Als Naughty Dog im Jahre 2013 The Last of Us relativ schnell nach seinem Release schon mit dem Prädikat „Welt-Hit“ versehen konnte, war da noch keinem klar, was irgendwann aus dieser Reihe werden sollte. Es folgten etliche Preise (unter anderem Game of the Year) und ein zweiter Teil, der an die Beliebtheit des ersten Teils zwar nie heran reichte, aber dennoch eine fantastische Fortsetzung darstellte.
In Zeiten von Netflix & Co. ist es also wenig verwunderlich, dass auch bei Naughty Dog irgendwann die Streaming-Dienste anklopften, um eine Verfilmung anzustreben. Nun sind die ersten Folgen der The Last of Us-Serie draußen und HBO erntet durch die Bank weg große Lobeshymnen über die vermeintlich „beste Spieleverfilmung aller Zeiten“. Doch wie gut ist die erste Folge wirklich und hält sie tatsächlich was sie verspricht?
Macher verstehen ihr Handwerk
The Last of Us hat unfassbar viel von The Last of Us – klingt zwar nach Wahnsinn, ergibt aber Sinn. Selten hatte man bei einer Videospielverfilmung so schnell das Gefühl, in jeder Faser dieser ersten Folge die Seele der Reihe wiedererkennen zu können. Szenen sind teilweise mit ihren Dialogen aus dem Spiel nachgedreht, der Komponist des Originals Gustavo Santaoalla zaubert auch in der Serie wieder und die Bilder sind perfekt eingefangen. Theoretisch ist eine solche Vorschau relativ einfach zu machen, denn ich für meinen Teil kenne die ganze Geschichte bereits und weiß dementsprechend, dass uns inhaltlich eigentlich fantastisches erwarten sollte.
Dies ist auch dem Fakt geschuldet, das bereits bekannt ist, dass die Season One die Geschichte des ersten Spiels erzählen wird und es somit nicht allzu große Abweichungen geben sollte. Zieht man jetzt also noch hinzu, dass der Cast (bei dem auch ich anfangs einige Bedenken hatte) extrem gut passt und auch funktioniert, stellt sich die Frage: Warum sollte das nicht wirklich die beste Spielverfilmung aller Zeiten werden?
Zum einen haben wir da natürlich die Abweichungen. Ändert man inhaltliche eine einzige Sache, könnte das ganze Kartenhaus in sich zusammenbrechen und der öffentliche Gemütszustand wechselt schneller als einem lieb ist. Natürlich kann man auch Details ändern, die der Serie zugutekommen. Dass die Macher an dieser Stelle ein Händchen für solche Verbesserungen haben, zeigt sich direkt schon in der ersten Folge.
Vorsicht Spoiler für die erste Folge: wer diese also noch nicht gesehen hat, sollte den nächsten Absatz einfach überspringen.
In einer Szene der Folge steht Joel vor Ellie und beschützt sie vor dem Soldaten, mit dem er zuvor handelte. In diesem Moment fühlte er sich zum Moment des Todes seiner Tochter zurückversetzt (durch ein Flashback verdeutlicht) und prügelt völlig haltlos auf den Soldaten ein, als würde er seinen Schmerz und Kummer an ihm herauslassen und vielleicht auch, als hätte er schon leichte Vatergefühle für Ellie. Im Spiel ist das Ganze nur ein kurzer Kampf, der in einem Kopfschuss endet und sich keinerlei emotionaler Hintergründe bedient. Diese Entscheidung ist mehr als clever, denn sie lässt den Zuschauer nicht nur schneller ein Verständnis zu Joel aufbauen, es vermittelt auch sofort eine Bindung von ihm zu Ellie. Das ist schlicht kluges Drehbuchschreiben. Ein weiteres Beispiel ist, dass die Serie endlich klärt, wo der Ausbruch seinen Ursprung nahm und damit eine Fan-Theorie bestätigt.
Kleine Entscheidungen wie diese und das allgemeine Auftreten der Folge machen also durchaus Mut, dass hier Menschen an der Serie arbeiten, die mit Liebe und einer Ahnung von ihrem Handwerk das umsetzen, was den enormen Erfolg der Reihe nun mal ausmacht. Viel schiefgehen dürfte hier also nicht, passieren kann aber immer alles und am Ende sitze ich nach dem Staffelfinale hier und schreibe eine völlig entrüstete Kritik über eine Spieleverfilmung, die wirklich etwas hätte werden können.
Was mich trotzdem stört
Eine Sache hat mich dann aber dann doch noch gestört. Das Szenenbild bzw. die allgemeine Optik der Serie lässt hier und da ein wenig zu wünschen übrig. Szenen in der „Stadt“ aber auch außerhalb der Mauern sehen auch aus wie typische Film-Sets und Pedro Pascals (Joel) Maske besteht auch nur aus dem grauen Farbspray, mit dem man an Halloween seine Haare färbt. Hier bleibt also abzuwarten, wie die Landschaften eingefangen werden, vor allem aber wie die furchtbaren Kreaturen und Infizierten aussehen werden, die unsere Helden noch erwarten.
Das ist aber nur ein negativer Punkt am Rande und so lässt sich für mich zusammenfassen, dass die erste Folge mehr als überzeugend daherkommt und sicherlich Lust auf mehr macht. Ein Meisterwerk ist es zwar noch nicht, diesen Anspruch sollte eine erste Folge aber auch wahrlich nicht haben. Hier arbeiten sowohl vor als auch hinter der Kamera ganz offensichtlich die richtigen Leute und so kann man optimistisch sein, dass die Erfolgs-Saga der Reihe 2023 mit der „besten Spieleverfilmung aller Zeiten“ weitergeht. Wir sehen uns also nach dem Staffelfinale…hoffentlich dann mit guter Laune.
Ab sofort ist übrigens die zweite Episode von The Last of Us verfügbar, die hierzulande bei WOW zu sehen ist.