Auf der diesjährigen Gamescom stach die prominente Platzierung von „Metal Hellsinger“ besonders hervor. Wo in den letzten Jahren Größen wie Call of Duty und Co mit großen Bannern um die Gunst der Besucher warben, prangerte nun dieses vermeintlich kleine Indie-Spiel mit Hochglanzwerbung im Format eines AAA-Titels.
Gekrönt wurde dies mit einer der coolsten Marketing-Aktionen, die man je auf der Gamescom bestaunen konnte: einem riesigen Metal-Konzert in einer komplett dafür geblockten Halle vor tausenden Besuchern. Wow! Doch wie kommt es, dass der kleine Entwickler „The Outsiders“ mit solch starker Präsenz glänzen kann? Dies liegt wohl maßgeblich an dem Einstieg des Publishers Funcom, hinter dem der chinesische, finanzstarke Gigant Tencent sitzt und der offenbar große Hoffnungen in das neue Rhythmus-Spiel setzt. Wieso der große Wurf noch nicht gelungen ist, aber durchaus mithilfe von umfangreichen Updates nachgereicht werden könnte, verraten wir euch in unserem Test.
Story? Metal. Schießen. Blut.
Ja, Metal Hellsinger hat eine Story, die mit Zwischensequenzen im Comic-Stil vorangetrieben wird. Doch seien wir mal ehrlich: Mit der Story rund um die gestohlene Stimme der von uns gesteuerten Halbdämonin und ihrem deshalb gestarteten Rachefeldzug gegen die „Rote Richterin“ wird hier kein Blumentopf gewonnen. Das erwartet man hier jedoch genau so wenig wie bei anderen Rhythmusspielen. Im Zentrum steht viel mehr die Musik, die Metalfans durchaus begeistern kann. Die eigens komponierten Titel, die am ehesten im Bereich des Death Metals anzusiedeln ist, aber durchaus durch Variation bestechen, hämmern eindrucksvoll durch die Lautsprecher und können mit exzellenten Künstlern aufwarten.
Während die Band an sich immer die gleiche ist, wird jeder Song, von denen jeweils einer die acht kurzen Level beschallt, von einem anderen Sänger bzw. Screamer beider Geschlechter begleitet. Hier hat man sich entweder nicht lumpen lassen, oder erstklassige Überzeugungsarbeit geleistet, denn mit den Bandspitzen von Trivium, Lamb of God, Arch Enemy, System of a Down und weiteren, hat man absolute Szenegrößen verpflichten können. Das ist insofern umso beeindruckender, weil es ja nicht nur um einfache Lizenzen geht, sondern Mann und Frau gewillt waren, komplett neue Songs einzusingen und auch auf der Gamescom zu performen. Somit wird man beim Spielen mit neuen Klängen belohnt, was dem Spiel auch deutlich besser steht, als wenn man nur bereits bekanntes Material verwertet hätte.
Nötig war dies vermutlich schon alleine deshalb, weil ihr die Songs nur dann vollständig hört, wenn ihr euren Multiplikator durch geschickte Spielweise im auch visuell eingeblendeten Takt der Songs erhöht. Erst wer mit 16x die letzte Stufe erreicht hat, hört auch den Sänger bzw. die Sängerin, wohingegen vorher nur einzelne Instrumentenspuren hörbar sind.
Doom meets Guitar Hero
Schon alleine optisch, aber auch aufgrund der sehr schnellen Spielweise in bis zu 120 fps und einiger extremer Ähnlichkeiten beim Gameplay, wie beispielsweise dem Zerfetzen angeschlagener Gegner im Nahkampf, drängt sich der Vergleich mit den aktuellen Doom-Titeln auf. Wer damit wenig anfangen kann, wird auch bei hoher Affinität gegenüber der Musik besser die Finger von Metal Hellsinger lassen.
Allzu viel sollten sich Fans von Musikspielen nämlich hinsichtlich der Komplexität nicht erhoffen: Man muss lediglich im Takt mit einer der nur sechs Waffen schießen oder schlagen. Takt verpasst? Kein Problem. Man kann sich dazwischen nämlich durchaus Zeit lassen. Dies führt dazu, dass man die Taktanzeige ständig im Blick hat und teilweise das Spielgeschehen fast schon automatisch im Augenwinkel abläuft. Das klingt jetzt schlimmer als es ist, denn insgesamt ist die Verknüpfung von Shooter und Rhythmus-Spiel durchaus gelungen und unterhaltsam.
Die Gegner sind so gestaltet, dass hin und wieder eher Nahkampf oder Fernkampf von Vorteil sind, im Zweifel geht es aber immer auch mit der Waffe der Wahl. Somit muss man auch auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad theoretisch nicht einmal die Waffe wechseln, um erfolgreich durch die acht Höllen zu kommen.
Verschenktes Potential
Wer nun genau gelesen hat, wird die große Krux an Metal Hellsinger schon erkannt haben: Geboten werden nur acht Level, die jeweils in wenigen Minuten zu absolvieren sind und noch dazu weder optisch noch spielerisch nennenswerte Unterschiede bieten. Hier hätte man durchaus mehr Level oder Abwechslung erwarten können. Mit etwas Geschick ist man somit nach unter drei Stunden am Ende des Spiels angelangt und muss sich nun den Highscores widmen. Hierfür wird jedoch nur zwischen den drei Schwierigkeitsgraden unterschieden. Durch die wenigen unterschiedlichen Gegner und den immer (fast) gleichen Endgegner werden die Level jedoch so schnell langweilig, dass man sich auch als absoluter Ranglisten-Fanatiker bei Rhythmusspielen mitsamt mehrerer Weltrekorde nur schwer motivieren kann, immer wieder ins die gleichen Umgebungen einzusteigen.
Individuelle Challenges, beispielsweise eigene Ranglisten für das Komplettieren mit bestimmten Waffen, sucht man vergebens. Nur mit den sogenannten „Marterungen“ werden pro Level noch drei kleine Herausforderungen geboten, die gegen Ende durchaus etwas herausfordernd werden können und Boni für die normalen Level bereithalten, womit die Gesamtspielzeit deutlich auf ca. 8 Stunden angehoben wird. Für mich vollkommen unverständlich ist hier jedoch, dass sie über keinerlei Rangliste verfügen.
Wenn meine Aufgabe lautet, 50 Gegner zu töten, wieso wird dann nicht mindestens die Zeit geloggt und in einer Bestenliste festgehalten? Stattdessen endet jede Herausforderung mit dem letzten Kill nur auf einem Gratulationsbildschirm und ich muss sie nie wieder starten, da keinerlei Anreiz geboten wird. Auch sonst verzichtet man auf sicherlich diskutable Inhalte wie Erfahrungsbalken, Skins, Währungen und Co, die jedoch wenigstens einen gewissen Wiederspielwert geschaffen hätten.
Als Metal-Fan bleibe ich daher mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück: Ich hatte großen Spaß mit Metal Hellsinger, hatte mir aber viel mehr erhofft und finde es regelrecht fahrlässig und ärgerlich, dass keinerlei Wiederspielwert bedacht wurde, obwohl er mit so wenigen Details hätte gegeben sein können.
Wer mehr über die Hintergründe zum Spiel hat Funcom in einer aktuellen Mini-Doku festgehalten. Der Blick hinter die Kulissen beinhaltet u.a. Interviews mit den Entwicklern, Komponisten und einigen der großartigen Metal-Performern, die den verschiedenen Tracks im Spiel ihre Stimmen leihen. Die Doku findet man ab sofort auf Youtube.