren Szenen kann Max etwa benötigte Gegenstände aus der einen Zeitlinie sammeln, um sie in der anderen Zeitlinie zu verwenden, oder so versperrte Wege in der anderen Zeitlinie überwinden. Das Schwierigkeitslevel ihrer detektivischen Arbeit bleibt jedoch moderat und ist meist offensichtlich zu lösen.

Entscheidungen mit weitreichenden Folgen

Wie in den Vorgängern sind Entscheidungen auch hier von zentraler Bedeutung. Jede Wahl, die Max trifft, beeinflusst nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern auch das Leben der Menschen um sie herum – besonders die großen Schicksalsentscheidungen. Die Auswirkungen dieser sind wie gewohnt nicht immer sofort sichtbar, und genau hier liegt die große Stärke von „Life is Strange Double Exposure“. Spieler müssen oft Entscheidungen treffen, ohne die langfristigen Konsequenzen absehen zu können – ein Markenzeichen der Serie, das einen oft nachdenklich zurückblicken lässt.

Deck Nine Games setzt in „Life is Strange Double Exposure“ allerdings verstärkt auf zwischenmenschliche Beziehungen und soziale Themen. Max hat nicht nur mit den mysteriösen Umständen rund um Safis Tod zu kämpfen, sondern auch mit persönlichen Konflikten, die sich durch ihr Leben an der Universität ziehen. Ob es ihre romantischen Gefühle für Amanda oder Vinh sind oder die Auseinandersetzungen mit anderen Studenten wie Loretta, die mit ihrem Podcast überall aneckt – diese Nebenstränge bringen Abwechslung in das Spiel und machen es emotional zugänglicher, als die teils gravierenden Folgen, mit denen man im Original konfrontiert wurde.

Langatmigkeit in der Erzählung

Trotz der faszinierenden Prämisse gibt es im Spiel auch einige Längen. Vor allem die ersten beiden Kapitel ziehen sich etwas hin, da hier der Fokus stark auf die Entwicklung der Charaktere und ihre zwischenmenschlichen Beziehungen gelegt wird. Dies mag für einige Spieler weniger spannend sein, insbesondere für jene, die das packende, dramatische Tempo des Originals gesucht haben.

Die stärkere Fokussierung auf die inneren Konflikte der Nebencharaktere sorgt in gewisser Weise dafür, dass das große Ganze oft in den Hintergrund tritt. Dies könnte bei einigen Fans, die das schnelle und emotionale Auf und Ab der früheren Teile liebten, für Enttäuschung sorgen. Es gibt zwar nach wie vor die typischen Cliffhanger, die Lust auf das nächste Kapitel machen, doch der Nervenkitzel bleibt insgesamt hinter den Erwartungen zurück. Entscheidungen fühlen sich manchmal weniger bedeutsam an, da ihre Auswirkungen nicht immer so dramatisch oder emotional belastend sind.

Im Vergleich zu den vorherigen Teilen zeigt sich deutlich, dass Deck Nine Games einen anderen Ansatz verfolgt als die ursprünglichen Entwickler bei Don’t Nod. „Life is Strange: True Colors“ deutete diese Entwicklung bereits an. Das war schon damals nicht unkritisch, wird aber von Deck Nine unverständlicherweise noch weiter auf die Spitze getrieben. Statt sich auf die großen, weltbewegenden Ereignisse zu konzentrieren, rücken in „Life is Strange Double Exposure“ zunehmend die persönlichen Dramen der Charaktere in den Vordergrund.

Das führt dazu, dass die Konsequenzen bestimmter Entscheidungen nicht immer als wichtig oder dringlich erscheinen. Ob Max’ Freund Moses eine Katze adoptiert oder ob die Mentorin Gwen ihren Job behält, erscheint oft als nebensächlich. Das große, dramatische Finale, das die früheren Teile der Serie prägte, steht in „Life is Strange Double Exposure“ deutlich weniger im Vordergrund, was aus meiner Sicht etwas schade ist. Deck Nine sagt selbst, dass der Höhepunkt des Spiels in den schwierigen Entscheidungen liegt und wie sich dadurch die Beziehungen der Charaktere zu Max entwickeln. Ein spektakuläres Finale wie in “Life is Strange” damals hat da offenbar wenig Platz. Obwohl ich die letzten Kapitel vollständig wiederholt und Entscheidungen komplett gegensätzlich getroffen habe, blieb das Ende nahezu gleich.

Soziale Dramen und emotionale Tiefe

Wer ein Faible für tiefgründige, emotionale Geschichten hat, die sich mit zwischenmenschlichen Problemen und sozialen Dramen befassen, wird in „Life is Strange Double Exposure“ voll auf seine Kosten kommen. Die Themen reichen von Beziehungskonflikten über berufliche Schwierigkeiten bis hin zu Intrigen und Verlusten. Spieler, die gerne in die emotionalen Tiefen anderer Menschen eintauchen und bereit sind, sich mit den Problemen der Charaktere auseinanderzusetzen, werden von der Geschichte vermutlich berührt sein. Allerdings könnte dies auch als Schwäche des Spiels angesehen werden. Videospiele dienen für mich in erster Linie dazu, spannende Geschichten und Abenteuer zu erleben und dem Alltag zu entfliehen – und nicht dazu, mich auch noch in einem Spiel mit Problemen dieser Art auseinandersetzen zu müssen.

Besonders gelungen sind dafür die Rückblicke auf Max’ Leben in Arcadia Bay, die weiterhin eine zentrale Rolle spielen und dessen Ereignisse in „Life is Strange Double Exposure“ nachwirken. Auch die Fotografie als zentrales Thema zieht sich durch das gesamte Spiel und ist ein ständiger Begleiter in Max’ Reise. Wer das Original “Life is Strange” nicht kennt, wird nach dem Spielen von “Double Exposure” definitiv Lust darauf bekommen.

Technische Umsetzung und Atmosphäre

Auf technischer Ebene zeigt sich „Life is Strange Double Exposure“ von seiner besten Seite. Grafisch hat das Spiel inzwischen fast Pixar-Niveau erreicht, was es zu einem wahren Augenschmaus macht. Die lebendige und detailreiche Welt der Universität und ihrer Umgebung lädt überall zum Erkunden ein, auch wenn man meist geführt und mit der Nase auf den nächsten Hinweis gestupst wird. Unterstützt wird die Atmosphäre durch den gewohnt fantastischen Soundtrack, der die melancholische und emotionale Stimmung der Geschichte perfekt untermalt.

Fazit

TEST: Life is Strange Double Exposure – Mitreißendes Drama oder emotionaler Overkill?
Ein emotionales, aber weniger spannungsgeladenes Abenteuer
„Life is Strange Double Exposure“ wird vor allem jene Spieler begeistern, die sich für zwischenmenschliche Dramen und emotionale Geschichten interessieren. Das Spiel legt viel Wert auf tiefgründige Charakterentwicklungen und soziale Themen, vernachlässigt dabei jedoch ein wenig die Spannung und Dramatik, die frühere Teile der Serie so besonders machten. Hier sollte Deck Nine Games unbedingt noch einmal zurückblicken, um auch die ursprünglichen Fans zu erreichen. Wer nämlich auf packende Abenteuer mit schockierenden Wendungen hofft, könnte diesmal ziemlich enttäuscht werden. Zwar werden diese Elemente im Laufe der Handlung aufgegriffen und viele offene Fragen der Story werden geklärt, jedoch entfaltet sich die Spannung für meinen Geschmack etwas zu spät und weniger bedeutsam. Dennoch bietet „Life is Strange Double Exposure“ noch immer eine einzigartige Spielerfahrung, die vor allem durch ihre starken Charaktere und die beeindruckende Umsetzung überzeugt."
Plus
Emotionale Story, Dramen und Schicksale, wenn man es mag
Zeitlinien-Feature eine gelungene Weiterentwicklung
Glaubhafte Charaktere und Storytelling
Stimmiger Soundtrack und Atmosphäre
Minus
Fokus zu sehr auf zwischenmenschliche Dramen
Spannende Ereignisse rücken in den Hintergrund
Entscheidungen erscheinen weniger weitreichend
7
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