Point-and-Click-Adventure – kennt das hier noch irgendwer? Es ist wohl schon eine ganze Weile her, seit dieses Genre seinen ganz großen Hype hatte. Umso interessanter ist es dann wohl, wenn eine ganze alte und bereits eingestaubte Reihe ihren Weg zu einem neuen Ableger findet und man die storylastige Spielweise wiederbeleben möchte. Und nein, es geht nicht um Return to Monkey Island.
Syberia erblickte erstmals im Jahre 2002 das Tageslicht und hat seitdem eine schwierige Karriere hinter sich. Wo Teil 1 und 2 noch sehr gefeiert wurden und für viele Fans als Klassiker gelten, enttäuschte Syberia 3 vor allem technisch auf ganzer Linie. Ob The World Before als vierter Teil nun der ganzen Reihe nochmal neues Leben einhauchen kann oder aber das Ganze endgültig in die Versenkung stürzt, erfahrt ihr hier in unserem Test.
Ein sprunghaftes Spiel!
Die Geschichte von Syberia: The World Before ist ein großes Mischmasch aus Realität und Fiktion. Ein grundsätzliches Verständnis für die Geschichte hat man also (sofern man nicht jede Geschichtsstunde in der Schule geschwänzt hat), jedoch sind elementare Details dann doch ganz anders. Das Spiel wechselt immer wieder zwischen 2005 und 1937 und vor allem in der Vergangenheit wurden einige Dinge abgeändert. So werden beispielsweise Nazis mit den „braunen Schatten“ getauscht und die verfolgte Menschengruppe waren nicht mehr die Juden, sondern die „Vagerer“.
Ebenso wie die Zeit, in der die Geschichte spielt, wechselt auch die Qualität immer mal wieder von gut zu eher weniger gut. Oft wird eine immense Spannung erzeugt und sowohl die ganze Geschichte als auch die einzelnen Momente ziehen einen völlig in den Bann. Dann wird aber viel zu oft wirr erzählt, so dass sich mir nicht ganz erschließt, wieso die Handlung diesen oder jenen Verlauf nimmt. Leider gibt es dann noch relativ regelmäßig langweilige Passagen, in denen nicht sehr viel passiert und genau ab diesem Punkt werden Spiele, die ihren Schwerpunkt auf ihrer Geschichte haben, besonders in die Enge getrieben. Nicht selten hat man es, dass irgendein „Plot-Twist“ um die Ecke kommt, man den aber schon kilometerweit riechen konnte.
Schön, schöner, Syberia
Glücklicherweise hat das Genre des Point-and-Click-Adventures neben der Geschichte noch einen weiteren Haupt-Schwerpunkt: das Aussehen. Die vergangenen Syberia-Teile, speziell die ersten beiden, bestachen durch eine zu ihrer Zeit weit überdurchschnittlichen Ästhetik und zogen so Unmengen an Spielern in den Bann. Dasselbe gilt nun auch für den neuesten Teil, denn zwischen fantastischen Berglandschaften, rustikalen Gebäuden und spaßigen Maschinen macht es direkt viel mehr Spaß, Rätsel zu lösen und Geheimnisse aufzudecken. Trotz kleiner Makel gibt das Aussehen des Spiels mit seiner Detailverliebtheit so viele Gründe am Bildschirm zu kleben, dass alle anderen Features fast schon zweitrangig werden. Mit der passenden idyllisches Musik und den meist sympathischen Dialogen hat das Spiel fast schon Slice-of-Life-Charakter und vermittelt damit ein sehr herzliches Gefühl.
Ein bisschen Steuerung
Wirklich viel gibt es innerhalb dieses Genres normalerweise nicht zu berichten. Syberia hingegen bietet einige Auffälligkeiten und so kann man hier sowohl Negatives als auch Positives benennen. Zum einen haben wir da die sogenannte „Hotspot“-Option. Die Funktion ist zwar mittlerweile schon in der kompletten Welt der Videospiele etabliert, zeigt aber in diesem Fall nochmals ihren Sinn. Bewegt man hier seinen Cursor in die Nähe eines interessanten Objekt, so wird dieses weiß markiert und man kann sich sicher sein, dass man hiermit etwas anfangen kann und man nicht bis in alle Ewigkeit suchen muss. Blöd ist dann nur, wenn es einen weißen Hintergrund gibt und es quasi unmöglich ist, zu erkennen, dass da gerade etwas markiert wird.
Eine andere Auffälligkeit ist das Wechseln zwischen den Charakteren aus der Gegenwart und denen aus der Vergangenheit. Wenn man also ein Hinweis aus 1937 braucht, um ein Rätsel im Jahre 2005 lesen zu können, entsteht eine sehr unterhaltsame und kreative Dynamik, die schließlich im Finale so maßlos übertrieben wird, dass es eigentlich schon gar keinen Spaß mehr macht. Das Rätsel-Design selbst ist dann sehr abwechslungsreich und macht größtenteils Laune. Hier und da kann es sogar anspruchsvoll werden, die Rätsel stellen aber nie eine wirkliche Herausforderung dar.