Gruselrunde Nr. 3 für die The Dark Pictures-Serie von Supermassive Games, die nach zwei puren Horror-Erfahrungen diesen Pfad ein wenig verlassen und mit The Dark Pictures – House of Ashes einen differenzierten Ansatz verfolgen.
Zugegeben, das was man vorab über House of Ashes verrät, klingt zunächst weitaus weniger spannend als das Horrorschiff aus Man of Medan oder der Hexenkult in Little Hope (unser Review). Wie sehr man sich in diesem Punkt täuschen kann, beweist man nun mit House of Ashes, das mich wie kaum ein anderes Spiel in jüngster Zeit gefesselt hat. Warum, verraten wir euch in unserem Review.
Ein uraltes Geheimnis schlummert unter der Wüste
The Dark Pictures – House of Ashes entführt euch diesmal in den Irak, wo man einen recht zähen Anfang mit Kriegsgeschichten aus dem Orient erlebt. Hätte Supermassive Games in der damaligen Preview nicht zumindest mal erwähnt, dass es im Grunde um eine antike und gefährliche Bedrohung geht, hätte ich vermutlich gleich wieder abgeschaltet, denn was hat ein moderner Krieg mit der The Dark Pictures Anthologie oder dem Horror-Genre zu tun?
In dem Fall ein notwendiger Einstieg, der wohl rein zeitgemäß gewählt wurde, aber bereits den Grundstein für eines der möglichen Enden legt. Zudem stellt sich bei House of Ashes eine ganz andere Frage, die mit Sicherheit noch für viele Diskussionen sorgen wird. Dazu später mehr.
Im Grunde geht es in House of Ashes um die Entdeckung eines sumerischen Tempels unter der Wüste im Irak, der durch ein Erdbeben freigelegt wird und in den unsere Protagonisten Rachel (Ashley Tisdale), Salim (Nick Tarabay), Eric (Alex Gravenstein), Jason (Paul Zinno), Naram-Sin (Sami Karim) und weitere hineinstürzen. Was als Rettungsmission beginnt, bei der man einfach nur wieder an die Oberfläche zurückkehren will, entpuppt sich als grauenhafter Überlebenstrip, den möglicherweise nicht alle erfolgreich überstehen werden.
Denn in den dunklen Kammern und Gruften dieses Tempels lauert seit Tausenden von Jahren eine Bedrohung, die euch zwingen wird, mit dem Feind der irakischen Armee zusammenzuarbeiten, wobei sich nicht nur einmal die Frage stellt, wer hier der wirkliche Feind ist. Dass die Story am Ende dann noch einmal eine komplette Wendung nimmt, sorgt für einen echten Überraschungsmoment, der zum einen alles andere als vorhersehbar war, zum anderen ein spektakuläres Finale abliefert.
Wie schon erwähnt, hat mich die Story von House of Ashes gefesselt wie keine andere. Das ist wirklich selten, dass man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht und daher immer wieder zum Controller greift. So waren die geschätzten 8 Spielstunden im nu vorbei, wobei es gemäß dem Spielkonzept viele alternative Zweige gibt und ein zweiter und dritter Playthrough immer noch aufregend ist. Auch der anschließende Austausch und Diskussionen mit anderen Spielern, die die Story von House of Ashes teils ganz anders erleben, ist ein toller Bonus.
Anders als die ersten beiden Teile der The Dark Pictures Anthologie ist House of Ashes kein wirkliches Horrorspiel mehr. Vielmehr spielt man hier mit einem gelungenen Spannungsbogen, der wohl dosiert und nuanciert immer wieder aufgebaut wird. Man sieht Schatten vorbeisprinten, hört Geräusche aus dunklen Ecken, ohne jedoch gleich zu offenbaren, was in diesem Tempel umher schleicht. Man verrät nie zuviel, gibt einem Raum für eigene Theorien, und überrascht am Ende mit einem gelungenen Twist als Höhepunkt. Es geht auch nicht mehr um stetige Jump Scares oder abgedroschene Ideen aus der Horrorkiste. Das brächte die Serie wohl auch kaum voran. Stattdessen bedient man die eigene Neugier und das Bestreben wissen zu wollen, was hier tatsächlich unter den eigenen Füßen begraben wurde und wie die Geschichte für unsere Protagonisten endet. Und das ist Supermassive Games mit House of Ashes auf grandiose Weise gelungen!
Die The Dark Pictures-Formel
Ganz rund läuft das Konzept von The Dark Pictures aber auch weiterhin nicht, was nach wie vor der Komplexität geschuldet ist. Auch House of Ashes lebt von den Entscheidungen der Spieler, welche die Story für jeden sehr individuell machen. Zum einen gibt es wieder bestimmte Schlüsselpunkte, an denen die weitere Richtung der Story gelenkt wird, zum anderen hängt dies stark vom Überleben der Charaktere ab. Geht einer durch was auch immer verloren, können mitunter bedeutende Szenen danach wegfallen. Auch die Zusammensetzung der einzelnen Szenen, die bekanntlich sehr oft zwischen den Protagonisten wechseln, ist nicht für alle Spieler gleich angeordnet.
Während genau dieser Punkt die The Dark Pictures-Spiele ausmacht, wird dadurch nicht nur einmal deutlich, wie schwierig es ist, das Ganze auch in einen harmonischen Einklang zu bringen. Das schlägt sich mitunter in einem unnatürlich wirkenden Gesprächsfluss nieder, scheinbar irrationales Handeln der Charaktere, oftmals falsche Betonungen der Dialoge usw., die der an sich spannenden Erzählung immer wieder ein Bein stellen. Die Frage ist, wie löst man dieses Problem in der Zukunft?
Feedback wird gehört und nicht
Immerhin geht man auf die Spieler zu und lässt sie nicht in unerwarteten Quick Time Events scheitern. Deutlich öfter wird man jetzt vorgewarnt, wenn ein QTE ansteht, was je nach Schwierigkeitsgrad mehr oder weniger Zeit gewährt. Auf dem Schwierigkeitsgrad ‘Herausfordernd’ sind allerdings alle ohne Probleme und auch sehr spontan zu meistern.
Gleichzeitig sind und bleiben die QTEs der größte Kritikpunkt der Serie. Mit jedem neuen Ableger hat man das Gefühl, dass man dem Spieler immer mehr Interaktionen wegnimmt. Das fällt bereits in der ersten Spielstunde auf, die mehr Videosequenzen als spielerische Parts umfasst. Dass sich das aber so durch das gesamte Spiel zieht, dürfte dem ein oder anderen ziemlich missfallen und hat auch uns überrascht.
Genau genommen könnte man The Dark Pictures – House of Ashes auch auf Netflix veröffentlichen und mit der Fernbedienung spielen. Man hangelt sich in der Tat von Videosequenz zu Videosequenz und darf zwischendurch mal ein paar Objekte betrachten und drehen, auf die Buttons hämmern, um eine Tür zu öffnen, oder im richtigen Takt seinen Herzschlag synchronisieren. Dazwischen läuft man zwar durch ziemlich beeindruckende Umgebungen, in der Gänze betrachtet und aus spielerischer Sicht, ist der Titel aber eine absolute Nullnummer ohne großen Anspruch.
Dabei gibt es genug Situationen, die man gerne selbst spielen würde und nicht als Videosequenz präsentiert bekommen möchte, etwa in Feuergefechten. Stattdessen darf man mal kurz ein Zielkreuz auf den Gegner lenken und mit R2 einmal abdrücken. Den Rest erledigt die nächste Videosequenz. Dafür, dass man hier ein Spiel vor sich hat, eine ganz schwache Leistung.
Wo dieses Konzept hingegen gut funktioniert, ist beim wiederkehrenden Spielmodus ‘Filmabend’, wo man ohnehin nicht so sehr auf den spielerischen Part konzentriert ist, oder für eher nicht versierte Spieler. Ich denke aber, dass dieser Umstand noch für sehr viele Diskussionen sorgen wird.
Filmqualität in Reichweite
Dass man dem Spieler so wenig Raum gibt selbst zu interagieren, hat auf der technischen Seite natürlich enorme Vorteile. Weniger zufällige Situationen pushen die The Dark Pictures Anthologie auf ein visuelles, akustisches und cineastisches Level, an dem man sich kaum satt sehen kann. Von Gesichtsanimationen, über gekonnte Kamerafahrten und Close-Up Aufnahmen, bis hin zu dem wahnsinnig beeindruckendem Setting wird hier ein fast makelloses “Spiel” abgeliefert. Es ist sicherlich auch Teil der Erfahrung, dass man House of Ashes wie einen Film erlebt, inkl. der dichten Soundkulisse. Doch muss man sich wirklich bewusst sein, dass technische Qualität weit über spielerischer Quantität steht, um zu entscheiden, ob es was für einen ist.
Absolut fantastisches Game. Und sehr gute Review. Es wurde alles kritisiert was auch ich kritisiert hätte.
So darf es gerne Weitergehen.