TEST: In Sound Mind – die Abgründe der menschlichen Psyche

Dennis Giebert Add a Comment
7 Min Read

Mit In Sound Mind veröffentlicht Entwickler We Create Stuff ihr erstes kommerzielles Spiel. Bekannt sind die Entwickler hinter In Sound Mind vor allem durch Flash Games, die auf Portal basieren, sowie Puzzlespielen für Handys, dem kostenlosen Horror Map Pack Nightmare House und dessen Nachfolger Nightmare House 2, ein ebenfalls kostenloses Spiel, das nutzen von Valves Source Engine macht.

Die Nightmare House-Spiele genießen durch ihre bedrohliche Atmosphäre und Kreativität einen gewissen Kultstatus unter Horrorfans, wodurch die Erwartungen für In Sound Mind hoch ausfallen. Ob sich das Warten auf In Sound Mind gelohnt hat, erfahrt ihr in unserem Test.

In Sound Mind ps5

Der Psychiater braucht einen Psychiater

In In Sound Mind schlüpft man die Haut von Desmond Wales, einem Psychiater, der kurioserweise selbst einen Psychiater zu brauchen scheint. Desmond findet sich in einer verlassenen Albtraumwelt wieder, die von seltsamen Tintenmonstern bevölkert wird. Um das Mysterium zu entschlüsseln, muss Desmond sich in die Gedankenwelt seiner ehemaligen Patienten versetzen, in denen sehr persönliche Verkörperungen von Horror und Terror auf Desmond warten und versuchen ihn umzubringen. Desmond wird bei den Ausflügen in die Psyche seiner Patienten schnell klar, das etwas nicht stimmt, denn jeder seiner Patienten schien auf dem Weg der Besserung zu sein, bis es plötzlich zu einem ungewöhnlich aggressiven Ende kam.

Alt und neu kollidieren

Man sieht In Sound Mind seine klassischen Ego-Shooter Wurzeln, die zum Teil aus der Mod-Szene stammen, schnell an. Man findet neben seinen Standardwaffen zum Beispiel in jeder Akte eine spezielle Waffe, die eine besondere Verbindung mit dem jeweiligen Patienten hat und außerhalb von Kämpfen auch zum Lösen von Puzzles eingesetzt wird. Eine der ersten Waffen ist eine Spiegelscherbe, die als gewöhnliche Nahkampfwaffe dient. Mit der Scherbe kann man sich Gegner vom Hals halten, wenn einem einmal die Munition ausgehen sollte, Absperrband durchschneiden oder Barrikaden zerschlagen.

Die kreativen Aspekte kommen jedoch abseits des offensichtlichen Einsatzgebietes zum Tragen. Hält man die Scherbe vor sich und betrachtet die Welt in der Reflexion, kann man Dinge sehen, die für gewöhnlich verborgen bleiben. Mit der Scherbe in der Hand bekommt man so einen tieferen Einblick in den psychischen Zustand seiner Patienten, persönliche Gedankengänge finden sich auf Wänden niedergeschrieben, Hinweise zu Puzzeln, aber auch die Präsenz von Gegnern zwei Räume weiter wird offenbart.

In Sound Mind review

Das Old-School Shooter Feeling kollidiert jedoch zeitgleich mit moderneren Designprinzipien. Desmond bewegt sich mit einer Geschwindigkeit, die den Doom Guy neidisch werden lassen könnte. Dass man obendrein noch Medikamente finden kann, die Geschwindigkeit, Ausdauer, Stealth und HP erhöhen, scheint der Overkill schlechthin zu sein. Gewöhnliche Gegner stellen keine große Herausforderung dar, zumal diese sich im Vergleich zu Desmond in einem Schneckentempo bewegen und auch ohne Geschwindikgeits-Upgrades mit Leichtigkeit umlaufen werden können. Entscheidet man sich dazu das Feuer zu eröffnen, stellt man schnell fest, das die Tintenmonster euch nicht viel entgegenzusetzen haben. Kleine Monster sterben, sobald man dessen Kopf triftft zumeist nach einem Treffer oder drei bis vier Körpertreffern, während stärkere Gegner später bis zu drei Kopftreffer benötigen. Zu diesem Zeitpunkt findet man aber schon deutlich schwereres Geschütz in seinem Inventar, das den Job noch schneller erledigt.

Jedes Level bietet zudem einen besonderen Gegner, der die persönlichen Stärken bzw. Schwächen des Patienten verkörpert und als Endgegner der jeweiligen Akte dient. Die Kämpfe mit den Persönlichkeitsmonstern bringen dabei die Stärken von In Sound Mind zum tragen und warten allesamt mit einem zufriedenstellenden Ende auf, das zum Nachdenken anregt. Das Kampfsystem in In Sound Mind ist insgesamt passabel, erweckt aber den Eindruck, keine große Priorität bei der Entwicklung eingenommen zu haben, stattdessen fokussierte man sich auf das originelle Nutzen von Waffen bzw. Werkzeuge und das Lösen von Puzzeln. Dass man zur Mitte des Spiels jedoch bereits in Munition schwimmt und die Gegner keine wirkliche Bedrohung darstellen, hinterlässt einen unzufriedenen Beigeschmack.

Wo In Sound Mind wirklich glänzt, ist die Präsentation. Durch die gute Soundkulisse und ausgezeichneten Soundtrack von The Living Tombstone schafft es das Spiel immer wieder intensive Momente zu entwickeln, die leider auch oft durch die Papiertuchgegner untergraben werden. Die besten Momente in In Sound Mind finden sich oft in Konfrontationen mit den Monstern, die eure Patienten verkörpern. Hier lassen We Create Stuff dann die Muskeln spielen: Intensive Farben, gepaart mit einem Soundtrack, der genau auf diesen Moment zugeschnitten ist, in Kombination mit Kameraeinstellungen und einer Gegnerplatzierung, die kein Zufall sein kann. Dies macht deutlich, dass die Entwickler genau wissen, wie man Timing richtig nutzt, um Emotionen und Wow-Momente auszulösen.

In Sound Mind test

Performance lässt zu wünschen übrig

Das größte Manko von In Sound Mind kommt jedoch in Form der Performance daher. Trotz inzwischen sehr guter Hardware schafft es In Sound Mind nicht wirklich geschmeidig zu laufen. Von der grafischen Qualität würde man das Spiel zudem nicht als umwerfend bezeichnen, ein Punkt, der schon in unserer damaligen Preview negativ auffiel. Das stört den Entwickler bis heute offenbar selbst nicht.

Seine Stärken zieht In Sound Mind da schon eher aus der gewollten Präsentation von Farben, Formen und Lichtquellen, die gezielt eingesetzt werden und dadurch einen wunderbares Gesamtbild ergeben, wodurch jedoch die Frage aufgeworfen wird, warum die Leistung so mittelmäßig ist. Ruckler und Frame-Drops ziehen sich durch das gesamte Spiel, was insbesondere in Kämpfen ärgerlich und lästig wurde. Insgesamt also alles andere als vorzeigbar.

In Sound Mind
TEST: In Sound Mind – die Abgründe der menschlichen Psyche
Fazit
"In Sound Mind ist von der Idee her ein gutes Spiel mit Stärken und Schwächen im Design und einer Performance, die leider zu wünschen übrig lässt. Die Soundkulisse, der Soundtrack, die gute Geschichte, die die geistigen Krankheiten relativ gekonnt in die Erzählstruktur einbindet, und die allgemeine Kreativität, die an den Tag gelegt wird, sprechen für In Sound Mind. Das Kampfsystem, das sich manchmal wie ein Hintergedanke anfühlt, hinterlässt jedoch stellenweise einen seltsamen Nachgeschmack, ganz besonders dann, wenn im Verlauf des Spiels Sammelgegenstände einen auch noch stärker machen und aus einem ohnehin schon einfachen Spiel ein Spaziergang wird. Wer nach etwas Kreativität sucht, findet diese ganz sicher in In Sound Mind, muss aber auch mit einem Qualitätsstandard vorlieb nehmen, den man so nur noch selten erlebt - nicht im positiven Sinne."
Plus
Sehr guter Soundtrack
Gekonnte Soundkulisse
Starkes grafisches Design
Interessante Geschichte
Minus
Schlechte Performance
Unterentwickeltes Kampfsystem
7.5
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