2K Games und Hangar 13 machen uns in diesen Tagen mit der Mafia: Definitive Edition ein Angebot, das man nicht ablehnen kann. Nach fast 20 Jahren hat man das originale Mafia wieder aus der Kiste geholt, es ordentlich abgestaubt und als Remake im neuen Glanz erstrahlen lassen. Der Don könnte nicht stolzer auf das jüngste Werk von Entwickler Hangar 13 sein, das zeigt, dass die Serie noch lange nicht am Ende ist.
Eine klassische Mafia Geschichte
Die Story von Mafia ist ja weitestgehend bekannt und könnte kaum klassischer daher kommen. Demütig muss ich dem Boss gestehen, dass ich das Original-Mafia nie gespielt habe und damals erst bei Teil 2 eingestiegen bin. Umso unvoreingenommer ließ sich das Remake jetzt allerdings genießen, ohne ständig Vergleiche ziehen zu müssen.
Alle beginnt mit unserem Protagonisten Tommy Angelo, ein einfacher Taxifahrer in Lost Heaven, der hart arbeitet, um seine Familie ernähren zu können. Der große Börsencrash von 1929 sitzt vielen noch im Nacken, dennoch möchte Tommy nichts von kriminellen Machenschaften wissen. Und trotzdem wird er schon bald selbst Teil einer berüchtigten Mafia-Familie sein, um sein Geld auf genau diese Weise zu verdienen. Denn von jetzt auf gleich wird Tommy zum Komplizen bei einer Flucht und beeindruckt so eben mal den Don mit seinen Fahrkünsten. Fortan gehört Tommy zum innersten Zirkel der Salieri-Familie und steigt dort schneller auf, als ihm vielleicht selbst lieb ist. Das einfache Leben abgelegt und das schnelle Geld vor Augen sind dann doch attraktiver, als sich Tag für Tag den Arsch als Taxifahrer abzuschuften.
Das typische Mafia-Leben in den 1930er Jahren besteht anfangs noch aus kleineren Jobs und Rivalitäten. Schutzgeld hier, Zigarrenschmuggel da, Bestechung und solche Dinge. Dass sich die großen Familien dabei irgendwann in die Quere kommen, führt unweigerlich zu einem blutigem Mafiakrieg auf offener Straße, und wir mittendrin. Dass man zudem nicht einmal den eigenen Leuten trauen kann, erweist sich vor allem am spektakulärem Ende der Mafia: Definitive Edition als interessanter Twist. Spannend und aufwendig inszeniert, mit einem klaren Fokus auf die Story gerichtet, der einem zuweilen Gänsehaut beschert.
Zwar bietet ein Remake oftmals die Chance, die Dinge zu verändern und umzuschreiben, bei Hangar 13 hat mans ich allerdings strikt an das Originalscript gehalten. So beschleicht einem oftmals das Gefühl, dass man gerade irgendwas wichtiges übersprungen hat. So empfand ich zum Beispiel den Aufstieg von Tommy innerhalb der Familie als viel zu schnell – eben noch Taxifahrer und jetzt schon wertvollster Capo des Don. Das unterstreichen auch die enormen Zeitsprünge von mehreren Jahren in der Story. Hin und wieder entfallen dadurch wünschenswerte Details oder Hintergrundinfos der eigentlich vielschichtigen Charaktere, mit denen man die überschaubare Story sicherlich auf ein heutiges Umfangsniveau hätte anheben können. Gelegenheiten dazu hätte es jedenfalls genug gegeben.
Dennoch wurde ich sehr gut von der Story unterhalten, insbesondere vom gelungenen Pacing, den Abwechslungsreichen Story-Missionen oder den aufwendigen Cut-Scenes, bei denen man sich gerne zurückgelehnt hat, um sie zu genießen. Auch die Charaktere an sich, die für das Remake komplett neu entworfen wurden, überzeugen in ihrem glaubhaften Auftritt bezüglich Charakter, Mimik und Gestik. Immer serviert mit entsprechendem Humor. Man achte besonders auch auf die Augen des Don, dessen Blick seine Ernsthaftigkeit grandios unterstreicht. Ein klassischer Mafia-Streifen im Kino könnte es kaum besser machen.
Lost Heaven – ein Paradies für Mafiosi
Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, blüht das Mafiageschäft. Es sind die 1930er Jahre, die große Depression und Wirtschaftskrise greift um sich, von der auch Lost Heaven nicht verschont bleibt. Inspiriert von Metropolen wie New York oder Chicago liegt euch hier wieder eine von der Mafia-Serie gewohnt authentische Kulisse zu Füßen, die sich in mehrere Bezirke aufteilt. Von einfachen Arbeitervierteln über schicke Vorstadtsiedlungen bis hin zum imposanten Look einer Großstadt mit seinen Wolkenkratzern und Sehenswürdigkeiten ist es ein wahres Fest, die Spielwelt zu erkunden. An jeder Ecke finden sich nostalgisch anmutende Gebäude, kultige Leuchtreklamen und der glamouröse Look der damaligen Zeit wieder. Aber auch das Leid, das die Krise damals mit sich brachte ist allgegenwärtig – Obdachlosigkeit, der soziale Abstieg und die Verwahrlosung der Armenviertel kommen hier glaubhaft zum Ausdruck. Das sieht man insbesondere am städtischen Gefängnis, das sich selbst und den Gefangenen überlassen wurde. Wenn die Gesetzeshüter dann noch über offene Straftaten hinweg schauen, ist das Bild dieser Zeit einfach perfekt.
Auf der anderen Seite muss man sagen, dass diese prachtvolle Spielwelt wieder einmal viel zu wenig genutzt wird. So folgt man stur der Story und lässt somit vieles einfach links und rechts liegen. Das hätte man, wie oben erwähnt, mit den Lücken in der Story gut füllen können. So bleibt einem nur der Freie-Fahrt-Modus nach Abschluss der Story, um die Spielwelt intensiver zu erkunden, die letzten Comics zu finden oder Fotospots zu besuchen. Dieser lohnt sich aber insbesondere, um die schicken Oldtimer auszufahren, von denen es wieder jede Menge im Remake gibt – nämliche nahezu 60 ikonische Modelle.
Aus alt mach neu
Die bedeutendsten Unterschiede der Mafia: Definitive Edition finden sich natürlich in den technischen Aspekten, da das gut 20 Jahre alte Spiel von Grund auf neu erschaffen wurde. Das gilt insbesondere Lost Heaven selbst, dessen Ästhetik erheblich verfeinert wurde, um es noch authentischer in der damaligen Zeit einzuordnen. Ganze Bezirke wurden dafür unbenannt, die Stadt wirkt geschäftig und lebendig, Chinatown hat nun den Look um seinem Namen gerecht zu werden, das Straßennetz wurde optimiert und insgesamt der Flair von damals stimmungsvoll eingefangen. Mir fehlt leider der direkte Vergleich zum Original, das was Hangar 13 nun aber im Remake abliefert, könnte für meinen Geschmack kaum authentischer sein.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf den Zwischensequenzen, die für das Remake komplett mittels neuester Techniken aufgenommen wurden, sowie auch neu vertont, um hier ein stimmiges Gesamtbild zu bekommen. Dies war laut Hangar 13 absolut notwendig, auch wenn das dem ein oder anderen Fan von damals vielleicht nicht so ganz gefällt. Betrachtet man das Remake allerdings für sich stehend, erwartet einen hier eine erstklassige Performance sowie eine filmreife Inszenierung, für die die Mafia-Serie seit jeher bekannt ist.
Etwas hinter der Zeit wirken dafür einige Gameplay-Aspekte, die zwar deutlich aktueller als damals sind, jedoch auch schon wieder überholt. So bediente man sich hier insbesondere an Mafia III (unser Review), das schon damals spielerisch etwas unbeholfen daher kam. Vieles hat sich seitdem noch einmal verbessert, Luft nach oben ist aber allemal vorhanden. Das gilt insbesondere der Charakter-Entwicklung, die nur passiv in den Story-Sequenzen foranschreitet und auf die man selbst keinen Einfluss hat. Profitieren tut das Remake vor allem von Dingen wie Deckung und Nahkampf, aber auch hier beschränkt man sich eher auf simpelste Mechaniken.
Wer möchte, kann sich sein Spielerlebnis auch wieder persönlich anpassen – zum Beispiel fordernder mit aufmerksameren Cops, weniger genaue Zielhilfe usw., oder umgekehrt, was einen actionreichen und cineastischen Flow zur Folge hat.
Insgesamt ist die technische Leistung der Mafia: Definitive Edition besser als anfangs in Mafia III, sowohl grafisch als auch spielerisch. Ganz frei von kleineren Fehlern ist das Remake jedoch auch nicht, besonders bei nachladenden Texturen oder gelegentlichen Frameeinbrüchen in hektischen Situationen.