Obwohl die SoulCalibur-Serie nun schon über zwei Jahrzehnte präsent ist, dürfte sie vor allem dem eher jüngeren Publikum nicht ganz so geläufig sein. Zum einen sind zwei Jahrzehnte eine sehr lange Zeit, zum anderen wurde die Serie nicht ganz so regelmäßig gepflegt, wie zum Beispiel ein “Mortal Kombat” oder “Street Fighter” in den vergangenen Jahren.
Daher bietet sich das neue “SoulCalibur VI” ideal dazu an, genau jetzt einzusteigen, da man hiermit noch einmal zu den Wurzeln der Serie zurückkehrt und man die epische Geschichte rund um das legendäre Schwert Soul Edge von Anfang an neu erleben darf. Der perfekte Einstieg also, der sich zugleich in seiner modernsten Form präsentiert. Also Waffe gezückt und auf in den Kampf.
Der Kampf um das legendäre Schwert Soul Edge
Die Story von “SoulCalibur VI” kehrt wie erwähnt noch einmal zu dessen Anfängen im 16. Jahrhundert zurück und kann in diesem Fall auf zwei Wegen ergründet werden. Die klassische Story, genannt ‘Seelen-Chronik’, setzt dazu auf die Geschichten bekannter SoulCalibur-Charaktere und insbesondere auf die des Protagonisten Kilik und dessen Reise vom Schüler zum Träger des Soul Edge. Dazu tritt er auf dem Weg gen Westen gegen diverse andere Charaktere an, trifft unterschiedlichste Begleiter und muss sich letztendlich dem ultimativen Gegner – Nightmare – stellen. Diese Haupthandlung ist in 20 Kapiteln erzählt und kann zusätzlich mit den anderen 16 original Charakteren durch weitere Kapitel auf der Zeitlinie ergänzt werden. Eine eigenständige Story haben diese leider nicht, sondern ergänzen den Hauptstrang nur um weitere Facetten und füllen deren Lücken auf. Ausnahmen bilden dabei Cervantes und Azwel, die innerhalb der Seelen-Chronik nicht spielbar sind, dafür aber Geralt von Riva (The Witcher), der in der PlayStation 4 Version einen Gastauftritt hat und sogar in der Zeitlinie mit einer Nebenstory berücksichtigt wurde.
Die ‘Waage der Seelen’ hingegen ist eine sehr individuelle und alternative Sicht auf die Geschichte des Soul Edge, in der ihr die gesamte Welt mit einem eigens erstellten Charakter bereist. Hier durchläuft man deutlich mehr Stationen und kann die Erzählung zudem durch Entscheidungen an Knotenpunkten in unterschiedliche Richtungen lenken, wodurch sie jedes Mal anders ausfällt und somit einen interessanten Ansatz verspricht. Zudem bietet sich diese Kampagne dazu an, sich ein wenig mit den Grundlagen von SoulCalibur vertraut zu machen.
Was hingegen nicht so ganz in der Story gefällt, ist die Präsentation, die bis auf wenige Ausnahmen nur starre bis leicht animierte Grafiken und viel Text umfasst. Echte Cut-Scenes sind wirklich sehr selten, etwa vor dem Kampf gegen Nightmare, was das Ganze auf lange Sicht auch etwas ermüdend wirken lässt. Oft muss man sich einfach zusammenreimen, was da gerade passiert, womit man der Idee der Neuerzählung unnötig Steine in den Weg legt. Hier hat man es sich doch ein wenig zu einfach gemacht, auch wenn man irgendwo verstehen kann, wie gewaltig der Aufwand für jeden einzelnen Charakter gewesen wäre.
Ansonsten gibt es noch die klassischen Versus-Matches, in denen man sich durch 8 Level schlagen muss, einen passiven Training-Modus, Online-Fights, lokale Matches, den Charakter-Editor und ein Museum zum Betrachten seiner Errungenschaften – also alles recht überschaubar, aber auch nicht zu wenig oder nicht fordernd genug. Die wahren Herausforderungen liegen allerdings wie gewohnt in den Online-Matches und gegen echte Spieler.
Im Move Wirr-Warr
Ähnlich wie sein Vorgänger setzt auch “SoulCalibur VI” auf ein tiefgreifendes Kampfsystem, das es jedoch weiterhin ein wenig schwierig macht, sich dort auf Anhieb hineinzufinden, zumindest wenn man genau verstehen möchte, was man gerade macht. Das fängt schon damit an, dass es kein aktives Training gibt, in dem man wenigsten die Grundlagen erlernen kann. Hierfür dient schlicht die Story und das Ausprobieren, während man im eigentlichen Trainingsmodus die Moves auf Eigeninitiative ausprobieren muss und seinem Gegner dazu verschiedene Parameter verpasst, wie etwa Blocken oder kurze Angriffe. Das Ganze wird in äußerst ausführlichen Textpassagen erklärt, die einem irgendwie das Gefühl geben, man nehme gerade an einer Theorieprüfung teil.
Da jeder Charakter an die 150+ Moves besitzt, bietet es sich an, ein paar wirkungsvolle auszuprobieren und diese zu beherrschen, auch wenn es nicht selten in einer Haudrauf-Taktik endet. Ebenso mit dabei ist wieder das Critical Gauge Meter, das bis auf zwei Stufen aufgeladen und dann in offensiven oder defensiven Moves eingesetzt werden kann. Das bietet sich vor allem nach einer längerer Trefferserie oder kurz vor dem eigenen Fail gut an, um seinen Gegner entweder noch stärker zu schwächen oder das Ruder in letzter Sekunde rumzureißen, was stets mit einem ‘Great’ Bonus belohnt wird. In der defensiven Variante wird das Critical Gauge dafür genutzt, um zum Beispiel zu Parieren und genauso mächtig zurückzuschlagen. Taktischer wird es allerdings, wenn man sich nicht ausschließlich auf das Gauge Meter verlässt und dafür schnelles und präzises Timing beherrscht. Hier kommen dann auch Faktoren wie Ausdauer zum Tragen oder der Umstand, dass man nach mehrfachen Parieren trotzdem versagt und euer Gegner die Blockade durchbrechen kann.
Gänzlich neu ist außerdem das Reversal Edge Feature, das eure Moves und Angriffe noch weiter verfeinert und härter kontern lässt. In einer eindrucksvollen Slow-Motion-Sequenz, in denen sich eure Waffe rot färbt, kann sich jeder Charakter bewusst für einen Angriff entscheiden, der einfach ausgedrückt auf dem Stein-Schere-Papier Prinzip basiert. Ein horizontaler Angriff besiegt zum Beispiel einen vertikalen Angriff, ein Kick schlägt den horizontalen Angriff usw. Entscheiden sich beide für den gleichen Angriff, gibt es eine Wiederholung, während nach dem zweiten Gleichstand das Reversal Edge abgebrochen wird. Damit das auch so richtig eindrucksvoll wirkt, werden die meisten Special Moves und längeren Angriffsserie in einer cineastischen Kameraperspektive präsentiert, oft färbt sich dabei auch der Hintergrund dunkel und richtet den Fokus somit genau auf das Geschehen.
Allgemein setzt “SoulCalibur VI” auf sehr dynamische und flüssige Fights, die bei entsprechenden Fähigkeiten spektakuläre Battles versprechen. Da die SoulCalibur-Serie ja bekanntermaßen vordergründig auf Waffen statt pure Faustkämpfe und Magie setzt, mag man zeitweise sogar eine gewisse Eleganz darin verspüren. Der Vorteil daran ist zudem, dass man nicht permanent durch irgendwelche Geschosse oder ähnliches zu Fall gebracht wird. Bis zum würdigen Träger des Soul Edge ist es allerdings auch ein recht langer Weg, bevor man sich die echten Feinheiten und Kniffe angeeignet hat. Anders als z.B. in Mortal Kombat, weiß “SoulCalibur VI” dadurch aber auch das Gefühl von mächtigen Angriffen gekonnt auf den Spieler zu übertragen, so als würde man jemanden die Klinge gerade selbst über das Fell ziehen.
Fernöstliche Inspirationen
Aber nicht nur spielerisch macht “SoulCalibur VI” vieles anders, auch optisch bezieht man seine Inspirationen eher aus dem JRPG-Genre. Vor allem die Charaktere weisen dazu eine fantastische Detailverliebtheit und Kreativität auf, die sich hier wirklich sehen lassen kann. Dazu stellen sich nahezu alle Fan-Favorit-Charaktere dem Kampf, inkl. Siegfried, Voldo, Ivy oder Mitsurugu, allesamt mit individuellen Waffen, Kampfstilen und Rüstungen ausgestattet. Gänzlich neu dabei sind außerdem Groh, Aswel und Tira, die dem Roster samt eigener Nebenstory beiwohnen.
Bei den insgesamt 11 Stages orientiert man sich weiterhin an früheren Standards und lässt zudem ein wenig die Interaktivität missen. Auch wenn man sich augenscheinlich vor imposanten Kulissen wie einem griechischen Tempel, in einer Wüste oder einem großen Piratanschiff befindet, ist das eigentliche Kampffeld recht eng abgesteckt und spielt sich auf nur einer Ebene ab. Objekte wie zum Beispiel in “Injustice” spielen hier leider keine Rolle und wenn überhaupt, lässt sich der Gegner maximal aus der Arena treten und die Runde somit vorzeitig für sich entscheiden. Zudem arbeitet man mit einer gewissen Tiefenunschärfe, was insbesondere den Hintergrund leicht verwaschen darstellt. In diesen Punkten hat SoulCalibur tatsächlich noch etwas Nachholbedarf, dem der extrem glatt geschliffene Look der Netherrealm-Spiele sicherlich auch sehr gut stehen würde. Dem gegenüber steht dafür eine reibungslose Performance, die zu keiner Zeit irgendwelche grafischen Einbrüche durchblicken lässt.
Abschließend wäre der ebenfalls fantastische Soundtrack zu erwähnen, der die gesamte Dynamik der Battles und visuellen Darbietung wunderbar unterstreicht. Auch hierfür bedient man sich eher fernöstlichen Klängen, schnittigen Soundeffekten und melancholischen Stücken, welche zumeist die Erzählung unterlegen und euch gekonnt in das Spiel ziehen. Etwas nervig sind lediglich die sich zu oft wiederholenden Phrasen zum Ende eines Kampfes, was allerdings mehr ein Problem des gesamten Genres und nicht nur bei SoulCalibur ist.