Zehn Jahre nach dem letzten Konsolenspiel gibt es endlich wieder ein neues Spiel zu Captain Tsubasa! Bolzplatzkinder auf der ganzen Welt freuen sich auf spektakuläre Akrobatik und ein Wiedersehen mit den Fußballhelden ihrer Kindheit. Wir haben einen Blick auf Captain Tsubasa: Rise of new Champions geworfen und verraten euch, ob sich das Warten gelohnt hat.
Zurück in die eigene Kindheit
Wir schreiben den 9. Oktober 1995. Der TV-Sender RTL II ist noch bekannt für Nachmittage voller Zeichentrickserien und Spaß. An diesem denkwürdigen Tag sollte der Sender eine Serie an den Start schicken, die das Leben von abertausenden Jungen und Mädchen für immer verändern sollte.
So ziemlich jeder, der zu dieser Zeit seine Liebe zum Fußball entdeckt hat, kennt Tsubasa Ozora und seine Freunde. Und so wie es im Titelsong besungen wurde: „Trainieren Tag aus, Tag ein … ich will ganz genau so sein.“, wollte jeder so sein wie Tsubasa, Genzo Wakabayashi, Ken Wakashimazu, Kojiro Hyuga oder Jun Misugi. Ein paar wollten vielleicht sogar so sein wie Ryo Ishizaki. Und mal Butter bei die Fische: Jeder hat doch versucht, die spektakulären Spezialschüsse aus der Serie nachzumachen. Und jeder dürfte es erlebt haben, dass man sich gegenseitig in die Hacken getreten hat, bei dem Versuch den Zwillingschuss von Tsubasa und Taro ausprobieren. Und das mehr als nur einmal. Sei es drum … Mitte der 1990er Jahre führte für Fußballbegeisterte Kinder absolut gar nichts an Tsubasa vorbei. Und genau diese Kinder von früher dürfen nun ihre Kindheit in Videospielform noch einmal ausleben. In Captain Tsubasa: Rise of new Champions.
Was hier im ersten Moment wie PR-Gaplapper klingen mag, drückt genau das aus, was Captain Tsubasa: Rise of new Champions ist: Ein Stück Kindheit. In den ersten Stunden fühlt man sich mit jeder Zwischensequenz, mit jeder spektakulären Animation und mit jedem Auftritt eines weiteren Charakters ein Stück mehr in die eigene Kindheit zurückversetzt.
Aller Anfang ist schwer
Sportspiele stehen und fallen mit dem Gameplay. Egal ob Simulationen wie FIFA oder PES oder eben Arcade-Spiele wie Captain Tsubasa: Ris of new Champions … nichts ist schlimmer als verkorkstes Gameplay. Von verkorkst kann bei Captain Tsubasa zwar keine Rede sein, aber ganz optimal ist es dennoch nicht. Vor allem Neulinge werden ihre liebe Mühe haben, denn die Steuerung ist alles andere als einsteigerfreundlich. In den ersten Stunden heißt es daher rumprobieren und VIEL testen. Angefangen bei der Aufstellung, über die taktischen Einstellungen bis zu den individuellen Fähigkeiten der einzelnen Spieler, kann alles einen entscheidenden Einfluss auf den Spielverlauf haben. Wir empfehlen daher dringend, die Tutorials zu spielen und das ein oder andere Testmatch gegen die KI zu machen, denn die Spiele in der Story können ohne ein wenig Übung echt knackig werden. Besonders das Match gegen Hanawa bzw. die Tachibana-Brüder hat es in sich.
Die spektakulären Spezialfähigkeiten sind natürlich das Salz in der Tsubasa-Suppe. Die aus der Serie bekannten Spieler haben auch im Spiel ihre ganz eigenen Spezialschüsse und Fähigkeiten, die toll in Szene gesetzt wurden. Ein Kojiro Hyuga ist mit seinem Neo-Tiegerschuss z.B. die Effektivität in Person und fast sogar ein wenig zu stark. Aber auch in der Defensive gibt es einige Spieler, deren Fähigkeiten entscheidend sein können. Einem Matsuyama und seinem Tackling z.B. können nur wenige ohne weiteres ausweichen, wie z.B. Tsubasa Ozora oder der Fußballprinz Jun Misugi, der schon in der Serie durch seinen Zauberfußball zu einem Fan-Liebling geworden ist. Die Fähigkeiten der einzelnen Spieler zu kennen und zu üben kann über Sieg und Niederlage entscheiden. Besonders in Online-Matches sollte man wissen, was die eigenen Spieler so draufhaben und die Fähigkeiten auch etwas beherrschen.
Das einzig wirklich große Gameplay-Problem bei Captain Tsubasa Rise of New Champions sehen wir in der Spielerwechsel-Funktion. Die ist, auf gut deutsch, vollkommen in die Hose gegangen. Entweder die automatische Wechselfunktion wechselt völlig wild hin und her, als hätte sie einen epileptischen Anfall, oder beim manuellen Wechsel wird nur auf Spieler gewechselt, die nah am Ball sind. Egal, ob das in dem Moment nun Sinn macht oder nicht. Hier hätten wir uns gewünscht, dass man z.B. mit dem rechten Stick gezielter wechseln kann.
Sehr positiv finden wir, dass die vielen Spezialfähigkeiten einfach auszuführen sind. Bei einigen reicht es, die entsprechende Taste lang genug gedrückt zu halten um die Energieleiste aufzuladen, für einige andere müssen einfache Voraussetzungen erfüllt sein. Für Komboaktionen wie z.B. den Zwillingsschuss müssen die zwei „kompatiblen“ Spieler auf dem Platz nur dicht genug zusammen sein um automatisch die Aktion bei voll aufgeladener Energie zu starten. Ein paar dieser speziellen Fähigkeiten sind aber auch etwas komplizierter. Der Skylab Hurricane der Tachibana-Brüder ist z.B. nicht ganz so einfach, da hier sogar drei Spieler nötig sind. Um das alles etwas zu vereinfachen, kann man in den Taktiken neben vielen anderen Dingen aber einstellen, welche zwei Spieler sich möglichst dicht beieinander aufhalten sollen.
Ihr könnt bis zu vier verschiedene Taktiken einstellen und auf das Digitalkreuz legen. Über einen Druck in die entsprechende Richtung könnt ihr die voreingestellten Taktiken dann im Spiel aktivieren. Was wir euch übrigens auch DRINGEND empfehlen, denn ohne die richtige Taktik kann es mitunter schwer werden, ein Spiel zu dominieren.
Genau so empfehlen wir die V-Zones. Das ist ein spezieller Boost, der sich im Spiel durch gelungene Aktionen wie Tacklings, Torschüsse, Pässe usw. auflädt und bei voll aufgeladener Energie mit einem Tastendruck aktiviert werden kann. Ist der Modus aktiv, bekommt ihr für eine kurze Zeit zwei Boni. Einer lädt den für eure Spieler immens wichtigen „Willen“ schneller auf. Den benötigt ihr für Spezialaktionen aller Art aber auch zum Sprinten oder um Tacklings auszuweichen. Der zweite Bonus ist der sogenannte Kapitänsbonus. Wie genau sich dieser auswirkt, hängt davon ab, wem ihr die Kapitänsbinde gebt, denn jeder Spieler hat eigene Kapitänsboni. Einige Spieler haben allerdings auch gar keinen. Hier müsst ihr wohl oder übel etwas rumprobieren, um herauszufinden, was eurer Spielweise am ehesten entgegenkommt.
Schreibe deine eigene Geschichte
Captain Tsubasa Rise of New Champions bietet inhaltlich genug, um über einen langen Zeitraum zu unterhalten. Die Story ist dabei in zwei Geschichten aufgeteilt. In der Story um Tsubasa spielt ihr das dritte Mittelschulturnier, welches auch in der Originalserie gezeigt wurde. Im Spiel gibt es allerdings einige kleinere Änderungen. So könnt ihr im finalen Kapitel z.B. mit einem Sieg über Kojiro Hyuga alleiniger Meister werden, oder mit einem Unentschieden das selbe Ergebnis bekommen wie in der Serie, in der sich Nankatsu und Toho den Titel nach einem 4:4 ja auch teilen mussten. Darüber hinaus könnt ihr mit bestimmten Aktionen in der Story auch Videosequenzen aus dem Serien-Remake von 2018 freischalten. Dafür müsst ihr es aber schaffen, Spielsituationen zu erzeugen, die es auch in der Serie gab. Im Archiv könnt ihr zum Glück nachschauen, was genau ihr tun müsst, um die einzelnen Videos freizuschalten.
In der zweiten Story könnt ihr euren eigenen Spieler erstellen und euch für eine von drei Schulen entscheiden, mit der ihr ins Mittelschulturnier starten wollt. Und direkt im Anschluss daran, geht‘s mit der Jugendnationalmannschaft zur Weltmeisterschaft. Dabei unterscheidet sich der Ablauf und das Spiel eurer eigenen Geschichte deutlich von der Story Tsubasas. Ihr müsst z.B. eure eigenen Fähigkeiten mit gesammelten Skillpunkten verbessern und immer wieder in Dialogen Entscheidungen treffen, die einen leichten Einfluss auf den weiteren Verlauf haben. Außerdem müsst ihr Freundschaften mit anderen Spielern schließen und diese dann auch verbessern. Habt ihr einen bestimmten Freundschaftsrang erreicht, könnt ihr eine der Spezielfähigkeiten des jeweiligen Freundes lernen und für euren Spieler nutzen. Hierbei sollte man ein bisschen darauf achten, dass man möglichst die Freundschaften zu Spielern zu verbessern, die euch Fähigkeiten für eure Position bringen. Zwar kann man auch als Verteidiger einen guten Schuss gebrauchen, ein spezielles Tackling macht dann aber vielleicht doch ein bisschen mehr Sinn.
Neben den Freundschaften gibt es dann auch noch spezielle Challanges und Herausforderungen, mit denen man zusätzliche Fähigkeitspunkte und zusätzliche Freundschaftspunkte sammeln kann. Je mehr ihr von all dem Kram sammelt und je erfolgreicher ihr dabei seid, desto besser könnt ihr euren eigenen Spieler machen. Das ist vor allem deswegen wichtig, weil ihr diesen Spieler nach Abschluss der Story auch weiter nutzen könnt. Zum Beispiel für Euer eigenes Team, mit dem ihr auch online antreten könnt.
Neben eurem eigenen Spieler, könnt ihr auch jeden anderen Spieler in euer Team berufen. Einige dieser Spieler und auch einige ganz spezielle Fähigkeiten könnt ihr allerdings nur dann nutzen, wenn ihr sie vorher über den Storymode freigeschalten habt. So könnt ihr z.B. einen Kombo-Schuss mit Tsubasa UND Kojiro Hyuga ausführen, der jedem Torwart den Angstschweiß ins Gesicht treibt. Diese Fähigkeit muss dafür allerdings freigespielt werden.
Was sich hier vielleicht ein wenig kompliziert und nach extrem viel anhört, ist im Spiel allerdings nur halb so schlimm. Die Tutorials erklären alles nötige sehr gut und sorgen dafür, dass keine Fragen offen bleiben. Für viele der Freischaltungen muss man im Grunde auch einfach nur spielen und hier und da ein paar einfache Voraussetzungen erfüllen. Wer das Spiel mehrfach durchspielt, wird auf Kurz oder Lang sowieso alles möglich freispielen. Und was das angeht, können wir abschließend nur sagen: Spielt was das Zeug hält, denn es macht mit steigender Spielzeit immer mehr Spaß und macht einfach Bock auf mehr.
Besser als einst im TV
Captain Tsubasa: Rise of new Champions sieht genau so aus, wie es aussehen muss. Der Charme der Serienvorlage ist voll getroffen worden und bringt das tolle Feeling von damals nicht nur gut rüber, sondern verfeinert es sogar noch etwas. Es ist bunt, es ist manchmal etwas schrill und typisch japanisch, aber genau das ist es, was Captain Tsubasa immer ausgemacht hat. Allerdings hätten wir uns ein wenig mehr Abwechslung bei den Animationen gewünscht. Viele der Spezialaktionen haben nur eine einzige Animation und viele ähneln sich darüber hinaus auch sehr stark. Nach kurzer Zeit dürfte man alle einmal gesehen haben und dann wiederholt es sich nur noch. Hier hätte ein bisschen mehr Abwechslung mit zwei oder drei unterschiedlichen Animationen pro Spezialaktion für etwas mehr Abwechslung gesorgt.
Der Sound passt wie ein Ball ins Tor und unterstreicht das sowieso schon gute Feeling perfekt. Besonders auf dem Platz klingt alles wie aus einem Guss und sorgt für tolle Atmosphäre a lá Tsubasa. Egal ob wuchtiger Spezialschuss, oder heftiges Tackling … alles klingt so kraftvoll wie man es sich vorstellen würde. Auch die Musik macht ihre Sache sehr gut. Der Soundtrack ist abwechlungsreich und bietet für jeden Geschmack etwas. Allerdings hätte etwas mehr Nostalgie-Feeling dem Soundtrack ganz gut getan. Die Stücke klingen alle eher modern und neu. Der Stil der Original-Musikstücke aus der ursprünglichen Serie der 90er fehlt uns hier schon ein wenig.
Technisch gab es ein paar kleinere Problem. Hier und da mal einen Absturz und einmal kam es vor, dass der Torwart keinen Abstoß oder Abwurf mehr machen wollte und den Ball einfach nur festgehalten hat. Da half nur ein Neustart. Am schlimmsten ist allerdings das „Problem“, dass die Tasteneingaben teilweise vom Spiel „verschluckt“ werden. Das ist besonders ärgerlich, wenn man dadurch den richtigen Moment für einen Pass oder den Abschluss verpasst. In knappen Spielen kann das schonmal entscheidend sein und für ordentlich Frust sorgen. Hier muss dringen etwas nachgebessert werden. Darüber hinaus gab es keine weiteren Bugs, Glitches oder Fehler, die als solche zu erkennen gewesen wären.
written by Christian Genschow