Was für ein Start ins neue Jahr. Ich habe mich noch immer nicht erholt. Nein, ich meine nicht den billigen Fusel auf der Neujahrsfeier, sondern: Ich habe mich noch immer nicht erholt von Square Enix‘ abermals absurdem Neujahrsbrief.
Auch dieses Jahr meldet sich Präsident des Unternehmens Yosuke Matsuda mit Lobgesang für Blockchain-Technolgie und NFTs, während in der Realität das sogenannte Web3 bei nahezu keinem Gamer Zuspruch findet. Trotzdem möchte Square Enix 2023 verstärkt auf ebenjene missliebige Technologie setzen – und eröffnet das Jahr mit was wir üblicherweise als „schlechten Scherz“ betiteln.
Square Enix und seine Neujahrsbriefe
Ein neues Jahr, eine neue Neujahrsbotschaft von Square Enix. Es ist wohl schon zur Tradition geworden, dass sich der japanische Spiele-Hersteller zum Jahreswechsel ordentlich blamieren möchte. 2022 sprach Yosuke Matsuda von einer glorreichen Zukunft für NFTs und taufte das Jahr davor als das „Metaverse-Jahr“. Dass daraufhin NFTs immer häufiger für kriminelle Zwecke genutzt wurden und Facebook, nein, Meta mit dem Metaverse enorme Verluste einstecken musste, beweist so schön: Die beste Satire schreibt immer noch das Leben. Außerdem setzte Yosuke Matsuda Spieler, die „zum Vergnügen spielen“, tatsächlich so in Anführungszeichen, als wäre es obskur, mit Spielen Spaß haben zu wollen.
Auch dieses Jahr hält den Square-Enix-Boss nichts davon ab, von Blockchain und NFTs zu schwärmen, während Branchen-Kollegen wie Ubisoft nach einem gescheiterten Versuch schnell wieder Abstand genommen haben. Noch besser: Die Minecraft-Macher von Mojang Studios haben vergangenes Jahr NFTs eine klare Absage erteilt und sie sogar verboten.
In Matsudas Briefchen findet sich das Wort „Blockchain“ ganze vierzehn Mal wieder und das Thema nimmt die gesamte zweite Hälfte ein. Betrugsskandale um Kryptowährungen finden hingegen nur kurz Erwähnung. Vielmehr heißt es, dass Japan in die Blockchain-Offensive geht – und besonders Square Enix.
Alles falsch mit Square Enix
Genug um den heißen Brei geredet. Was sagt Yosuke Matsuda? Er hofft, „dass Blockchain-Spiele im Jahr 2023 in eine neue Wachstumsphase eintreten“, was ein verständlicher Wunsch ist, da Square Enix mehrere Blockchain-Projekte in Arbeit hat, die dieses Jahr vorgestellt werden sollen. Eines davon hat sein Fett bereits abbekommen, gemeint ist Symbiogenesis. Aber dieses Fass mache ich nicht erneut auf, das könnt ihr nämlich hier nachlesen.
Square-Enix-Chef scheint sich mit der Richtung für sein Unternehmen sicher zu sein. Yosuke Matsuda behauptet zwar nicht mehr, dass Metaverse, Blockchain, Web3 etc. mehr als Schlagwörter sind. Stattdessen schreibt er:
„Wir konzentrieren uns vor allem auf die Blockchain-Unterhaltung, die wir mit aggressiven Investitionen und Geschäftsentwicklungsmaßnahmen unterstützen. Von außen betrachtet kann man wohl mit Fug und Recht behaupten, dass die Blockchain im Jahr 2022 einen bedeutenden Bekanntheitsgrad erlangt hat, was sich auch daran zeigt, dass Web 3.0 zu einem fest etablierten Schlagwort unter Geschäftsleuten geworden ist.“
Yosuke Matsuda via Square Enix
Das Problem ist jedoch, dass diese „Schlagwörter“ eben nur „Schlagwörter unter Geschäftsleuten“ sind. Geschäftsleute sehen häufig nur das Geld und verstehen nicht oder versuchen erst gar nicht zu verstehen, was Spieler wollen. Eine Dissonanz, die im Spielesektor immer wieder zu Unruhen führt, zum Beispiel als die Anzugträger bei EA Singleplayer-Spiele für Tod erklärt hatten. Letztlich – und glücklicherweise – steuern aber die Konsumenten, also die Spieler, die Videospielbranche.
Es ist noch nicht vorbei – leider
Blockchain, NFTs, Web3 – trotz der Skandale ist es keine tote Technologie, sie wird sicherlich in der ein oder anderen Form an Relevanz gewinnen. Aber die Videospielbranche und die Spieler können wenig mit ihr anfangen. Egal, wie sehr es ein Unternehmen wie Square Enix auch versucht, sie hat keine Daseinsberechtigung in Videospielen. Nichts, was Blockchain momentan ermöglicht, verbessert ein Spielerlebnis, vielmehr verschlechtert sie es, wie es bei Lootboxen lange der Fall war und teilweise noch ist. Kein Spiele-Unternehmen konnte bisher erklären, inwiefern ihre Spiele und die Spieler von Blockchain oder NFTs profitieren, auch nicht Square Enix.
Yosuke Matsuda wird wohl dessen ungeachtet nicht so schnell locker lassen. Sein Unternehmen muss wohl erst so richtig auf die Nase fallen, um zu erkennen, dass seine Vision reine Fantasie ist. Genau so war das auch mit der Live-Service-Offensive von Square Enix, die ein gescheitertes Spiel nach dem nächsten verbuchen musste. Wenn es so weitergeht, könnte das Unternehmen tatsächlich auch Opfer einer Übernahme werden.
Ich für meinen Teil freue mich dennoch auf Final Fantasy 16 und Kingdom Hearts 4 und hoffe sehr, dass diese Spiele vom NFT-Blödsinn verschont bleiben und wir dafür mehr starke Singleplayer-Rollenspielen bekommen.
Was haltet ihr von Square Enix‘ Neujahrsbrief? Schreibt es uns in die Kommentare!