Man mag es fast nicht glauben, aber es ist gerade einmal 17 Jahre her, dass wir uns das erste Mal mit Sora, Donald und Goofy in die Abenteuer rund um Herzlose, Disney-Prinzessinnen und Schlüsselschwerter gestürzt haben. Und wer hätte damals gedacht, dass aus dem kleinen Abenteuer eine regelrechte Odyssee wird, aus der zahlreiche Titel, Neuauflage und unzählige Handlungsstränge entstehen, die nun im offiziellen dritten Teil zusammengeführt und abgeschlossen werden sollen. Ob der Abschluss in “Kingdom Hearts III” gelingt, verraten wir euch in unserem Test.
The Story so far …
Leider ist es nicht sonderlich einfach, die Story des gesamten Franchise in aller Kürze zusammenzufassen, aber wir versuchen es: Seit Jahrzehnten versucht der Schlüsselschwertmeister Xehanort die legendäre Xi-Klinge wiederherzustellen, um die Macht über das legendäre Kingdom Hearts zu erlangen und das Universum nach seinen Wünschen zu kreieren und Licht und Dunkelheit mehr oder weniger in Einklang zu bringen. Dabei nutzt er nicht nur seine Organisation XIII, sondern auch zahlreiche Herzlose, Niemande, Unversierte und viel mehr hinterhältige Mittel, um ihre Ziele zu erreichen und die Herzen mit Dunkelheit zu füllen und mehr über diese zu lernen.
Dabei reisen wir durch die Welten von Herkules, Baymax, Toy Story und sogar die Karibik mit Captain Jack Sparrow, und erleben so die Abenteuer der entsprechenden Helden, während wir unsere eigenen Ziele verfolgen, und dabei mal eine verschollene Freundin suchen, eine verlorene Kraft wiedererlangen wollen oder ein Herz retten wollen, was in Sora Zuflucht gesucht hat. Nicht immer kann man der Story ganz folgen, gerade, wenn man die Vorgänger nicht sonderlich aufmerksam, oder wahrscheinlicher sogar nur teilweise kennt. Zwar sollen kleine Videos die Story auch für Neulinge ein wenig anschaulicher darstellen, allerdings sollte man hier eher eines der zahlreichen, umfangreichen Videos auf YouTube schauen oder im Vorfeld tatsächlich alle Vorgänger spielen. Und hier schon mal eine Warnung: das könnte eine MEEEEENGE Zeit in Anspruch nehmen.
Nun aber wieder zum Finale, auf das Fans fast zwei Jahrzehnte gewartet haben. Die Story von “Kingdom Hearts III” bildet einen gelungenen Abschluss und fasst dabei alle möglichen Handlungen zusammen, auch wenn der Mix aus Disney und „echtem“ Kingdom Hearts“ nur bedingt gelungen ist. Man hat eher eine Handlung in zwei Teilen, erst durch die Disney-Welten, bzw. Pixar-Welten, in der man Rapunzel rettet oder in der Monster AG nach dem Ende des ersten Films einsteigt, bis man am Ende gegen Xehanort und seine Schergen antreten kann. Und hat man diese einmal besiegt, fühlt es sich ein wenig an, als würde die Lieblingsserie zu Ende gehen und abgesetzt werden. Aber wer weiß, es findet sich bestimmt ein Weg, wie man das Ganze noch ein wenig weiterführen kann. Hinzu kommt, dass uns das Ende irgendwie zu schnell kommt. Das mag auch daran liegen, dass man in Teil 1 und 2 die Welten mindestens zweimal besucht hat und dabei auch neue Geschichten erlebt konnte, diesmal reicht ein einzelner Besuch und die Geschichte ist erledigt. Dadurch kommt man irgendwie doch recht schnell zum Ende und ist ein wenig unbefriedigt.
Gameplay-Mix, ich und mein Gummi
In Sachen Gameplay werden sich wohl diejenigen am ehesten wiederfinden, die den Titel „0.2:Birth by Sleep – A Fragmentary Passage“ gespielt haben. Das klassische Kampfsystem mit dem Schlüsselschwert ist dabei ebenso vertreten, wie die Special Moves, die durch erfolgreiche Treffer aufgeladen werden. Entweder können wir eine Attraktion aus dem Disneyland beschwören, wie ein Karussell oder eine Wildwasserbahn, führen eine Attacke mit unseren Kameraden durch oder verwandeln je nach Anhänger unser Schlüsselschwert in neue Waffen, die über Sieg oder Niederlage entscheiden können. Mal wird das Schwert zur Pistole, zum Hammer oder zur Lanze. Diese ersetzten die Drive-Formen, die man bisher kannte, haben dabei aber auch ihre eigenen Vorteile und Stärken, je nachdem, welche Art von Kämpfer man ist. Darüber hinaus spiegeln sie Soras Entwicklung zum echten Meister wieder, der immer mehr Macht über seine Waffe und seine Kräfte erhält. Hinzu kommen die bekannten Rollenspielelemente, wie etwa verschiedene Ausstattungen und verschiedene Fertigkeiten, die wir nach und nach freischalten und auswählen. Nichts wirklich Neues, aber nach wie vor ansprechend. Was dafür neu ist, und auch wirklich praktisch, ist die Möglichkeit, so viele Kameraden wie man möchte mitzunehmen. Man muss sich also nicht mehr entscheiden, ob man Donald und Goofy mitnimmt, oder einen von ihnen ersetzt. So kämpfen wir uns etwa zu fünft durch die Monster AG.
Durchzogen werden die Level immer wieder von kleinen Minispielen und Quick Time Events. Mal tanzen wir mit Rapunzel umher, ein anderes Mal schlittern wir auf Goofys Schild einen Berg runter. Daneben gibt es verschiedene Herausforderung, in denen es Punkte zu sammeln und exzellente Ergebnisse zu erzielen gilt. Leider fehlen hier wieder klassische Elemente, die man damals geliebt hat, wie etwa die bekannte Arena in Herkules Welt, in der man immer wieder in Cups gegen Gruppen von Feinden antreten konnte. Dafür gibt es andere Elemente, die dem Titel spendiert wurden, wie etwa kleine Spiele auf dem Gummifon, einer Art Handy. Diese erinnern an den Fluss der Nostalgie und an alte Spiele auf den kleinen Geräten, die Tante oder Oma früher als kleines Geschenk dabei hatte. Diese Spiele machen schon Spaß, sind aber kein Highlight, dass wirklich für lange begeistern kann. Da bieten sich die Mogri-Aufträge, die wir im Shop erhalten, schon eher an. Es gibt nicht nur viele Objekte zu schmieden, sondern auch besondere Sammel- und Fotoaufträge, die es in jeder Welt zu erledigen gibt. Wem das nicht reicht, der kann noch die sogenannten Glücksembleme sammeln und mit dem kleinen Chefkoch Remi aus Pixars Ratatouille tolle Speisen kochen. Je nach Menükonstellation verbessern diese für eine gewisse Zeit unsere Statuswerte. Und Spaß macht das Kochen außerdem noch.
Auch wieder mit dabei ist natürlich das Gummiboot. Diese lässt sich im Editor wie bekannt anpassen oder nach den eigenen Vorstellungen bauen. Die Bedienung hier ist nach wie vor etwas komplexer als nötig, aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran. Die Steine, die wir zum Bau benötigen, können wir direkt im Editor erwerben, oder aber im neuen, offenen Weltraum durch das Zerstören von Feinden oder Asteroiden, sowie das Lösen besonderer Schatzsphären erbeuten. Die Raumpassagen machen dabei ungeahnt viel Spaß und laden zum Erforschen ein, damit einem auch ja kein Bauplan oder Teil durch die Finger geht. Hierhinter verbirgt sich zudem ein relativ einfaches Levelsystem, durch das sich das Teilelimit unseres Jets immer weiter erhöht, bis wir irgendwann die ultimative Kampfmaschine gebaut haben.
Alles in allem machen Gameplay und Story einen soliden Job. Die Handlungsstränge werden alle, wirklich alle, aufgenommen und zu einem Ende gebracht. Hierbei begegnen wir vielen Bekannten, sodass man sich oft in purer Nostalgie wiederfindet. Leider ist die Handlung dafür, dass sie uns so lange begleitet, für unseren Geschmack viel zu schnell wieder zu Ende, gerade dafür, dass man so ewig auf Teil 3 gewartet hat. Es fehlen darüber hinaus viele klassische Elemente, wie die genannte Arena, die man gerne wieder hätte aufgreifen können, gerade auch im Hinblick auf den Wiederspielwert. Gekonnt weiterentwickelt hat sich dafür das Gameplay, dass sich nicht nur durch seinen guten Mix aus Jump’n’Run und Rollenspiel auszeichnet, sondern auch durch das interessante Kampfsystem. Hier glänzen vor allem die neuen Waffen und die vielen gut in Szene gesetzten Quick-Time-Events, an denen wir uns definitiv nicht satt sehen können. Leider müssen wir sagen, dass die Schwierigkeit auf der normalen Stufe viel zu leicht ist und wir das Spiel abschließen konnten, ohne einen einzigen Neustart in Kauf zu nehmen. Das sah in der Vergangenheit deutlich anders aus, gerade, wenn es um geheime Bonusgegner ging, die diesmal auch leider fast komplett fehlen.
Film trifft auf Spiel
Wer die Pixar-Filme kennt, der weiß, dass diese grafisch einiges zu bieten haben. In der Kombination mit Square Enix, die durchaus wissen, wie man die Kraft der Konsole nutzen kann, kommt dabei ein wahres grafisches Spektakel heraus. Schon ab der ersten Sekunde fallen uns die tollen Charaktermodelle auf, die bis ins kleinste Detail ausgearbeitet sind, und dabei auch in Sachen Textur ganz weit oben mitspielen. Und auch die einzelnen Level wissen mit ihren entsprechenden Stärken durchaus zu glänzen. Befinden wir uns etwa in Arendelle, der Welt der Eiskönigin, sehen die verschneiten Landschaften einfach nur wunderschön aus, und sogar unsere Fußabdrücke finden wir im Schnee wieder. Aber auch die Karibik, die Welt von Captain Sparrow, sieht mit seinen traumhaften Animationen von Wasser und Sand wirklich fantastisch aus. Hinzu kommen noch die spektakulären Animationen der Angriffe, der Verwandlung unserer Waffe oder andere Quick-Time-Events. Fast ein wenig provokativ wird hier in den Fokus gestellt, mit welcher Mühe man an den Animationen gewerkelt hat.
Genug Möglichkeiten, sich die Grafik ohne Stress anzuschauen, hat man darüber hinaus genug, denn hin und wieder stellt man sich die Frage, ob man eigentlich ein Spiel vor sich hat, oder eher ein Video mit interaktiven Passagen. Teilweise bewegen wir uns keine fünf Meter, ohne mit der nächsten Sequenz beglückt zu werden. Klar, die Story ist, gerade bei so einem Titel mit Tradition, wichtig und gegebenenfalls auch nicht gerade einfach umzusetzen, ein bisschen mehr Spiel und weniger Video hätte es jedoch hier und da sein dürfen. Immerhin ist der Übergang zwischen Sequenz und Spiel meist ohne Unterbrechung, und auch zwischen den einzelnen Abschnitten gibt es kaum Wartezeit, geschweige denn Grenzen. So kann es tatsächlich vorkommen, dass wir uns durch eine komplette Welt bewegen können, ohne auch nur ein einziges Mal den Bereich durch einen Ladescreen zu verlassen. So macht das Ganze definitiv mehr Spaß, als noch bei den alten Teilen.
Alle diese Faktoren sorgen insgesamt für eine wirklich ansprechende Atmosphäre, der man sich wirklich sehr gerne hingibt. Gefördert wird das Ganze von einem hervorragenden Soundtrack, der immer sehr genau auf die einzelnen Welten abgestimmt ist, ohne dabei unbedingt zu stark in den Vordergrund zu treten. Leider fehlt es auch diesmal an einer deutschen Synchronisation, dafür bekommen wir eine tolle englische Version, an die man sich schnell gewöhnt, und die auch fast vollständig von den originalen Sprechern übernommen wurde, auch von den jeweiligen Filmhelden. Darüber hinaus kommen Highlights der Filmgeschichte hinzu, wenn Elsa etwa ihr „Let it go“ schmettert oder wir mit Mike und Sully nach Booh’s Tür in der Monster AG jagen. Dabei sind auch Sora und seine Freunde immer sehr schön in die Geschichte eingeflochten, ohne gleich die gesamte Handlung zu ändern. Das macht wirklich viel Freude und lässt uns viele schöne Disney/Pixar-Momente nochmal neu nachverfolgen, und das auch aus anderen Perspektiven. Und wie bereits gesagt, wenn das Spiel zu Ende ist und der Abspann vorbei, fühlt man sich definitiv ein wenig traurig.