Das Land der aufgehenden Sonne versorgt uns schon seit einigen Jahren mit sogenannten „JRPGs“ – Rollenspiele, die von der kitschigen Art ihrer Charaktere leben und es dennoch schaffen, eine solide Handlung auf die Beine zu stellen. Unter ihnen ist die „Atelier“-Serie mehr als bekannt, welche von dem Entwicklerstudio „Gust“ entwickelt worden ist. Mit „Nights of Azure“ geht eine neue Marke im Westen an den Start, die von den J-RPG-Fans bereits positiv aufgenommen wurde. Doch was bietet der Titel außer dem vorhersehbaren Kitsch? Was unterscheidet ihn von den anderen japanischen Rollenspielen, die den westlichen Markt nahezu überflutet haben? Wie und ob „Nights Of Azure“ überraschen kann, findet ihr in unserem Test zum Spiel heraus.
Gute Ansätze, aber etwas monoton …
„Nights Of Azure“ ist zwar nicht zu hundertprozentig ein sinngemäß richtiger Titel für die Geschehnisse in „Ruswalt“, jedoch ist die Tageszeit zumindest korrekt gewählt. Denn in der abgelegenen Stadt herrscht völlige Finsternis – die ewige Nacht sozusagen. Alles ist darauf hinauszuführen, dass ein epischer Kampf zwischen Gut und Böse – wie kreativ übrigens – einen Fluch über die verlorene Stadt gebracht hat, den es nun nach vielen Jahren zu besänftigen gilt. Als „Arnice“ müssen wir mit Hilfe der Priesterin „Alice“ und unserer Schwertkunst den ewigen Fluch verbannen, um die Stadt zu retten – keine leichte Aufgabe würde ich sagen.
Von Kreativität ist bei dieser Handlung nur sehr wenig zu spüren, dennoch gibt es überraschenderweise hier und da ein paar kleine Plots, die auf lange Sicht für Motivation sorgen können. Was mir dabei besonders gefällt, sind die kleinen Abzweigungen in der Story, deren Weg wir mit Hilfe von Entscheidungen in den Dialogen bestimmen können. Leider sind diese nicht immer besonders interessant und handeln zuweilen von solch sinnlosen Themen wie Seekrankheit oder Übernachtungspartys mit euren Begleitern. Ich denke die Alltagsgespräche von Arnice sind da eher für die Auflockerung geeignet, dennoch wird die Geschichte trotz düsterer Thematik mehr als locker und fast schon absurd dargestellt. Während draußen unsere Kameraden von riesigen Monstern verschleppt wurden, machen wir es uns in einem Luxus-Hotel bequem. Doch je weiter ihr in der Handlung vorankommt, desto ernster und interessanter wird sie. Das habe ich bereits bei vielen Animes und anderen J-RPGs bemerkt, was bei „Nights Of Azure“ nicht anders ist. Auch die Beziehung zwischen der Schwertkämpferin Arnice und der Priesterin Alice wird bereits am Anfang als Schwerpunkt der gesamten Erzählung angepriesen, was gen Ende sogar nochmals deutlich zulegt. Ich würde hierbei sogar von einer romantischen Beziehung sprechen, die nicht von klischeehaften und unnötigen Anspielungen lebt.
TEAMWORK wird großgeschrieben …
„Nights Of Azure“ würde ich in die Kategorie „Hack n Slay“ einreihen, wobei auch deutliche RPG-Elemente vorhanden sind. Beim Spielen konnte ich jedoch eher weniger von den „Rolllenspiel-Aspekten profitieren – stattdessen gab es fast ausschließlich Button-Mashing, zumal die Kämpfe mit ansatzweise besserer Ausrüstung vom Verlauf her nahezu identisch verlaufen. Mit der Zeit kommt aber eine gewisse Abwechslung in den Levels auf, die eher von der Umgebung unserer Kämpfe abhängt. Einige Monster sind in einigen Gebieten klar im Vorteil, andere nicht, was mich wieder stark an Pokemon und andere RPG-Titel erinnert.
Auch die Möglichkeit, andere Monster für sich zu gewinnen, um sie im Kampf auf seiner Seite zu nutzen ist keine überragende Neuerung. Darüber hinaus haben wir mit höheren Levels viele Entscheidungen zu treffen – nicht nur in der Story, sondern auch im Gameplay. Sollen wir unsere Begleiter als Support verwenden oder gar solo durch die Levels laufen? Mit der richtigen Ausrüstung habe ich sogar nur mit Monstern kämpfen können – coole Idee, da man die Kämpfe so etwas strategischer und ab und zu sogar komfortabler gestalten kann.
Übrigens, durch die Begleiter-Ausrüstung bekommen wir als Team-Manager viel zu tun, da es haufenweise Kombinationsmöglichkeiten für unser Team mit maximal vier anderen Tierchen gibt. Abseits der Status-Verbesserungen können zum Beispiel elementare Attribute hinzugefügt werden, um so die Schwächen der jeweiligen Zwischenbosse auszunutzen. Mit dem Aufleveln der Begleiter hat man ebenfalls gute Chancen auf den Sieg, auch wenn ich mir an dieser Stelle lieber eine optische Weiterentwicklung gewünscht hätte, da man sich in den höheren Stufen nur minimal im Aussehen verändert.
Vom Umfang her gesehen, hätte es ebenfalls etwas mehr sein dürfen, denn nach etwa 13 Stunden Spielzeit hat man die Story bereits hinter sich gebracht. Mit Nebenaufgaben und optionalen Gebieten kann man diese natürlich weiter strecken, verglichen mit anderen JRPGs sollte man „Nights Of Azure“ aber schon mit viel Genuss spielen, da für Fans des Genres meist eh nur die Story als Antrieb in Frage kommt.
Mehr Action, dafür weniger Animationen …
Von der Grafik her bin ich bei „Nights Of Azure“ hin und her gerissen. Einerseits hat man ein richtig schönes Charakter-Design am Start, das von der Optik her sehr individuell und mit Liebe zum Detail gestaltet wurde. Andererseits gibt es ab und zu richtige No-Gos, die das Gesamtbild erheblich stören. Doch fangen wir vorerst mit den positiven Punkten an. Die Jungs von „Gust“ haben es geschafft, mit flüssigen und konstanten 60 FPS ein J-RPG auf die Beine zu stellen. Das sorgt für Dynamik in den Kämpfen und fühlt sich allgemein viel „echter“ an.
Dynamik ist dabei das absolute Stichwort, denn die zahlreichen Attacken von Arnice zaubern viele bunte Effekte auf den Bildschirm, was zwar mächtig aussieht, sich aber nicht so recht auch danach anfühlt. Mich stört es einfach, dass die Schwerthiebe kein Gefühl des starken Feedbacks geben und ich trotz effektvoller Präsentation aus diesem Grund unbeeindruckt bleibe. Schaut euch hingegen „Asuras Wrath“ etwas genauer an, das übrigens ebenfalls im Land der aufgehenden Sonne entwickelt wurde. Ich möchte es nicht eins zu eins genauso haben, aber etwas mehr Kraft in den Schlägen wäre in der Gänze auf jeden Fall vorteilhaft. Was das Gesamtbild jedoch erheblich stört, ist die teils arg detailarme Umgebung. Es ist leider so, dass wirklich nur die Charaktere animiert sind – die Häuser, Straßen und herumstehende Objekte sehen dagegen eintönig und fade aus, wie eine dahingestellt Kulisse, die lediglich ihren Zweck erfüllen soll. Schade drum!
Die Musikuntermalung während der Kampfsequenzen ist solide und passt sich der jeweiligen Situation im Level an. Die Lokalisierung dagegen nicht, da die Sprachausgabe bereits von Anfang an in Japanisch gewählt ist und somit die Bedeutung dieses Genres unterstreicht, da viele J-RPG-Fans eben diese Sprachausgabe bevorzugen. Lediglich die Untertitel und die Dialogfenster sind noch in Deutsch gehalten, sodass wir uns nicht mir der englischen Ausgabe „plagen“ müssen. Soundtechnisch gibt es daher nichts zu meckern, außer vielleicht zwei optische Schnitzer, bei denen im Dialogfenstern kurioserweise hier und da ein Buchstabe vergessen wurde.
Entwickler: Gust
Publisher: Koei Tecmo
Release: erhältlich
Offizielle Homepage: www.koeitecmoeurope.com
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