Am 2. September erscheint The Last of Us nach der ursprünglichen PS3-Version und dem Remaster für PS4 auch noch als komplettes Remake für die PS5. 2022 ist das keine große Neuigkeit mehr, immerhin machen es GTA 5 und Skyrim genauso. Einen speziellen Weg geht Sony aber beim Preis des neuen Spiels. Unabhängig davon, ob ihr eine der älteren Versionen besitzt, müsst ihr den vollen Preis (UVP 79,99) zahlen.
Begründet wird das damit, dass der Titel eben komplett neu entwickelt und in vielen Fällen verbessert wurde. Dass Story, Charaktere, Leveldesign und vieles weitere natürlich 1:1 übernommen wurden, wird dabei ein wenig unter der Teppich gekehrt. Naughty Dogs stetige Versuche, das Remake zu diesem Preis dennoch zu rechtfertigen, sind an sich nicht verkehrt, schade ist lediglich, dass Sony bisher nicht auf diejenigen zugeht, die das Spiel vermutlich schon zwei Mal gekauft haben.
In diesem Test möchte ich auf die Stärken von The Last of Us Part I eingehen und das Spiel unabhängig vom Preis und der Kritik daran bewerten. Dennoch gibt es zum Schluss noch eine Einordnung, für wen sich der Kauf wirklich lohnt. Wenn ihr ganz ungeduldig seid, könnt ihr also direkt zum entsprechenden Kapitel springen.
Cineastisches Meisterwerk
Klar, das Setting und auch die Handlung von The Last of Us dürfte den allermeisten bekannt sein. Hier wurde im Grunde nichts verändert, der DLC Left Behind ist ebenfalls dabei und kann direkt im Menü ausgewählt werden. Die Erklärung ist also vor allem für die wenigen Leute, die das Spiel noch nicht kennen (und die letzten 10 Jahre vermutlich unter einem Stein gelebt haben):
Die ganze Welt wird von einer mysteriösen Infektion heimgesucht. Zuerst versuchen die Regierungen Ruhe und Ordnung zu bewahren und ein Gegenmittel zu entwickeln. Was stark nach dem echten 2020 klingt, entwickelt sich aber doch eine ganze Ecke dramatischer. Das Virus verwandelt die Infizierten nämlich in aggressive Zombies, die alles und jeden angreifen. Die soziale Ordnung bricht zusammen, viele Menschen sterben oder werden infiziert und die Überlebenden errichten Sicherheitszonen, in denen es rau zugeht und verschiedene Fraktionen wie das Militär oder die Firefly-Rebellen um die Kontrolle ringen.
Wir spielen den Amerikaner Joel, der beim Ausbruch der Pandemie einen schweren Verlust erleidet und sich 20 Jahre später mit halblegalen Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Durch Zufall trifft Joel auf das 14-jährige Mädchen Ellie. Eigentlich soll er sie nur aus der Stadt schmuggeln, aber natürlich kommt alles anders und schon befinden sich die beiden auf einer Reise durch die dystopischen USA.
The Last of Us gilt nicht umsonst als eines der größten Videospiel-Meisterwerke der letzten 15 Jahre. Entwickler Naughty Dog lieferte hier einen cineastisch inszenierten Blockbuster mit tollen Charakteren, intensiver Atmosphäre und berührenden Momenten ab. Das Spiel nimmt sich und seine Spieler dabei jederzeit ernst und bietet insgesamt eine faszinierende Erfahrung, die jeder mit einem Interesse an diesem Medium, irgendwann mal erlebt haben sollte. Auch 9 Jahre nach dem eigentlichen Release hat mich die Handlung wieder von der ersten Sekunde an gepackt. Ich habe mit Joel gelitten, gekämpft und gelacht und bin alleine deswegen schon froh, The Last of Us noch einmal gespielt zu haben. Zumal es jetzt in der besten Form überhaupt vorliegt.
Technisch am Anschlag
Am interessantesten an einem solchen Remake sind natürlich immer die technischen Verbesserungen. Einerseits sieht man dann, wie schlecht die Spiele auf der PS3 aus heutiger Sicht aussahen, gleichzeitig nähert sich die virtuelle Realität erschreckend nah an die Erinnerung an das Original an. Und Naughty Dog hat hier wirklich überragende Arbeit geleistet. Rein von der technischen Qualität gehört The Last of Us Part I zu den besten Spielen, die die PS5 bisher zu bieten hat. Die Entwickler haben die Charaktermodelle, die Mimik, die Animationen und die Beleuchtung in einer Art und Weise verbessert, dass man mitunter das Gefühl bekommt, tatsächlich einen Film anzusehen. Die Umgebungen stecken voller Details und wirken jederzeit glaubhaft und dreidimensional.
Dazu kommen absolut atemberaubende Partikel-Effekte. In einigen Stellen betreten wir Häuser, in denen giftige Sporen in der Luft hängen oder Staub aufgewirbelt wird. Das sieht so faszinierend aus, dass ich jedes Mal anhalte und die Effekte bewundere. Auch der Regen verhält sich realistisch, fällt in Millionen kleinen Tropfen vom Himmel und bildet kleine Sturzbäche und Pfützen. Der Sound wurde überarbeitet und hat besonders mit Kopfhörern unheimlich viel Tiefe. Wenn wir uns in einem der frühen Levels durch ein eingestürztes Hochhaus kämpfen, knackt und stöhnt es überall um uns herum. Das ist wirklich beeindruckend und untermalt die Atmosphäre sehr gut. Ebenso verhält es sich mit dem haptischen Feedback des DualSense Controller, der während dem Spiel dauerhaft verschieden Reize setzt und so den Untergrund wiedergibt oder die Spannung untermalt.
Ein einem aktuellen Special von Naughty Dog beschreibt man ergänzend, welche Feinheiten das Remake im kleinsten Detail erfahren hat.
Wie bei den meisten Sony-Titeln dieser Generation können wir zwischen zwei Grafik-Modi wählen. Der eine Modus ist zum Angeben da, hier werden native 4K bei 30 FPS ausgegeben. Das sieht zwar sehr hübsch aus, aber erneut ist der Performance-Modus der eindeutige Gewinner. Hier wird eine flüssige Bildwiederholrate von 60 FPS priorisiert, d.h. in hektischen Szenen wird die Auflösung mitunter etwas nach unten korrigiert. Während die geringere Auflösung überhaupt nicht auffällt, macht die höhere Bildwiederholrate einen riesigen Unterschied. Das Spiel läuft dann butterweich, was besonders in Kämpfen und bei den Animationen beeindruckend ist. Technisch bekommt Naughty Dog hier also die Höchstnote.
Neue Optionen und Gameplay-Verbesserungen
Ähnlich wie bei der Story ändert sich auch beim grundlegenden Gameplay nicht allzu viel. The Last of Us setzt viel auf ruhige Momente und Erkundung, dazwischen gibt es immer wieder Schleich- und Kampf-Abschnitte und ganz gelegentliche Boss-Fights. Dieser Mix funktioniert noch immer sehr gut und fühlt sich dank der neuen Animationen und Detailtiefe nochmal ein kleines bisschen intensiver an als zuvor. Die Entwickler haben auch die KI der Gegner überarbeitet, das lässt sich aber nur schwer beurteilen. Während ich schon immer mal wieder das Gefühl hatte, dass sich die Feinde absprechen und mich flankieren, kann man sie noch immer einen nach dem anderen ausschalten, wenn sie gerade in die andere Richtung schauen. Hier merkt man dann vereinzelt auch die PS3-Wurzeln von The Last of Us. Rein vom Design der Levels gab es im letzten Jahrzehnt glaubwürdigere Spiele und es ist schon wirklich ein glücklicher Zufall, wie viele stabile Bretter mit der perfekten Größe immer direkt in der Nähe von sonst unüberwindbaren Abgründen rumliegen. Meiner Meinung nach hätte man sich hier zumindest ab und zu was neues einfallen lassen können.
Neben dem eigentlichen Gameplay gibt es im Remake jetzt jede Menge neuer Optionen, die im Original noch nicht dabei waren. Dazu zählen ein Permadeath-Modus, ein Speedrunner-Modus mit eigenem Timer, freischaltbare Kostüme und Skins und ein Viewer-Modus, mit dem wir wie schon in The Last of Us Part II Charakter- und Gegnermodelle genauer unter die Lupe nehmen können. Darüber hinaus wurden haufenweise Barrierefreiheitsfunktionen hinzugefügt. So können sich schwer hörende Spieler mehr Informationen über das HUD ausgeben lassen und solche mit Seh-Schwäche gibt es sogar eine Erzählerstimme, die die Zwischensequenzen begleitet. Das wirkt alles sehr hochwertig umgesetzt und wird alle freuen, die von solchen Handicaps betroffen sind.
Für wen lohnt sich The Last of Us Part I?
So, egal, ob ihr jetzt den ganzen Text gelesen habt oder direkt hierher gesprungen seid, kommen wir zum wohl interessantesten Aspekt. Da es sich um ein Remake eines Spiels handelt, dass seit 2013 auf dem Markt ist und dessen Remaster 2019 sogar für PS Plus-Abonnenten gratis war, stellt sich durchaus die Frage, wer dafür jetzt nochmal den vollen Preis zahlen sollte. Grundsätzlich ist das von verschiedenen Faktoren abhängig.
Zuallererst: Wenn ihr The Last of Us noch nie gespielt habt und eine PS5 besitzt, ist das Remake quasi ein Pflichtkauf. Sollte sich jemand jetzt die Konsole zulegen und mich fragen, welche Spiele denn so am ehesten zu empfehlen wären, käme dieses hier so ziemlich an erster Stelle. Es ist und bleibt ein Meisterwerk, es braucht sich technisch nicht vor aktuellen Spielen zu verstecken und nutzt nahezu alle Vorteile, die die PS5 bietet, voll aus. Ihr bekommt hier inklusive DLC knapp 20-25 Stunden allerbeste Unterhaltung geboten.
Anders verhält es sich allerdings, wenn ihr das Spiel schon gespielt habt. Und das dürfte leider auf die allermeisten von euch zutreffen. In dem Fall solltet ihr wirklich überlegen, ob ihr bereit seid, nochmal 80 Euro dafür auszugeben. Habt ihr das Spiel mal gespielt und seitdem eigentlich nie wieder das Verlangen gespürt, es nochmal zu wiederholen? Dann lasst die Finger vom Remake, außer ihr bekommt beim Blick auf die Trailer unendlich viel Lust. Ihr habt das Spiel schon gespielt, findet es klasse und würdet es gerne nochmal erleben? Dann wartet ab, bis es zum ersten Mal im Sale landet. Mein Tipp wären die klassischen Januar-Angebote im PS Store oder der Black Friday. Dann bekommt ihr es vielleicht für 50-60€ und habt trotzdem nichts verpasst. Wenn The Last of Us aber euer absolutes Lieblingsspiel ist, ihr es schon mehrmals durchgespielt habt und nicht genug von Joel und Ellie bekommen könnt, dann beißt in den sauren Apfel und holt euch das Spiel. Es ist jetzt noch ein bisschen großartiger als zuvor und wird euch genauso abholen wie beim allerersten Mal.