Eine neue Generation, ein neues Mortal Kombat! Seit dieser Woche fliegen auch auf PlayStation 4 und Xbox One wieder die Fäuste und mit „Mortal Kombat X“ erscheint der neueste Ableger der Kult-Serie. Doch ist es noch immer so kultig?
Als Fan der ersten Stunde, der dem Mortal Kombat Turnier auf dem SNES beitrat, blickt man inzwischen mit großer Sorge auf die Entwicklung der Serie, die sich zunehmend mehr und mehr am Massenmarkt orientiert. Klar möchte man immer mehr Fans für ein Franchise gewinnen und begeistern, verspielt es sich damit gleichzeitig aber zunehmend mit den ursprünglichen Anhängern und verliert die Seele des Franchise aus den Augen. Mortal Kombat war bis vor einigen Jahren immer etwas Besonderes, eine Serie, die als Referenz galt und mit jedem neuen Ableger die Grenzen weiter überschritt. Davon ist in mancher Hinsicht leider nicht mehr so viel übrig.
Eine Story von Hollywood geschrieben …
Das beginnt schon mit der Geschichte! Für mich hatte die Mortal Kombat-Serie schon immer diesen besonderen Reiz des alten und mystischen Turniers und der klassischen Kämpfe. Eine Serie, die sich selbst in viele Geheimnisse hüllte, interessante Charaktere bot und damit stetig im Gespräch war. Inzwischen bekommt man aber alles nur noch mit brachialer Action auf den Bildschirm geknallt, der Originalität und eigenen Identität geopfert, um ein möglichst großes Feuerwerk zu zünden, das jeder sehen kann. Doch irgendwann brennt jede Flamme einmal aus und in heutigen Zeiten viel schneller als man glauben mag.
In „Mortal Kombat X“ verfolgt man bei der Story zwar einen interessanten und logischen Ansatz, vor der Ausführung graute es mir aber schon nach den ersten Minuten. Nachdem so ziemlich jeder Mortal Kombat Veteran in den vergangenen 20 Jahren zig Tode gestorben sein muss, versammelt der Elder God Shinnok dessen Geister hinter sich und plant mit diesen Kräften einen neuen Angriff auf das Erdenreich. Dem entgegen stellt sich eine neue Generation und zum Teil schon der Nachwuchs der Mortal Kombat Helden, allen voran Cassandra Cage, die Tochter von Sonya Blade und Johnny Cage. Mit im Bunde Jacqueline Briggs, Kung Jin und Takeda, ebenfalls alles Nachkömmlinge, die in die Fußstapfen ihrer Eltern treten sollen.
Dass man damit einen Actionfilm a la Hollywood lostritt, in dem ganze SWAT Teams den Bildschirm stürmen, Helikopter vom Himmel stürzen und obendrauf alles mit Quick Time Events gepaart wird, kratzt mir zu sehr am Geist der Serie. Damit hat man vielleicht sein Ziel erfüllt, genau das zu bieten, was inzwischen als Standard gilt, ich könnte mir aber vorstellen, dass langjährige Fans von Mortal Kombat damit nicht sehr glücklich werden. Zudem leiden die einstigen Veteranen der Serie unter starkem Identitätsverlust und man muss teils schon zweimal hinschauen, um sie wiederzuerkennen. Dass sich das Aussehen der Charaktere von Spiel zu Spiel ändert, ist ja nicht wirklich neu, in „Mortal Kombat X“ war man in dieser Hinsicht allerdings etwas überambitioniert und ist in meinen Augen am Ziel vorbei geschossen. Immerhin versucht man der gesamten Mortal Kombat Riege der Vergangenheit einen Auftritt in der Story zu verschaffen, sodass nicht-spielbare Charaktere zumindest auch einmal in die Kamera lächeln dürfen. Zudem darf man sich mit D’Vorah, Erron Black und Ferra/Torr auf einige Neuzugänge freuen, die durchweg gelungen sind.
Welchem Turm stellst DU dich?
Die Story kann man mögen, muss man aber nicht und Gott sei Dank gibt es noch die altbekannten Türme, die das gute alte Mortal Kombat-Feeling zurückbringen. Beginnt man mit dem klassischen Turm, stellt man sich acht Gegnern plus Goro und Shinnok als absoluten Endgegnern. Als Preis für den Sieg gibt es wie gewohnt eine Abhandlung der persönlichen Geschichte des gewählten Kämpfers, was mir ehrlich gesagt auch viel lieber ist und den Story-Part von „Mortal Kombat X“ in gewisser Hinsicht rettet.
Die klassischen Türme sind zwar variationsreich, aber wie schon im Vorgänger kaum von Innovation geprägt. So separiert man auch diesmal säuberlich nach ‚Teste dein Glück‘, ‚Test deine Kraft‘ oder ‚Herausforderungen‘, in denen man im sich im wiederholenden Muster bis an die Spitze kämpft. Hinzu kommen ‚Endlos‘, ‚Survivor‘, aber auch hier ist es eine nicht gerade motivierende Aneinanderreihung selbiger Fights mit unterschiedlichen Gegnern.
Eine Besonderheit ergibt sich zudem bei ‚Teste dein Glück‘, das zusätzlich als separater Spielmodus zur Verfügung steht. Nach der üblichen Wahl von Kämpfer, Outfit, Stage usw. könnt ihr hier zusätzliche Modifikationen in den Kampf einbringen, die euch gewisse Vorteile, aber auch Nachteile bringen können, darunter mehr Gesundheit, Schwächung, zusätzliche Kraft und vieles mehr. Im besten Falle wird euer Gegner dabei so von außen bombardiert, dass man selbst kaum noch etwas tun muss, im schlimmsten seid ihr von Anfang an komplett unterlegen. Es kommt hier eben auf das Glück an.
Die Türme in „Mortal Kombat X“ sind neben dem Online-Modus der Kern des Spiels und für Einzelspieler genauso geeignet, wie für den lokalen 2-Spieler. Persönlich würde ich die verschiedenen Spielmodi innerhalb eines Turms mehr variieren, so wie es bereits in den Anfängen der Serie zu erleben war. Voll auf seine Kosten kommt man wieder mit dem Online-Modus, der die bisher größte Vielfalt bietet. Neben klassischen Versus- und Team Matches gibt es hier auch wieder den spaßigen King oft he Hill-Spielmodus, die Tower Battles und Fraktions-Kämpfe, die keinerlei Wünsche offen lassen.
*Living Towers …
Mit dem Release von „Mortal Kombat X“ standen auch instant die Living Towers und zusätzliche Invasions-Spielmodi zur Verfügung. Überraschend bringen diese genau die Abwechslung mit sich, die man sich auch für die klassischen Türme wünscht und die dem Spiel einen zusätzlich Pepp verleihen. Insbesondere der Daily Tower entwickelte sich binnen weniger Tage zum Lieblings-Turm, der die bisher größte Abwechslung verspricht. Der Premier Tower hingegen ermöglicht es euch in der ersten Woche mit dem DLC-Charakter Goro uneingeschränkt spielen zu können. Neben klassischen Kämpfen mischen sich in dessen Mitte aber auch ‚Test your Might‘ oder ‚Test your Luck‘ Prüfungen unter. Für die kommende Woche verspricht man außerdem den Turm aus „Mortal Kombat I“ .. warum nicht gleich so? Die übrigen Türme aus stündlichen Herausforderungen werden derweil mit unterschiedlichen Modifikationen gespickt, die aus Handicaps bestehen können, aber auch an frühere Mortal Kombat-Turniere angelehnt sind. So bediente man sich hier zum Beispiel an der schwankenden Bo‘ Rai Cho-Stage aus „Mortal Kombat: Deadly Alliance“.
*Invasion der Outworld …
Wie aus dem Nichts stürmen die Legionen der Outworld ins Erdenreich und einmal mehr liegt es an den Fraktionen dieses zu verteidigen. Auch hier hat man die Türme nochmals variiert und lässt euch entweder gegen übermächtige Bosse antreten, denen ihr in kürzester Zeit so viele Schläge und Tritte verpassen müsst oder ihr kämpft euch einem klassischem Turm die Leiter nach oben. Was der War Tower sein soll, ist bis heute ein Geheimnis, der bislang nicht zugänglich war.
Die Fraktionskriege und die Living Towers bringen eine erfrischende Abwechslung und viele Variationen ins Spiel, welche die klassischen Singleplayer-Türme fast vergessen lassen. Dumm nur, dass die Invasion immer nur dann zur Verfügung steht, wenn gerade ein Fraktionskrieg beendet wurde. Somit ist es mehr Glück, dass man daran teilnehmen kann und muss sich bis dahin anderweitig beschäftigen. Probleme gibt es leider weiterhin beim Matchmaking und den generellen Onlinefunktionen, dessen Optimierung noch etwas Arbeit benötigt. Im Gesamten bringen die Online-Modi aber den bisher größten Spaß in „Mortal Kombat X“ und sollten keinesfalls ausgelassen werden.
Feinstes Mortal Kombat Gameplay …
Worauf man sich bei den Netherrealm Studios verlassen kann ist, dass ihnen in Sachen Prügelspiele und dem Gameplay kaum einer das Wasser reichen kann. Auch in „Mortal Kombat X“ erwartet euch ein exzellenter Mix an Fighting-Mechaniken, Kombos, brutalen und schnellen Angriffen, Special Moves, Magie, X-Ray Moves und zu guter Letzt dürfen auch die Fatalities nicht fehlen. Diese sind das eigentliche Markenzeichen der Serie, mit denen ihr auch die letzte Seele aus den Körpern eurer Gegner prügeln könnt, sofern von diesen noch etwas übrig bleibt. Das Ganze präsentiert sich wie schon im Vorgänger in flüssigen 60 Bildern pro Sekunde, was das Spielerlebnis erneut auf ein neues Hoch hievt.
Auch diesmal hat man sich wieder Gedanken darüber gemacht, wie man das Gameplay weiter verfeinern kann und setzt dabei auf unterschiedliche Kampfstile für jeden Kämpfer, welche die Eigenschaften eines jeden Einzelnen signifikant verändern. So hat Reptile zum Beispiel die Wahl zwischen hoher Agilität, trügerischen Angriffen oder sich und allem um ihn herum mit Säure auszusetzen, was direkte Treffer von Gegnern äußert schwierig gestaltet. Die Lin Kuei Ninja à la Sub-Zero, Scorpion oder Rain setzen dabei eher auf unterschiedle Martial Arts Techniken, einschließlich Nah- oder Schwertkampf oder auch defensive.
Damit nimmt zwar auch die Liste an Moves wieder deutlich zu, um hier aber den Überblick zu behalten, lassen sich diese wieder ordentlich sortiert im Menü nachlesen. Gleiches gilt auch für die Fatalities, was jedoch zunehmend schade wird. Wenn man einmal an die Anfänge zurückdenkt, als jeder Fatality noch ein großes Geheimnis war und mit etwas Glück selbst herausgefunden werden konnte, bevor sie irgendwann einmal in irgendwelchen Spielemagazinen nachzulesen waren, führt man inzwischen sogar One-Button-Easy-Fatalitys ein. Zwar muss man sich diese erst verdienen oder kann sie in der Krypta finden, der spezielle Reiz daran ist allerdings weg und das finale Metzeln ist nur noch ein generisches Mittel zum Zweck. Trotz dessen ist es noch immer herrlich anzuschauen, wie kreativ man seinen Gegner am Ende auseinander pflücken kann.
Abschließend treten die Fraktionen dem Mortal Kombat Turnier bei, in denen ihr euch zu Spielbeginn für eine von fünf Fraktionen entscheiden müsst, für diese Ruhm und Ehre erkämpft und in weltweiten Ranglisten um Anerkennung streitet. Quasi ein passiver Kampf rund um das eigentliche Turnier und alles was ihr so in „Mortal Kombat X“ macht. Nennenswert wäre an dieser Stelle, dass es einen Fraktionen-Fatality gibt, auf den ihr nur zugreifen könnt, wenn ihr der jeweiligen Fraktion angehört. Diese fallen aber bei Weitem nicht so spektakulär aus wie die persönlichen Fatalities.
Grafischer Stillstand …
Nachdem man das ausgefeilte Gameplay so richtig genossen hat und sich anderen Bereichen wie der visuellen Präsentation widmet, wird man – dies muss man leider sagen – schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, obwohl inzwischen viel mehr möglich sein sollte. Mit Gewalt alleine, die von Mortal Kombat erwartet wird, ist es bei solch leistungsfähiger Hardware nicht mehr getan. Fotorealismus muss her, um die Gewalt im Spiel subtil zu unterstreichen und die Ansprüche der Fans befriedigen zu können. Das wäre doch mal wieder ein richtiger Anreiz, noch genauer hinzuschauen. Stattdessen bekommt man den knallbunten Comic-Look samt Actionfiguren vorgesetzt, der bereits mit ‚Injustice‘ Einzug hielt und häufig das Gefühl vermittelt, man hätte es nicht einmal versucht. Auch wenn der Detailgrad und die Animationen in vielerlei Hinsicht zugenommen und durchaus Applaus verdient haben, entschärft sich das Spiel mit seiner Regenbogenfarbenpräsentation wieder von ganz alleine. Ich zumindest hatte nicht das Gefühl, in einer düsteren Umgebung voller Gefahren zu stecken, abgesehen von der darunter leidenden Ernsthaftigkeit, die man bei einem ach so Erwachsenenspiel wie Mortal Kombat erwartet.
Dem ein oder anderen mag dieser bunte Stil vielleicht gefallen, für mich jedoch katapultiert es „Mortal Kombat X“ an den absoluten Tiefpunkt der Serie zurück, in dem man die DC-Helden ins Spiel brachte und ab dann nicht mehr die Finger von diesen lassen konnte. Die Einflüsse daraus sind einfach zu stark und markant, als das man sagen könnte, genau das macht dieses Mortal Kombat-Spiel aus. Den Rotstift muss man aber auch bei den plastisch wirkenden Charakteren, steifen Animationen bei Haaren und Kleidung und der Framerate in den Zwischensequenzen ansetzen, die in einer reinsten Ruckelorgie daher kommen. Allgemein fällt der Generationssprung diesmal zu klein aus, um wirklich von den Socken gehauen zu werden.
Um Himmels Willen, spielt es lieber in Englisch …
Da wäre wieder das Thema um die deutsche Synchronisation, wobei „Mortal Kombat X“ erneut ‚Denglisch‘ bevorzugt. Für wichtige Dialoge, wie etwa in der Story oder Fight-Intros, kommt das Spiel lokalisiert daher, macht seinen Job darin aber nur zur Hälfte wirklich gut. Nicht für jeden Kämpfer standen hochwertige Sprecher zur Verfügung, aber wenn doch – wie zum Beispiel für Shinnok – prasseln abgedroschene und langweilige Sprüche auf euch ein. Die mögen im Original vielleicht genauso abgedroschen sein, aber klingen doch um einiges harmonischer.
Punkten kann „Mortal Kombat X“ dafür wieder bei den Soundeffekten, seien es harte Treffer, die man dadurch bald am eigenen Leib spürt, das diabolische Lachen in einer Niederlage oder der kultige Spruch ‚FINISH HIM!‘, begleitet von einem harmonischem und asiatisch anmutendem Soundtrack im Hintergrund.
*Hinweis: Die Living Towers und Invasions-Modi wurden für das Review ergänzt, da diese erst mit Release des Spiels zur Verfügung standen und einen positiven Einfluss auf die vorherige Kritik ausüben. Daher haben wir uns dazu entschlossen für den Online- und Multiplayer-Part einen halben Punkt dazuzugeben.
Entwickler: Netherrealm Studios
Publisher: Warner Bros.
Release: 14. April 2014
Offizielle Homepage: www.mortalkombat.com
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