Fragt man sich nicht manchmal, was ist, wenn man Dinge einfach achtlos wegwirft und welche ungewöhnlichen Wege diese Dinge dann nehmen? Wie eine Flaschenpost, deren Ziel völlig unbekannt und zufällig ist. So ähnlich ergeht es einem kleinen Stück Papier im neuen Platformer A Tale of Paper von Open House Studio aus dem PlayStation Talents Program.
Eine ungewöhnliche Reise
In A Tale of Paper fängt alles nicht ganz so dramatisch an, eher magisch, in dem ein kleines Licht einem Blatt Papier auf dem Boden Leben einhaucht – und schon ist unser Held Line geboren. Ohne zu sprechen oder von besonderen Kräften Gebrauch zu machen, macht sich Line auf den Weg, zwängt sich durch Lüftungsgitter und springt über herumliegende Kartons, um einen Weg nach draußen zu finden. Auf diesem Weg begegnen einem auch schon mal Gefahren wie ein fieser Roomba Staubsauger-Roboter, den man nur durch flinkes Davonlaufen oder eben diesen zu reiten ausweichen kann, wenn man nicht davon “aufgefressen” werden möchte. Wirklich kämpfen kann Line jedoch nicht.
Frosch oder Rakete?
Bis hierhin ist A Tale of Paper ein recht klassischer Platformer, jedoch nicht in simpler 2D-Form. Line kann sich in jede Richtung bewegen, wie im VR-Hit Moss (unser Review) zum Beispiel. Größtenteils setzt man aber über das gesamte Spiel hinweg auf Rätsel und Geschicklichkeitspassagen. Der Twist setzt zudem damit ein, dass sich Line im späteren Verlauf in andere Figuren verwandeln kann – etwa ein Frosch, ein Papierflieger, Raketen oder sogar einen Vogel. Dadurch erlangt man weitere Fähigkeiten, die vor allem durch die Platformer-Elemente notwendig werden. Steht man zum Beispiel vor einer engen Röhre, muss man sich in eine Papierkugel verwandeln und rollt im Stil von Sonic durch die Eingeweide des Hauses oder später durch die Kanalisation.
Und obwohl A Tale of Paper damit das Rad ganz sicher nicht neu erfindet oder man diese Art von Spiel schon mehrmals in dieser Generation gesehen hat, findet man insbesondere das Konzept mit den verschiedenen Figuren äußerst sympathisch. Besonders die erwähnte Papierkugel wurde mein kleiner Favorit – vielleicht weil es mit ihr am schnellsten voran geht?
Dabei zeichnet sich A Tale of Paper eher durch ein gemächliches Gameplay aus, das nur hin und wieder mit actionreichen Passagen aufwartet, etwa wenn man vor einer riesigen Spinne flüchten muss. Die Schwierigkeit von A Tale of Paper liegt auch eher in der Kombination der Figuren und beim Lösen der Rätsel, vor allem unter Zeitdruck. So gibt es Passagen, in denen Line nur in seiner Ursprungsform einen Schalter betätigen kann, dann schnell zum Papierflieger wechseln muss um über einen Abgrund zu kommen, um dann wiederum geschwind einige Kletterpassagen zu meistern. Dass man dabei hin und wieder scheitert, ist vom Entwickler sogar in charmanter Form mit eingeplant. So gibt es hier einige Trophäen, wenn man vermehrt im Trial-and-Error Konzept hängt.
Kurz aber gelungen
Anders als die Preview-Version umfasst A Tale of Paper auf PS4 auch deutlich mehr Inhalte, die entweder inmitten der bestehenden Level platziert oder als umfassendes Bonus-Level hintendran gehängt wurden. So besucht man hier ein eindrucksvolles Science-Museum, das die wohl anspruchsvollsten Platformer- und Rätselpassagen verspricht. Nicht zuletzt gibt es am Ende ein tolles Wiedersehen, das einem ein Schmunzeln ins Gesicht treibt.
Technisch ist A Tale of Paper zudem wirklich gelungen und setzt auf einen ansprechenden Look, eine leicht melancholischen Soundkulisse und ein smoothes Gameplay, das trotz der teils kniffligen Passagen einem immer das Gefühl gibt, dass man die volle Kontrolle über die verschiedenen Figuren hat. Es ist eher die eigene Ungeduld, die einen zumeist in Form von Abstürzen scheitern lässt.