Allzu häufig geht es in Spielen oder Filmen darum, dass die Helden finstere Pläne aufdecken, Basen infiltrieren und bösen Bossen mit Allmachtsfantasien das Handwerk legen. Wer sich schon immer eher auf der Seite der Eroberer und Unterdrücker gesehen hat, darf diese Neigung ab sofort in Evil Genius 2: World Domination auch auf der Playstation ausleben. Was das ursprünglich im März 2021 erschienene Spiel taugt und wie der Port auf der Playstation läuft, erfahrt ihr in diesem Test.
Feintuning zum Spielstart
Evil Genius 2 bietet im Grunde zwei verschiedene Spielmodi. In der Kampagne werden wir an die Hand genommen und arbeiten Aufträge ab, während wir im Sandbox-Modus einfach loslegen können. Für beide Modi stehen uns vier verschiedene Oberbösewichte zur Auswahl. Diese unterscheiden sich in ihrer Ausrichtung, wirklich große Differenzen gibt es allerdings nicht. Die Schurken und Schurkinnen sind herrlich fies überzeichnet und bedienen unterschiedliche Klischees. Da gibt es den goldgierigen Strippenzieher, die geniale Wissenschaftlerin oder den militärischen Anführer. Im nächsten Schritt suchen wir uns aus drei Optionen die Insel unserer Wahl aus. Auch hier fallen die Unterschiede relativ gering aus, der Spielablauf ändert sich nur wenig, als Anreiz für neue Durchgänge dienen die Schurken und Inseln aber auf jeden Fall.
Zu guter Letzt können wir den Schwierigkeitsgrad sehr bequem und flexibel einstellen. Es gibt drei vorgefertigte Einstellungen von „leicht“ bis „schwer“, darüber hinaus können wir aber auch jeden einzelnen Aspekt des Spiels nach unseren Wünschen festlegen, vergleichbar mit dem Sandbox-Mode in Jurassic World Evolution, wo sich ebenfalls alle Parameter festlegen ließen. Eine schwere Runde, in der wir superleicht Geld verdienen? Machbar! Eine besonders leichte Runde, in der wir uns öfter feindlichen Agenten stellen müssen? Ebenfalls kein Problem. Durch die vielen Optionen kann sich jeder das Spiel so gestalten, wie es ihm am besten gefällt, ein klarer Pluspunkt.
Filmreife Atmosphäre
Strategiespiele geben sich häufig relativ dröge. Viele Menüs, wenig Action ist oft die Devise. Evil Genius 2 macht das nicht grundlegend anders, profitiert aber von der tollen Grundidee. Eine eigene Bösewichtzentrale zur erbauen ist grundsätzlich schon ein Spaß. Das tolle Design der Charaktere und Einrichtungsgegenstände, sowie der liebevollen Animationen unterstützen diese Prämisse sehr gut. Das Spiel nimmt sich nicht allzu ernst, ist auch nicht besonders finster, sondern erinnert von der Darstellung her eher an Austin Powers oder Ich – einfach unverbesserlich. Es macht einfach Spaß, den im Comic-Look gehaltenen Schergen zuzusehen, wie sie durch die Gänge wuseln und Agenten wahlweise verhören oder verkloppen.
Leider hält der Welteroberungsaspekt des Spiels hier nicht ganz mit. Während der Aufbau der eigenen Basis gut unterhält, klappern wir sonst nur Symbole auf der recht einfach gehaltenen Weltkarte ab. Hier wäre mehr Abwechslung durchaus möglich gewesen. Das Gefühl, die Welt genial zu erobern stellt sich hier einfach nicht ein.
Immer was zu tun
Das zentrale Spielelement von Evil Genius 2 ist ganz klar der Aufbau der eigenen Basis. Damit verbringen wir die meiste Zeit und hier zeigt sich das Spiel auch von seiner besten Seite. Damit unsere Organisation gut läuft, müssen wir unseren Schergen natürlich Schlafplätze und etwas zu essen geben. Für unsere (hoffentlich) guten Einkünfte brauchen wir einen Tresor. Für Operationen auf der Welt braucht es eine Einsatzzentrale. Gefangene Agenten müssen eingesperrt und verhört werden, während unsere Handlanger einen Ort zum Training brauchen. All das kostet natürlich Strom, wodurch wir wieder neue Generatoren bauen müssen.
Wie ihr merkt, gibt es immer etwas zu tun, anzupassen oder zu verändern. Die verschiedenen Räume markieren wir einfach, dann setzen wir die jeweiligen Gegenstände und überlassen unseren Handlangern die Arbeit. Der Basenbau ist wirklich gut gelungen. Es macht Spaß, die eigene Basis wachsen zu sehen und an Herausforderungen mangelt es ebenfalls nicht. Später müssen wir dann auch Fallen bauen, um feindliche Agenten abzuwehren. Unsere Schergen können wir in verschiedene Richtungen entwickeln. So werden sie dann zu besseren Wissenschaftlern oder stärkeren Wachmännern. Hier gilt es, jederzeit die richtige Menge zu verteilen und den Überblick zu behalten. Das Mikromanagement ist nicht zu umfangreich, bietet aber dennoch viele Optionen. Auch neue Technologien können erforscht und dann eingesetzt werden.
Um an Gelder zu kommen und das Spiel zu gewinnen, errichten wir überall auf der Welt kriminelle Netzwerke. Einmal aufgebaut, können wir von diesen aus Einsätze starten. Die bringen uns neben Gold auch immer wieder Geiseln, die wir dann verhören und in Schergen umwandeln dürfen. Mit jedem Einsatz steigt der Argwohn der „guten“ Organisationen an. Übertreiben wir es, entsenden unsere Gegenspieler Agenten auf unsere Insel. Um den Argwohn zu senken, können wir wieder andere Aufträge annehmen, die meisten relativ teuer sind. Der Eroberungsmodus ist eine Schwäche des Spiels. Grundsätzlich funktioniert er schon, er ist aber relativ langweilig, was besonders auffällt, da wir dort mehr Zeit verbringen müssen, als uns lieb ist. Hätte man diesen interessanter oder wenigstens weniger zeitfressend gestaltet, könnte der Aufbaupart noch ein bisschen heller glänzen.
Sauberer Port, altbekannte Probleme
Strategiespiele und Heimkonsolen sind traditionell nicht die allerbesten Freunde, ganz egal, wie gut sie umgesetzt sind. Evil Genius 2 macht hier nicht wirklich viel Falsch. Das Spiel läuft rund und sieht gut aus. Bei der Steuerung hat man sich durchaus Mühe gegeben, man merkt aber trotzdem, dass der Titel für den PC entwickelt und optimiert wurde. Das Platzieren neuer Räume und Gegenstände funktioniert, fühlt sich aber immer wieder etwas hakelig an. Auch die Übersichtlichkeit leidet unter der Steuerung mit dem Controller.
Ähnlich sieht es bei der Menüführung aus. Während PC-Spieler mit der Maus einfach anklicken können, was sie brauchen oder was sie verändern müssen, müssen Konsolenspieler immer wieder überlegen, welcher Knopf jetzt was bedient. Das stört den Spielfluss, ist aber nicht unbedingt ein Fehler des Spiels. Genretypisch ist der Bildschirm auch mit allerlei Informationen und Texten vollgestopft. Das ist natürlich sinnvoll, immerhin müssen wir vieles im Blick behalten. Als Konsolenspieler sitzen wir aber eben normalerweise auch ein ganzes Stück weiter vom Bildschirm entfernt, wodurch entspanntes Zurücklehnen nicht unbedingt möglich ist. Das wurde in Jurassic World Evolution deutlich besser und intuitiver gelöst, wo man mit Klick auf R3 direkt zum benötigten Punkt gebracht wurde oder diese für später anheften konnte.