Meinung: Days Gone 2 wird nicht kommen – und das ist gut so

Sanel Rihic 67 Comments
8 Min Read

John Garvin und Jeff Ross, Game Directors von Days Gone, haben schon mehrfach ihr Junges verteidigt, nicht selten aber gewissenlos und impulsiv. So gaben die Entwickler bereits den Spielemagazinen und schlechten Wertungen die Schuld, warum ihr Spiel gescheitert ist, danach den Spielern selbst und zuletzt zeigte man mit dem Finger auf „woke“ Tester. Dass Days Gone vielleicht einfach mehr schlecht als recht ist, auf die Idee kommen sie nicht. Es ist einfach einfacher, bei anderen den Fehler zu suchen.

Sony scheint sich jedoch ganz sicher zu sein, diesem Spiel keine zweite Chance geben zu wollen. Eine Fortsetzung ist somit vom Tisch – zu Recht, sage ich. Denn Days Gone ist das schlechteste PlayStation-Exklusivspiel, das ich bisher gespielt habe.

Zu lang(weilig): Days Gone ist das schwarze Schaf im PlayStation-Katalog

Sonys Eigenproduktionen schaffen es nicht immer, die kritische Masse zu begeistern. Knack, DriveClub, Knack 2, The Order: 1886, Knack 3 – okay, Letzteres ist (noch) nicht passiert. Ehrlicherweise würde ich lieber sechsmal The Order: 1886 durchspielen, als noch einmal Days Gone anzufassen. Zeitlich würde das sogar hinkommen, denn während das eine Spiel zu kurz geraten ist, ist das andere ewig lang.

Das ist auch einer meiner größten Kritikpunkte am Zombie-Spiel. Als hartgesottener Biker brettert ihr durch die Postapokalypse auf der Suche nach Hinweisen zu eurer vielleicht lebendigen Frau. Das eröffnet eine Geschichte mit emotionalem Charakter, wird aber durch bergeweise öde Missionen gehemmt, die eigentlich kaum einen Mehrwert bieten und lieber als Nebenquests hätten enden sollen. Wenn ich nach 20 Stunden auf Welpensuche gehen muss, um meinen Gefährten aufzumuntern, oder nach 40 Stunden urplötzlich eine unwichtige Nebenfigur aus der Klemme helfen muss, verliert mich Days Gone ganz einfach sowie sich selbst in nie enden wollenden Geschichten.

Deacon und seine Frau in Days Gone.
So glücklich ist niemand nach Days Gone. (Bildquelle: Sony/PlayFront)

Leider sind die Dialoge zwischen Figuren nicht ansatzweise interessant genug, um diese eh schon schwach geschriebene Geschichte zu tragen. Auch die Hauptfigur Deacon bleibt mir nur wegen seiner gestörten sozialen Interaktion im Gedächtnis. Wenn ich also Kommentare lese wie „Das ist eine der besten Storys, die ich erlebt habe“, freut es mich für die Person, aber gleichzeitig stelle ich mir die Frage, ob sie das gleiche endlos gestreckte und schnarchige Days Gone gespielt hat wie ich.

Das Ende ist irrelevant, wenn alles davor Mist ist

Lediglich das geheime Ende, das erst nach zwei weiteren geheimen Enden freigeschaltet wird – erneut ein Paradebeispiel für mein Problem mit Days Gone –, überrascht mit einer Wendung, die aber die verlorene Zeit davor nicht wieder wettmachen kann.

Der Darsteller Sam Witwer, der die Hauptfigur Deacon spielt, beschwerte sich, dass Spielemagazine das Spiel nicht durchgespielt hätten.

„Diese Journalisten, die hereinstürmen, nehmen sich NICHT die Zeit, sie spielen das Spiel NICHT zu den Bedingungen, die das Spiel bietet, weil es ihre Aufgabe ist, einen Artikel zu einem bestimmten Termin zu veröffentlichen.“

PlayFront
Enttäuschter Deacon in Days Gone.
Kopf hoch! Immerhin haben Leute das Spiel gespielt. (Bildquelle: Sony/PlayFront)

Das mag zu einem gewissen Teil stimmen, aber zum einen liegt es am Publisher, Spielerezensionen rechtzeitig auszuteilen, damit Tester genug Zeit bekommen, sich mit dem Spiel zu beschäftigen. Und zum anderen – und da will ich ganz ehrlich sein – verstehe ich Tester, die nach 20 oder 30 Stunden Langeweile das Spiel abbrechen, denn es ist egal, was in den letzten Stunden passiert: Das Spiel hat versagt und daran kann auch das Ende nichts ändern.

Selbst das Beste an Days Gone kann es nicht vorm Schlimmsten bewahren

Ich habe Days Gone erst lange nach Release gespielt, hatte somit nicht mit Bugs zu kämpfen, die anfangs stark kritisiert wurden. Ich hatte dafür andere Probleme mit dem Spiel.

Ich bringe es direkt auf den Punkt: Days Gone spielt sich über den gesamten Spielverlauf nicht sehr abwechslungsreich, auch nicht nach dem Freischalten vieler Fähigkeiten und Upgrades. Lediglich das Bike fährt sich zum Ende hin nett; etwas, was in den ersten zehn, zwanzig Stunden eine reine Katastrophe ist.

Deacon fährt Bike in Days Gone.
Fährt sich anfangs wie ein Schneeschlitten. (Bildquelle: Sony/PlayFront)

Das besondere Feature von Days Gone sind mit Sicherheit die Zombie-Horden. Dass Zombies zu der Zeit längst ihren Hype verloren haben und Horden bereits eine Woche vor dem Release von Days Gone einen großen Auftritt in World War Z – sogar mit Multiplayer – gefeiert haben, hat dem Open-World-Abenteuer vermutlich geschadet. Ich hatte zwar meinen Spaß, mich gewaltigen Zombie-Horden zu stellen, schließlich musste man bis an die Zähne bewaffnet und strategisch klug vorgehen. Doch ich stellte mir auch die Frage, warum Entwickler Bend Studio sein bestes Feature erst zum Schluss so richtig auspackt.

Denn in der ersten Hälfte des Spiels ist der Kampf gegen Horden kein Thema. Wie Fisherman’s Friend einst sagte: Sind sie zu stark, bist du zu schwach. In der zweiten Hälfte muss ich mich plötzlich gleich mehreren stellen, um in der Story voranzukommen. Zu spät, denn ab dem Punkt konnte mich nichts mehr an Days Gone vom Gegenteil überzeugen: Dieses PlayStation-Spiel ist eine reine Zeitverschwendung und langweilig.

Beendet habe ich es dennoch, denn zum einen hat sich Sam Witwer das doch so sehr gewünscht, zum anderen ist es einfach eine üble Angewohnheit von mir, die ich mir seit Days Gone versuche, abzutrainieren.

Kein Days Gone 2 – zum Glück

Ich weiß, Days Gone hat über die Jahre eine große Community für sich gewinnen können, auch unser Tester gab dem Open-World-Abenteuer eine hervorragende Wertung. Ich hingegen kann nach 40–50 mühseligen Stunden in Days Gone noch immer nicht nachvollziehen, wie man diesem Spiel etwas abgewinnen kann.

Deacon schlitzt ein Tier auf in Days Gone.
Mein Gesichtsausdruck, nachdem ich Days Gone durchhatte. (Bildquelle: Sony/PlayFront)

Tatsächlich hat sich Days Gone aber gar nicht so schlecht verkauft: Geschätzte neun Millionen Mal auf PS4 und PC, meint zumindest Game Director Jeff Ross. Offizielle Zahlen gibt es nicht und wenn Sony diese geheim hält, ist es womöglich die ein oder andere Million weniger. Eine Fortsetzung wird es nicht geben, selbst ein Knack 3 ist aktuell wahrscheinlicher als ein Days Gone 2.

Und auch wenn ein Nachfolger die vielen Schwächen ausbügeln könnte, dem Entwicklerteam Bend Studio traue ich das jedenfalls nicht zu. Und deshalb bin ich froh, dass sich das Team einem gänzlich neuen Projekt gewidmet hat – und das ohne Game Director John Garvin und Jeff Ross.

Wie findet ihr Days Gone? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

Hinweis: Der Artikel spiegelt lediglich die Meinung einer einzelnen Person wider und repräsentiert nicht die Meinung der Plattform im Gesamten.

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