Wisst ihr noch damals, als gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Frankreich eine Revolution aufkeimte? Und als sich Ludwig XIV zwischen Ballhausschwur und dem berühmten Sturm auf die Bastille durch endlose politische Entscheidungen kämpfen musste? Und als eben dieser Herrscher dann seine Steampunk-Roboter-Armee auf das Volk hetzte, um die Revolution zu unterdrücken und sich dann eine selbstständig gewordene Roboter-Dame durch ihr ganz eigenes Abenteuer kämpfte? Na gut, ganz so war es dann doch nicht, doch für wen diese Geschichte hinten raus nach einem interessanten Szenario klingt, der wird sich über Steelrising mächtig freuen dürfen.
Revolution im Steampunk-Stil
Spiders neues Souls-Like-Spiel setzt den Spieler genau in diese alternative Realität. Während Ludwig XIV ganz Paris in Angst und Schrecken versetzt, ist es an dem Roboter-Automaton Aegis nach den Kindern ihrer Königin Marie Antoinette zu suchen. Auf dieser Reise, die in einer einzigen Nacht stattfindet, soll sie dann nicht nur auch den Automaton-Schöpfer Eugène de Vaucanson aufspüren, sie wird auch mit ihrer immer wachsenden Eigenständigkeit und großen Entscheidungen konfrontiert. Diese Entscheidungen nehmen weitreichenden Einfluss und so sollte man sich jede Handlung, egal ob verbal oder physisch zweimal überlegen.
Bevor wir von der Story weggehen und uns über andere Aspekte des Spiels unterhalten, gilt es noch eines zu erwähnen. Abgesehen von der Tatsache, dass es für solche Souls-Like-Spiele ohnehin schon unüblich ist, dermaßen fokussiert auf die Story zu sein, ist Steelrising historisch auch sehr genau. Man kann hier also stellenweise tatsächlich etwas lernen und wenn man dann noch die ganzen historischen Persönlichkeiten wie Robespierre hinzurechnet, denen man auf seiner Reise durch das zerrüttete Frankreich begegnet, so wird das Spiel auch auf inhaltlicher Ebene für interessierte enormen Spaß bringen.
Altbekanntes
Gameplay-technisch bekommt man mit Steelrising definitiv Souls-like in seiner pursten Form. Man kann abwehren, kontern oder sich wegrollen und muss dabei immer auf seine Ausdauer achten. Die Mechaniken des Gameplay’s sind in diesem Spiel so einfach wie es für ein Spiel des Genres nun mal geht, da es aber zusätzlich noch Hilfsmodus gibt, dürfte jeder Spieler, der sich hier ein wenig Zeit nimmt, auf seine Kosten kommen. Außerdem gibt es eine Unmenge an Möglichkeiten was die Waffen betrifft. Diese haben nicht nur alle ihre eigenen detaillierten Animationen, sie haben meist auch noch eine wirkungsvolle Spezialaktion. Darüber hinaus kann man seine Waffen auch mit alchemistischen Kräften versehen. So könnt ihr im Laufe des Spiels beispielsweise mit Feuer, Frost oder Explosionen angreifen. Die elementarischen Fähigkeiten haben auch eine schlechte Seite, denn es dauert nicht lang bis auch die Gegner euch mit eben diesen Kräften angreifen.
Wie es sich für ein Spiel dieser Art gehört, hören die schier unendlichen Optionen natürlich nicht schon bei den Waffen auf. Besiegte Gegner geben auch hier Erfahrungspunkte, die es für Upgrades auszugeben gilt. Zwischen unter anderem Kraft, Agilität oder Ausdauer ist bei Steelrising für jeden was dabei. Rüstet man dann noch die passenden Gegenstände aus und belegt seine Modulslots mit den für sich besten passiven Effekten, so sollte man bestens für kleine und große Gegner vorbereitet sein.
Bosskämpfe mit Stützrädern
Bevor ich euch noch etwas zu Grafik, Sound und meinen kleinen negativen Punkten sage, erstmal ein Wort zum bereits erwähnten Hilfsmodus. Schaltet man diesen ein, hat man mehrere Bereiche, in welche man eingreifen kann, um sich das Spielgeschehen zu erleichtern – den Schaden, den man erleidet, die Ausdauer deines Charakters und der Verlust von „Anima“, also der Währung des Spiels, wenn man stirbt. Ein paar der eingefleischten Souls-like-Fans werden sich hier wahrscheinlich sofort auflehnen und sagen, dass die Seele des Genres aus dem hohen und nicht veränderbaren Schwierigkeitsgrad besteht. Zwar verstehe ich den Punkt im Ansatz, jedoch hält er sich spätestens bei Steelrising nicht mehr.
Auch so schon sehe ich kein Problem darin, den Spielern eine Möglichkeit zu geben, um im Endeffekt mehr Spaß am Spiel zu haben. Speziell bei Steelrising ist es aber der Fall, dass die eigentliche Geschichte nicht annähernd so verstrickt und verwirrend ist, wie man es aus anderen Spielen des Genres kennt. Für jene, die also auch die Geschichte miterleben wollen, ist dieser Modus eine optimale Stütze, um nicht zu lange an nervtötenden Stellen hängenzubleiben. Den Punkt nenne ich trotz allem aber unter Vorbehalt, dass man das Storytelling durchaus auch noch besser gestalten hätte können, wenn man sich nicht nur auf Kleinigkeiten wie Notizen und die großen Cutscenes beschränkt hätte.
Die wortwörtlichen Schattenseiten
Grafisch ist Steelrising in Ordnung und sieht sieht durchaus sehr hübsch aus. Damit könnte ich mein Statement zur Grafik auch schon enden lassen, gäbe es da nicht einen Punkt, der einem im Laufe der Spiel-Stunden immer mehr auf die Nerven geht. Ich weiß, Spiele dieses Genres sind immer düster und auch die Perspektive auf das nihilistische Paris ist relativ vielversprechend. Laufe ich aber durch die hundertste dunkle Gasse, in der irgendwo ein Feuer brennt, so kann das ganz schnell auch relativ ermüdend werden.
Nachdem man sich zu Beginn durch eine grüne Idylle gekämpft hat, kommt im restlichen Spiel größtenteils keine Originalität im Design vor, wenn nicht gerade ein Steampunk-Element im Fokus liegt. Da muss man neidlos anerkennen, dass die Vermengung von Steampunk und dem düsteren Frankreich in der Tat eine gute Idee war und so begegnet einem immer dann, wenn man gerade gegen einen Boss kämpft oder anderweitig mit Maschinen kämpft, eine großartige Welt, die man so tatsächlich noch nie gesehen hat. Davon abgesehen ist Steelrising aber in seinem Look eher Mittelmaß und so kann man auf gewisse Art und Weise von Glück reden, dass irgendwer die Idee mit dem Steampunk-Genre hatte. Diese Idee tut dem Spiel nämlich nicht nur spielerisch enorm gut, sondern auch äußerlich.
Dasselbe gilt auch für den Sound. Die Musik ist eindringlich, jedoch nicht wirklich einprägsam. Die Synchronisation ist gut und auch die Effekte erfüllen ihren Zweck. Doch auch hier – wann immer Steampunk-Elemente Einzug erhalten, wird einem als Spieler die Einzigartigkeit vermittelt, die diesem Titel innewohnt. Die krachenden und klickenden Sounds der dampfenden Maschinen inmitten der Geräuschkulisse von Kämpfen im 18. Jahrhundert, herrlich.