TEST: Sniper Ghost Warrior 2 – Headshot oder Fehlschuss?

Trooper_D5X Add a Comment
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Ziel anvisieren, kurz Luft holen, Atem anhalten, Windgeschwindigkeit berechnen, die Distanz berücksichtigen – das und vieles mehr sind etwa die typischen Techniken, die wohl jeder Sniper eigentlich können sollte. Wer auf distanzierte und vor allem lautlose Morde steht, ist mit dem ersten „Sniper: Ghost Warrior“ nicht so ganz zufrieden geworden. Diese Meinung ist in zahlreichen Tests und Kommentaren der Spieler deutlich zu erkennen. Trotz allem konnte City Interactive mit drei Millionen verkauften Exemplaren des ersten Ablegers Erfolge mit dem neuen Franchise feiern.

Daraus zieht „City Interactive“ das Fazit, dass das Genre doch profitabel ist und kündigt als Folge „Sniper: Ghost Warrior 2“ an. Mit der Hoffnung der Fans des ersten Teils, dass der Nachfolger spielerisch um einiges besser werden würde, hat das Spiel bis zur Vollendung der Entwicklung den Goldstatus erreicht. Nun ja, schön und gut, versprechen die Macher aber trotzdem nicht zu viel ? Immerhin heißt es, dass dieses Mal die CryENGINE 3 zum Einsatz kommt. Dieser Schritt wirkt sich vor allem auf die Grafik sowie auf das Gameplay aus – unerreichter Waffenrealismus, exakte Ballistik und diverse Umweltfaktoren. Ob die Versprechungen erfüllt werden, oder der Titel doch ein Fehlschuss ist, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Test.

Cole Anderson, antreten !

Ein typisches Szenario – Ost gegen West. Wieder einmal geraten die Großmächte aneinander. Der Konflikt eskaliert wegen einer biologischen Waffenlieferung, die von russischen Drogen-Bossen als Grippe verkauft wird und in Wirklichkeit eine tödliche Pest mit sich bringt. Und wieder einmal entpuppen sich die USA als Rettungshelden und müssen der Katastrophe entgegentreten. Mehr Kreativität und originelle Ideen sind hier also Fehl am Platz. Auch was die Inszenierung angeht, bleibt noch viel Luft nach oben. Auf animierte Zwischensequenzen verzichtet „City Interaktive“ komplett, stellen jedoch zwischen den Missionen bescheiden-aufklärende Animationen bereit. An eurer Seite dient als Wegweiser ab und an ein „Spotter“, der euch permanent präzise Anweisungen gibt, was wenig Freiraum für eigene Handlungen übrig lässt.

Erwartungsgemäß darf auch Cole als Einzelgänger seine Missionen bestreiten – diese sind jedoch auf schlauchartige Gebiete beschränkt worden. Fakt ist aber, dass ihr keine Beziehung mit einem Nebencharakter herstellen könnt, wie es zum Beispiel Crysis 3 vorbildlich zeigt, ebenfalls mit der CryENGINE 3 entwickelt. Was übrig bleibt ist lediglich eine trockene Handlung, die kaum Kreativität und neue Ideen sowie überraschende Wendungen in sich trägt.
Besser wäre es, wenn man doch eher viel Wert auf die Handlung gelegt hätte, womit jegliche Schwächen im Gameplay überdeckt wären. Dies bringt allgemein jeden Entwickler auf die sichere Seite, nur wäre es besonders bei „Sniper: Ghost Warrior 2“ von Vorteil. Die lineare Story könnte letztendlich einige moralische Entscheidungen verkraften – sollte man die jeweilige Zielperson töten oder nicht ? Wäre es von Vorteil ihn doch lebend an die Basis zu überführen ? Solche Absichten hinter jeder Handlung sind bei den meisten Spielern gern gesehen.

Meuchelmord der etwas anderen Art.

Großen Wert legen die Macher auf die realistische Ballistik und die Waffen-Inszenierung, wie oben beschrieben. In der Tat müssen beim Abschuss verschiedene Kriterieren beachtet werden. Dazu zählen die Herzfrequenz, Atmung, Windstärke und, und, und. In diesem Bereich unterscheiden sich nämlich die ersten beiden Schwierigkeitsstufen enorm von der Dritten. Während man bei der leichten und normalen Einstellung eine rote Markierung als tatsächliche Zielhilfe hinzunimmt, gibt es dies bei der schwierigsten Stufe nicht mehr. So müssen echte Sniper alle Werte im Auge behalten und die richtige Schussposition einschätzen. Wenn man das jedoch drauf hat, macht der anfangs schwerste Faktor das gesamte Gameplay aus. Es macht sogar sehr viel Spaß in Ruhe auszuharren und auf den perfekten Moment zu warten. Am Finger lutschen hilft also nur wenig.

Das Missionen-Spektrum hält sich jedoch im Grenzen. In schlauchartigen Levels läuft ihr von einer zur anderen Gegnerhorde. Ihr schaltet diese nacheinander aus und bewegt euch zum nächsten Punkt, wo Cole dieselbe Prozedur erwartet. Manchmal können Konfrontationen ausgewichen werden, was ebenso fast schon eintönig ist. Als Trostpreis können deutsche Spieler beim Abwarten im Versteck russisch-sprachige Dialoge seitens der Wachen hören, dessen Übersetzung nicht einmal übernommen wurde.

Coles Vorgehen muss stets im Schatten erfolgen, damit die Gegnerschaft seine Anwesenheit nicht bemerkt. Euch stehen dazu ein Sniper-Gewehr, Schallgedämpfte Pistolen sowie ein Messer zur Verfügung. Wenn Cole entdeckt wird, sinkt die Überlebenschance gleich auf 0. Hier haben die Macher schon einmal realistische Ansätze gezeigt. Habt ihr euch durch diverse Soldaten gekämpft, geht es zu einem Beobachtungsposten. Da übernehmt ihr die Sicht auf einen ganzen Bereich der Karte und werft stets ein Auge auf das eigene Team, die eure Unterstützung dringend beim Ausschalten von bevorstehenden Truppen benötigt. Ab und zu kommt das Gefühl auf, dass ihr alleine die ganze Mission durchstreift und eurem Team ganz simpel den Weg freiräumt.

CryENGINE 3 – Lizenz zum Töten !

Mit dem zweiten Teil von „Sniper: Ghost Warrior“ kommt auch die von Crytek bekannte „CryENGINE 3“ zum Einsatz. Ein gelungenes Vorhaben, würde man meinen. So ist es leider nicht. Nicht nur die teuere Lizenz ist entscheidend, sondern auch die Nutzung und dessen Einsatz. Das Gesamtbild von „Sniper: Ghost Warrior 2“ sieht eigentlich in Ordnung aus, wären da nur nicht die kantigen Texturen, die leblose und langweilige Welt sowie die dumme Ki der Gegner. Solche Kleinigkeiten wie Tiere, Fische und Vögel machen schon Einiges aus – wir sind doch immerhin im Dschungel ! Hervorzuheben wären aber die coolem Slow-Motion Animationen, beim finalen Headshot, in denen ihr die Laufbahn der Kugel aus der Seitenansicht verfolgt. Die Gegner sind zwar im Gegensatz zu ehemaligen Holzköpfen aus dem ersten Teil intelligenter, vor Wissen strotzen sie jedoch immer noch nicht. Als Beispiel können wir die erste Mission mit dem ersten „Spotter“ nehmen. Während ihr im Wasser vor kommenden Kontrahenten versteckt bleiben müsst, rennt euer Kollege unbemerkt vor den Gegnern rum. Auch wenn ihr eine Wache tötet, während der andere mit zwei Meter Entfernung hinter ihm mit zugedrehtem Rücken steht, bleibt der Mord unbemerkt. Es ist einfach bitter, wenn die Macher insbesondere bei einem Stealth-Spiel nicht die KI beachten. Die Hauptaufgabe eines Snipers ist es doch, diese zu überlisten. Etwas langweilig wird es, wenn auch die offensichtlichsten Morde nicht einmal bemerkt werden.

Lautlos …?

Akustisch hat „Sniper: Ghost Warrior 2“ ebenfalls einige Schwächen. So stimmen die Lippenbewegungen und die Synchonisation nicht überein. Vorausgesetzt der Charakter bewegt seine Lippen,was in Teil 2 nicht der Fall ist. Auch die Sprecher selbst sind eher wenig motiviert. Größtenteils hört man ja sowieso die russischen Sprecher, die ebenfalls irgendwelchen Passanten von der Straße ähneln, was Erfahrung und Professionalität angeht. Besser wäre es, wenn die Russen doch eher auf Deutsch reden würden, und zwar ohne den klischeehaften Akzent. Die Musikauswahl ist im Gegensatz dazu sehr gelungen und man baut gekonnt akustische Spannung auf, wenn sich der Spieler an die Gegner annähert.

„MULTIPLAYER“

Neben der Singleplayer-Kampagne besitzt der Titel auch einen Online-Modus, der alle Möchtegern-Sniper in bis zu zwei Maps versammelt. Genau, nur zwei Maps. Mit nur zwei Karten geht die Abwechslung flöten und damit die lang anhaltende Motivation im Multiplayer. So konnten wir somit den Multiplayer nicht wirklich lange zocken, was jedoch durch einen DLC bald ausgebessert werden soll. Bereits innerhalb einer bis zwei Stunden hat man hier aktuell alles gesehen und alles erlebt. Doch wie funktioniert eine Online-Partie mit Snipern ? Sind die sogenannten „Camper“ nicht die meist gehassten Spieler, die nur in einer Ecke liegen und auf Mitspieler zum Töten warten? Hört sich nicht besonders spannend an, ist es auch nicht. Eventuell gibt es natürlich Spieler, die so eine Art zu spielen genießen können. Auch jegliche Aussichten auf Entwicklung und Anpassung der Charaktere sind unter den Teppich gekehrt worden. Ihr wählt einfach ein Gewehr aus und los gehts. Als umfangreich können wir den Multiplayer daher noch nicht bezeichnen. Mehr Maps, mehr Möglichkeiten zur Entwicklung und mehr Dynamik wären hier am richtigen Platz.

Sniper Ghost Warrior
TEST: Sniper Ghost Warrior 2 – Headshot oder Fehlschuss?
„Zwar nicht das beste Stück vom Kuchen, dennoch ist „Sniper: Ghost Warrior 2“ um Längen besser als sein Vorgänger. Die Fans erwartet eine deutliche Verbesserung mit kleinen Macken. Dazu zählen die trockene Story, schlauchartige Levels, dumme KI, eintöniges Gameplay usw. Allerdings kann der Nachfolger auch mit einem fordernden Schwierigkeitsgrad überzeugen und somit für ein authentisches Gameplay mit echtem Sniper-Feeling sorgen. Trotz der zahlreichen negativen Punkte scheint der Titel doch noch Spaß zu machen. Jedoch ist besonders für realistische Einsätze eine Menge Können und Zeit gefragt, zumal eine lange Lernphase benötigt wird. Der Multiplayer ist selbstverständlich noch nicht das Wahre, aber für Zwischendurch ganz nett. Preislich wird Sniper: Ghost Warrior dem Gebotenen jedoch mehr wie gerecht.“
7.5
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