Passend zum Release von „Wolfenstein: Youngblood“ erschien mit „Cyberpilot“ auch ein neuer PlayStation VR-Titel, der sich ungefähr zur selben Zeit wie das Co-op Spin-off zuträgt. „Cyberpilot“ verspricht viel Roboter-Action und Explosionen, die man dank VR nun unmittelbarer denn je erleben kann. In unserem Test erfahrt ihr, ob „Cyberpilot“ das VR-Shooter Genre weiter nach vorne bringt oder bereits im Anschlag verpufft.
Wenn ein AAA-Publisher wie Bethesda ein VR-Spiel ankündigt, wird man hellhörig. Schließlich haben diese mit „Skyrim“ und „Fallout“ längst Fuß in diesem Medium gefasst. Zudem ist hier zu bedenken, dass kleinere Entwickler bei ihren Projekten hier und dort Abstriche machen müssen, während Größen wie Bethesda von Haus aus das volle Potenzial ausschöpfen können und vielmehr auch sollten. Daher waren die Erwartungen an „Wolfenstein: Cyberpilot“ unheimlich groß, auch wenn, aktuell noch der Technik an sich geschuldet, Grafik oft nur nebensächlich ist und Gameplay an erster Stelle kommt. Seltsamerweise ist es diesmal anders herum.
Roboter gegen Nazis
„Wolfenstein Cyberpilot“ versetzt den Spieler in die Rolle des namensgebenden Cyberpilots, ein Roboter, der in der Lage ist unterschiedliche Kampfroboter zu steuern. Zu Spielbeginn bekommt der Spieler eine kleine Einleitung in die Steuerung. Hier dürfen in einer simplen Puzzle-Passage Schalter umgelegt und Elektroteile ausgetauscht werden. Ein gelungener, wenn auch etwas unspektakulärer Einstieg, in der der Spieler über ein Radio durch eine Frau mit französischem Akzent für das kommende Abenteuer unterstützt wird.
Nachdem der erste Roboter, ein Panzerhund, instand gesetzt wurde, geht es auch schon auf in die Schlacht. In den grafisch beeindruckenden Straßen von Paris werden Dutzende von Robotern und Nazis erschossen. Die Steuerung des Panzerhunds gestaltet sich dabei simpel – auf Knopfdruck kann man sich drehen, über Gegner hinweg sprinten und Feuer spucken. Macht zwar schon was her, viel anspruchsvoller wird es leider jedoch nicht. Nachdem man seine Mission erfüllt hat, geht es zurück ins Hauptquartier, wo man an einem neuen Roboter bastelt und dann mit diesem eine neue Mission starten kann. Hier kommen die Schwächen von „Wolfenstein Cyberpilot“ auch direkt zum Vorschein. Das Spiel ist einfach gestrickt und wird künstlich gefüllt. Das sich wiederholende Missionsschema, das bei der Reparatur anfängt und über ein Tutorial zur eigentlichen Mission führt, wird leider nie wirklich fordernd oder weiter ausgebaut.
Bei der zweiten Mission handelt es sich zum Beispiel um eine Stealth-Mission, in der mit einer Drohne Schalter umgelegt werden müssen und Nazis mittels Elektroschocks ausgeschaltet werden können. Wie zuvor erwähnt, ziemlich simpel gestrickt. Wenn man sich dazu entschließt Missionen erneut zu spielen, wird man zudem gezwungen, die Tutorials nochmals zu spielen, selbst wenn man diese schon auf einem niedrigeren Schwierigkeitsgrad absolviert hat. Welcher Sinn dahinter steht, erschließt sich einem nicht wirklich und unterstreicht unnötig den einfallslos wirkenden Ansatz. Wenn das Spiel dann nach vier Missionen am Ende angekommen ist, man auf die Uhr schaut und feststellt, dass gerade mal 100 Minuten verstrichen sind und man zudem die Hälfte der Zeit mit Rätseln zugebracht hat, ist die Enttäuschung umso größer. Das rechtfertigt in erster Linie wohl auch den günstigen Preis.
Die Geschichte an sich verläuft sich ebenfalls im Nichts. Zu Spielbeginn wird man von der zuvor erwähnten, französischen Unterstützerin mit reichlich Sprachausgabe in das Spiel eingeführt und erwartet eigentlich, dass sich im Verlauf das Spiels langsam eine Story zusammenfügt. Mit der zweiten Mission wird jedoch schon klar, dass hier zuviel erwartet wurde und die junge Frau zwar viel redet, aber inhaltlich wenig sagt. Spätestens hier fragt man sich, warum „Wolfenstein Cyberpilot“ als eigenständiges Spiel erschienen ist, wenn es seinen Dienst als Bonus in „Wolfenstein: Youngblood“ ebenso getan hätte. Denn genau so wirkt es am Ende auch – ein netter Zusatz.
Der nächste VR Rail-Shooter
Grafisch legt „Wolfenstein Cyberpilot“ dafür eine ordentliche Performance an den Tag. Die Pariser Straßen werden detailliert und gut dargestellt und ausgeleuchtet, was vielleicht auch daran liegt, dass man nicht wirklich viele Freiheiten bei der Erkundung hat und sich praktisch auf Schienen durch die Level bewegt (Blood & Truth lässt grüßen). Hier kann nur hoffen, dass Rail-Shooter nicht wieder zum Standard mutieren, denn Beispiele wie „Firewall: Zero Hour“ haben gezeigt, dass es auch anders geht, und das auf ziemlich grandiose Art und Weise.
„Wolfenstein Cyberpilot“ präsentiert sich zudem als ein sehr komfortables VR-Spiel. Es gibt verschiedene Bewegungssysteme, man kann sich entweder per Knopfdruck drehen oder mittels des PS Move Controllers bzw. DualShock 4. Eine Ausnahme bildet da die Renn-Attacke des Panzerhundes, mit der die Motion-Sickness Effekte doch ziemlich herausgefordert werden.
Bei der Vertonung gibt es leider auch ein paar Abstriche, denn die deutsche Version unterstützt keine anderen Sprachen und ist zudem auch zensiert. Wer die internationale Version besitzt, bekommt das Spiel zwar auch unzensiert, muss dann aber auf die deutsche Sprachausgabe verzichten. Obendrein kommen in der deutschen Version einige Ungereimtheiten auf. An ein paar Stellen werden Nazis als Nazis bezeichnet und an anderen Stellen als Regime – wie auch schon in den alten deutschen Wolfenstein-Spielen. Es wäre doch schön, wenn man sich mit den aktuell gelockerten Regeln in diesem Zusammenhang auch endlich mal auf ein einheitliches Spiel einigen könnte und man nicht immer wieder zum Spieler in der zweiten Reihe degradiert wird.