Das Samurai Action-RPG „Nioh“ wurde ursprünglich einmal für die PlayStation 3 angekündigt, dann wurde es jedoch ruhig um den mysteriösen Titel von Tecmo und das Spiel geriet in Vergessenheit. Gute zwölf Jahre später erhebt sich „Nioh“ wieder aus der Versenkung und versucht es mit echten Größen wie „Dark Souls“ aufzunehmen. Ob dies gelingt und ob der Vergleich überhaupt gerechtfertigt ist, das haben wir uns einmal genauer angeschaut.
„Nioh“ hat eine interessante Entwicklungsgeschichte hinter sich. Nachdem das Spiel nach etwas mehr als einem Jahrzehnt wieder das Licht der Welt erblickte, ließ es sich Tecmo nicht nehmen die Spieler aktiv in die Entwicklung des Spiels mit einzubeziehen und im gleichen Zug so die Werbetrommel zu schlagen. Das Feedback der Spieler führte schon in der BETA Version zu deutlichen Änderungen an den Gameplaymechaniken und letztendlich auch zu einer Terminverschiebung auf 2017. Wer sich an der aller ersten Alphademo versucht und dann das Handtuch geschmissen hat, kann nun aufatmen, denn der fast schon unfaire Schwierigkeitsgrad, Ausrüstungshaltbarkeit und Kontrollen wurden stark überarbeitet und wirken im fertigen Spiel deutlich runder – “schwer” ist „Nioh“ aber trotzdem noch.
Die Fantasyschlacht um Sekigahra
In „Nioh“ schlüpf man in die Haut das englischen Seefahrers William. Im Tower of London, der damals als Gefängnis für gewöhnliche Verbrecher genutzt wurde, fristet William sein Dasein. Doch dann ergibt sich eine Möglichkeit zur Flucht. Während seines Fluchtversuchs begegnet er dem englischen Magier Kelley, der sich Williams Guardian Spirit bemächtigt und ihn erstmals mit Amrita und Dämonen in Kontakt bringt. Williams Guardian Spirit ist ihm allerdings lieb und teuer, da diese eine starke Verbindung zueinander teilen. Entschlossen seinen Spirit zu befreien, macht sich William auf die Suche nach Kelley, den es unterdessen nach Japan verschlagen hat. Hier tobt ein brutales Mächteringen der japanischen Häuser, doch dies ist Kelley mehr als recht, denn durch Tod und Zerstörung wird Amrita freigesetzt.
„Nioh“ fasst in der japanischen Geschichte Fuß und ist durch seine starken Fantasy-Einflüsse aber auch für uninformierte interessant, dennoch kann man nicht verneinen, dass die schiere Menge an wichtigen Namen und Orten zunächst etwas viel Input ist und man Gefahr läuft den Überblick zu verlieren. Wer einfach nur das Spiel spielen möchte, kann dies problemlos tun, wen aber auch die Geschichte interessiert, der sollte regelmäßige Abstecher zu Nioh´s Glossar machen.
Mehr Ninja Gaiden + Dungeon Crawler als Dark Souls
Hier bekommen wir es mit „Nioh´s“ Kern zu tun, dem Kampfsystem, das deutlich mehr Tiefe bietet als man auf den ersten Blick vermuten mag. Zu Spielbeginn darf man sich für Waffen entscheiden, sollten diese nicht zusagen, kann man später noch problemlos umskillen. Komplizierter wird es erst, wenn man Skills, Haltungen und KI ins Spiel bringt. Jede der drei unterschiedlichen Haltungen, bietet, pro Waffe, einen unterschiedlichen Kampfstil, verbraucht mehr oder weniger KI (Ausdauer), verursacht unterschiedlichen Schaden und sogar Ausweichmanöver. KI stellt unterdessen keine klassische Ausdauer da und wird vielmehr mit Fokus verglichen. Geht einem das KI aus, kann man nicht mehr rennen und ist offen für gegnerische Attacken. Entgegenwirken kann man einer KI-Flaute indem man nach jedem Kombo seine Entschlossenheit mit einem KI-Puls stärkt – optimal erhält man so das zuvor verbrauchte KI wieder; wechselt man dann beim KI-Puls noch die Haltungen, erhält man sogar Bonus KI zurück, was in Situationen in denen das KI niedrig ist, z. B. durch einen vorheigen Sprint, einen Wendepunkt darstellen kann.
Souls-typisch erhält man in „Nioh“ Amrita, das an Schreinen dazu genutzt werden kann, um Williams Werte zu verbessern und im gleichen Zuge Skill-Punkte zu erhalten, mit denen in den unterschiedlichen Waffen und Magie Kategorien neue Moves und Fertigkeiten gekauft werden können. Lässt William sein Leben, verliert er alle bisher gesammelten Amrita, die allerdings auch wieder eingesammelt werden können, solange sie von einem Guardian Spirit bewacht werden. Bei Guardian Spirits handelt es sich unterdessen um Naturgeister, die je nach Geist unterschiedliche Fertigkeiten und Elemente bieten. Die Guardian Spirit Auswahl steigt dabei im Verlauf der Geschichte ständig an und hat einen starken Einfluss auf die Spielweise. Einige Geister lösen z. B. positive Effekte automatisch aus, sobald Williams Lebenskraft unter einen gewissen Punkt fallen oder retten selbst nach Williams Tot einen Prozentsatz Amrita. Die elementaren Eigenschaften der Geister kommen erst zum Tragen, wenn die lebende Waffe aktiviert wird. Hier ergreift der Guardian Spirit Besitz vom Mordinstrument und verleiht ihr extra Kraft. Solange dieser Modus aktiv ist, kann William keinen Schaden erleiden, dafür muss der Spirit einstecken, was sich wiederum auf die Gesamtlänge des Modus auswirkt.
Loot kommt dabei, wie in einem MMO, in verschieden Farben, die anzeigen welchen Qualitätsgrad das Item hat. „Nioh“ ist somit vielmehr darauf ausgelegt, die beste Ausrüstung zu finden, anstatt sich diese zu erschmieden, obwohl diese ebenfalls beim Schmied möglich ist. Der Schmied kann komplett neue Waffen fertigen, Waffen neue Fertigkeiten verleihen oder diese verbessern. Benötigt dafür werden allerdings Materialien und Geld, das ihr durch das Zerlegen/Verkaufen von Gegenständen oder besiegen von Gegner erhaltet. Sollte Williams Look für euch unzureichend sein, kann das Aussehen seiner Ausrüstung sogar durch Tranmogrifizierung verändert werden.
Sound & Synchronsprecher
„Nioh`s“ Sprachausgabe kommt sowohl in Englisch als auch Japanisch, was jedoch nicht bedeutet, dass zwischen beiden gewählt werden kann – hier spricht jeder in seiner Muttersprache. Die Sprecher leisten dabei eine ordentliche Performance und können sich hören lassen. Auch musikalisch zeigt sich „Nioh“ von seiner besten Seite. Das Spiel bietet einen ausgezeichneten Soundtrack, von denen einige Stücke, besonders die Duelle, herausstechen.
Fehler scheinen sich allerdings beim Mastering eingeschlichen zu haben, was teilweise in unwichtigen NPC Gesprächen deutlich wird. Als Beispiel kann hier ein Gespräch gegen Ende des Spiels herbeigezogen werden, bei dem William und sein Gesprächspartner durch eine Wand getrennt werden. Die Stimme des NPCs wird hier etwas abgedämpft, um den Eindruck einer festen Wand zu erwecken. Wenn aber schon der nächste Satz diesen Effekt missen lässt und man den Eindruck hat, es wird in ein Studiomikro gesprochen, kommt etwas unfreiwillige Komik auf und die Atmosphäre des Spiels verfliegt.
Gute Grafik, tolle PS4-Pro Unterstützung
„Nioh´s“ Grafik ist gelungen aber nicht weltbewegend, um es kurz auszudrücken. Die Ausrüstung und Figurendetails, besonders die Gesichter in den Zwischensequenzen, weisen einen hohen Detailgrad auf und tragen so zum guten Gesamtbild bei. Müsste man ein Manko nennen, wären dies die Umgebungstexturen, die teilweise etwas verwaschen daherkommen. Löblich ist unterdessen das „Nioh“ unterschiedliche Grafikmodi bietet, sogar auf der Standard PS4, wo zwischen Film- und Aktion-Modus entschieden werden kann. Im Filmmodus bietet das Spiel bessere Schatten und AA, während der Action-Modus die Framerate priorisiert und, wenn nötig, sogar die Auflösung herunterschraubt, um 60 Frames zu gewährleisten. Pro-Nutzer können unterdessen im Film-Modus sogar natives 4k bei 30 Frames und im Action-Modus stabile 1080p bei 60 Frames genießen.
Multiplayer
Selbstverständlich bietet „Nioh“ einen Ko-Op Modus, der es erlaubt Spieler zu beschwören. Leider war dies durch den begrenzen Pool an Spielern im Testzeitraum nur bedingt möglich und gelang währenddessen leider gar nicht. Probleme von anderen Spielern beschworen zu werden gab es hingegen nicht, auch wenn eine gewisse Wartezeit damit verbunden war.
Abseits der willkürlichen Spielerbeschwörung ist noch ein klassischer Ko-op Modus enthalten, wo sich beide Spieler einen Magiebalken teilen. Wenn ein Spieler in diesem Modus stirbt, ist die Partie nicht gleich vorbei, stattdessen schrumpft der Balken, bis der Spieler wiederbelebt wurde. Wird der gesamte Balken in diesem Modus aufgebraucht, gilt die Mission als gescheitert, auch wenn ein Spieler noch steht.
Langzeitspaß
Sobald das Spiel abgeschlossen wurde, bekommt man Zugang zu einem hören Schwierigkeitsgrad, der besseren Loot und mehr Amrita verspricht. Weiterhin kann man sich einem Klan anschließen und kämpft so indirekt mit anderen Spielern um die Vorherrschaft in Japan. Eure Leistung wird hier in Ehre widergespiegelt. Ehre kann dann bei einem speziellen Händler gegen Gegenstände, Skins und andere Dinge getauscht werden.
Entwickler: Team Ninha // Publisher: Tecmo // Release: 07.Februar 2017 // Offizielle Homepage: www.teamninja-studio.com