Es war schon recht gruselig anzusehen, wie einer der ersten Hoffnungsträger für PlayStation VR2 – The Dark Pictures Switchback VR – die Erwartungen an das Headset damals umgehend zunichte machte. Ein technisches Debakel, das weder dem Franchise, noch den Möglichkeiten der PS VR2 gerecht wurde. Das sieht inzwischen ganz anders aus und mit einer beeindruckenden Nachbesserung ist es nun das Horror-Erlebnis, das es zum ursprünglichen Release sein sollte. Zeit, um unseren Test zu The Dark Pictures Switchback VR fertigzustellen.
Tatsächlich liegt dieser seit über vier Monaten unvollendet herum, basierend auf der Hoffnung, dass Supermassive Games das ersehnte Update nachliefert, das man umgehend versprochen hatte. Seit dem vergangenen Freitag ist der Patch nun da und wird von den The Dark Pictures– und PS VR2-Fans gefeiert, wie selten ein anderer.
The Dark Pictures Hintergrund:
The Dark Pictures Anthology ist eine Reihe von interaktiven Horrorspielen, die von Supermassive Games entwickelt und von Bandai Namco Entertainment veröffentlicht werden. Die Spiele sind in einer Anthologieform gehalten, wobei jedes Spiel eine eigenständige Geschichte erzählt, die auf realen Ereignissen und Folklore basiert.
Die Spiele werden in der Ego-Perspektive gespielt und die Spieler steuern eine Gruppe von Charakteren, die sich durch die Umgebung bewegen und Entscheidungen treffen müssen, die den Verlauf der Geschichte beeinflussen. Die Spiele enthalten auch Quick-Time-Events, bei denen die Spieler schnell Tasten drücken müssen, um Aktionen auszuführen, z. B. dem Angriff eines Monsters auszuweichen oder einer Klippe zu entkommen.
Die Hintergründe der Dark Pictures Anthology sind vielfältig und reichen von historischen Schauplätzen wie dem Zweiten Weltkrieg bis hin zu moderneren Umgebungen wie einem verlassenen Geisterdorf. Die Spiele zeichnen sich durch ihre detaillierte und atmosphärische Grafik aus, die dazu beitragen, ein Gefühl von Spannung und Angst zu erzeugen.
Anders als die Hauptserie ist The Dark Pictures Switchback VR im Rai-Shooter Genre einzuordnen, eine virtuelle Geisterbahnfahrt, die dank VR ihren besonderen Reiz hat. Die Story agiert zudem unabhängig der Hauptspiele und hat weniger Relevanz als die Gameplay-Erfahrung.
Die Versuchung des Teufels
The Dark Pictures Switchback VR ist ein unabhängiger Ableger in der Anthologie, der aus der Perspektive eines unbekannten Protagonisten erzählt wird. Alles beginnt mit einer Zugfahrt, die Kopfhörer im Ohr, während man dem Anruf seiner Schwester lauscht. Ziel ist ein Themenpark, um gemeinsam an den Tod seines Vaters zu erinnern. So viel lässt sich jedenfalls bis dahin zusammenfassen, bis eine mysteriöse Frau in eurem Zugabteil auftaucht und dieser kurz darauf entgleist, begleitet von blutigen Visionen und dem Erscheinen des legendären Kurators.
Wie in jedem The Dark Pictures-Spiel haben Entscheidungen auch in Switchback VR eine besondere Bedeutung, die man während der wilden Achterbahnfahrten treffen muss – mal bewusst, mal durch Zufall, mal durch Geschicklichkeit oder dem Retten der anderen Zugpassagiere. Das wirkt sich letztendlich auf eines der beiden Enden aus, die euch entweder entkommen lassen oder in die Hölle verbannen. Hier klärt sich auch, wer die mysteriöse Frau aus dem Zugabteil ist und wie diese durch Lügen versucht, euer Schicksal zu lenken.
Zugegeben, die Story von The Dark Pictures Switchback VR ist kaum vergleichbar mit den großen 2D-Spielen, alleine schon deshalb, weil sie fast nur in den Zwischensequenzen stattfindet und kaum Kontext und Gespräche liefert. Vielmehr ist es ein Mittel zum Zweck, die durch die optionalen Entscheidungen aber dazu einlädt, sie mindestens zweimal zu erleben. Und auch das ist weitaus weniger, als in den großen Spielen möglich ist. Bei VR-Spielen geht es aber meist weniger um komplexe oder emotionale Erfahrungen, vielmehr steht hier das spielerische Erlebnis im Mittelpunkt.
Rückkehr nach Little Hope & Co.
Die Vorlage zu The Dark Pictures Switchback VR ist ganz klar Until Dawn: Rush of Blood, das schon damals mit seinem Rail-Shooter Konzept die Frage aufkommen ließ, ist das nun ein Schritt vorwärts oder zurück in alte Tage? Für diese Art von VR-Games wohl genau das Richtige!
Man sitzt also in seiner Lore und begibt sich auf den Ritt in das Inferno, begleitet von einer diabolischen Stimme, während man hinter dem ersten Tor von einem riesigen Teufelsanblick verschluckt wird. Dieses einmalige Achterbahngefühl auf der eigenen Couch überzeugt umgehend mit der ersten größeren Abfahrt, bei der man sich krampfhaft an die Sense-Controller krallt, als müsste man fürchten aus dem Sitz geschleudert zu werden. Alleine dieses Einführungslevel ist ein Erlebnis für sich, in dem all die PS VR2-Technologie zusammenspielen. Knallt man mit dem Kopf gegen einen Baum, rüttelt das Headset an eurem Kopf, die ungleichmäßigen Gleise sorgen für stetige Vibrationen in den Controllern und mittels 3D-Audio findet der Spuk von allen Seiten statt.
Wirklich los geht es mit den thematischen Levels, die an die bisherigen The Dark Pictures-Spiele angelehnt sind. Ob das Geisterschiff in China, das Hexendorf Little Hope, der mysteriöse Vampir-Tempel unter der Wüste oder das mörderische Hotel von H.H. Holmes. Jeder Schauplatz, der stets aus zwei Level besteht, verspricht eine ganz eigene Erfahrung, nutzt viele bekannte Elemente aus den großen Spielen und gewährt einen erweiterten Blick auf die Locations. Auf dem Geisterschiff ist man zum Beispiel auch über Deck unterwegs, das Zentrum des Vampir-Tempels erlebt man in einer kompletten Rundfahrt und in H.H. Holmes Horrorhotel wird man im Stil von SAW spüren, wie es ist in einem Glaskasten gefangen zu sein, während tödliche Säure über einem ausgekippt wird. Irgendwo gibt es auch einen engen Durchgang, in dem zahlreiche Hände auf einen zukommen und die bei Berührung das Headset zum Vibrieren bringen. Dabei hat sich alles in einem zusammengezogen und geschüttelt, was man so nur in VR erleben kann.
Rail-Shooter können wieder begeistern
Supermassive Games hat hier wirklich kreative Ideen umgesetzt, wie man Elemente, die auf dem 2D-Bildschirm kaum gruselig erscheinen, zu einer intensiven Erfahrung werden, die man körperlich wahrnimmt – vergleichbar mit einer interaktiven Geisterbahnfahrt, die durch physische Reize das nächste Level erreicht. Vieles spielt sich in The Dark Pictures Switchback VR auch nur im Kopf ab, man lässt einen im Dunklen stehen und fragt sich, passiert nun was oder nicht, während in völlig unerwarteten Momenten plötzlich irgendwas auf eure Lore springt oder Massen an Käfer über einen krabbeln. An Grusel, psychologischen Tricks oder Jump Scares fehlt es in The Dark Pictures Switchback VR keinesfalls. Das Spiel würde letztendlich auch überzeugen, wenn man die ganzen Shooter-Elemente weglässt und man nur an dieser interaktiven Show teilnehmen kann. Das ‘Blinzel nicht’-Feature ist da ein gutes Beispiel – hier stehen unheimliche Schaufensterpuppen um euch herum, die sich mit jedem Blinzeln – hier durch das Eye-Tracking wahrgenommen – immer einen Schritt auf euch zubewegen, bevor man im letzten Schritt von diesen abgestochen wird.
In dieser rund dreistündigen Gesamterfahrung könnte nur das natürlich etwas wenig sein, weshalb man ganz klassisch im Rail-Shooter-Design durch die Levels ballert, oft nicht zu knapp, oder so Schalterrätsel lösen, etwa um eine herabstürzende Walze aufzuhalten, die einen zerstückelt, oder um Objekte zum Einsturz zu bringen. Insgesamt ist man damit sehr gut unterhalten, abgesehen davon, dass man vor lauter Anspannung kaum mehr zwei thematisch Level am Stück schafft, wenn man nicht vorher schon das Weite sucht.
Technisch hat der Patch tatsächlich vieles gerettet, bei dem es nicht nur um eine höhere Auflösung oder die matschigen Texturen ging. Die komplette Atmosphäre wurde durch verbesserte Beleuchtung, mehr Animationen, verbesserte Figurenmodelle oder den dichteren Nebel deutlich angehoben. Sicherlich ist The Dark Pictures Switchback VR noch immer nicht ganz fehlerfrei – in einem Level öffnete sich zum Beispiel eine Türe nicht und man fuhr einfach durch die Textur hindurch. An anderer Stelle wünschte man sich mehr Kollisionsabfragen oder Animationen, die alles noch realistischer machen, und auch grafisch ist garantiert noch Luft nach oben. Für das verhältnismäßig mittlere Preisniveau des Spiels geht das aber absolut OK.
[Update] Im Laufe der letzten Wochen sind einige Updates für das Spiel erschienen, die es zunehmend zu einer besonders lohnenswerten Erfahrung machen. Bei der derzeitigen Auswahl an VR-Spielen ist The Dark Pictures Switchback VR also fast ein Must-Have, das sich Fans von PS VR2 keinesfalls entgehen lassen sollten. Ob ein weiteres Spiel dieser Art folgt, ist derzeit allerdings ungewiss, da Super Massive Games mit zahlreichen anderen Projekten beschäftigt und das VR-Medium generell weniger lukrativ ist. Zieht man nun noch einige Spielermeinungen heran, macht man mit The Dark Pictures Switchback VR zumindest nichts verkehrt.
„Kleinere Grafikfehler“ ???
Nach dem Update nicht.
„Story fast nebensächlich“ ist es auch.
Für mich ist ein guter VR fun shooter.
„Leichtes Motion-Sickness möglich“
Das gilt für jedes Game, und es kommt auch auf den Gamer an.
Bereue den Kauf 100% nicht.
Schöne Review, danke. Hab’s zum Start aufgrund der technischen Probleme auch erst einmal liegen lassen. Werde es mir jetzt doch mal anschauen.. aber erstmal Synapse komplettieren 🙂