Es ist wohl das Spiel, auf das die Fans von “Jurassic Park” und “Jurassic World” seit Jahren warten. Während es immer mal wieder Anläufe mit dem Franchise gab, dieses in ein Spiel zu verpacken, konnte man die ursprüngliche Vision, wie sie einst auch John Hammond verfolgte, nie wirklich realisieren.
Dieser Aufgabe stellt sich nun Frontier Developments mit “Jurassic World Evolution”, die von Anfang an gesagt haben, es braucht gar kein Action-Shooter oder ein Point-to-Point Adventure, das massiven Einschränkungen unterlegen ist. Lasst die Spieler ihren Park bauen und “das Leben findet seinen Weg”, wie es so schön in den Filmen heißt. Ob man damit diesmal die Erwartungen der Fans an das Franchise erfüllen kann, erfahrt ihr in unserem Test.
Willkommen in Jurassic World
Mit “Jurassic World Evolution” setzt man auf eine umfassende Aufbausimulation, die das Herz jeden Fans höher schlagen lassen dürfte. Wer wollte nicht schon mal einen Dinopark nach seinen Wünschen bauen, selbst Gen-Forschung betreiben oder dabei zusehen, wie eigentlich ausgestorbenes Leben wieder aus dem Ei schlüpft und aufwächst?
Genau das macht “Jurassic World Evolution” nun möglich und nimmt euch dazu vorsichtig an die Kralle. Das Spiel startet mit der Isla Matanceros vor Costa Rica, wo bereits die grundlegendsten Elemente wie Kraftwerke, Rangerstationen oder das Hammond Creation Lab für euch platziert wurden, um im Namen von InGen einen spektakulären Park zu bauen. Hierfür lässt euch das Spiel die Entscheidung, ob dieser eher der Unterhaltung, der Sicherheit oder der Forschung gilt, was sich im Laufe der Geschichte in verschiedensten Aufgaben niederschlägt. Natürlich kann man auch alles miteinander vermischen und so das Interesse an dem Park für Besucher, Investoren & Co. steigern.
Die erste Insel dient quasi als Tutorial, in dem man die wichtigsten Elemente von “Jurassic World Evolution” kennenlernt. Dazu gehören nicht nur die notwendigen Betriebsgebäude zu errichten, man muss zunächst Forschungsteams entsenden, Fossilien extrahieren, die DNA-Stränge anpassen und Modifizieren und wenn alles gut läuft, seinen ersten Dinosaurier ausbrüten. Fast 40 Spezies, von originalen bis hin zu genetisch geschaffenen Exemplaren, warten darauf, von euch entdeckt und erforscht zu werden. Hier empfiehlt es sich, nicht gleich auf die aggressiven Fleischfresser zu setzen, sondern auf die sanften Warmblüter, die erfahrungsgemäß leichter zu handeln sind. Wem das zu langweilig ist, kann die Gendaten nach entsprechender Forschung auch verändern, deren Aussehen anpassen, sie Immun machen, ein aggressives Verhalten in deren Natur legen oder sie sogar sozialisieren.
Auch Dinos haben Ansprüche
Damit nicht genug, braucht jeder Dino sein Wohlfühlgehege, muss medizinisch versorgt und gefüttert werden, sicher vor Parkbesuchern abgezäunt sein und sich vor allem auch mit anderen Dinos verstehen. Anfänglich erhält man dazu ein so großes Startkapital, dass man leicht übermütig werden kann und sich vielleicht selbst überfordert. Das oberste Ziel ist stets eine gute Balance zwischen allem auf der Insel zu erschaffen, was vor allem in dem Tutorial und dem Aufdrücken vielleicht gar nicht gewollter Aufgaben schnell hektisch werden kann. Vor allem aber die Platzprobleme auf der Isla Matanceros und Isla Pena sind da ein Problem.
Denn anders als vermutet, steht einem immer nur ein Teil der Insel zur Verfügung, was zum einen der Übersichtlichkeit dient, aber auch dem Management, um schnell zwischen den Arealen wechseln zu können. Somit muss man sich wohl oder übel durch die erste Insel kämpfen und eine möglichste hohe Bewertung einfahren, was dann automatisch die anderen Inseln freischaltet. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen im Terrain, den Umweltbedingungen und Möglichkeiten seinen Park zu errichten. Auf der Isla Muerta hat man zum Beispiel einen großen Strandabschnitt, dafür aber auch mit heftigen Stürmen zu kämpfen, während die bekannte Isla Sorna allen möglichen Naturgewalten ausgesetzt ist usw. Abwechslung ist also definitiv vorhanden, wenngleich mir der Umstand nicht gefällt, dass man mit jeder Insel sein eigenes Süppchen kocht. Zwar werden eure Entwicklungen und Forschungen übernommen, aber keine Einnahmen aus den anderen Inseln mehr generiert, die man dann verwenden könnte. So würde sich zum Beispiel eine Insel für die Wirtschaft oder Forschung nutzen lassen, während man eine andere zunächst in Ruhe aufbaut und erst dann mit spektakulären Dinosaurierattraktionen eröffnet. So passiert immer alles parallel, was zuweilen auch nervig sein kann.
Auf der anderen Seite ist man genau auf diesen Umstand angewiesen, denn so lässt sich zum Beispiel ein Expeditionsteam nur einmal pro Insel aufbauen, die dann wiederum mehr Ziele auf der Welt erreichen, weitere Spezies finden und auf allen Insel ausgebrütet werden können. Es ist wohl der Idee geschuldet, den Spieler permanent am Laufen zu halten und sich nicht nur auf einer Insel festzusetzen oder gar darauf auszuruhen, um weiter voranzukommen. Mit dem Ausruhen ist es ohnehin dann vorbei, wenn zum Beispiel ein Sturm über eure Insel fegt und die halbe Anlage zerstört, die dann wieder aufgebaut werden muss, oder sich der ein oder andere Dino verdrückt und die Parkbesucher als Nahrung ansieht. Man ist allerdings auch mal froh, wenn alles im Park läuft und nicht gerade wieder das Chaos irgendwo ausbricht, aber selbst in diesen Momenten ist man dann schon wieder mit Forschung und dem Aufbessern des Parks beschäftigt.
„Ich habe keine Kosten gescheut (John Hammond)“
Ersteres würde ohnehin irgendwann greifen, da man nicht alle Technologien mit einmal entdeckt, sondern erst nach und nach und dementsprechend die anfänglichen Erfolge weiter steigern möchte oder mit Aufgaben konfrontiert wird, die anfangs gar nicht realisierbar waren. Zudem schlummert so oder so in jedem der Antrieb, seinen Park immer weiter verbessern zu wollen, sicherer zu machen oder auf Ausnahmesituationen besser reagieren zu können. Letztendlich ist es aber auch eine Kostenfrage, auch wenn dieser Aspekt leicht zu vernachlässigen ist. Mir persönlich drohte auf einer Insel noch nie der völlige Ruin, da das Geld relativ schnell reinkommt und man selbst bei größeren Attraktionen wie einer Einschienenbahn die Kosten schnell wieder rein hat. Hier könnte man das Ganze noch etwas nach unten korrigieren, um den wirtschaftlichen Part mehr hervorzuheben.
Insgesamt hat man bei “Jurassic World Evolution” an wirklich fast alles gedacht und verfällt einer regelrechten Sucht, sich hier seinen Traumpark zu bauen, inkl. originaler Assets aus den Filmen wie dem Innovationszentrum, dem Jeep Wrangler aus dem original Jurassic Park bis hin zu Dinosaurierspezis aus dem aktuellen Kinofilm. Wem die Kreativität dazu etwas fehlt, kann auch stur den Aufgaben folgen, die in regelmäßigen Abständen hereinkommen und durchaus lohnenswert sind, vor allem finanziell. Der Rest kommt dadurch eigentlich von ganz alleine, sodass man wirklich viel sehen und erleben kann. Das Highlight ist natürlich seinen beeindruckenden Park im Anschluss aus der First-Person-Ansicht wie ein Tourist durchstreifen zu können, wo einem die Dimensionen, die man errichtet hat, erst wirklich bewusst werden. Ein wirklich lohnenswertes Gefühl, auf das man unglaublich stolz sein kann.
Dass man so fasziniert dem Spiel folgt, liegt in erster Linie aber auch daran, dass man die original Synchronsprecher von Dr. Ian Malcom oder Claire Dearing mit ins Boot geholt hat, die euch mit bekannten Phrasen die Geschichte erzählen und einem so alles vertraut vorkommt. Dies ergänzt mit dem originalen Soundtrack und Theme von Jurassic Park, die euch von der ersten Minute an in diese Welt hineinziehen, sowie auch der ansprechenden Optik und Features wie HDR und 60fps, an denen es absolut nichts auszusetzen gilt und die aus Sicht der Performance eine sehr gute Figur machen. Letzteres war vor allem auf Konsolen zunächst bedenklich, zu unrecht, wie man feststellen wird. Inbesondere die realistischen Texturen wie Haut lassen einen verblüfft auf die Urzeitechsen blicken.
Natürlich ist “Jurassic World Evolution” nicht ganz perfekt, sodass sich die größten “Probleme”, die auftreten, wenn man sie denn so nennen möchte, in oftmals fehlenden Erklärungen liegen oder das Anweisungen im HUD nur zur Hälfte sichtbar sind und man erst umständlich im Menü nachschauen muss. Das ist allerdings Meckern auf hohem Niveau und lässt sich immer irgendwie selbst herausfinden oder bewältigen. Etwas kritischer muss man da schon die geradezu oberflächliche Behandlung von Besuchern oder Attraktionen abseits der Dinos sehen, die man oft einfach nur bauen braucht und dann läuft es. Im Schlimmsten Fall fällt hier einmal der Strom aus, eine wirkliche Tiefe gibt es hier jedoch nicht.