TEST – Borderlands: The Pre-Sequel

Christian Götzinger 1 Comment
10 Min Read

„Nachfolger kann jeder, wir machen ein Pre-Sequel!“, sagte anscheinend einer der federführenden Entwickler in einer Besprechung bei Gearbox, als es um den Beginn eines neuen Teils der beliebten Borderlands-Reihe ging. Denn „Borderlands: The Pre-Sequel“ spielt nach den Ereignissen des ersten und vor Beginn des zweiten Ablegers des Shooter-Erfolges. Ob dieser – im ersten Moment scheinbar halbherzige – Versuch geglückt ist und euch ein vollwertiger neuer Titel erwartet, verraten wir euch in diesem Test.

 

Die Story – Alle lieben Jack

Erinnert ihr euch an Handsome Jack? Wenn ihr Borderlands 2 euer Eigen nennt, dann könnt ihr diese Frage nur mit „ja!“ beantwortet haben. Denn wer – die absolut abgedrehte Tiny Tiny mal außen vor gelassen – stach mehr aus dem Pool von genial-verrückten Charakteren hervor, als der charismatische Oberschurke Jack? Die Beliebtheit des Anti-Helden bei der Spielergemeinde wurde offensichtlich zur Kenntnis genommen, denn im „Pre-Sequel“ dreht sich alles um seine Entwicklung zur personifizierten Eitelkeit, die alle kennen, lieben und hassen gelernt haben. Er war nämlich nicht immer so, zu Beginn des Spiels begegnet ihr einem fast sanftmütigem Jack. Leider resultiert seine nur langsame Veränderung zum Egomanen vor allem zu Beginn in teils langweiligen Dialogen, die im Vergleich zum Vorgänger an Spritzigkeit verloren haben. Er bittet euch in ärgster Bedrängnis von einer attackierten Raumbasis auf den nächstgelegenen Mond Elpis zu fliegen, um dort einen Störsender abzuschalten. Als Kammerjäger habt ihr natürlich stets den euch versprochenen Reichtum im Kopf und versucht daher, Jack aus seiner misslichen Lage zu befreien, weshalb ihr euch sogleich auf den Weg macht. Große Überraschungen erwarten euch hier nicht mehr. An eurem großen Ziel ändert sich nichts, es werden euch lediglich immer wieder neue Steine in den Weg gelegt. Daher mutet die Story insgesamt etwas einfallslos an, was durch die ständigen Gags aber größtenteils wieder wettgemacht wird.

 

Nicht viel Neues auf dem Mond

blprsql_ss_12Auf Elpis angekommen, werdet ihr auf ungemütliche Art und Weise auf eines der wenigen neuen Gameplay-Elemente aufmerksam gemacht. Da Monde über keine Atmosphäre verfügen, müsst ihr euch schnellstmöglich auf die Suche nach einem Oz-Kit machen. Übrigens wird euch, in dem für Borderlands typischen Humor, anhand eines auffindbaren Audio-Logs erläutert, dass der Name seinen Ursprung in einem falsch gelesenen O2-, sprich Sauerstoff-Kit hat – genial! Dieses nimmt an geeigneten Stellen Sauerstoff auf und lässt euch für eine begrenzte Zeit auf der Mondoberfläche herumlaufen. Insgesamt stellt sich die neue Mechanik jedoch als ziemlich überflüssig heraus, da genügend Auffüllmöglichkeiten vorhanden sind und auch Gegner den benötigten Sauerstoff zu Hauf fallen lassen. Viel interessanter ist hingegen die deutlich verringerte Schwerkraft. Diese lässt euch in hohem Bogen durch die Gegend springen. Zusätzlich könnt ihr nun auf Wunsch durch den Sauerstoff an Bord im Sprung einen Boost nach vorne geben oder euch von oben auf eure Gegner stürzen, was an Gegnern mehr Schaden verursacht, als man erwartet hätte. Dadurch erhält das Gameplay ein wenig mehr Schwung. Durch die Höhe zu gleiten und die Gegner von oben zu bekämpfen, hat zumindest uns durchaus Spaß bereitet, mag aber auch nicht unbedingt für jeden Spieler etwas sein. Anzumerken ist auch, dass die Gegner ebenso Gebrauch von diesen neuen Fähigkeiten machen, was die Kämpfe oftmals noch unübersichtlicher macht.

Ansonsten hat sich nicht viel getan. In der Stadt könnt ihr den neuen Wandler benutzen, der nicht benötigte Ausrüstung mit Glück in bessere verwandelt. Ansonsten erwarten euch der gleiche Schwarzmarkt-Händler, die bekannte liebreizende Moxxi mit ihrer Bar, alte Spielmenüs und das erprobte Badass-System, das euch durch kleinere Boni zur Absolvierung von hunderten Herausforderungen motiviert. Nachdem sich Borderlands im zweiten Teil stark verändert hat, kommt man sich hier doch immer wieder in einem großen DLC vor. Auch die durch das Mond-Setting sehr monotone Umgebung erweckt irgendwie den Eindruck, dass der Umfang des Spiels nur künstlich gestreckt wird und man immer wieder das gleiche sieht und erlebt. Doch ist das Pre-Sequel wirklich ein liebloser Abklatsch, den es nicht zu spielen lohnt?

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Altbewährtes währt am längsten

In Borderlands ging es schon immer darum, von abgedrehten Charakteren seltsame Aufgaben anzunehmen und diese durch ein wildes Geballer mit abgefahrenen Waffen zu erfüllen, um damit im Level aufzusteigen und noch mehr verrückte und bessere Ausrüstung zu finden. Das wollen Fans von Borderlands, und genau das bekommen sie im neusten Teil auch wieder. Denn auch wenn man vielleicht mit etwas weniger Begeisterung, als beim absolut grandiosen zweiten Teil, durch die riesige Welt stapfen wird, so erhält man hier doch sehr viel für sein Geld. Die Story wird euch gut und gerne 20 Stunden beschäftigen. Sie mag im Vergleich etwas liebloser ausfallen und an manchen Teilen gestreckt wirken, doch auch dieses Mal werdet ihr immer wieder durch den, mal mehr und mal weniger, charmanten Humor überrascht. Dutzende Nebenaufgaben und hunderte Herausforderungen, die zahlreiche schwer zu entdeckende Geheimnisse beinhalten, werden euch die Welt ausführlich begutachten lassen und euch damit zusätzlich sehr lange auf Trab halten.

Wer dann noch den nötigen Drang zum Perfektionismus besitzt, der kann auf dem Maximallevel schier unendlich lange nach der besten Ausrüstung eifern. Zudem bieten die vier zur Auswahl stehenden Charaktere eher noch spaßigere und abwechslungsreichere Talentbäume als die Vorgänger. Zur Wahl steht sogar einer der quasselnden Claptrap-Roboter, den Wagemutige mit Nerven aus Stahl in den Kampf schicken können. Ansonsten warten mit Wilhelm, Athene und Nisha drei weitere spielbare Charaktere, die Veteranen durch ihre früheren Auftritte auf beiden Seiten bereits ein Begriff sein sollten. Mit jedem Level verbessert ihr eure Werte oder eure Spezialfähigkeiten, die von zwei sprechenden und angreifenden Drohnen bis hin zu zufälligen Chaos-Aktionen langen. Zudem hört ihr je nach Charakterwahl immer wieder neue Sprüche von euch und auch euren Auftraggebern, die individuell auf euch reagieren. Somit wird euch aus spielerischer Hinsicht durchaus ein hoher Wiederspielwert geboten.

 

Erneut ein Heidenspaß im Multiplayer

Im Idealfall solltet ihr mit euren Freunden durch Elpis streifen. Dies macht nicht nur viel mehr Spaß, sondern gestaltet sich durch die Möglichkeit der Wiederbelebung auch weniger frustrierend, als bei einem Alleingang, der je nach Charakterklasse durchaus als schwierig bezeichnet werden kann. Eine Besonderheit bei Borderlands ist auch dieses Mal, dass ihr euch den Horden von Gegnern der gesamten Story gemeinsam zu zweit im Splitscreen auf der Couch stellen, und dabei sogar gleichzeitig mit zwei zusätzlichen Spielern online unterwegs sein könnt. Diesen Luxus bietet heutzutage fast kein anderes Spiel mehr, weshalb wir hier mit bestem Gewissen die Bestnote verteilen können.

 

Grafik und Sound

blprsql_ss_09Leider wurde an der Optik offensichtlich überhaupt nicht mehr gefeilt. Das Spiel sieht so aus wie sein Vorgänger, teilweise eher schlechter. Zu oft sieht man eine starke Treppchenbildung durch eine niedrige Auflösung. Noch immer bauen sich die Texturen erst einige Sekunden nach dem Betreten einer neuen Zone auf, anstatt den Spieler einfach einen Moment länger warten zu lassen. Das ist gerade deshalb schade, weil uns das Cel-Shading von Borderlands generell sehr gut gefällt und die Grafik insgesamt keinesfalls als schlecht bezeichnet werden kann. Aber während man beim Vorgänger grafische Mängel noch mit den zahlreichen Neuerungen entschuldigen konnte, hätten wir uns hier mehr gewünscht. Die fehlende Abwechslung durch die Festlegung auf das Mond-Setting, was unserer Meinung dringend durch die kommenden DLC’s geändert werden sollte, verstärken den insgesamt eher mauen grafischen Eindruck. Unsere Hoffnungen ruhen in dieser Hinsicht daher in Borderlands 3, das hoffentlich bald für die neue Konsolengeneration angekündigt und die aktuell bestehenden Probleme beseitigen wird.

Der Sound weiß hingegen erneut zu überzeugen. Vor allem an den deutschen Synchronstimmen gibt es nichts zu meckern. Die meisten Geräusche sind bereits aus den Vorgängern bekannt, während sich der neue Soundtrack wieder perfekt in das Spielgeschehen einfügt.

Entwickler: 2K Australia
Publisher: 2K Games
Release: erhältlich
Offizielle Homepage: www.borderlandsthegame.com

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TEST – Borderlands: The Pre-Sequel
Auch der neuste Teil der Borderlands-Reihe weiß durch gelungene Gags, eine motivierende Jagd nach verrückten Waffen und einem perfekten Multiplayer zu überzeugen. Fans können hier erneut hunderte Stunden investieren, bis alle vier Charaktere mit der besten Ausrüstung ausgestattet sind. Viele Neuerungen sollten aber nicht erwartet werden. Borderlands-Neulinge sollten daher eher zur GotY-Edition des zweiten Teils greifen, der insgesamt noch etwas mehr Abwechslung bot.
8.4
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