God of War Ragnarök: Sind Story-Spiele inzwischen zu lang?

By Sanel Rihic 7 comments
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Das kürzlich erschienene God of War Ragnarök darf sich mit Bestwertungen brüsten und kann mit Stolz auf die vielen Nominierungen für die Game Awards 2022 schauen. Besonders die Story wird viel gelobt und diese ist – ohne Frage – gut geschrieben, hochwertig inszeniert und gefühlvoll erzählt.

Obwohl mir bei der ein oder anderen Wendung die Kinnlade herunterfiel, frage ich mich gleichzeitig, ob das göttliche Abenteuer nicht einen Ticken zu lang geraten ist? Eine besorgte Frage, die ich mir bei PlayStation-Spielen in der jüngsten Vergangenheit immer wieder stelle. Sind Story-Spiele inzwischen zu lang?

Ein Blick in die Vergangenheit: Uncharted – Vom Dschungel-Kurztrip zur Weltreise

Beginnen wir bei einem Spiel, das die PlayStation zu der Konsole für spannend inszenierte Erzählungen formte. Ich erinnere mich, wie ich damals das erste Uncharted startete und zum einen von den bildhübschen Wasserelementen und zum anderen von der Schatzjäger-Story überwältigt war.

Nach sieben Stunden war das Abenteuer auch schon wieder rum. War das schlimm? Kein bisschen. Denn ich habe mich gut unterhalten gefühlt und jede Minute mit dem Spiel Spaß gehabt. Auch die beiden Nachfolger kann man an einem langen Abend wegdaddeln. Uncharted 2 gilt auch heute noch für viele als das beste Spiel der Reihe.

Uncharted 4 hingegen hat in Sachen Spielzeit ordentlich draufgelegt – und das habe ich auch gespürt. Die Geschichte fand ich zwar unterhaltsam, doch offenere Areale, wie das Madagaskar-Kapitel oder das darauffolgende Level auf See, lenkten mich dann doch etwas von der eigentlichen Story ab und erste Ermüdungserscheinungen traten auf.

Und jetzt: God of War Ragnarök und seine vielen Ablenkungen

Mittlerweile erzählen Story-Spiele ihre Geschichten in ganz großem Umfang. Es kommt mir gar so vor, als wolle man eine Erzählung einfach nicht enden lassen und deshalb streckt man sie so gut es geht. God of War Ragnarök ist ein aktuelles Beispiel, doch dasselbe habe ich mir auch schon bei The Last of Us Part 2 oder Days Gone gedacht. Letzteres ist zwar ein Open-World-Spiel, aber selbst wenn man nur der Hauptquest-Reihe folgt und alle Nebenaktivitäten liegen lässt, ist selbst nach 30 Stunden kein Ende in Sicht.

Svartalfheim in God of War Ragnarök.
Svartalfheim in God of War Ragnarök. (Bildquelle: PlayFront)

God of War Ragnarök schlägt in die gleiche Kerbe. Auch hier bewirft mich das Spiel mit einer Vielzahl an Side-Content und mein eigentliches Ziel, und zwar Ragnarök, rückt weiter nach hinten. In fast jeder der neun Welten werde ich von Atreus oder anderen Begleitern dazu ermutigt, die Hauptquest zu unterbrechen und anderen Kram zu erledigen. Dann heißt es frei zitiert: „Wir müssen nicht sofort zu Ziel XY, wir können uns auch etwas mehr in dieser Welt umschauen. Lasst uns ein paar einfache Abenteuer zusammen erleben.“

Natürlich habe ich die ganzen Nebenquests anfangs mitgenommen, die sind nämlich oftmals sehr gut designt und geben den Figuren und Welten mehr Hintergrund und Tiefe. Aber nach 15 Stunden merkte ich, dass die eigentliche Story schleppend vorankommt. Jetzt könnte man zu Recht sagen: „Sanel, dann konzentrier dich doch nur auf die Kampagne!“ Das habe ich irgendwann. Für die vielen Durststrecken sind aber nicht nur die Nebenaktivitäten das Problem.

God of War Ragnarök: Die Story ist schlicht zu lang

God of War Ragnarök findet nach einem actiongeladenen Start einen einfachen Rhythmus und dieser wiederholt sich zu oft. Gehen, kämpfen, rätseln – und das manchmal über zwei Stunden, bis der nächste wichtige Story-Moment passiert. Das war im Vorgänger etwas dosierter. Zwar versucht God of War Ragnarök diese Elemente immer mit einer kleinen Variation abwechselnd genug zu gestalten, doch das Momentum nach einem Story-Höhepunkt kann dadurch nicht gehalten werden. Und so zieht sich die Kampagne bis zum großen Finale, welches sich dann ironischerweise etwas zu schnell abspielt.

Es wird aber nicht nur mit langen Kämpfen oder Rätselpassagen gestreckt. Eine straffere Erzählung hätte God of War Ragnarök sicherlich nicht geschadet, sondern im Gegenteil die Spannung besser halten können. Santa Monica Studios hat sich sehr auf die komplexen Figurenentwicklungen und unterhaltsamen Dialoge fokussiert, doch die ein oder andere Geschichte hätte ruhig eine Nebenquest bleiben dürfen. Diesen Fehler hat auch Days Gone gemacht, aber das ist eine Geschichte für ein andermal.

Manche Hauptquests werden schlicht in die Länge gezogen, was vielleicht seine Gründe hat, aber nicht optimal umgesetzt ist, wie Kollege Jakob in seinem Artikel bestätigt.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin dankbar dafür, mit was für einer Leidenschaft das Entwicklerteam jede einzelne Figur ausgearbeitet hat. Etwas, was ich in Open-World-Spielen wie The Witcher 3 auch begrüßt habe. Aber leider verspielt sich God of War Ragnarök einige seiner besten Story-Momente, weil sie zu sehr voneinander entfernt liegen und dazwischen dem Spiel etwas die Puste ausgeht. Im letzten Drittel hatte ich die gleichen Ermüdungserscheinungen wie einst in Uncharted 4 empfunden, was schade ist, weil das Pacing ab da eigentlich zunehmend besser wird.

Der God of War befreit den God of War.
Der God of War befreit den God of War. (Bildquelle: PlayFront)

God of War Ragnarök ist gute Action und bringt mich gleichzeitig den Tränen nahe – es ist ein großartiges Spiel. Doch ich finde, es hätte eine Trilogie werden sollen. Denn dieser Trend, dass Story-Spiele immer länger werden, schadet ihnen im schlimmsten Fall. Denn die größte Stärke, und zwar die Erzählung selbst, leidet unter schlechtem Pacing. Mehr Das mag in einem Buch funktionieren, vielleicht sogar in einer Serie, aber nicht in einem Spiel.

Ich weiß zwar, woher das kommt: Spiele kosten viel, also soll sich der Kauf auch lohnen. Aber lieber habe ich persönlich ein kürzeres Spiel anstatt eines, das sich irgendwann zäh und gestreckt anfühlt. Ich hoffe, dass das nächste God of War nicht allzu lang wird und sich von der Storylänge mehr an God of War (2018) als an God of War Ragnarök orientiert.

Findet ihr die Story von God of War Ragnarök zu lang? Schreibt es uns gerne in die Kommentare!

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