Was lange währt, wird auch gut? Diese Frage könnte bei Dying Light 2 kaum besser passen und ist zugleich ziemlich schwierig zu beantworten. Selten hat man sich so auf einen Titel gefreut, der doch recht ungewöhnlich lange in Entwicklung war und dabei gleichzeitig so präsent in den Medien.
Gerade in den letzten Wochen kam man kaum an Dying Light 2 vorbei, zu dem Entwickler Techland eine Marketingmaschine betreibt, die die Vorfreude darauf ins Unermessliche trieb. Ob man diesen hohen Erwartungen jetzt gerecht werden kann, erfahrt ihr in unserem Vorab-Review zu Dying Light 2: Stay Human.
Das original Dying Light suchte bereits nach seinesgleichen, auch, da es einen Support erfuhr wie nur selten ein anderes Spiel. Schon alleine deswegen bekommt Techland von uns einen großen Vorschuss. Immerhin verspricht man ähnlich ambitionierte Pläne für Dying Light 2.
Das Survival-Game knüpft an die Story des Originals an, in welchem das Harran-Virus eigentlich schon “besiegt” war, hätte die GRE im Geheimen nicht weiter daran geforscht, bis es zur unvermeidlichen Katastrophe kommt. Und so kam es, wie es kommen musste: Das Virus breitete sich über die gesamte Menschheit aus und die Erde verkommt zu einer Einöde, in der es nur noch wenige Orte gibt, die wirklich lebenswert sind. Den Rest bevölkern die sogenannten Beißer, von Virus infizierte Menschen, die sich über die Jahre in alle möglichen Mutationen verwandelt haben. Rasende Zombies waren einmal, jetzt sind es fies aussehende und absolut tödliche, wild um sich spuckende Kreaturen, die einem das Leben schwer machen und einen direkt in den Abgrund reißen wollen.
Geheimnisse der Vergangenheit
In Dying Light 2 schlüpft man in die Rolle von Aiden Caldwell, einem Waisenkind, das sich auf die Suche nach seiner verlorenen Schwester Mia macht und somit als Pilger gen The City reist – einer der letzten Zufluchtsorte der Menschheit. Dying Light 2 empfängt euch an diesem Punkt mit einer malerischen Präsentation einer weitläufigen und scheinbar friedlichen Landschaft, die auf keiner Postkarte schöner aussehen würde. Erinnerungen an The Last of Us und Days Gone werden wach und machen umgehend Lust auf mehr.
Zunächst angekommen in Old-Villedor, einer Art Vorstadtgebiet von The City, begrüßt euch eine mittelalterlich anmutende Gruppe – die Überlebenden -, eine der ersten Fraktionen im Spiel, die euch offenbaren was The City ist, wie hier um die Vorherrschaft gekämpft wird und warum Aiden gerade richtig kommt, um die eigenen Ziele durchzusetzen.
Dying Light 2 bewegt sich in diesen ersten Minuten schon, wie leider immer mehr Spiele, in Richtung zu vieler RPG-Mechaniken. Man wird oft zum Laufburschen für eigentlich unbedeutende Charaktere, aus Werkbänken werden Händler und Gespräche ziehen sich ins Endlose. Dass nun noch alle in mittelalterlichen Trachten herumlaufen, lässt zunächst recht gemischte Gefühle aufkommen. Ist das noch Dying Light?
In der Tat gestalten sich die ersten Stunden von Dying Light 2 ziemlich zäh und leicht ermüdend – kaum etwas erinnert an die spektakuläre Action des ersten Teils und man fühlt sich leicht gefrustet. Auch das hochgelobte Movement-System will noch nicht so recht zünden.
Doch wo Schatten, da auch Licht
Wer allerdings etwas Geduld mitbringt, soll auch belohnt werden. Spätestens mit der Ankunft in The City tut sich eine Welt auf, die Dying Light mehr als gerecht wird. Wolkenkratzer und provisorische Parkour-Strecken säumen den Blick über die Stadt. Alles wirkt viel moderner und geradezu riesig, aber zugleich auch mit den Spuren der Apokalypse überzogen. Bis zu diesem Punkt hat man glücklicherweise auch schon ein paar Parkour-Skills verinnerlicht und das Sprinten und Springen über die Dächer, Autos und hier und da auch mal über einen Beißer macht nun so richtig Spaß. Wall-Runs und ein Gleitschirm sind ebenfalls wieder dabei. Neu hinzu kommt das Schwingen an Seilen oder das Überwinden von weiten Abgründen an einem Stab. Das ist Dying Light, wie man es kennt und liebt. Aus großen Höhen die Beißer auf dem Boden zerstampfen, mit gekonnten Kicks in den nächsten Abgrund oder gehen Fallen treten, oder mit einer gut geschärften Klinge direkt den Kopf absäbeln, so dass das Blut fontänenartig heraus schießt.
Nun wollen diese Fähigkeiten auch großzügig eingesetzt werden, und da man ohnehin schon inmitten der Rivalitäten der drei Fraktionen steht, ist das auch nötig. Jede Fraktion verfolgt eine eigene Agenda, die man mittels der Quests unterstützen kann. Während die Überlebenden eigentlich nur ein ruhiges Plätzchen anstreben, zieht es die Peacekeeper zur Ausrottung der Beißer. Die Abtrünnigen hingegen lieben das Chaos und fühlen sich sichtlich wohl in diesem Untergangsszenario. Die schwierige Frage, wem man hier nun die Treue halten soll, ist daher gar nicht so einfach zu beantworten.
Oft kristallisiert sich erst in Gesprächen heraus, was man für am Besten hält. Wer möchte, kann sich RPG-like durch multiple Antwortmöglichkeiten die ganze Lebensgeschichte eines Charakters anhören oder eben auch nur das Wesentliche, um die Story voranzutreiben – mit der Gefahr, so einiges zu verpassen. Hier zeigen sich die wichtigsten Charaktere auch mal von ihrer menschlichen Seite und man arbeitet sich nicht nur stur an diesen ab. Da wäre zum Beispiel Lawan – eine Kämpferin mit harter Schale, aber auch verletzlich und fehlerbehaftet, zu der sich Aiden irgendwie hingezogen fühlt. Da wird die Suche nach Turnschuhen für Lawan inmitten der Apokalypse auch mal zur Chefsache. Auch die Hintergründe der GRE und deren verbliebenen Wissenschaftler folgt man gespannt auf dem Bildschirm, wenngleich die Story erst recht spät wirklich spannend wird, teils aber auch unnötig gestreckt wird.
Kleinere dieser Geschichten findet man überall in The City und in den Nebenquests, was Dying Light 2 so ein bisschen von seinen Genre-Vertretern unterscheidet, wo es oft nur brutal oder gruselig zugeht und die Authentizität leidet. Dying Light 2 nimmt man die Glaubhaftigkeit einer verzweifelten Welt durchaus ab, in der die Menschen aus verschiedensten Motiven überleben möchten und die alle ihren eigenen persönlichen Schicksale mit euch teilen. Inwieweit man sich darauf einlässt, ist letztendlich jedem selbst überlassen.
Eine Stadt nach euren Wünschen
Die Fraktionen entscheiden auch darüber, wie sich die Spielwelt gestaltet. Durch das Einnehmen von Kraftwerken, Windrädern oder Wasserpumpenanlagen weist man diesen ihre Gebiete zu. Übergibt man ein Gebiet den Überlebenden, bauen diese die Welt so um, dass man seine Parkour-Skills besser nutzen kann, etwa in dem sie Zip-Leinen spannen oder überall Sprungplatten installieren. Die Peacekeeper spezialisieren euch mehr auf den Kampf, errichten Sicherheitszonen, Fallen oder UV-Spots, in denen man vor den Beißern sicher ist. Das nimmt am Ende einen solch bedeutenden und drastischen Einfluss auf die Spielwelt, was nicht wie befürchtet, nur ein Marketing-Move ist. Je nach eurer Spielweise verändert sich die Stadt in kleinen, später aber auch in wirklich großen Maßstäben, wie man es nur selten in einem Open-World-Spiel erlebt. So legt man am Ende sogar das Schicksal der gesamten Stadt und deren Bewohnern in eure Hände.
Insgesamt gibt es Unmengen in The City und drumherum zu tun, selbst wenn man nur der Story folgt. Ob auf den Dächern, im unterirdischen Metro-Netz oder den außenliegenden Gebieten, überall kann man sich mit Quests, Herausforderungen, Entdeckungen oder schlichtweg dem Beißer-Gemetzel austoben, so dass die versprochenen 200+ Stunden von Techland vermutlich nicht übertrieben sind. Es macht auch Spaß, einfach nur die Stadt zu erkunden oder sich eigene Ziele zu setzen, etwa den höchsten Punkt zu erklimmen.
Leider recht Old-School auf PS5
Das klingt nach jeder Menge Spaß, insbesondere aber auf den neuen Konsolen muss man aber auch den einen oder anderen Dämpfer hinnehmen. Man merkt Dying Light 2 leider sehr deutlich an, dass man dem technischen Fortschritt hinterherrennt. Der Titel wurde für die ältere Generation geschaffen und wohl eher notgedrungen auf die PS5 und Xbox Series portiert. Das schlägt sich vor allem in der unzureichenden Qualität der Texturen nieder, die alles andere als zeitgemäß sind, und oftmals platt und leicht unscharf daher kommt. Das kann man auf der PS4 vielleicht durchgehen lassen, auf PS5 reicht es nicht mehr.
Auch die Animationen der Charaktere oder von Aiden selbst (seltsame Armbewegung beim Rennen) wirken steif und ziemlich unschön, so richtig Old-School halt, wenn man es mal mit anderen aktuellen Open-World-Titeln vergleicht. Nimmt man als Beispiel Far Cry 6 mit einer ähnlich großen und komplexen Spielwelt, spielt der Ubisoft-Titel aus technischer Sicht in einer ganz anderen Liga.
Diese etwas rückständige Technik erstreckt sich in weitere Bereiche, einschließlich der Nahkämpfe, die repetitiv, undynamisch und plump daher kommen, oder in sichtbaren Ladezeiten zwischen einzelnen Arealen und der immer wieder aussetzenden DualSense-Integration usw. Die Vorab-Version wirkt damit etwas unfertig und es bleibt zu hoffen, dass Techland hier noch nachbessert. Immerhin gab es auch für die PS4 Pro damals einen weiteren Patch, weshalb auch in Bezug auf die PS5 Hoffnung besteht. Man selbst hat die Möglichkeit das Ganze etwas zu optimieren, in dem man zwischen nativer 4K Auflösung, 60fps oder Raytracing wählt – wir empfehlen aufgrund des Gameplay-Feelings den Performance-Mode.
Denn der macht aus spielerischer Sicht mit den größten Unterschied zum damaligen Dying Light aus. Selten hat es so Spaß gemacht, im Flow über die Dächer zu jagen, an Kanten und Wänden entlang zu sprinten oder spektakuläre Sprünge in Höhe und Weite zu absolvieren – stets mit dem treibendem Soundtrack von Olivier Deriviere untermalt. In diesem Punkt belohnt euch Dying Light 2 eigentlich am meisten, besonders in den Nachtstunden, wenn die Beißer völlig durchdrehen und von allen Seiten durch Türen und Wände brechen, dass einem Angst und Bange wird. Zumal das Design der etwas stärkeren Beißer und Boss-Gegner genial gelungen ist und diese selten so fies und gefährlich aussahen.
Hinweis: Zum Zeitpunkt des Tests waren weder der Day One Patch, noch der KoOp-Modus verfügbar. Sollten hier spürbar Verbesserungen zu erwarten sein, ergänzen wir diese.
Bin sehr gespannt auf das Game. Techland wäre ein guter Kauf für Sony, aber ich denke mal die Polen sind Sony nicht genug politisch korrekt oder zu undivers.
Bloß nicht, dann ruinieren sie das auch noch …
Haha stimmt