Nach Life is Strange treten die Mannen bei DontNod jetzt richtig aufs Gas, die mit Twin Mirror bereits eine zweite neue IP in diesem Jahr veröffentlicht haben. Mit einem vertrauten Konzept und einigen frischen Ideen wandelt man diesmal auf den Spuren von Twin Peaks. Wir haben uns daher nach Basswood gewagt und verraten euch in unserem Test, ob sich dieser Trip lohnt.
Ursprünglich sollte Twin Mirror als dreiteilige Serie erscheinen, so wie man es bereits von Life is Strange her kennt. Kurzum hat man sich allerdings für die vollständige Veröffentlichung entschieden, was angesichts dieser Kurzgeschichtenform auch viel besser passt.
Die Vergangenheit holt euch ein
In Twin Mirror schlüpft man in die Rolle des Investigations-Journalisten Sam Higgs, der in seine Heimatstadt Basswood in West Virginia zurückkehrt, nachdem ihn die Nachricht erreicht hat, dass sein guter Freund Nick verstorben ist. Eigentlich möchte Sam ihm nur seine letzte Ehre erweisen und dann ganz schnell wieder verschwinden, denn die Stadt ist nicht wirklich gut auf Sam zu sprechen.
Kaum angekommen, holt ihn allerdings die Vergangenheit dieser Kleinstadt wieder ein, es kommt zu Streitigkeiten mit den Bewohnern in einer Bar und Sam wacht halb benebelt am nächsten Morgen auf, das Hemd blutverschmiert, aber ohne Erinnerung, was wirklich passiert ist. Damit bringt er selbst den Stein ins Rollen und Sam findet sich umgehend, und seiner Berufung als Journalist verpflichtet, in neuen Ermittlungen wieder, die er nicht nur um seinetwillen aufklären möchte, sondern auch, um die Wahrheit hinter dem Tod von Nick neu aufzurollen.
Im Grunde teilt sich Twin Mirror damit in zwei Parts auf: auf der einen Seite muss man in detektivischer Weise den Ereignissen in Basswood auf den Grund gehen, auf der anderen Seite bekämpft Sam seine inneren Dämonen. Dazu braucht es vor allem eines: viele Gespräche und Konfrontationen mit Altlasten, Freunden und Feinden aus seiner früheren Zeit in Basswood. Vordergründig steht dabei aber immer das Vorantreiben der recht robusten Story und weniger detektivische Kleinstarbeit a la Sherlock Holmes.
Gespräche untereinander fallen daher mitunter auch deutlich umfassender als zuvor in Life is Strange aus. Zwar gibt es diesmal weniger Nebencharaktere, umso mehr kann man sich aber auch auf diese einlassen. Sam kann so seine früheren Beziehungen wieder aufgreifen, allen voran mit Anna, zu der er sich besonders verbunden fühlt. So hat auch Anna ein großes Interesse daran, die Ereignisse rund um den Tod von Nick aufzuklären, nicht wissend, dass sie damit ein dunkles Geheimnis ausgraben, das über Basswood liegt.
Im Gedankenpalast
Eure Ermittlungen in dieser verschlafenen Stadt fallen dabei recht klassisch aus. Man besucht einen Schauplatz, sucht nach Hinweisen und kann die Vorgänge rekonstruieren. Dies erinnert ein wenig an Heavy Rain damals, in dem sich Sam in eine virtuelle Welt, den sogenannten Gedankenpalast, versetzt und die Geschehnisse vor dem inneren Auge abspielt. Dabei hat man immer mehrere Optionen, die man so zusammensetzen muss, dass es am Ende stimmig ist. Ein Scheitern gibt es dabei allerdings nicht, denn man kann alle Optionen solange kombinieren und ausprobieren, bis die Lösung gefunden wurde. Die Herausforderung besteht eher darin, so viele Hinweise wie möglich zu finden, auch wenn diese Mechanik zuweilen etwas anstrengend ist. Immerhin sagt einem das Spiel, ob es irgendwo noch wichtige Hinweise gibt oder nicht. Die Besonderheit ist dann schließlich die visuelle Darstellung, auch wenn sich die Ermittlungen dadurch in der Gänze wenig anspruchsvoll gestalten. Mit ein bisschen Feintuning hätte man diesen Part vermutlich noch mehr in den Mittelpunkt rücken können.
Der Gedankenpalast hat für Sam allerdings noch eine zweite Funktion als Rückzugsort, um seine seelischen Probleme zu bewältigen. In meist abstrakten Welten und mit einem zweiten Ich, stellt er sich seinen Ängsten und Hoffnungen und versucht so die Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten. In Gedanken kann Sam daher schon mal seine Mitmenschen verwirren, in dem er seinem imaginären Ich antwortet, auch wenn die Hintergründe zu diesem nur wenig bis kaum beleuchtet werden. Dennoch eine schöne Idee, die vielleicht nicht ganz neu ist, aber dem Spiel diesen psychologischen Charakter verleiht und damit auch heraussticht.
Authentische Kulisse
Generell beweist DontNod mit Twin Mirror erneut, dass man ein echtes Händchen für authentische, echte und greifbare Dinge hat, die so auch dem echten Leben stattfinden könnten. Man nimmt sich Zeit für die Charaktere und arbeitet diese nicht stupide ab, so dass man sie an der nächste Ecke schon wieder vergessen hat. Vom Dorftratsch bis hin zu existenziellen Sorgen ist hier alles dabei. Dies zeigt sich insbesondere in der letzten Szene, in der man mit fast allen Persönlichkeiten aus Basswood noch einmal ins Gespräch kommt, und die basierend auf eurem Verhalten auf euch eingehen oder euch ablehnend gegenübertreten.
Entscheidungen spielen, wie in Life is Strange, dabei immer ein gewisse Rolle, in dem der Pfad eurer Geschichte verändert wird. Twin Mirror ist dabei nicht ganz so dramatisch und erfindet die Story sicherlich auch nicht völlig neu. Am Ende wird man sich vielleicht sagen, dass man diese so oder so schon mal irgendwie erlebt hat, wirklich vorhersagen kann man sie aber auch nicht. Das ist letztendlich auch der Reiz an Twin Mirror und den Spielen von DontNod, dass sie jeder anders erleben wird oder die Handlung durch eure Entscheidungen beim zweiten Durchlauf einen ganz anderen Verlauf nehmen kann. Wichtig ist, dass es ein logisches und stimmiges Gesamtbild abliefert, das einen nicht mit einem unbefriedigenden Cliffhanger oder ähnlichem zurücklässt.
Auch wirkt Twin Mirror deutlich erwachsener im Vergleich zu Life is Strange, aber nicht nur weil man übernatürliche Elemente und unreifes Teenie-Gehabe diesmal außen vor lässt. Das beginnt mit dem Protagonisten Sam und spiegelt sich in ganz Basswood wieder, wo man Menschen mit echten Problemen und bewegten Geschichten trifft. Auch dass man auf völlig unterschiedliche Persönlichkeiten trifft, die man entweder direkt mag oder unsympathisch findet. Ja, selbst Sam dürfte nicht bei jedem Spieler sofort Sympathiepunkte gewinnen, da er von seiner Art her doch schon speziell, ein wenig schwierig und auch unscheinbar daher kommt. Eine starke Geschichte ohne nennenswerte Helden sozusagen.
8 von 10? Welches Spiel habt ihr denn gespielt? Twin Mirror ist das langweiligste und schwächste Game aus dem Dontnod-Studio. Da habe ich lieber wieder unreifes Teenie-Gelaber als einen dauerdepressiven Nörgler und aufgesetzte Kleinstadtprobleme mit Gameplay-Langeweile aus der Kreativhölle.
Jetzt mal ehrlich: Mehr Mut zu niedrigeren Bewertungen. Kann doch nicht jedes Game direkt eine 8 von 10 sein. Ich meine, dass wäre wie eine 4 von 5.