Seit der Veröffentlichung von Valve´s „Portal 2“ wartet man vergebens auf die Fortsetzung der Puzzle-Adventure Ikone oder zumindest auf ein würdiges Pendant. Viele haben sich versucht, aber wenn man ganz ehrlich ist, ist es auch nicht leicht spielerisch komplexe Denkweisen mit dem einzigartigen Humor eines Glados zu imitieren oder gar zu übertreffen. Und ohnehin wäre eine simple Kopie wohl eher langweilig.
Die Hoffnung muss man dennoch nicht aufgeben. So erblickte im vergangenen Jahr ein Spiel namens „The Talos Priniciple“ das Licht der Welt, das bereits auf dem PC für mächtig Furore sorgte und in Kürze auch auf PlayStation 4 folgt. Die Entwickler bei Croteam, die sich für „The Talos Principle“ auszeichnen, haben dabei so ziemlich alles richtig gemacht, die sich dabei ganz klar einer populären Vorlage bedienen, im Gesamtpaket aber eine gänzlich eigene Note und Ansätze abliefern.
Philosophie für Denksportler …
„The Talos Principle“ verfolgt aus Sicht der Story, wenn man diese denn als solche bezeichnen kann, einen eher philosophischen Ansatz – eine Reise nach der Frage des eigenen Daseins, woher wir kommen oder wohin einen das Leben führt. Geschrieben wurde diese von Tom Jubert (The Swapper) und Jonas Kyratzes, denen es dabei glaubwürdig gelingt, dass man eben nicht einfach nur dem Portal-Franchise hinterher eifert. Wir selbst schlüpfen dabei in die Rolle einer künstlichen Intelligenz, dargestellt als moderner Roboter, der mich an den Film „iRobot“ erinnert. Schauplatz sind fiktive, aber auch real nachempfundene Tempel und antike Ruinen, wie etwa die Sphinx, den berühmten Aquädukte oder die Pyramiden in Ägypten, die man mehr oder weniger erkunden kann. Reale Menschen trifft man dabei keine, lediglich noch ein paar Relikte oder Archive in Form alter Computeraufzeichnungen, eine Art DOS-System, mit dem man die Geschichte weiter hinterfragen kann oder sich selbst mit einem psychologischen Profil füttert.
Es hat etwas von der Geschichte über Pinocchio, der von der Puppe zum echten Menschen werden wollte oder in unserem Fall von einem Roboter zum Menschen. Erzählt wird dies meist durch eine hallende, gottähnliche Stimme des Führers Elohim, die in den Umgebungen ertönt, in Audiologs, die sich in den Level finden oder eben in den erwähnten Computeraufzeichnungen. Hin und wieder versucht man sich dabei zwar auch an dem sarkastischem Humor eines Portal-Spiels, um die überwiegend lethargisch und ruhig wirkende Situation etwas aufzulockern, wirklich gelingen will das jedoch nicht, da es einfach nicht konsequent genug geschieht und vor allem auch nicht das eigentliche Konzept darstellt. Ganz im Gegenteil ruft es so mittendrin eher Verwunderung hervor. In der Gänze wirkt das Story-Konstrukt etwas träger als bei Portal, wodurch es einem auch etwas schwieriger fällt, die über 20 Stunden, die „The Talos Principle“ an Spielzeit zu bieten hat, bei der Stange zu bleiben, sodass man im späteren Verlauf und den komplexeren Rätsel meist nach einem oder zwei schon wieder Pause macht und das Spiel eher zum gelegentlichen Lückenfüller wird.
Thinking without Portals, aber nicht weniger knifflig …
Geübte Portal-Spieler werden sich in „The Talos Principle“ schnell hineinfinden, da sich Denkweisen und Muster bei den meisten dieser Rätselspiele immer wiederholen. Dies soll nicht bedeuten, dass man hier alles direkt abgekupfert hätte, ganz im Gegenteil, die Level-Rätsel versprechen ein ganz eigenes Set an Herausforderungen, die von Tempel zu Tempel deutlich anspruchsvoller werden und hin und wieder auch mal ein späteres Wiederkommen erfordern. Ziel in jedem Level ist es eine Art Tetris-Baustein zu finden, die zusammengesetzt den Weg für den nächsten Tempel freilegen. Zu den einfachsten Dingen gehört da einen Laserstrahl so umzuleiten, dass dieser eine Tür zum Objekt der Begierde öffnet und man den Level bereits nach wenigen Minuten wieder verlassen kann. Mit fortschreitendem Spielverlauf muss man aber immer größer, um mehrere Ecken herum oder sogar durch die Zeit hindurch überlegen, um ein Rätsel zu knacken. So kann man zum Beispiel eine Aufzeichnung von sich selbst in dem Level anfertigen, diese im Anschluss abspielen und eben jene Aufzeichnung als eine Art zweiten Spieler betrachten, um so um Ecken herum zu arbeiten, die alleine unmöglich erschienen.
Dies führt zwangsläufig sogar dazu, dass man grundsätzlich jeden Level als äußerst komplex betrachtet, obwohl die Lösung denkbar einfach gewesen wäre und einem zu Fuße liegt. Mit der Zeit werden euch zudem immer mehr Hilfsmittel in den Raum geworfen, die zum Lösen der Rätsel verwendet werden können, darunter Ventilatoren oder Würfel, die jedoch eher den gegenteiligen Effekt haben und alles noch komplizierter erscheinen lassen. Hin und wieder versucht euch das Spiel sogar hinters Licht zu führen und gibt euch Hilfsmittel in die Hand, die am Ende völlig nutzlos sind und nur ein Ziel haben – euch zu verwirren. Machbar ist aber alles, sodass ihr euch für eine lange Zeit und ausgiebig beschäftigen könnt, nicht zuletzt auch dadurch, da der PS4 Version das Add-On „Road to Gehenna“ beiliegt, samt neuer Geschichte, Charakteren und noch mehr Philosophie. Puzzle-Fans kommen mit „The Talos Principle“ definitiv auf ihre Kosten, die sich auf frische, kreative und teils äußerst anspruchsvolle Rätsel freuen können. Persönlich hätte ich mir noch eine KoOp-Komponente gewünscht, die insbesondere in Portal das besondere i-Tüpfelchen bildete und hier einen wunderbaren Ausgleich zu der sonst recht einsamen Welt geschaffen hätte.
Einsame Schönheit …
Die einsamen Level von „The Talos Principle“, in denen an sich wenig Interaktion zu beobachten ist, lassen natürlich viel Platz, um andere Stärken auszuspielen, etwa bei der Grafik. Das Spiel ist mal wieder ein perfektes Beispiel eines fotorealistischen Ansatzes, das, abgesehen von der aufkommenden Einsamkeit darin, sich keine Fehler erlaubt. Somit kann man durchweg die wunderschönen und mystisch wirkenden Tempelanlagen genießen; und ganz ehrlich, wer von uns wollte so etwas nicht mal in aller Ruhe tun? In „The Talos Principle“ gibt es zumindest die Gelegenheit dazu, auch wenn es sich letztendlich nur auf das Anschauen beschränkt und weniger zum echten Erkunden einlädt. Neben dieser perfekt durchgestylten Präsentation macht das Spiel auch im Hinblick auf die Performance, der berühmten B-Note, ein gute Figur und verspricht ein äußerst angenehmes und flüssiges Spielgefühl, begleitet von mystischen Klängen, die dem Setting angepasst auf euch einprasseln.
Entwickler: Croteam
Publisher: Bandai Namco / Devolver Digital
Release: 13. Oktober 2015
Offizielle Homepage: www.croteam.com/talosprinciple
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