Mit Spannung wurde von vielen Fans das Superheldenspiel von 2K Games erwartet. Mit Marvel‘s Midnight Suns erlebt man die Rückkehr eines Superhelden-Teams, das in den 90er Jahren mit einer kleinen Serie seinen großen Auftritt und seitdem immer wieder für Furore gesorgt hatte. Nun wartet ein neues Abenteuer mit einem neuen Helden, aber auch einem anderen Spielkonzept, wie man es sonst nicht von Superhelden erwartet.
Hunter, Lilith und der Aufstieg des Bösen
Wir werden direkt ins Geschehen geworfen. Hydra, die alte Forschungs-Organisation der Nazis, hat sich spirituelle Hilfe geholt, um die Weltherrschaft zu erlangen. Denn Hydra hat mit Lilith eine echte Höllenbraut wieder auferstehen lassen, die schon vor Jahrhunderten die Welt in Angst und Schrecken hielt. Da werden sogar die Avengers vor eine harte Prüfung gestellt. Zum Glück gibt es aber noch die Midnight Suns, eine alte Truppe, die sich dem Kampf gegen Lilith und die Mächte der Dunkelheit verschworen haben. Uns erwarten hier auch nicht die großen Namen, sondern Helden wie Robbie Reyes aka Ghost Rider, Blade, Nico Minoru oder Magik, die ebenfalls viel zu bieten haben, jedoch regelmäßig unterschätzt werden. Sie bilden die „Midnight Suns“, ein Team, dass sich gegen die Mächte der Finsternis stellt.
Hauptfigur des Ganzen ist aber Hunter, eine extra neu eingeführte Figur, die wir selbst gestalten können, zumindest was Aussehen und Geschlecht betrifft; die Fertigkeiten sind vorgegeben. Er/Sie ist das Kind von Lilith und opferte sich, um die Fürstin der Finsternis aufzuhalten. Nun wurde er/sie aber wiedererweckt und stellt sich erneut dem Kampf um das Schicksal der Welt. Wer jetzt Sorge hat, es nur mit mehr oder weniger unbekannten Figuren zu tun zu bekommen, keine Sorge: auch die Avengers lassen sich ebenfalls in Bestbesetzung in den Kampf schicken. So schlagen wir unseren Weg im Team durch Hydra-Soldaten, treten aber auch gegen Dämonen oder von Finsternis infizierte Schurken, wie etwa Venom oder Crossbones an. Die Story ist an sich gut umgesetzt worden, bezieht alle verschiedenen Figuren gut mit ein und zeigt vor allem auch das Leben abseits des Schlachtfeldes in ansprechender Weise, egal, ob es um einen Geburtstag, kleine Flirts oder Streitigkeiten unterhalb der Teams geht.
Hydra muss eine Runde warten
Entwickler Fireaxis ist bekannt für gute Strategiespiele, wie etwa Civilization oder XCOM. Diese DNA spürt man auch in Marvel’s Midnight Suns, denn auch hier handelt es sich um ein rundenbasiertes Strategiespiel. Anders als man es aber bisher kennt werden die Fertigkeiten der genutzten Helden im Vorfeld in Form von Fähigkeits-Karten und Decks zusammengestellt, welche die unterschiedlichen Eigenschaften der Figuren wiederspiegeln. Die Karten lassen sich zudem verbessern, was uns im Laufe der Zeit immer neue und durchaus ansprechende Möglichkeiten eröffnet. Zudem steigen auch die Figuren per Levelsystem weiter auf und verbessern so Stärke und Vitalität, um es mit immer stärker werdenden Feinden aufzunehmen.
Das Gameplay fühlt sich insgesamt sehr stimmig an. Die Level und Herausforderungen sind sehr gut ausbalanciert und können über lange Strecken gut unterhalten. Gerade, wenn man die Figuren ein wenig kennen gelernt hat, kann man die Fähigkeiten sehr gut für sich nutzen und Feinde nur so vom Feld fegen. Auch die immer wieder neu auftretenden und überraschenden Herausforderungen sind sehr ansprechend und sorgen für viel Abwechslung, die keine Langeweile aufkommen lässt. Es ist allerdings fraglich, wie spannend ein Superhelden-Strategiespiel tatsächlich ist. Bei Superhelden geht es, zumindest in unserem Verständnis, um Action, spektakuläre Kämpfe und schnelle Schlachten – alles Eigenschaften, die nur bedingt zu einem Strategiespiel passen. Unserer Ansicht nach muss man sich in Marvel’s Midnight Suns von diesem Gedanken lösen, womit wir hier einen guten Strategietitel haben, aber nur ein akzeptables Superhelden-Spiel.
Zwischensequenzen aus der Hölle
Während das Gameplay einen soliden Job macht, fragen wir uns bei der Grafik häufig, ob wir im falschen Film gelandet sind. Die Zwischensequenzen sehen aus, als wären sie für ein schlechtes Handyspiel entwickelt worden und können zu Beginn sogar etwas abschrecken. Aber auch die frei erkundbare Welt, die sogenannte Abtei, sieht sehr altbacken und grafisch nicht wirklich gut umgesetzt aus. Sie ist zwar schön groß und bietet eine sehr große Zahl an Sammelobjekten und Geheimnissen, bietet uns aber auch die ein oder andere matschige Textur oder kantigen Effekte, die wir so heutzutage eigentlich nicht mehr sehen wollen. Auch das ein oder andere Charaktermodell sieht etwas merkwürdig aus. Hier muss man sich wirklich fragen, was da falsch gelaufen ist. Hinzu kommt, dass viel in den einzelnen Zwischensequenzen geredet wird. Und wenn wir viel sagen, meinen wir wirklich, wirklich viel. Unerträglich viel. So viel, dass wir einige der Dialoge rigoros übersprungen haben. Da bleibt dann zwar ein Teil der Story auf der Strecke, gerade der Nebenmissionen, aber wir wollen ja spielen, nicht lesen.
Auf der anderen Seite sehen die Kampfsequenzen wirklich gut aus. Der Einsatz der Fähigkeiten kommt immer mit einer ansprechenden Animation daher, die sich sehen lassen kann, auch wenn sie auf Dauer etwas zu lang sind. Hier bekommen wir auch hilfreiche Darstellungen von Schusslinien oder dem Explosionsradius, die wir auch für uns taktisch nutzen können. Gerade, weil die Kämpfe so gut aussehen, macht es für uns noch unbegreiflicher, warum die Zwischensequenzen das komplette Gegenteil abbilden. Insgesamt entsteht so eine gekonnte Atmosphäre mit zwei Seiten. Wir haben zum einen die Kämpfe, die mit guten Effekten, treffendem Sound und ansprechender Grafik punkten können, auch wenn sie sich unter Umständen etwas ziehen können. Auf der anderen Seite haben wir die Ruhe und die weitläufigen Gelände der Abtei, an denen wir viele Geheimnisse erforschen oder uns am Pool mit den Teamkameraden entspannen können. Das Gesamtbild ist hier sehr stimmig und macht Lust darauf alles zu erkunden, und das Freundschaftssystem, das den Figuren neue Fähigkeiten spendiert, sorgt dafür, dass wir auch mit anderen Helden abhängen und auf deren Bedürfnisse und Interessen eingehen.
Alles für den Kleiderschrank
In Marvel’s Midnight Suns bekommen wir die Möglichkeit, unsere Helden auf vielen verschiedenen Ebenen nach unseren Vorstellungen anzupassen. Dazu zählen neben den einzelnen Fertigkeiten auch die optischen Anpassungen, die wir durch Kisten erhalten können, die sich überall auf dem Abteigelände finden lassen, oder durch besondere Ereignisse, die wir im Laufe der Story erleben. Wer dazu aber zu ungeduldig ist, für den gibt es die klassischen Microtransaktionen, mit denen noch weitere, kosmetische Elemente gekauft werden können. Ob das wirklich notwendig ist, sei einmal dahin gestellt. Wir finden, dass man auch so schon eine wirklich gute Auswahl an Outfits zur Verfügung gestellt bekommt, ohne, dass man für rein kosmetische Veränderungen nochmal unbedingt echtes Geld in die Hand nehmen muss.
Viel interessanter sind da die im Season Pass enthaltenen Zusatzcharaktere, die im Laufe der Zeit durch Einzel-DLC nachgereicht werden. Hierbei handelt es sich neben Deadpool, Morbius und Storm auch mit Venom um einen der Schurken im Spiel, der sich ebenfalls unserem Team anschließt. Die Figuren bringen dazu auch noch eigene Missionen sowie neue Feinde mit, man darf also gespannt sein, was genau uns mit diesen Inhalten erwartet.