Als eines der größten Autorennen-Franchises der Welt wird der Druck, den die Need for Speed-Reihe vor jedem Release hat, wohl nie kleiner. Der Vorgänger Need for Speed Heat erschien vor drei Jahren zu einem Moment, an welchem die Reihe schon als „out“ galt. Wider Erwarten einiger Fans und Kritiker polierte dieser Ableger das Image wieder etwas auf und wurde zu einer kleinen Erfolgsgeschichte. Ob nun der neue Teil der Reihe diese Erfolgsgeschichte weiterschreibt oder aber wieder in alte Muster verfällt, erfahrt ihr hier in unserem Test.
Eine Demo als Prolog?
Wie schon im vergangenen Teil findet man sich bei Need for Speed Unbound in einer Open World wieder, in diesem Fall Lakeshore City. Hier startet man in einen Prolog, der sich für mich erstmal als schwierig herausstellt. Das Problem hier ist, dass der Prolog dermaßen umfangreich ist, dass er wie eine Demo wirkt. Man kann hier nämlich nicht nur seine erste Karre auswählen und seine ersten Rennen fahren, man kann auch schon die Spielwelt erkunden und sein erstes Geld in Dinge investieren. Nach etwa 90 Minuten dürfte sich bei vielen dann die Enttäuschung breit machen, denn der Spielstand, den man sich während des Prologs erarbeitet, bleibt nach diesem nicht bestehen und das eigentliche Spiel geht da erst los. Das ist weder gekennzeichnet, noch hat die Umsetzung einen Sinn – und so hätte man eine herkömmlichere Lösung für die Einführung finden müssen.
Weder schlecht noch realistisch
Für lange Zeit hatte man das Gefühl, dass Criterion Games auf Realismus abzielt und Need for Speed zu einer echten Rennsimulation machen möchte. Mit Need for Speed Unbound dürfte das Thema jedoch abgehakt sein, denn auch wenn das Gameplay sehr flüssig und spaßig daherkommt, ist das eigentliche Fahrgefühl trotz des Spaßes nicht wirklich realistisch. Generell fühlt sich die ganze Physik nach mehr Action und Bombast an, als an wirklichen Realismus. Und so erinnert das Spiel zusammen mit seiner Graffiti-Grafik an bunte und abgedrehte Autorenn-Kracher wie zum Beispiel Blur (so abgedreht dann aber auch nicht).
So richtig lang ist die Liste der Dinge, die man in Need for Speed tun kann dann auch nicht und trotzdem gibt es extrem viel zu tun, ohne dass jemals die Abwechslung fehlt. Man kann neben der Hauptstory an Events teilnehmen oder vor der Polizei flüchten, um an Geld zu kommen, um mit diesem Geld wiederum die Antrittsgelder für größere Events bezahlen zu können oder sein Auto zu verbessern. Ein auffällig unterhaltsames Feature hierbei: Man kann bei Rennen Wetten abschließen, dass man eine bessere Platzierung erzielt als ein bestimmter Konkurrent, und kann damit sein Taschengeld noch weiter aufstocken. Trotz der Tatsache, dass Videospiele heute frei nach dem Motto „Mehr ist mehr“ entwickelt werden, macht Need for Speed Unbound lieber weniger und reizt das bis zum Maximum aus. Mit Erfolg, wie ich finde.
Ein kleiner Snack?
Zwei Dinge fallen noch auf: Zum einen ist das Spiel in der Tat herausfordernd und erzeugt dadurch eine gehörige Portion Ehrgeiz. Sowohl die Verfolgungsjagden mit der Polizei als auch die kleinen und großen Rennen gegen die KI-Mitstreiter fühlen sich sehr dynamisch und herausfordernd an und so passiert es nicht selten, dass man auch mal die ein oder andere Niederlage verkraften muss. Wem das Ganze dann doch zu einfach oder eben zu schwer ist, der kann den Schwierigkeitsgrad in den Einstellungen einfach anpassen.
Zum anderen sorgt der Umfang und die Abwechslung des Spiels dafür, dass durchaus auch eine Langzeitmotivation entstehen kann. Bei 140 Autos und eine schier unendliche Anzahl an verschiedenen Events und Features findet das Verbessern der eigenen Fähigkeiten und des Autos potenziell nie ein Ende und kann durchaus auch oft und sehr lange binden. Bei Rennspiel-Genre hat dieser Fakt durchaus Relevanz, da es nicht selten so ist, dass man bei solchen Titeln die Story spielt und das Spiel danach in der staubigen Versenkung einer Schreibtischschublade verschwindet. Hier gibt es auch außerhalb der Story genug Spielenswertes.